Fußnote/ Zitation im Film: Unterschied zwischen den Versionen

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Wir schreiben einen Text um etwas zu verkünden, auch wenn wir im und durch den Text hindurch in der Bewegung des Darüber-Nachdenkens verfahren und fortfahren. Wir notieren, formulieren, ziehen Schlüsse, beobachten, fragen, sind ratlos und beziehen uns auf andere. Wir zitieren! Warum? Wer oder was bedingt diese Möglichkeit und diese faktische Setzung eines Zitats? Dass es ein Wir gibt, dass sich hier äußert, dass als Subjekt einer Verkündung in einer Situation auftritt, in der es viel zu gewinnen, aber noch mehr zu verlieren gibt? [Anmerkung: ursprünglich war hier ein Punkt.] Es gibt den anderen, der sich schon geäußert hat, der seinen Text schon auf den Weg gebracht hat. Er – oder vielleicht auch sie – hat sich ent-äußert, etwas von sich entsendet und sich damit von etwas, womöglich einem Teil von sich, getrennt. Erlischt der Anspruch auf dieses etwas je nach dem, ob es als einem Ich zugehörig, oder als ein Unverfügbares (an sich unverfügbar, was aber – siehe Derrida – die Aneignung des Unverfügbaren als ein etwas, das mir gehört, gerade nicht verunmöglicht) verstanden wird? (Grundfrage des Geistigen Eigentums) Oder bleibt dieser Anspruch auf die Verkündung auf alle Fälle aufrecht, in dem ich mich eben auf den anderen beziehe, auf seine Verkündung, selbst wenn sie immer schon Verkündung des ganz anderen ist - Botschaft: der andere als Bote des ganz anderen? [Notiz: Kurze Kennzeichnung der gefährlichen Situation – Übersetzung derselben in den Kontext der Filmmontage]  
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Wir schreiben einen Text um etwas zu verkünden, auch wenn wir im und durch den Text hindurch in der Bewegung des Darüber-Nachdenkens verfahren und fortfahren. Wir notieren, formulieren, ziehen Schlüsse, beobachten, fragen, sind ratlos und beziehen uns auf andere. Wir zitieren! Warum? Wer oder was bedingt diese Möglichkeit und diese faktische Setzung eines Zitats? Dass es ein Wir gibt, dass '''[das!]''' sich hier äußert, dass '''[das!]''' als Subjekt einer Verkündung in einer Situation auftritt, in der es viel zu gewinnen, aber noch mehr zu verlieren gibt? [Anmerkung: ursprünglich war hier ein Punkt.] Es gibt den anderen, der sich schon geäußert hat, der seinen Text schon auf den Weg gebracht hat. Er – oder vielleicht auch sie – hat sich ent-äußert, etwas von sich entsendet und sich damit von etwas, womöglich einem Teil von sich, getrennt. Erlischt der Anspruch auf dieses etwas je nach dem, ob es als einem Ich zugehörig, oder als ein Unverfügbares (an sich unverfügbar, was aber – siehe Derrida – die Aneignung des Unverfügbaren als ein etwas, das mir gehört, gerade nicht verunmöglicht) verstanden wird? (Grundfrage des Geistigen Eigentums) Oder bleibt dieser Anspruch auf die Verkündung auf alle Fälle aufrecht, in dem ich mich eben auf den anderen beziehe, auf seine Verkündung, selbst wenn sie immer schon Verkündung des ganz anderen ist - Botschaft: der andere als Bote des ganz anderen? [Notiz: Kurze Kennzeichnung der gefährlichen Situation – Übersetzung derselben in den Kontext der Filmmontage]  
  
 
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Wie gehen wir mit dem anderen um? Wie verfahren wir mit der Alterität in der Schreibpraxis, wie in der Filmmontage? – Wem oder was gerecht werden? (Übersetzung der vorigen Frage in den Kontext der Gerechtigkeit) Dem Medium, den anderen, den anderen im Film, der Filmidee, den Sachzwängen des Materials, einem künftigen Voyeur?
 
