Tragen Realityformate (Supernanny) tatsächlich dazu bei, Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen?: Unterschied zwischen den Versionen

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4. Ein geteiltes Haus
 
4. Ein geteiltes Haus
 
Der Fernseher drohte die Familie zu splitten, da die patriarchale Autorität untergraben wurde. Viktorianische Ästhetik von Wohnungsentwürfen versuchten soziale Raumtrennung und häuslichen Zusammenhalt zu verbinden. Ein weiterer Versuch den Apparat sinnvoll und nicht schädigend in der Familie zu integrieren. Anfangs galt das Fernsehgucken als integrierende Tätigkeit später als Trennung zwischen den einzelnen Familienmitglieder. Man versuchte also einen Kompromis zu finden um beides zu vereinen, sprich das Zusammengehörigkeitsgefühl und den eigenen Raum zur Entspannung.
 
Der Fernseher drohte die Familie zu splitten, da die patriarchale Autorität untergraben wurde. Viktorianische Ästhetik von Wohnungsentwürfen versuchten soziale Raumtrennung und häuslichen Zusammenhalt zu verbinden. Ein weiterer Versuch den Apparat sinnvoll und nicht schädigend in der Familie zu integrieren. Anfangs galt das Fernsehgucken als integrierende Tätigkeit später als Trennung zwischen den einzelnen Familienmitglieder. Man versuchte also einen Kompromis zu finden um beides zu vereinen, sprich das Zusammengehörigkeitsgefühl und den eigenen Raum zur Entspannung.
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'''Baudrillard Jean. „Jenseits von Wahr und Falsch oder die Hinterlist des Bildes“ In: Bildwelten – Denkbilder. Bachmayer, Hans Matthäus/Van de Loo, Otto Rötzler, Florian (Hg.). München: Boer 1986, S. 265 - 268'''
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Verhältnis zwischen Bild, Realität und Imagination. Baudrillard meint, dass die Bilder nicht die Realität zeigen, sie schaffen sich ihre eigene Realität. Wir glauben, dass die Realität abgebildet wird, jedoch diese Realität existiert gar nicht. Durch unseren Glauben wird diese Realität geschaffen. Soziologisches und politisches Äquivalenz zu dem Bild in diesem Sinne wäre das Massenverhalten. Die Masse folgt den Modellen, die man ihnen vorschlägt, vorsetzt und spiegelt diese Zielvorstellungen wieder nur um sie dadurch aufzusaugen und zu nichte zu machen. Baudrillard meint, dass das Bild weder pädagogisch noch ästhetische Wirkung besitzt. Zusätzlich besitzt es keine Kritikfähigkeit und lässt keine Dialektik zu. Der Unterschied zwischen Realem und Bild ist nicht wahrnehmbar, dieser Zusammenstoss ist so subtil, dass man ihn kaum wahrnehmen kann, sowie unterscheiden kann.
  
 
'''Weitere Literatur:'''
 
'''Weitere Literatur:'''
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Wahl Klaus, Hees Katja (Hrsg.) Helfen „Super Nanny“ und Co.? Ratlose Eltern – Herausforderung für die Elternbildung. Beltz-Verlag, Weinheim und Basel 2006.
 
Wahl Klaus, Hees Katja (Hrsg.) Helfen „Super Nanny“ und Co.? Ratlose Eltern – Herausforderung für die Elternbildung. Beltz-Verlag, Weinheim und Basel 2006.
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[1. Einleitung
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Erstmals wurde die Realityserie „Die Super Nanny“ mit Katja Saalfrank (Diplom-Pädagogin / geboren 1971 / verheiratet / 4 Kinder) und Nadja Lydssan (Diplom-Sozialpädagogin) bei RTL am 19. September 2004 um 20h15 ausgestrahlt. Dieses Format wird nach dem Deutschen Kinderschutzbund als Real-People-Format bezeichnet. Die Erstausstrahlung dieses Formates bescherte dem Sender RTL eine erfolgreiche Quote von ca. 5 Millionen Zuschauern. Diese enorme Zuschauerquote von Müttern und Vätern scheint somit Hinweise auf das Bedürfnis nach Unterstützung für den Erziehungsalltag zu liefern, orientiert man sich an der Stellungsnahme des Deutschen Kinderschutzbundes.
