Benutzer Diskussion:Andyk/Mitschriften/Projekttagebuch: Unterschied zwischen den Versionen

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(22.02.2009: Session 2: Sein und Schein: comments)
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::* Ich werde tatsächlich zunächst die Sätze von Platon nach Konzepten, Objekten, Eigenschaften, Fähigkeiten, ... abgrasen, d.h. versuchen, wichtige Aspekte in ein objektorientiertes Modell zu bringen. (Nicht weil Objektorientierung so spannend ist, sondern vor allem weil mir in einer der letzten Diskussionen stark aufgefallen ist, dass sich das an einigen Stellen vom Text her anbietet.) Das Modell enthält aber noch keine explizit dargestellte Moral, keinen Plot (höchstens ein paar Regeln). Und da käme der Ansatz, den du versuchst, ins Spiel: Das statische Modell erhält somit eine Geschichte und Leben; die Spielerin findet Motivation, die auf dem Modell basierende Welt zu erkunden, um in der Geschichte voran zu kommen.  
 
::* Ich werde tatsächlich zunächst die Sätze von Platon nach Konzepten, Objekten, Eigenschaften, Fähigkeiten, ... abgrasen, d.h. versuchen, wichtige Aspekte in ein objektorientiertes Modell zu bringen. (Nicht weil Objektorientierung so spannend ist, sondern vor allem weil mir in einer der letzten Diskussionen stark aufgefallen ist, dass sich das an einigen Stellen vom Text her anbietet.) Das Modell enthält aber noch keine explizit dargestellte Moral, keinen Plot (höchstens ein paar Regeln). Und da käme der Ansatz, den du versuchst, ins Spiel: Das statische Modell erhält somit eine Geschichte und Leben; die Spielerin findet Motivation, die auf dem Modell basierende Welt zu erkunden, um in der Geschichte voran zu kommen.  
 
::* In diesem (und wenn man mir etwas anderes zeigt, vielleicht auch noch in einem anderen) Sinn fände ich die Ausarbeitung beider Ansätze interessant. Ich muss wirklich bald anfangen, etwas Konkretes in diese Richtung zu tun. liebe Grüße ;) --[[Benutzer:Andyk|Andyk]] 20:45, 13. Feb. 2009 (CET)
 
::* In diesem (und wenn man mir etwas anderes zeigt, vielleicht auch noch in einem anderen) Sinn fände ich die Ausarbeitung beider Ansätze interessant. Ich muss wirklich bald anfangen, etwas Konkretes in diese Richtung zu tun. liebe Grüße ;) --[[Benutzer:Andyk|Andyk]] 20:45, 13. Feb. 2009 (CET)
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"Beim Lesen möchte ich mal überwiegend bei Platons Gedankenexperiment bleiben und den '''Gegenwartsbezug''' - den wir diskutiert haben und den ich auch für sinnvoll erachte - auf später verschieben, da ich fürchte, dass es beim Lesen zu sehr ablenken könnte."
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:<span style='color:#044'>Ich möchte hierzu noch anmerken, dass ich der diesbezüglichen Diskussion in der letzten Seminareinheit nicht ganz folgen konnte: Meiner Meinung nach ist Platons Entwurf eines Idealstaates zeitlos. Wenn wir diesen Staat in inform zu modellieren versuchen und damit notgedrungen konkretisieren, macht es für mich keinen großen Unterschied, ob diese Konkretisierung auf Basis einer griechischen Polis oder einer heutigen Gesellschaft erfolgt. Das alles ist ja nur Szenerie. Spielt unsere IF in der Gegenwart, lässt sich jedoch vielleicht besser zeigen, inwiefern Platon immer noch aktuell ist. Was meint ihr? --[[Benutzer:Thai|Thai]] 10:57, 19. Mär. 2009 (UTC)</span>
  
 
== 22.02.2009: Session 2: Sein und Schein  ==
 
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<span style='color:#044'>Erstmal: Hut ab! Ich komme jetzt nach Relektüre von Buch 2-5 endlich dazu, deine Beiträge genauer durchzuarbeiten und finde deine Arbeit sehr anregend. Zu deinem ersten Implementationsentwurf bzw. zur Frage Sein/Schein möchte ich mir auch noch ein paar Anmerkungen erlauben:</span>
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<span style='color:#044'>Erstmal: Hut ab! Ich komme jetzt nach Relektüre von Buch 2-5 endlich dazu, deine Beiträge genauer durchzuarbeiten und finde deine Arbeit sehr anregend. Zu deinem ersten Implementationsentwurf bzw. zur Frage Sein/Schein möchte ich mir auch noch ein paar Anmerkungen erlauben: --[[Benutzer:Thai|Thai]] 10:57, 19. Mär. 2009 (UTC)</span>
  