Wie gehen wir mit dem anderen um? Wie verfahren wir mit der Alterität in der Schreibpraxis, wie in der Filmmontage? – Wem oder was gerecht werden? (Übersetzung der vorigen Frage in den Kontext der Gerechtigkeit) Dem Medium, den anderen, den anderen im Film, der Filmidee, den Sachzwängen des Materials, einem künftigen Voyeur?
Wie setzt sich einer aus, der einen Text schreibt, und im Vergleich dazu: wie einer, der seine Aussage filmen lässt? Wie diese außerordentliche Bereitschaft würdigen, zu Wort kommen lassen, sehend machen, die sich darin zeigt, in dem man sich dem Archivierungsapparat – ein Netz aus Equipment: Kameras, Mikrophone, Filmcrew, Ideen, Zielvorstellungen, Beziehungen, Querelen, etc. – des/der anderen aussetzt? Ein sich aussetzen, das viel radikaler ist, als das Schreiben eines Textes sein kann [Achtung THESE! – Anmerkung: wovon ernährt sie sich, was hält sie am Leben, aber auch: was ruft sie ins Leben?], denn ich schreibe nicht, ich zeichne nicht auf. Ich werde aufgezeichnet. Sicher, in gewissem Sinne werde ich auch im schreiben aufgezeichnet. Ich liefere mich auch etwas bzw. jemandem aus: offensichtlich den Anforderungen eines Textes, demjenigen, was andere von einem Text – auch z.B. in seiner Spezifikation als bestimmter Text – erwarten, manchmal auch erhoffen, aber auch in einem ganz grundsätzlichen Sinne liefert sich ein Autor immer auch der Sprache und der Schrift aus, die nie ganz die seine sein kann, die eben auch auf den/ die/ das andere verweist. [Anmerkung: und es ließe sich mit weiterem Bezug auf Derrida fragen, inwiefern dieses sich aussetzen noch viel radikaler gedacht, viel grundsätzlicher ins Auge gefasst werden müsste, denn ermöglicht diese Dimension der Alterität nicht erst dieses Ich, dass sich aussetzt, nun aussetzen kann – Aussetzung 2. Ordnung? Es braucht eine Sprache, um ich sagen zu können.] Doch fügt nicht die Kamera – und nicht zu vergessen: das Mikrophon – dem noch die ein oder andere Komponente hinzu? Ja, mehr noch, versetzt es dieses ich nicht in eine ganz andere, gänzlich neue Dimension der Aussetzung, gerade wegen der unüberblickbaren und unkontrollierbaren Vielfalt an Vermittlungsschritten? [Ergänzung: Erwähnt sei hier nur schon allein die vielfältigen Möglichkeiten des Schnitts durch digitale Software. Aber auch der Schnitt im Allgemeinen: Schnitt von Ton und Bild – radikale Dekonstruktion, d.h. in einem ganz materiellen Sinn Dekonstruktion der Verkündung. Und auch hier: wonach richtet sich der Schnitt? Wem oder was gehorcht er? Wem oder was will er antworten? Oder auch: an wen richtet er sich?]  
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Wie setzt sich einer aus, der einen Text schreibt, und im Vergleich dazu: wie einer, der seine Aussage filmen lässt? Wie diese außerordentliche Bereitschaft würdigen, zu Wort kommen lassen, sehend machen, die sich darin zeigt, in dem man sich dem Archivierungsapparat – ein Netz aus Equipment: Kameras, Mikrophone, Filmcrew, Ideen, Zielvorstellungen, Beziehungen, Querelen, etc. – des/der anderen aussetzt? Ein sich aussetzen, das viel radikaler ist, als das Schreiben eines Textes sein kann [Achtung THESE! – Anmerkung: wovon ernährt sie sich, was hält sie am Leben, aber auch: was ruft sie ins Leben?], denn ich schreibe nicht, ich zeichne nicht auf. Ich werde aufgezeichnet. Sicher, in gewissem Sinne werde ich auch im schreiben aufgezeichnet. Ich liefere mich auch etwas bzw. jemandem aus: offensichtlich den Anforderungen eines Textes, demjenigen, was andere von einem Text – auch z.B. in seiner Spezifikation als bestimmter Text – erwarten, manchmal auch erhoffen, aber auch in einem ganz grundsätzlichen Sinne liefert sich ein Autor immer auch der Sprache und der Schrift aus, die nie ganz die seine sein kann, die eben auch auf den/ die/ das andere verweist. [Anmerkung: und es ließe sich mit weiterem Bezug auf Derrida fragen, inwiefern dieses sich aussetzen noch viel radikaler gedacht, viel grundsätzlicher ins Auge gefasst werden müsste, denn ermöglicht diese Dimension der Alterität nicht erst dieses Ich, dass sich aussetzt, nun aussetzen kann – Aussetzung 2. Ordnung? Es braucht eine Sprache, um ich sagen zu können.] Doch fügt nicht die Kamera – und nicht zu vergessen: das Mikrophon – dem noch die ein oder andere Komponente hinzu? Ja, mehr noch, versetzt es dieses ich '''[Ich]''' nicht in eine ganz andere, gänzlich neue Dimension der Aussetzung, gerade wegen der unüberblickbaren und unkontrollierbaren Vielfalt an Vermittlungsschritten? '''[Wieso sollte gerade die Vielfalt für die ganz andere Weise der Aussetzung sein?]''' [Ergänzung: Erwähnt sei hier nur schon allein die vielfältigen Möglichkeiten des Schnitts durch digitale Software. Aber auch der Schnitt im Allgemeinen: Schnitt von Ton und Bild – radikale Dekonstruktion, d.h. in einem ganz materiellen Sinn Dekonstruktion der Verkündung. Und auch hier: wonach richtet sich der Schnitt? Wem oder was gehorcht er? Wem oder was will er antworten? Oder auch: an wen richtet er sich?]  
  