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Möchte man hitzige Diskussionen anzetteln, braucht man nur das Stichwort „Super Nanny“ fallen zu lassen. Fast jeder kennt inzwischen die Serie. Wahl und Hees beschreiben in ihrem Buch Helfen „Super Nanny“ und Co.? ihre Beobachtungen im Hinblick auf die Zuschauermeinungen zu dieser Sendung. Nur wenige geben zu, diese Serie von Anfang bis Schluss angeschaut zu haben, meist heisst es, man habe sich nur einige Minuten dieses Format angesehen. Interessant ist aber, dass viele eine eigene, oftmals sehr emotionale Meinung zu dieser Sendung haben.
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Wahl und Hees drücken den Verdacht aus, dass insbesondere Kinderlose den Stil der „Nanny“ unmöglich finden. Eltern hingegen scheinen das Vorgehen der „Nanny“ eher nachvollziehen zu können. Eltern haben Erfahrung im Umgang mit Kindern, und so können sie das Verhalten der „Nanny“ und ihren Umgang mit den Protagonisten besser verstehen. Auch wenn kaum jemand zugibt, sich dieses oder ähnliche Formate anzuschauen, zeigt die Quote jedoch das Gegenteil. Tatsache ist, dass sowohl diese Sendung als auch ähnliche Formate wie „Die Supermamas“ auf RTL II, beachtliche Einschaltquoten erzielen (Wahl und Hees 2006, S. 9). Ein Teil dieses TV- Erfolgs mag dem Voyeurismus der Zuschauer geschuldet sein (Wahl und Hees 2006, S. 9). Diese Behauptung von Wahl und Hees möchte ich genauer untersuchen, da die hohen Einschaltquoten sicherlich nicht nur dem Voyeurismus der Zuschauer zugeschrieben werden können. So wird in der folgenden Arbeit versucht herauszufinden, was dieses Format der „Nanny“ so erfolgreich macht, und warum sich so viele Menschen diese Formate anschauen.
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2. Angabe der Methode
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In dieser Seminararbeit möchte ich versuchen, das Reality-TV Format „Die Super Nanny“ zu analysieren. Dabei wird versucht, einzelne Elemente der Formatanalyse mit dem Thema Tele-Reality „Das Experiment“ als TV-Unterhaltung zu verknüpfen, wissenschaftlich aufzuarbeiten und zu erläutern. Meine Vorgehensweise wird eine Auseinandersetzung mit verschiedenen wissenschaftlichen Texten sein, sowie eine Internetrecherche nach wissenschaftlich fundierten Ergebnissen der Medienforschung und Medienpädagogik zum Thema „Die Super Nanny“ und „Reality-TV“. „Super Nanny“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „erstklassiges Kindermädchen” (www.dict.cc).
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Beginnen werde ich mit der offiziellen Beschreibung des Formates laut RTL; hierunter fallen der Casting-Aufruf und die Beschreibung und der Ablauf des Formates. Desweiteren wird auf Rahmenbedingungen, Ziele und Erziehungsmethoden des Formates eingegangen. Auch einzelne Eckdaten der Sendung werden genannt. Im anschliessenden Hauptteil werden Folgen der „Super Nanny”-Staffel mit Hilfe von verschiedenen Elementen der Formatanalyse nach Lücke untersucht. Hier werden die  Elemente der Nicht-Prominenten als Akteure, Personalisierung, Emotionalisierung, Intimisierung, Öffentlich – Privat, Authentizität, Stereotypisierung und Dramatisierung genau beschrieben und auf das Format der „Super Nanny” bezogen. Durch die Angabe meiner Methode bin ich zu folgender Fragestellung und Hypothese gelangt.
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Fragestellung: Ist das Reality-TV Format der „Super Nanny” stark beeinflussend oder lässt es dem Zuschauer Freiräume zur kritischen Betrachtungsweise?