 
<span style='color:#044'>Es wurde bereits festgestellt, dass es sich beim "Herausputzen" der Figuren des Gerechten und des Ungerechten um ''Idealisierungen'' handelt (360e: "Ein richtiges Urteil über das Leben des Menschen, von denen wir sprechen, können wir nur dann gewinnen, wenn wir den Gerechten und Ungerechten ''in schärfstem Extrem'' einander gegenüberstellen, anders nicht."). Das beinhaltet meiner Meinung nach, dass es auch weniger extreme Formen, Zwischenstufen geben muss, was gegen deine Substanz-Hypothese sprechen würde. Ich würde also auch eher davon ausgehen, dass es die einzelne Handlung ist, von der man sagen kann, ob sie gerecht oder ungerecht ist/scheint (hier ergeben sich also vier Arten von Handlungen). Es gibt also, das wurde hier etwas vernachlässigt, durchaus gerechte Handlungen, die auch gerecht scheinen. Und es scheinen mir auch Gerechte denkmöglich, die mit Glück für einzelne ihrer gerechten Handlungen belohnt werden. Glaukon und Adeimantos zeichnen jedoch das Zerrbild eines extremen Gerechten, der für seine Gerechtigkeit nur Undank erntet, weil Sokrates in der folgenden Untersuchung aufweisen soll, dass es sich für den Gerechten selbst in diesem Idealfall (oder eher Anti-Idealfall) auszahlt, gerecht zu sein. Gerechtigkeit darf nicht wegen des mit ihr (bzw. ihrem Schein) verbundenen Ruhms gelobt werden, sondern weil ihr noch etwas Anderes inhärent ist, weswegen es sich lohnt, sie zu leben.</span>
 
<span style='color:#044'>Es wurde bereits festgestellt, dass es sich beim "Herausputzen" der Figuren des Gerechten und des Ungerechten um ''Idealisierungen'' handelt (360e: "Ein richtiges Urteil über das Leben des Menschen, von denen wir sprechen, können wir nur dann gewinnen, wenn wir den Gerechten und Ungerechten ''in schärfstem Extrem'' einander gegenüberstellen, anders nicht."). Das beinhaltet meiner Meinung nach, dass es auch weniger extreme Formen, Zwischenstufen geben muss, was gegen deine Substanz-Hypothese sprechen würde. Ich würde also auch eher davon ausgehen, dass es die einzelne Handlung ist, von der man sagen kann, ob sie gerecht oder ungerecht ist/scheint (hier ergeben sich also vier Arten von Handlungen). Es gibt also, das wurde hier etwas vernachlässigt, durchaus gerechte Handlungen, die auch gerecht scheinen. Und es scheinen mir auch Gerechte denkmöglich, die mit Glück für einzelne ihrer gerechten Handlungen belohnt werden. Glaukon und Adeimantos zeichnen jedoch das Zerrbild eines extremen Gerechten, der für seine Gerechtigkeit nur Undank erntet, weil Sokrates in der folgenden Untersuchung aufweisen soll, dass es sich für den Gerechten selbst in diesem Idealfall (oder eher Anti-Idealfall) auszahlt, gerecht zu sein. Gerechtigkeit darf nicht wegen des mit ihr (bzw. ihrem Schein) verbundenen Ruhms gelobt werden, sondern weil ihr noch etwas Anderes inhärent ist, weswegen es sich lohnt, sie zu leben.</span>

Version vom 19. März 2009, 11:57 Uhr

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09.02.2009: Session 1 - zur Übertragung von Platon in Inform

