Verwahrlosung (JsB): Unterschied zwischen den Versionen
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+ | Als einer der Hauptgründe für Verwahrlosung lässt sich die fehlende Erziehung und Aufmerksamkeit der Eltern sehen. „Hauptbedingung ist das Fehlen oder ein Mangel liebender Annahme und zärtlicher Zuwendung zum Kind seitens der erzieherischen, familiären Umwelt.“ (Ammann 1970, S. 94) Man unterscheidet bei den Ursachen zumeist zwischen denen, die das Kind oder den Jugendlichen selbst betreffen oder den Gründen, die von der Umwelt und der Menschen, die in dieser leben, bedingt werden. | ||
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+ | So haben Kinder, die durch einen Unfall oder von Geburt an, mit einer körperlichen Behinderung leben und so möglicherweise nicht von ihren Eltern beachtet werden, die Anlage zur Verwahrlosung. Aber auch das Stören der Entwicklungsphasen bei Kindern und also somit die persönliche Entfaltung durch die Wechselwirkung mit der Umwelt kann nicht gewährleistet werden. „Für die Verwahrlosung scheinen vor allem Störungen in den ersten beiden Phasen (bei der Konstituierung des Urvertrauens und der Autonomie) charakteristisch zu sein, die dann hauptsächlich in der Pubertät in Erscheinung treten. In dieser Entwicklungsperiode sollte sich der Jugendliche zum ersten Mal alleine in der Welt zurechtfinden und langsam die innere Unabhängigkeit erringen. [...] Jedoch der innerlich zu wenig Gefestigte vermag die zusätzliche entwicklungsbedingte Labilität oft nicht mehr zu parieren. Er wird irre an seiner Aufgabe, sich selbst, seine Identität zu finden, oder ist bei größerer Störung gar nicht fähig, deren Existenz zu bemerken oder sich einzugestehen.“ (Ammann 1970, S. 46f.) | ||
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+ | 3. Ursachen, die durch die Umwelt gedingt werden | ||
+ | Oftmals kann man jedoch die Gründe und Ursachen, die Verwahrlosung auslösen im gesellschaftlichen Umfeld der Kinder und Jugendlichen finden. Das wichtigste gesellschaftliche Umfeld, was für sie am prägsamsten ist, stellt die Familie dar. „Eine Störung kann verursacht werden durch eine längere Trennung von der Mutter, oder vor allem durch eine ungünstige seelische Verfassung und eine gleichgültige, zwiespältige oder gar ablehnende Haltung der Mutter. Das Kind erlebt dies als Nicht-angenommen-sein, als Fehlen der Liebe und damit als Entzug der lebensnotwendigen Grundlage.“ (Ammann 1970, S. 48) Diese affektive Frühverwahrlosung äußert sich in Gefühlsarmut, Schwierigkeiten im affektiven Kontakt, Kontaktscheu und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen. Nicht nur das gestörte Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, sondern auch das vor gelebte Verhalten der Eltern beeinflusst das Kind und seine Entscheidungen im weiteren Leben. „Die Grundhaltung der Eltern, ihre Ideale, Ziele, Erwartungen und Ansprüche an sich, an das Leben und an das Kind, ihre Entscheide und ihr alltägliches Verhalten prägen den Verhaltensstil des Kindes unbemerkt. Dieses gelebte Vorbild der Eltern und der ganzen Familie übt einen viel größeren erziehenden Einfluss auf das Kind aus als die gezielten Erziehungsmaßnahmen.“ (Ammann 1970, S. 49) Fehlt den Eltern selbst eine geordnete Lebensführung, dann können sie dies ihrem Kind auch nicht vermitteln. Die Eltern handeln auf bestimmte Verhaltensweisen des Kindes inkonsequent und willkürlich und geben ihm dadurch keinen Halt in der Welt. Dies kann beim Kind zu „äußerlichen Verwilderung, innerlich zum Verlust der Heimat, zur eigentlichen Verwahrlosung“ (Ammann 1970, S. 50) führen. | ||
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+ | Aber auch lassen sich Gründe in der nahen Umwelt ausfindig machen. Hier sind vor allem die ungünstigen Konstellationen in der Familie gemeint: | ||
+ | *Unvollständige Familien (z.b.: durch Trennung, Scheidung, Tod eines Elternteils,..) | ||