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Hypothese: Vereinfachte und schnelle Darstellung von Erziehungsproblemen und Lösungen durch die „Super Nanny”.
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3. Offizieller Casting-Aufruf 
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Erziehungsprobleme? Hier für 'Die Super Nanny' bewerben!
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Die erfahrene Kindertherapeutin Katja Saalfrank bietet Familien beziehungsweise alleinerziehenden Eltern die Gelegenheit, Erziehungsprobleme auf professionelle, kinderorientierte Art und Weise in den Griff zu bekommen. (www.rtl.de/ratgeber/familie_874467.php.)
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3.1 Beschreibung des „Super-Nanny” Formates laut RTL
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Inhalt der Sendung ist eine fundierte Analyse, Besprechung der Erziehungssituation und eine individuelle pädagogische Beratung für die Eltern. RTL will mit diesem Format einerseits den betroffenen Familien eine Hilfestellung bieten, andererseits aber auch dem Zuschauer anhand von unterschiedlichen Fällen Lösungsansätze für Probleme in der eigenen Familie aufzeigen (www.rtl.de/ratgeber/familie_874467.php.). Unter Punkt 7. Ziele wird näher auf die offizielle Beschreibung von RTL eingegangen.
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4. Rahmenbedingungen und Eckdaten
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Abwechselnd versucht eine der sogenannten „Super Nannies“ einzeln innerhalb von 2-3 Wochen gemeinsam mit einer Familie die Probleme mit dem Sorgenkind zu erarbeiten, individuelle Lösungen zu finden und diese praktisch umzusetzen. Nach einer ersten Einschätzung der Familie oder des Sorgenkindes und der anschliessenden Problemaufstellung bleibt der Familie eine Woche Zeit, um zu versuchen, die Tipps der „Super Nanny“ umzusetzen; in dieser Zeit weicht die Nanny der Familie nicht von der Seite. Sie ist ständig anwesend und gibt den Eltern vor den Augen der Kinder Anweisungen bzw. sagt ihnen, was zu tun ist. Nach dieser ersten Phase, die abhängig vom Fall eine Woche und länger dauern kann, verlässt die Nanny die Familie für eine Woche, damit diese nun ihre Ratschläge alleine umsetzen kann. Scheitert die Familie, gibt die Nanny weitere Nachhilfe, allerdings nur noch über Sprechfunk, wobei sie sich das Geschehen via Videoübertragung live anschaut. Nach dieser Woche kehrt die „Nanny“ zurück in die Familie, begutachtet das Ergebnis und zieht ein Fazit. Während der Beratung ist das siebenköpfige Kamerateam, von denen sich aber nur 3-4 Personen in der Familie aufhalten, ständig dabei; dies wurde von Produzent Holger Rettler in der Sendung mitgeteilt. Auf Wunsch der Eltern können die Kameras jedoch jederzeit ausgeschaltet und das Team aus dem Raum geschickt werden. Die Familien stimmen zu, welche Szenen gezeigt werden dürfen. Das heißt: was gezeigt wird, geschieht im Einverständnis mit den Eltern. Die Familien haben ausserdem jederzeit die Möglichkeit, aus den Dreharbeiten auszusteigen, so der Produzent Holger Rettler. Als Aufwandsentschädigung für die Teilnahme am Projekt erhalten die Familien 2.000 Euro (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 81, S. 87).
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Somit ist anzunehmen, dass ein entsprechender Vertrag zwischen der Produktionsgesellschaft Tresor TV und den Familien abgeschlossen wird. Eine weitere Frage stellt sich: Sichert dieser Vertrag den Familien auch die Möglichkeit eines (vorzeitigen) Abbruchs und die Möglichkeit einer Nachbetreuung zu?
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Vorbild der deutschen TV-Erziehungsshow „Die Super Nanny“ ist das englische Originalformat „Supernanny“, welches der Sender Channel 4 im Juli 2004 erstmals ausgestrahlt hat. Die Produktionsfirma Tresor TV in Hürth/Köln kaufte nach eigenen Angaben die Rechte dieses Formates und produzierte ihre eigene Form der „Super Nanny“.