  • Mir fällt hier ein interessanter Unterschied in der Herangehensweise auf. "Als ich die besagten Bücher das erste Mal gelesen habe, hat sich bei mir auf jeden Fall so etwas wie ein elementartiger Aufbau des Staates eröffnet, der für eine objektorientierte Analyse, wie wir sie für Inform7 gut gebrauchen können, geeignet scheint." - Das deutet auf eine Tendenz hin, den Text nach Inhalten abzusuchen, die sich für die Darstellung in einer objektorientierten Programmiersprache eignen. Ich neige eher dazu, nach Inhalten zu suchen, die sich für die Darstellung in einer Parabel eignen (die sich dann nach Möglichkeit wieder im Medium IF erzählen läßt). Also einmal Übertragung von Gedanke in Code und einmal Übertragung von Gedanke in Erzählung. --H.A.L. 14:37, 13. Feb. 2009 (CET)
  • Du machst also noch einen (semantisch relevanten) Zwischenschritt: Die Erzählung. Ich freue mich, wenn es darum geht, einige Ergebnisse aus beiden Ansätzen zu integrieren.
  • Ich werde tatsächlich zunächst die Sätze von Platon nach Konzepten, Objekten, Eigenschaften, Fähigkeiten, ... abgrasen, d.h. versuchen, wichtige Aspekte in ein objektorientiertes Modell zu bringen. (Nicht weil Objektorientierung so spannend ist, sondern vor allem weil mir in einer der letzten Diskussionen stark aufgefallen ist, dass sich das an einigen Stellen vom Text her anbietet.) Das Modell enthält aber noch keine explizit dargestellte Moral, keinen Plot (höchstens ein paar Regeln). Und da käme der Ansatz, den du versuchst, ins Spiel: Das statische Modell erhält somit eine Geschichte und Leben; die Spielerin findet Motivation, die auf dem Modell basierende Welt zu erkunden, um in der Geschichte voran zu kommen.
  • In diesem (und wenn man mir etwas anderes zeigt, vielleicht auch noch in einem anderen) Sinn fände ich die Ausarbeitung beider Ansätze interessant. Ich muss wirklich bald anfangen, etwas Konkretes in diese Richtung zu tun. liebe Grüße ;) --Andyk 20:45, 13. Feb. 2009 (CET)

Vorbemerkungen

"Beim Lesen möchte ich mal überwiegend bei Platons Gedankenexperiment bleiben und den Gegenwartsbezug - den wir diskutiert haben und den ich auch für sinnvoll erachte - auf später verschieben, da ich fürchte, dass es beim Lesen zu sehr ablenken könnte."

Ich möchte hierzu noch anmerken, dass ich der diesbezüglichen Diskussion in der letzten Seminareinheit nicht ganz folgen konnte: Meiner Meinung nach ist Platons Entwurf eines Idealstaates zeitlos. Wenn wir diesen Staat in inform zu modellieren versuchen und damit notgedrungen konkretisieren, macht es für mich keinen großen Unterschied, ob diese Konkretisierung auf Basis einer griechischen Polis oder einer heutigen Gesellschaft erfolgt. Das alles ist ja nur Szenerie. Spielt unsere IF in der Gegenwart, lässt sich jedoch vielleicht besser zeigen, inwiefern Platon immer noch aktuell ist. Was meint ihr? --Thai 10:57, 19. Mär. 2009 (UTC)