+ | *Einfluss von Kinderzahl und Stellung in der Geschwisterreihe (z.b.: Einzelkind, unerwünschter Nachzügler,...) | ||
+ | *Kind außerhalb seiner Familie (z.b.: uneheliches Kind, im Heim, bei einer Pflegefamilie,...) | ||
+ | *beengte Wohnverhältnisse | ||
+ | *soziale Benachteiligung der Eltern und somit der Kinder (z.b.: Arbeitslosigkeit eines Elternteils,...) | ||
+ | *Gewaltanwendung in der Familie | ||
+ | *Überforderung der Eltern (vgl. Ammann 1970, S. 52f.) | ||
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+ | Jedoch darf nicht vergessen werden, dass in die Ursachen für Verwahrlosung „verschiedene Bedingungselemente und Anlässe einfließen, die sich gegenseitig überlagern, kumulativ verstärken und zudem im Verlauf der Lebensgeschichte von Jugendlichen zum einem eine dominante, zum anderen eine eher untergeordnete Stellung einnehmen.“ (Vaslovics 1989, S. 784) | ||
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===Erscheinungsformen für Verwahrlosung=== | ===Erscheinungsformen für Verwahrlosung=== | ||
===Sozialarbeit/ Adressen=== | ===Sozialarbeit/ Adressen=== |
Version vom 11. Juni 2007, 16:47 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Verwahrlosung
Herleitung des Begriffs „Verwahrlosung“
- althochdeutsches Wort „ware“ = Achtung, Beachtung
- „wara“ liegt sowohl der Verwahrlosung, Gewahrsam, Verwahrung und auch Wahrnehmung zugrunde.
- „waralos“ bedeutet ohne Beachtung, achtlos, unbeachtet
Der Begriff der Verwahrlosung ist mit der Haltung verbunden die aktiv eingenommen wird oder nicht, eine Haltung die nicht der Betroffene einnimmt, sondern die ihm widerfährt.
Der Sprachgebrauch im Mittelhochdeutschen: das Wort „wara“ findet sich wieder im Tätigkeitswort „verwarlôsen“. Bei Verwahrlosung handelt es sich um ein Geschehen das durch andere verursacht wurde. Auslöser und Schuldzuweisung ist bei diesem Sprachgebrauch klar erkennbar.
Heute ist die Wortverwendung adjektivisch: „Die Jugend ist verwahrlost nicht wurde verwahrlost“. Wir ordnen dem Betreffenden Eigenschaften zu an der der Träger Schuld ist, der Träger hat somit ein Charaktermerkmal erworben. (Dechêne, 1975) 1
Definition des Begriffes Verwahrlosung
Es liegen die unterschiedlichsten Definitionen für diesen Begriff vor, häufig geben diese Ideen der Entstehung von Verwahrlosung wieder, wie zum Beispiel jene von Stutte, 1967, S. 148: „Verwahrlosung ist ein „Zustand mangelnden Bewahrtseins (‚wahrlossein’) durch Mängel in der familialen, soziologischen oder epochalen Situation des Kindes.“ (vgl. Eberhard, Kurt, 1973, S.15)
Da wir uns jedoch auch mit den Gründen der Verwahrlosung, insbesondere denen der Wohlstandsverwahrlosung beschäftigen möchten, wäre eine Definition in der solche bereits vorweggenommen werden eine Beeinträchtigung unserer Arbeit.
Als passend für die erarbeitete Fragestellung erscheint die Definition: „Verwahrlosung liegt vor, wenn die zuständigen gesellschaftlichen Institutionen auf persistente und generalisierte Dissozialität mit der Zuschreibung „Verwahrlosung“ reagieren. Eberhard, Kurt nach einer Definition von K. Hartmann (1979, S.5) Diese Definition nimmt keinerlei Entstehungsgründe vorweg und weist explizit darauf hin, dass Verwahrlosung keine Krankheit ist sondern ein Zustand der auf den mit der Bezeichnung Verwahrlosung von zuständigen gesellschaftlichen Instanzen reagiert wird.
Ursachen für Verwahrlosung
1. Allgemein Als einer der Hauptgründe für Verwahrlosung lässt sich die fehlende Erziehung und Aufmerksamkeit der Eltern sehen. „Hauptbedingung ist das Fehlen oder ein Mangel liebender Annahme und zärtlicher Zuwendung zum Kind seitens der erzieherischen, familiären Umwelt.“ (Ammann 1970, S. 94) Man unterscheidet bei den Ursachen zumeist zwischen denen, die das Kind oder den Jugendlichen selbst betreffen oder den Gründen, die von der Umwelt und der Menschen, die in dieser leben, bedingt werden.