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5. Keine Spur eines offiziellen Konzeptes bei „Super Nanny“
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Auf der Homepage des ausstrahlenden Senders RTL finden sich zur Sendung „Super Nanny“ zahlreiche Informationen rund um die Serie, Erziehungstipps, Links usw. Diese sind zur Umsetzung der Hilfe jedoch nur bedingt geeignet. Auch wird kein grundlegendes (sozial)pädagogisches bzw. therapeutisches Konzept benannt.
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Sichtbar wird aber, dass Katja Saalfrank sich sehr auf methodische Elemente und Formen der Familienberatung stützt. Das Konzept der Sendung bezieht sich auf das Positive Parenting Program (Triple-P-Programm). Dieses Triple-P-Programm wurde in Australien für stark verhaltensauffällige Kinder entwickelt. Methoden des Triple-P sind z.B. die Auszeit - „stiller Platz” bei der „Nanny” - oder das „Video-Home-Trainig”; hierbei erläutert Saalfrank den Kinder oder den Eltern ihr Verhalten anhand von Videoaufzeichungen (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 93).
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6. Offizieller Ablauf nach RTL
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Der offizielle Ablauf der Hilfe, nach dem die beiden Pägagoginnen Saalfrank und Lydssan vorgehen, gestaltet sich wie folgt:
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1. Woche: Beobachten der Familie und des Umgangs  miteinander, wobei die Nannies in der Wohnung / im Haus der Familie rund um die Uhr anwesend sind.
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2. Woche: Gemeinsames Arbeiten mit der Familie und Aufstellen sogenannter Eltern- und Kinderregeln sowie eines Planes für den Tagesablauf. Die Nanny ist ständig anwesend und gibt den Eltern vor ihren Kindern Anweisungen bzw. sagt ihnen, was zu tun ist. Diese wiederholen die von der Nanny vorgesagten Sätze und versuchen, die Anweisungen umzusetzen. An weiteren Tagen hilft die Nanny nur noch mit Tipps über Sprechfunk und beobachtet das Geschehen live mittels Videoübertragung.
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3. Woche: Die Familie setzt allein um, was sie von der Nanny gelernt hat. Die Videoaufzeichnungen werden der Nanny zur Auswertung gezeigt, woraufhin sie ihre Bilanz zieht.
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7. Ziele des Formats
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RTL benennt folgendes Ziel der Sendung: „... will mit diesem Format einerseits den betroffenen Familien eine Hilfestellung bieten, andererseits aber auch dem Zuschauer anhand von unterschiedlichen Fällen Lösungsansätze für Probleme in der eigenen Familie aufzeigen (www.rtl.de/ratgeber/familie20.06.2005)“.
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Ziel der „Nannies” ist es, dass Eltern erneut lernen, in ihren Familien die Verantwortung für sich und ihre Kinder übernehmen. Die Eltern sollen ihre Autorität zurückerlangen. Die Kinder sollen lernen, sich anders als bisher zu verhalten, sich also an die vorgegebenen Regeln zu halten, was u. a. bedeutet, auf ihre Eltern zu hören, beim Essen am Tisch sitzen zu bleiben, sich nicht zu schlagen, zu kämpfen oder zu treten. Insgesamt sollen sich die Familien besser verstehen und besser zusammenleben.
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8. Hauptteil, methodische Explikation des Problems / Analyse des Formats „Die Super Nanny“ RTL
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Im folgenden wird versucht, die Charakteristika der Darstellung des Reality-TV Formates anhand der Elemente Nicht-Prominente als Akteure, Personalisierung, Emotionalisierung, Intimisierung, Authentizität, Stereotypisierung, Dramatisierung zu analysieren; dabei stütze ich mich vor allem auf die Herangehensweise von Stephanie Lücke.