22.02.2009: Session 2: Sein und Schein

  • An der Implementierung ist mir zunächst aufgefallen, daß die These des Thrasymachos "gerechte Leute wirken ungerecht und umgekehrt" einfach vorausgesetzt wird. Die "Leute" applaudieren bei einer feindseligen Handlung und buhen bei einer freundlichen. Hier könnte Thrasymachos natürlich argumentieren, daß man das Szenario noch dermaßen erweitern müßte, daß der Ungerechte besser dasteht als die Gerechte, weil er keine Skrupel hat, etwas vorzutäuschen. - Vielleicht sollte es tatsächlich schon zur Basisimplementation gehören, daß nicht nur Personen Schein und Sein haben, sondern auch Handlungen.
Im Klassendiagramm habe ich das auch noch explizit so vorgesehen. Habe mich aber beim Implementieren dazu entschieden, den Gerechtigkeitsstatus "hard" zu coden: Durch die beiden Kinds of Actions "just" und "unjust" kann man für jede Handlung den Gerechtigkeitsstatus zuweisen. z.B.: Attacking is unjust action. Interessant wäre, den Gerechtigkeitsstatus der Handlungen dynamisch von den "Leuten" mit einem kleinen Zufallsfaktor zu bestimmen. Vielleicht setz ich mich da irgendwann mal dran, wenn Interesse besteht. --Andyk 23:29, 7. Mär. 2009 (UTC)
  • Nach diesem Framework wird Gerechtigkeit an der Person festgemacht: Der Spieler entscheidet sein alignment, bevor er in die Welt eintritt, und gerechte Personen können nur gerecht handeln.
Ich habe in Session2 die Möglichkeit angedacht, dass sich "ab einer bestimmten Anzahl an Versuchen, entgegen seinem Sein zu handeln, das Sein der Spielerin verändern" könnte - dadurch wäre Gerechtigkeit abhängig von:
  1. der Wahl des Gerechtigkeitsstatus VOR Welteintritt
  2. den Handlungen bzw. Versuchen zu handeln abhängig.
Damit verließe man die von mir implizit gemachte und von dir erkannte Ausgangssitutation, die These des Glaukon zu implementieren, ohne sie zu hinterfragen.--Andyk 23:29, 7. Mär. 2009 (UTC)
Eigentlich muß man hier zwischen zwei Voraussetzungen unterscheiden: einmal die These des Glaukon - gerechte Handlungen und ein gerechter Lebensweg wirken ungerecht und umgekehrt - und einmal das Prinzip, daß eine Person unabhängig von ihren Handlungen als gerecht oder ungerecht definiert wird. --H.A.L. 19:45, 8. Mär. 2009 (UTC)
Wobei ich die These von Glaukon so verstanden habe, dass er zwischen diesen beiden Voraussetzungen nicht unterscheidet. Es wird für meinen Geschmack eher vom idealen "Gerechten" und vom idealen "Ungerechten" Menschen gesprochen als von den Handlungen, die für sich gerecht/ungerecht sind (obwohl man nach heutzutage eher dazu tendieren würde, die Gerechtigkeit einer Person an ihren gerechten und ungerechten Handlungen zu messen). Das hängt IMHO damit zusammen, dass der Begriff der Substanz ein zentraler philosophischer Begriff war und man sich um die erkenntnistheoretischen Probleme noch nicht so stark gekümmert hat. Anbei zwei Textstellen, die "meinen Geschmack" verdeutlichen sollen:
  • "[Man muss, AKA] dem vollendet Ungerechten die vollendete Ungerechtigkeit ohne jede Schmälerung zuweisen, ja ihm zubilligen, daß er sich trotz der größten Verbrechen den Ruhm höchster Gerechtigkeit erwerbe" [361a]. Und warum kann er das? Weil er eine vollendete ungerechte Person ist. Durch seine Ungerechtigkeit wohnt in ihm die Kraft inne, die ungerechten Handlungen auf eine Weise auszuführen, die bei 'den Leuten' den Anschein erweckt, als sei das eine gerechte Person. Nur vermittels der Kraft des Ungerechten erscheint ihnen die ungerechte Handlung als gerecht.
  • "Ohne ein Unrecht zu tun, trage er [der Gerechte, AKA] den höchsten Ruf der Ungerechtigkeit, um in der Gerechtigkeit geprüft zu sein, wenn er sich nie durch die übliche Nachrede und ihre Folgen erweichen läßt; so gehe er durchs Leben unwendelbar bist zum Tod - im Rufe des Ungerechten, in Wirklichkeit aber gerecht." [361c-d]Das drückt doch den Wunsch aus, dass - unabhängig von der Beurteilung der Taten der gerechten Person durch 'die Leute' - etwas besteht (beim ideal-Gerechten!), das unabhängig von den Zuschreibungen 'der Leute' existiert und das nun die wirkliche Gerechtigkeit ist?