 
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Es ist im Film eigentlich nicht möglich ein Plagiat zu begehen. ''[Die Frage nach dem Plagiat stellt sich im Film nicht in Analogie zum Text. Stellt sie sich überhaupt im Film?]'' Warum? Wir übernehmen nicht einfach die Aussage (Schrift und Rede) des anderen und geben sie als unsere aus, sondern ganz im Gegenteil: wir machen nicht den anderen unsichtbar, sondern uns, die Filmmonteure. ''[Alles dreht sich hier um die Frage der Adäquatheit (und Entstellung), der Zurechnungsfähigkeit und Schuldunfähigkeit, nicht um die der Zurechnung und Schuldigkeit.]'' Wir lassen den Seher in dem Glauben, dass er Arno Böhler, Konrad Liessmann zu sehen bekommt. Nicht gilt es auf den anderen aufmerksam zu machen, sondern auf uns, oder – was auf dasselbe hinausläuft (tut es das?) – es gilt unseren Arno Böhler, den, den wir haben wollen – in Wort und Bild – sichtbar und hörbar zu machen. Doch wer oder was bestimmt dieses uns, dieses unser? Nach wem oder was richtet sich ein Böhler im Film? Oder konkreter: nach wem oder was richtet sich der Schnitt?
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Es ist im Film eigentlich nicht möglich ein Plagiat zu begehen. '''[Die Frage nach dem Plagiat stellt sich im Film nicht in Analogie zum Text. Stellt sie sich überhaupt im Film?]''' Warum? Wir übernehmen nicht einfach die Aussage (Schrift und Rede) des anderen und geben sie als unsere aus, sondern ganz im Gegenteil: wir machen nicht den anderen unsichtbar, sondern uns, die Filmmonteure. '''[Alles dreht sich hier um die Frage der Adäquatheit (und Entstellung), der Zurechnungsfähigkeit und Schuldunfähigkeit, nicht um die der Zurechnung und Schuldigkeit.]''' Wir lassen den Seher in dem Glauben, dass er Arno Böhler, Konrad Liessmann zu sehen bekommt. Nicht gilt es auf den anderen aufmerksam zu machen, sondern auf uns, oder – was auf dasselbe hinausläuft (tut es das?) – es gilt unseren Arno Böhler, den, den wir haben wollen – in Wort und Bild – sichtbar und hörbar zu machen. Doch wer oder was bestimmt dieses uns, dieses unser? Nach wem oder was richtet sich ein Böhler im Film? Oder konkreter: nach wem oder was richtet sich der Schnitt?
  