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8.1 Nicht-Prominente als Akteure
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Bei der „Super Nanny“ sind die Familien allesamt Nicht-Prominente. Dies ist eines der prägnantesten Charakteristika für das Realitätsfernsehen (Lücke 2002, S. 53). Vor allem durch das Wissen, dass die Protagonisten keine prominenten Persönlichkeiten sind, sondern ganz normale Bürger, ergibt sich für den Zuschauer ein ganz besonderer. Die Familien bei der „Super Nanny“ bestehen alle aus normalen Menschen, die entweder aus sozial schwierigen Verhältnissen oder aus der sozialen Mittelschicht stammen.
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8.2 Personalisierung
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Sie bietet, wie Nicht-prominent, ein weiteres Element, welches kennzeichnend für die verschiedenen TV-Subgenres des Reality-TV ist. Hier werden intime, private Details und Gefühle publiziert. In Form von Interviews werden die dazu gehörenden Gefühlsregungen gleich mitgeliefert. Dies soll dem Zuschauer die Echtheit der entsprechenden Sendung vermitteln. Er selber kann durch die Personalisierung die Authentizität der Protagonisten feststellen und beurteilen. Dieses Element steigert die Glaubwürdigkeit und die emotionale Nähe der RezipientInnen (vgl. Lücke 2002, S. 53). Bei der „Super Nanny“ wird zu Anfang der Serie die Familie mit dem Problemkind vorgestellt. Die einzelnen Familienmitglieder wie Mutter, Vater, Geschwister, Sorgenkind, Verwandte erzählen „ihre Geschichte“ und ihre Sicht von den Problemen in ihrer Familie. Dabei zeigt die Kamera dem Zuschauer die Gefühlsregungen der Protagonisten in der Gross- und Nahaufnahme.
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Ein weiterer Effekt der Personalisierung ist, dass der Zuschauer durch „parasoziale Interaktion“ mit den Betroffenen einen Nutzen aus der Rezeption des Reality-TV ziehen kann (vgl. Lücke 2002, S. 54). Bente und Fromm (1997, 111) meinen, dass die thematisierten und inszenierten Schicksale der nicht-prominenten Protagonisten eine Informationsquelle zur Bewältigung der eigenen sozialen Realität für die Zuschauer darstellen können. Der Zuschauer kann durch das Format die eigene Situation in Frage stellen, und diese im direkten Vergleich durch die Rezeption bestimmen. Die hohe Einschaltquote zeigt: Das Thema interessiert viele Menschen! In Gesprächen mit praktisch tätigen SozialarbeiterInnen / -pädagogInnen erfuhr Luh, dass diese zunehmend von ihrem Klientel gefragt wurden, ob sie so was wie die Super Nanny auch können (vgl. Luh 2005), zum Beispiel im Bereich „Ambulante Erziehungshilfen“ Outlaw Team Dresden-Neustadt oder der „Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ KJH Emmers, Pieschen). Bei Eltern ist der Bedarf an professioneller Erziehungshilfe offenbar sehr hoch (vgl. Der Spiegel, Ausgabe 29 vom 18.07.2005, S. 135, Spalte 1).
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Auffällig ist auch der hohe Anteil von Kindern, welche sich das Format der „Super Nanny” anschauen. Am 4. Mai 2005 sahen sich 19% der 3 bis 13-Jährigen eine Folge dieses Formates an. Wahl und Hees interpretieren diesen hohen Kinderanteil folgendermassen: Eltern möchten ihre Kinder mit diesem Format warnen und mit den Erziehungsthemen konfrontieren. Das Motto „wenn du nicht spurst, kommt die „Super Nanny” könnte nach Wahl und Hees ebenfalls ein Grund für die hohe Kinderzuschauerzahl sein (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 72-73).