Nach meinem Verständnis der Glaukon-These ist es nicht so, dass es an dem Gerechtigkeitsstatus der Handlungen hängt, ob eine Person gerecht oder ungerecht ist, sondern eher umgekehrt: Es hängt am Gerechtigkeitsstatus der Person, ob die Handlungen (die je nach Gerechtigkeitsstatus der Person auf bestimmte Weisen ausgeführt werden, sodass bestimmte Wirkungen erzielt werden) von den Leuten als gerecht oder ungerecht eingestuft werden. Und diese Beurteilung der Handlungen wirkt dann zurück auf die Person.
Wenn ich mir nun die Implementierung ansehe, müsste man sie dementsprechend ändern, dass die Handlungen gar keinen vordefinierten Gerechtigkeitsstatus haben, sondern einfach in Abhängigkeit der Person beurteilt werden, die sie ausführt. Ganz egal was du tust, wenn du gerecht bist, kriegst du eine auf den Deckel, weil die Leute deine Taten als ungerecht empfinden. Und umgekehrt. Wenn man so ein Spiel spielt oder so ein Leben führt, denkt man sich sicher: Sowas kann doch nicht gerecht sein; so eine Welt ist ungerecht. Und könnte Platon dann sagen: Ja, deswegen müssen wir die Leute richtig erziehen, dass es zu solchen Verdrehungen gar nicht erst kommen kann? Man kann den Leuten solche Beurteilungen nicht ohne Vorbereitung überlassen, denn sie haben kein Gespür für die Unterscheidung zwischen Sein und Schein? Wenn unser Staat den Leuten dieses Gespür beigebracht hat, dann ist der Schein eliminiert und überall wohnt wahre Gerechtigkeit? Happy End? Deswegen ist es wohl ein Idealstaat. --Andyk 23:18, 8. Mär. 2009 (UTC)
Vielleicht kann man auch sagen, daß Glaukon seine These über Sein und Schein argumentieren will und dabei das zweite Prinzip - der Status einer Handlung hängt vom Status der Person ab - voraussetzt. Das kann man, wenn ich es mir recht überlege, auf mehrere Arten begründen:
  • die Rolle der Substanz, wie du sagtest
  • vom Standpunkt des Subjekts aus macht das durchaus Sinn. Weil ich selbst gerecht bin, entscheide ich mich zwischen zwei Handlungsalternativen immer für die gerechtere. In diesem Sinn hängen meine Handlungen von meinem Charakter ab.
  • Glaukon spricht hier vom idealen Gerechten bzw. Ungerechten. Ich sehe das in Zusammenhang damit, daß er hier ein Gedankenexperiment unter Laborbedingungen beschreibt. Daß die beiden Idealfälle sind, würde ich so beschreiben, daß sie jede einzelne ihrer Entscheidungen von der Frage nach der Gerechtigkeit abhängig machen. Insofern ist hier der Gerechtigkeitsstatus der Handlungen auf besondere Weise an die Person gebunden. - Wobei man ergänzen muß, daß der Ungerechte nicht darauf aus ist, in jedem Fall so ungerecht wie möglich zu handeln, sondern so, daß er am meisten davon profitiert. Zur These des Glaukon gehört, daß die profitabelste Handlung immer oder in den meisten Fällen die ungerechteste ist.
Zurück zur Implementierung - Was mir aufgefallen ist, ist, daß eine Person einen Gerechtigkeitsstatus hat, bevor sie überhaupt irgend etwas tut, und daß es für gerechte Personen von vornherein unmöglich ist, ungerecht zu handeln. Das ist vielleicht beeinflußt von sog. Pen-&-Paper-Rollenspielen. Ich kenne dergleichen nur aus zweiter Hand, aber soweit ich das mitgekriegt habe, gestaltet der Spieler vor Beginn einer Kampagne eine Figur mit einer Reihe wesentlicher Charaktereigenschaften - inklusive moralischer "Ausrichtung" - die er dann spielt und deren Charakterprofil er einzuhalten hat. Wenn ein Spieler etwas tut, das seine Figur nicht tun würde, gibt es Punkteabzüge für schlechtes Rollenspiel; auch, wenn eine als ungerecht definierte Figur etwas Gerechtes tut. In deinem ersten Entwurf wird eine solche Handlung gänzlich verhindert. Wenn man den Gerechtigkeitsstatus einer Handlung völlig abschafft, dann heißt das, daß eine Handlung automatisch gerecht wird (und zugleich als ungerecht empfunden wird), wenn eine gerechte Person sie vollzieht. In meiner Vorstellung (Glaukon denkt da vielleicht anders) kommt dergleichen so nicht vor. Wenn eine Person sich für eine Handlung entscheidet, von der sie weiß/glaubt, daß sie ungerecht ist, dann macht das die Person selbst ungerecht. - Der aktuelle Entwurf ist hier gar nicht so schlecht, weil er die Möglichkeit bietet, eine Rolle anzunehmen, die man dann erfüllen muß, oder ohne eine solche Voraussetzung ins Spiel zu gehen. Allerdings müßte das dann auch erläutert werden. --H.A.L. 12:02, 11. Mär. 2009 (UTC)