 
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Der gelungene Schnitt verlangt nach seiner Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit. Im gelungenen Schnitt treten wir nicht nur in den Hintergrund sondern in eine radikale Abwesenheit. Wer oder was macht gerade dieses gelingen problematisch? Auf wen oder was antwortet diese mögliche Problematik? (Wenn denn ein Problem jemals als Antwort verstanden werden kann?) Auf wen oder was antwortet die Fragwürdigkeit dieser Unsichtbarkeit im Sichtbaren, dieser Unhörbarkeit im Hörbaren? Wie muss dieser Ruf verstanden werden, der uns dazu mahnt, Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit im Austausch gegen ein kenntlichmachen des Schnitts aufzugeben. [Anmerkung: Austausch ist hier nur im Sinne eines ungerechten Geschäfts zu verstehen. Es tut weh ''[es stört die (alte) Ordnung]'' den perfekten Schnitt der Anerkennung dieses Rufs zu opfern!] Wie wollen wir diesen Ruf zeichnen, in eine Figur versammeln(?); in eine Figur, die zwei Kriterien entsprechen müsste: sie müsste in einem Nähe und Ferne zu einer anderen, ihr verwandten Figur pflegen, der Mahnung zum korrekten Zitat. Letztere will überhaupt Sichtbarkeit. Sie verkörpert eine Angst ''[?]'' des Nicht-Vorkommens, des Übergangen-Werdens, der fehlenden Anerkennung – Angst vor dem Untergang. (Problem des Plagiats) Die andere Figur, um die hier ihren Anspruch anmeldet, erscheint dagegen von einer viel subtileren, und auch viel komplexeren Angst heimgesucht zu werden: „ich werde gezeigt, ich komme vor, man sieht mich, ich komme zu Wort, aber (ein bedeutsames aber) nicht so wie (...). (Problem der Ellipse, der Manipulation, der Konstruktion, der De-kontextualisierung)  Nicht so  wie es war. Es fehlt etwas. Etwas ist mit mir geschehen, was ursprünglich nicht so war. [Ergänzung: Man müsste hier genau diesen Problemkomplex der Ellipse mit all ihren Haupt- und Nebensträngen genau analysieren und kommentieren. Wir sprechen hier von der Ellipse in ihrer Beispielhaftigkeit in Text und Film. Beispiele für ein universelles Problem der Auslassung.]  
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Der gelungene Schnitt verlangt nach seiner Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit. Im gelungenen Schnitt treten wir nicht nur in den Hintergrund sondern in eine radikale Abwesenheit. Wer oder was macht gerade dieses gelingen problematisch? Auf wen oder was antwortet diese mögliche Problematik? (Wenn denn ein Problem jemals als Antwort verstanden werden kann?) Auf wen oder was antwortet die Fragwürdigkeit dieser Unsichtbarkeit im Sichtbaren, dieser Unhörbarkeit im Hörbaren? Wie muss dieser Ruf verstanden werden, der uns dazu mahnt, Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit im Austausch gegen ein kenntlichmachen des Schnitts aufzugeben. [Anmerkung: Austausch ist hier nur im Sinne eines ungerechten Geschäfts zu verstehen. Es tut weh '''[es stört die (alte) Ordnung]''' den perfekten Schnitt der Anerkennung dieses Rufs zu opfern!] Wie wollen wir diesen Ruf zeichnen, in eine Figur versammeln(?); in eine Figur, die zwei Kriterien entsprechen müsste: sie müsste in einem Nähe und Ferne zu einer anderen, ihr verwandten Figur pflegen, der Mahnung zum korrekten Zitat. Letztere will überhaupt Sichtbarkeit. Sie verkörpert eine Angst '''[?]''' des Nicht-Vorkommens, des Übergangen-Werdens, der fehlenden Anerkennung – Angst vor dem Untergang. (Problem des Plagiats) Die andere Figur, um die hier ihren Anspruch anmeldet, erscheint dagegen von einer viel subtileren, und auch viel komplexeren Angst heimgesucht zu werden: „ich werde gezeigt, ich komme vor, man sieht mich, ich komme zu Wort, aber (ein bedeutsames aber) nicht so wie (...). (Problem der Ellipse, der Manipulation, der Konstruktion, der De-kontextualisierung)  Nicht so  wie es war. Es fehlt etwas. Etwas ist mit mir geschehen, was ursprünglich nicht so war. [Ergänzung: Man müsste hier genau diesen Problemkomplex der Ellipse mit all ihren Haupt- und Nebensträngen genau analysieren und kommentieren. Wir sprechen hier von der Ellipse in ihrer Beispielhaftigkeit in Text und Film. Beispiele für ein universelles Problem der Auslassung.]  
  