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Dem Zuschauer wird mit dem Format der „Super Nanny” die Möglichkeit des sozialen Vergleichs mit anderen Familien gegeben; sei es nun, dass dieser Vergleich dazu führt, dass er sich von den Familien abgrenzt, sie ablehnt oder Sympathien für diese entwickelt. Die „Super Nanny”, Katja Saalfrank, bietet dem Zuschauer eine Vorbildfunktion im Umgang mit Erziehungsproblemen, wobei der Rezipient immer selbst entscheiden kann, ob er diese Hilfestellung annimmt oder ablehnt. Lücke beschreibt, dass die Illusion der face-to-face-Beziehung zwischen Zuschauer und Protagonist eine „parasoziale” Beziehung erzeugt (vgl. Lücke 2002, S. 53-54). Katja Saalfrank beschreibt jeweils die Situationen der Familien; sie flüstert ihr Statement meistens sogar in die Kamera. Dabei entsteht die Illusion, sie würde nur dem Zuschauer ihre ganz persönliche Meinung anvertrauen. Auch Wahl und Hees schreiben dem Format „Super Nanny” ein Orientierungspotenzial zu und gehen davon aus, dass ein Teil des Publikums versucht, sich aus diesem Format Lebenshilfen und Ratschläge für die Alltagsgestaltung anzueignen (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 72).
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8.3 Emotionalisierung
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Mit dem Element der Personalisierung hängt das Wecken von Emotionen eng zusammen (vgl. Lücke 2002, S. 55). Die Familien bei „Super Nanny” zeigen gewöhnliche Menschen in aussergewöhnlichen Situationen. Katja Saalfrank tritt in den mit Problemen übersäten Alltag einer Familie ein. Die Familienmitglieder zeigen ganz ungeniert ihre Gefühlsausbrüche; es wird geschrien, lautstark gestritten, Gewalt an Kindern verübt, geflucht, gespuckt, geweint usw. Dies erweckt bei den Zuschauern Mitgefühl, Mitleid, Ärger, Wut oder Freude. Diese Emotionen werden weiter durch den Einsatz von dramaturgischen Mitteln verstärkt, z.B. durch spannungssteigernde, dramatisierende oder gefühlvolle Musik, Grossaufnahmen von verzweifelten Gesichtern, Zeitlupen-Wiederholungen dramatischer Situationen. Jede Folge von „Super Nanny” beginnt mit einer Darstellung der jeweiligen Familie, die in ihrem Erziehungsalltag nicht zurecht kommt. Streit bestimmt den Familienalltag; der Streit wird zusätzlich durch dramatisiernde Musik und Kommentare aus dem Off verstärkt. Taucht die „Nanny” bei der Familie auf, verändert sich schlagartig der Musikstil: eine aufmunternde Musik begleitet den Einzug der „Nanny” in die Familie. Die Off-Stimme kann ebenfalls die gefilmte Situation durch geschickte Fragetechnik oder witzige Kommentare zusätzlich emotionalisieren (vgl. Lücke 2002, S. 54-55). Friedrich  hält dagegen, dass der Kommentar des Moderators nur eine Form angibt, nicht aber den Zuschauer in eine bestimmte Position zu drängen vermag. Die Off-Stimme macht die ausgestrahlten Bilder somit nur lesbar.
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8.4 Intimisierung
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Was früher noch eindeutig im privaten Lebensbereich lag, wie persönliche Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen, wird beim performativen Realitätsfernsehen zum öffentlichen Thema (vgl. Bente/Fromm 1997, S. 20 nach Lücke 2002, S. 55). Bei „Super Nanny” werden die persönlichen Probleme, sprich Erziehungs- und Familienprobleme, zum Hauptthema der Sendung. Diese gilt es mit der „Nanny” aufzuarbeiten und in den Griff zu bekommen. Da die Familie eigentlich zum Privatraum eines jeden Einzelnen gehört, wird diese Privatheit jedoch zur Schau gestellt. Warum? Was sind die Motive der Protagonisten von „Die Super Nanny“ ? Fromm meint, die Motive könnten möglicherweise in der modernen Mediengesellschaft begründet liegen. Die Anzahl der verschiedenen Lebensstile hat sich vervielfältigt; verglichen mit früher stehen gegenwärtig individuelle Lebensbedürfnisse weit häufiger im Vordergrund. Früher galt es sich anzupassen und möglichst nicht aus der Reihe zu tanzen. Durch dieses Bedürfnis nach individueller Lebensgestaltung ist das Interesse an Orientierung ebenfalls gestiegen (vgl. Fromm 1999, S. 61 nach Lücke 2002, S. 55). Reality-TV Formate ermöglichen dem Zuschauer, sich über dieses Medium Orientierung und Information anzueignen. Werden nun, wie bei „Super Nanny”, private und intime Themen, beispielsweise Kindererziehung oder Familien- und Eheprobleme diskutiert und mit entsprechenden Bildern unterlegt, bietet dies den Rezipienten die Möglichkeit, die eigene gegenwärtige Lebensauffassung zu bekennen, zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren (vgl. Fromm 1999, S. 61 nach Lücke 2002, S. 55). Das Format der „Super Nanny”, zeigt jedes einzelne Familienmitglied und lässt jeden in der Form eines Interviews die eigene Sicht der Familienprobleme erzählen. Die eigene Sicht der Protagonisten wird aber nicht nur anhand von Interviews verdeutlicht, sondern auch dadurch, dass man ihr direktes Handeln und ihren Umgang mit und innerhalb der Familie zeigt. Streitigkeiten, Auseinandersetzungen, Trauer, Verzweiflung, Freude und alle anderen emotionsgeladenen Gefühle werden szenisch dargestellt.