2. Ursachen, die vom Kind ausgehen
So haben Kinder, die durch einen Unfall oder von Geburt an, mit einer körperlichen Behinderung leben und so möglicherweise nicht von ihren Eltern beachtet werden, die Anlage zur Verwahrlosung. Aber auch das Stören der Entwicklungsphasen bei Kindern und also somit die persönliche Entfaltung durch die Wechselwirkung mit der Umwelt kann nicht gewährleistet werden. „Für die Verwahrlosung scheinen vor allem Störungen in den ersten beiden Phasen (bei der Konstituierung des Urvertrauens und der Autonomie) charakteristisch zu sein, die dann hauptsächlich in der Pubertät in Erscheinung treten. In dieser Entwicklungsperiode sollte sich der Jugendliche zum ersten Mal alleine in der Welt zurechtfinden und langsam die innere Unabhängigkeit erringen. [...] Jedoch der innerlich zu wenig Gefestigte vermag die zusätzliche entwicklungsbedingte Labilität oft nicht mehr zu parieren. Er wird irre an seiner Aufgabe, sich selbst, seine Identität zu finden, oder ist bei größerer Störung gar nicht fähig, deren Existenz zu bemerken oder sich einzugestehen.“ (Ammann 1970, S. 46f.)
3. Ursachen, die durch die Umwelt gedingt werden
Oftmals kann man jedoch die Gründe und Ursachen, die Verwahrlosung auslösen im gesellschaftlichen Umfeld der Kinder und Jugendlichen finden. Das wichtigste gesellschaftliche Umfeld, was für sie am prägsamsten ist, stellt die Familie dar. „Eine Störung kann verursacht werden durch eine längere Trennung von der Mutter, oder vor allem durch eine ungünstige seelische Verfassung und eine gleichgültige, zwiespältige oder gar ablehnende Haltung der Mutter. Das Kind erlebt dies als Nicht-angenommen-sein, als Fehlen der Liebe und damit als Entzug der lebensnotwendigen Grundlage.“ (Ammann 1970, S. 48) Diese affektive Frühverwahrlosung äußert sich in Gefühlsarmut, Schwierigkeiten im affektiven Kontakt, Kontaktscheu und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen. Nicht nur das gestörte Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, sondern auch das vor gelebte Verhalten der Eltern beeinflusst das Kind und seine Entscheidungen im weiteren Leben. „Die Grundhaltung der Eltern, ihre Ideale, Ziele, Erwartungen und Ansprüche an sich, an das Leben und an das Kind, ihre Entscheide und ihr alltägliches Verhalten prägen den Verhaltensstil des Kindes unbemerkt. Dieses gelebte Vorbild der Eltern und der ganzen Familie übt einen viel größeren erziehenden Einfluss auf das Kind aus als die gezielten Erziehungsmaßnahmen.“ (Ammann 1970, S. 49) Fehlt den Eltern selbst eine geordnete Lebensführung, dann können sie dies ihrem Kind auch nicht vermitteln. Die Eltern handeln auf bestimmte Verhaltensweisen des Kindes inkonsequent und willkürlich und geben ihm dadurch keinen Halt in der Welt. Dies kann beim Kind zu „äußerlichen Verwilderung, innerlich zum Verlust der Heimat, zur eigentlichen Verwahrlosung“ (Ammann 1970, S. 50) führen.
Aber auch lassen sich Gründe in der nahen Umwelt ausfindig machen. Hier sind vor allem die ungünstigen Konstellationen in der Familie gemeint:
- Unvollständige Familien (z.b.: durch Trennung, Scheidung, Tod eines Elternteils,..)
- Einfluss von Kinderzahl und Stellung in der Geschwisterreihe (z.b.: Einzelkind, unerwünschter Nachzügler,...)
- Kind außerhalb seiner Familie (z.b.: uneheliches Kind, im Heim, bei einer Pflegefamilie,...)
- beengte Wohnverhältnisse
- soziale Benachteiligung der Eltern und somit der Kinder (z.b.: Arbeitslosigkeit eines Elternteils,...)
- Gewaltanwendung in der Familie
- Überforderung der Eltern (vgl. Ammann 1970, S. 52f.)
Jedoch darf nicht vergessen werden, dass in die Ursachen für Verwahrlosung „verschiedene Bedingungselemente und Anlässe einfließen, die sich gegenseitig überlagern, kumulativ verstärken und zudem im Verlauf der Lebensgeschichte von Jugendlichen zum einem eine dominante, zum anderen eine eher untergeordnete Stellung einnehmen.“ (Vaslovics 1989, S. 784)