 
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[DER.READA, 15.11.12]
 
[DER.READA, 15.11.12]
[JP, 16.11.2012]
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'''[JP, 18.11.2012]'''
  
 
[[Die Fußnote im Film|Zurück]]
 
[[Die Fußnote im Film|Zurück]]

Aktuelle Version vom 18. November 2012, 17:03 Uhr

Man wollte hören, was sie zu sagen haben, und: man wollte die Verkündigung in Szene setzen, an bestimmte Orte binden. Man wollte, dass die Verkündigung, das Wort, ein gutes Bild abgibt – Für wen? Für was? – Für einen Film, ein Dokument? Man wollte sie nicht nur hören, sondern dies auch festhalten, archivieren, um es anderen zu zeigen. Wer sind die anderen, für die festgehalten, archiviert wurde? Kennen wir sie? Spielen sie bereits eine Rolle vor aller Verkündigung, vor einer Auswahl – einer unter vielen: Auswahl der Person, des Ortes, der Frage, der Einstellung, des Equipments, des Schnitts, etc. – bevor eine Auswahl stattfindet, einen Ort, eine Zeit findet, um eine Wahl zu treffen? Mit Hinblick auf wen oder was wird diese Wahl, oder eher: dieses Netz an Entscheidungen, getroffen, gesponnen? Kennt man diesen jemand bzw. dieses etwas bevor man beginnt? Muss man ihn/es kennen, aber auch: wie diese Kenntnis des Horizonts bestimmen? Als Ahnung, als Wunsch, als Absicht, als Leerstelle?