Es wäre interessant, ob Thrasymachos/Glaukon/sonstwer etwas über das Verhältnis zwischen gerechter Person und gerechter Handlung sagt.

  • Warum unterscheidest du eigentlich zwischen "human" und "person"?
Dafür habe ich mir beim Implementieren keinen Grund überlegt. Ich hätte auch direkt mit 'person' arbeiten können, wollte aber wohl lieber eine Subklasse verwenden. Könnte man noch ändern.--Andyk 23:29, 7. Mär. 2009 (UTC)

--H.A.L. 11:17, 4. Mär. 2009 (UTC)


Erstmal: Hut ab! Ich komme jetzt nach Relektüre von Buch 2-5 endlich dazu, deine Beiträge genauer durchzuarbeiten und finde deine Arbeit sehr anregend. Zu deinem ersten Implementationsentwurf bzw. zur Frage Sein/Schein möchte ich mir auch noch ein paar Anmerkungen erlauben: --Thai 10:57, 19. Mär. 2009 (UTC)

Es wurde bereits festgestellt, dass es sich beim "Herausputzen" der Figuren des Gerechten und des Ungerechten um Idealisierungen handelt (360e: "Ein richtiges Urteil über das Leben des Menschen, von denen wir sprechen, können wir nur dann gewinnen, wenn wir den Gerechten und Ungerechten in schärfstem Extrem einander gegenüberstellen, anders nicht."). Das beinhaltet meiner Meinung nach, dass es auch weniger extreme Formen, Zwischenstufen geben muss, was gegen deine Substanz-Hypothese sprechen würde. Ich würde also auch eher davon ausgehen, dass es die einzelne Handlung ist, von der man sagen kann, ob sie gerecht oder ungerecht ist/scheint (hier ergeben sich also vier Arten von Handlungen). Es gibt also, das wurde hier etwas vernachlässigt, durchaus gerechte Handlungen, die auch gerecht scheinen. Und es scheinen mir auch Gerechte denkmöglich, die mit Glück für einzelne ihrer gerechten Handlungen belohnt werden. Glaukon und Adeimantos zeichnen jedoch das Zerrbild eines extremen Gerechten, der für seine Gerechtigkeit nur Undank erntet, weil Sokrates in der folgenden Untersuchung aufweisen soll, dass es sich für den Gerechten selbst in diesem Idealfall (oder eher Anti-Idealfall) auszahlt, gerecht zu sein. Gerechtigkeit darf nicht wegen des mit ihr (bzw. ihrem Schein) verbundenen Ruhms gelobt werden, sondern weil ihr noch etwas Anderes inhärent ist, weswegen es sich lohnt, sie zu leben.

Meinem Verständnis entsprechend müssten also jeder Handlung die Attribute Sein und Schein zugewiesen werden, während eine Person ebenfalls ein (nicht-öffentliches) Attribut Sein haben kann, das jedoch von den Handlungen abhängig ist: ein extremer Gerechter wäre demnach eine Person, die bisher nur Handlungen begangen hat, die gerecht waren und ungerecht schienen, ein extremer Ungerechter nur solche, die ungerecht waren und gerecht schienen. Es wären jedoch durchaus die beiden anderen Extreme denkmöglich: der "glückliche Gerechte" und der "unfähige Ungerechte".

Ein Problem das das Glaukonsche Sein-/Schein-Konzept in deinem Entwurf noch aufwirft, sehe ich darin, dass man meinetwegen davon ausgehen kann, dass es ein bestimmbares Gerechtigkeitssein eines Menschen (für mich eher: einer Handlung) gibt, die Beurteilung des Scheins beinhaltet aber eine unleugbar subjektive Komponente. Das heißt auch, dass Handlungen von unterschiedlichen Beobachtern unterschiedlich beurteilt werden können. In deinem Modell ist diese Tatsache schwer unterzubringen. Wenn wir den Gerechten und den Ungerechten aber als bloß extreme Idealisierungen bestimmen, dann können wir für diese Bestimmung auch festlegen: die ungerechte Handlung des extremen Ungerechten scheint immer (und für alle) gerecht, die gerechte Handlung des extremen Gerechten immer ungerecht zu sein.

Ist eigentlich nicht bereits die große Rolle, die die Erziehung in der Politeia spielt ein Argument gegen ein essentialistisches Verständnis von Gerechtigkeit?

Und noch: Warum unterscheidest du übrigens zwischen einem Status 'neutral' und 'undecided'?

Und noch: "Es gibt nur 4 Kombinationen, die auftreten können, wenn ein Mensch eine Handlung vollzieht" - was ist mit den Handlungen eines neutralen/unentschiedenen Menschen?