Wir schreiben einen Text um etwas zu verkünden, auch wenn wir im und durch den Text hindurch in der Bewegung des Darüber-Nachdenkens verfahren und fortfahren. Wir notieren, formulieren, ziehen Schlüsse, beobachten, fragen, sind ratlos und beziehen uns auf andere. Wir zitieren! Warum? Wer oder was bedingt diese Möglichkeit und diese faktische Setzung eines Zitats? Dass es ein Wir gibt, dass [das!] sich hier äußert, dass [das!] als Subjekt einer Verkündung in einer Situation auftritt, in der es viel zu gewinnen, aber noch mehr zu verlieren gibt? [Anmerkung: ursprünglich war hier ein Punkt.] Es gibt den anderen, der sich schon geäußert hat, der seinen Text schon auf den Weg gebracht hat. Er – oder vielleicht auch sie – hat sich ent-äußert, etwas von sich entsendet und sich damit von etwas, womöglich einem Teil von sich, getrennt. Erlischt der Anspruch auf dieses etwas je nach dem, ob es als einem Ich zugehörig, oder als ein Unverfügbares (an sich unverfügbar, was aber – siehe Derrida – die Aneignung des Unverfügbaren als ein etwas, das mir gehört, gerade nicht verunmöglicht) verstanden wird? (Grundfrage des Geistigen Eigentums) Oder bleibt dieser Anspruch auf die Verkündung auf alle Fälle aufrecht, in dem ich mich eben auf den anderen beziehe, auf seine Verkündung, selbst wenn sie immer schon Verkündung des ganz anderen ist - Botschaft: der andere als Bote des ganz anderen? [Notiz: Kurze Kennzeichnung der gefährlichen Situation – Übersetzung derselben in den Kontext der Filmmontage]

Wie gehen wir mit dem anderen um? Wie verfahren wir mit der Alterität in der Schreibpraxis, wie in der Filmmontage? – Wem oder was gerecht werden? (Übersetzung der vorigen Frage in den Kontext der Gerechtigkeit) Dem Medium, den anderen, den anderen im Film, der Filmidee, den Sachzwängen des Materials, einem künftigen Voyeur? Wie setzt sich einer aus, der einen Text schreibt, und im Vergleich dazu: wie einer, der seine Aussage filmen lässt? Wie diese außerordentliche Bereitschaft würdigen, zu Wort kommen lassen, sehend machen, die sich darin zeigt, in dem man sich dem Archivierungsapparat – ein Netz aus Equipment: Kameras, Mikrophone, Filmcrew, Ideen, Zielvorstellungen, Beziehungen, Querelen, etc. – des/der anderen aussetzt? Ein sich aussetzen, das viel radikaler ist, als das Schreiben eines Textes sein kann [Achtung THESE! – Anmerkung: wovon ernährt sie sich, was hält sie am Leben, aber auch: was ruft sie ins Leben?], denn ich schreibe nicht, ich zeichne nicht auf. Ich werde aufgezeichnet. Sicher, in gewissem Sinne werde ich auch im schreiben aufgezeichnet. Ich liefere mich auch etwas bzw. jemandem aus: offensichtlich den Anforderungen eines Textes, demjenigen, was andere von einem Text – auch z.B. in seiner Spezifikation als bestimmter Text – erwarten, manchmal auch erhoffen, aber auch in einem ganz grundsätzlichen Sinne liefert sich ein Autor immer auch der Sprache und der Schrift aus, die nie ganz die seine sein kann, die eben auch auf den/ die/ das andere verweist. [Anmerkung: und es ließe sich mit weiterem Bezug auf Derrida fragen, inwiefern dieses sich aussetzen noch viel radikaler gedacht, viel grundsätzlicher ins Auge gefasst werden müsste, denn ermöglicht diese Dimension der Alterität nicht erst dieses Ich, dass sich aussetzt, nun aussetzen kann – Aussetzung 2. Ordnung? Es braucht eine Sprache, um ich sagen zu können.] Doch fügt nicht die Kamera – und nicht zu vergessen: das Mikrophon – dem noch die ein oder andere Komponente hinzu? Ja, mehr noch, versetzt es dieses ich [Ich] nicht in eine ganz andere, gänzlich neue Dimension der Aussetzung, gerade wegen der unüberblickbaren und unkontrollierbaren Vielfalt an Vermittlungsschritten? [Wieso sollte gerade die Vielfalt für die ganz andere Weise der Aussetzung sein?] [Ergänzung: Erwähnt sei hier nur schon allein die vielfältigen Möglichkeiten des Schnitts durch digitale Software. Aber auch der Schnitt im Allgemeinen: Schnitt von Ton und Bild – radikale Dekonstruktion, d.h. in einem ganz materiellen Sinn Dekonstruktion der Verkündung. Und auch hier: wonach richtet sich der Schnitt? Wem oder was gehorcht er? Wem oder was will er antworten? Oder auch: an wen richtet er sich?]

Wie können wir überhaupt einen Text schreiben? Wie zum anderen sprechen? Wie uns der Kamera, der Aufzeichnungsapparatur der anderen aussetzen? [Anmerkung: was bedeutet hier das Anhängsel der anderen? Gibt es einen Unterschied zwischen einem der Aufzeichnungsapparatur aussetzen und einem der Aufzeichnungsapparatur der anderen aussetzen? Inwiefern verfügen die anderen über diese Apparatur, in dem sie von ihr in bestimmtem Sinne ermächtigt werden?] Im Angesicht der Gefahr, oder doch im Ausblenden derselben? Doch: wer oder was bedroht? Wie diese Gefahr verstehen? Diese Gefahr, die die Notwendigkeit des Zitats, der korrekten Zitation, der gewissenhaften Fußnote nährt, die im Dokumentarfilm aber – und das gilt es festzuhalten und zu untersuchen – in ganz anderer Weise auftritt, u.a. gerade auch, weil sie sich dort, im Vermittlungsgewirr von Techniken, Apparaten, Stimmen und Handgriffen – beinahe ins Unendlich potenziert. Wie können wir das? Was erwarten wir uns? Oder eher: was erwartet uns? Und: wie können wir dem jemals gerecht werden?

Es ist im Film eigentlich nicht möglich ein Plagiat zu begehen. [Die Frage nach dem Plagiat stellt sich im Film nicht in Analogie zum Text. Stellt sie sich überhaupt im Film?] Warum? Wir übernehmen nicht einfach die Aussage (Schrift und Rede) des anderen und geben sie als unsere aus, sondern ganz im Gegenteil: wir machen nicht den anderen unsichtbar, sondern uns, die Filmmonteure. [Alles dreht sich hier um die Frage der Adäquatheit (und Entstellung), der Zurechnungsfähigkeit und Schuldunfähigkeit, nicht um die der Zurechnung und Schuldigkeit.] Wir lassen den Seher in dem Glauben, dass er Arno Böhler, Konrad Liessmann zu sehen bekommt. Nicht gilt es auf den anderen aufmerksam zu machen, sondern auf uns, oder – was auf dasselbe hinausläuft (tut es das?) – es gilt unseren Arno Böhler, den, den wir haben wollen – in Wort und Bild – sichtbar und hörbar zu machen. Doch wer oder was bestimmt dieses uns, dieses unser? Nach wem oder was richtet sich ein Böhler im Film? Oder konkreter: nach wem oder was richtet sich der Schnitt?

Der gelungene Schnitt verlangt nach seiner Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit. Im gelungenen Schnitt treten wir nicht nur in den Hintergrund sondern in eine radikale Abwesenheit. Wer oder was macht gerade dieses gelingen problematisch? Auf wen oder was antwortet diese mögliche Problematik? (Wenn denn ein Problem jemals als Antwort verstanden werden kann?) Auf wen oder was antwortet die Fragwürdigkeit dieser Unsichtbarkeit im Sichtbaren, dieser Unhörbarkeit im Hörbaren? Wie muss dieser Ruf verstanden werden, der uns dazu mahnt, Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit im Austausch gegen ein kenntlichmachen des Schnitts aufzugeben. [Anmerkung: Austausch ist hier nur im Sinne eines ungerechten Geschäfts zu verstehen. Es tut weh [es stört die (alte) Ordnung] den perfekten Schnitt der Anerkennung dieses Rufs zu opfern!] Wie wollen wir diesen Ruf zeichnen, in eine Figur versammeln(?); in eine Figur, die zwei Kriterien entsprechen müsste: sie müsste in einem Nähe und Ferne zu einer anderen, ihr verwandten Figur pflegen, der Mahnung zum korrekten Zitat. Letztere will überhaupt Sichtbarkeit. Sie verkörpert eine Angst [?] des Nicht-Vorkommens, des Übergangen-Werdens, der fehlenden Anerkennung – Angst vor dem Untergang. (Problem des Plagiats) Die andere Figur, um die hier ihren Anspruch anmeldet, erscheint dagegen von einer viel subtileren, und auch viel komplexeren Angst heimgesucht zu werden: „ich werde gezeigt, ich komme vor, man sieht mich, ich komme zu Wort, aber (ein bedeutsames aber) nicht so wie (...). (Problem der Ellipse, der Manipulation, der Konstruktion, der De-kontextualisierung) Nicht so wie es war. Es fehlt etwas. Etwas ist mit mir geschehen, was ursprünglich nicht so war. [Ergänzung: Man müsste hier genau diesen Problemkomplex der Ellipse mit all ihren Haupt- und Nebensträngen genau analysieren und kommentieren. Wir sprechen hier von der Ellipse in ihrer Beispielhaftigkeit in Text und Film. Beispiele für ein universelles Problem der Auslassung.]

„An wen sich richten?“ ist eine Frage Umberto Ecos in Bezug auf den Text. Eine Frage der Sendung, der Kommunikation und des Publizierens. Eine von vielen möglichen Fragen in Bezug auf einen Text – einer, der noch nicht geschrieben ist, der sich noch zurückbehält, und selbst in der Form, dass er noch etwas zurückbehält, ganz gleich, wie viel schon gesagt und geschrieben wurde: der Text in seiner Unvollständigkeit, Unvollendbarkeit. Ein Text kommt nie an sein Ende. Er ist nie fertig, oder – was dasselbe meint – er ist erst fertig – perfekt, vollendet, eben am Ende – wenn es ihm gelingt seinen Leser zu kennen, wenn er absolut sicher sein kann, an wen er sich richtet. Diese textlogische bzw. hermeneutische These beinhaltet aber noch eine andere Frage der Richtung, des Sich-Richtens, der Ausrichtung, der Wendung zurück, eine, auf die bis jetzt stillschweigend immer wieder rekurriert wurde, wenn es um die Frage nach dem Wer-oder-Was ging, und die wir nun heranziehen wollen, um das Problem der Vollendung, der Perfektion und des Perfektionismus in das Problem der Gerechtigkeit einzuschreiben. Also, wonach sich richten, nach welchem Anspruch, wem oder was folgen? Nicht nur wendet sich der Text an jemanden, sondern etwas oder jemand wendet sich an den Text, den Text in seinem Werden, seinem Entstehungsprozess. Es sind dies Kräfte des Formens, des in eine Form Zwingens und Drängens. Lässt sich das Gesagte ohne weiteres in den Kon-text des Film, der Filmmontage, des Schnitts, aber vor allem auch der Arbeit des Aufzeichnens durch Kamera und Mikrophon, übersetzen? An wen sich richten, aber eben auch wonach? Wer oder was wendet sich an uns, an den Film in seinem Werden?

[Anmerkung: Dieser Text kann gelesen werden als ein Hinweis, eine Fußnote im Sinne der Anmerkung, im Sinne dessen, was zwar gesagt werden will, aber doch eben nicht der Art, dass es im Haupttext vorkommt. Im Bezug auf den Film bedeutet das u.a.: wir wollen es sagen, aber nicht im Film zeigen. Der Ruf des perfekten Schnitts setzte sich durch. Man könnte sagen, diese Fußnote ist ein Versuch beiden gerecht zu werden, dem Ruf des Films und dieser seltsamen Figur, die diesen Text in gewissem Sinne einmahnte.]

[DER.READA, 15.11.12] [JP, 18.11.2012]

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