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8.5 Öffentlich - Privat
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In der Erziehungsshow der „Super Nanny” wird die gesamte Wohnung gefilmt. Hier stellt sich die Frage nach der Rolle des Privaten im öffentlichen Raum. Rössler meint, dass die Grenzen der Privatheit nicht festgeschrieben sind, sondern jeder diese für sich selbst bestimmt. Es handelt sich nach Rössler um eine Grenzverschiebung zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen.
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8.6 Authentizität der Inszenierung
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Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den Elementen Authentizität und Inszenierung. Erzählen nicht-prominente Menschen wie bei „Super Nanny” ihre Problemgeschichten, so liegt eine Authentizität vor Bente und Fromm (vgl. Bente und Fromm 1997, 20 nach Lücke 2006, S. 60). Das Format der „Nanny“ ist ein narratives, wo die wahren Geschichten erzählt und vor der Kamera vorgeführt werden. Gestützt wird dies noch durch die zahlreichen vorher/nachher Interviews der Betroffenen. Geht man davon aus, dass die Probleme der Betroffenen echt sind und nicht von einem Autor ausgedacht wurden, sind in den meisten Fällen die Emotionen auch authentisch. Und da die Geschichten aus dem echten Leben gegriffen sind, steigert dies den Authentizitätseffekt bei den Zuschauern.
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Interessant ist aber nun auch die Darstellung der Wohnungen, in welchen gedreht wird. Hier stellt sich die Frage nach der Inszenierung von Privatheit als Veröffentlichung des Privaten (vgl. Rössler). Wie sehen die jeweiligen Wohnungen bei „Super Nanny“ aus, und sind die Aussagen der Protagonisten in Hinblick auf ihre Wohnungen authentisch?
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Beispiel. Eine junge Familie: Mutter Jaqueline, 24 Jahre alt und Hausfrau, Vater Silvio, 25 Jahre, arbeitet als Hausmeister, und 3 Kinder. Die gemeinsame Tochter Angelique ist 1 Jahr alt, Marvin ist 2 Jahre alt und stammt aus einer Beziehung mit einem anderen Mann, welcher sich nicht mehr um ihn kümmert. Justin, 5 Jahre alt, das Sorgenkind, stammt ebenfalls von einem anderen Mann. Im Vorspann zu dieser Folge mit 5 Staffeln heisst es: „Das ist der fünfjährige Justin, er bringt seine Eltern ans Ende ihrer Kräfte!“
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Justin scheint offensichtlich das Problemkind dieser jungen Familie zu sein. Interessant erscheinen hier die Aussagen der Eltern, welche angeben, sich mit ihren Kindern tagtäglich zu beschäftigen. Sieht man aber bei der gefilmten Wohnung genauer hin, erkennt man, dass sich in den Kinderzimmern kaum Spielzeug befindet. Die Frage nach der Authentizität stellt sich hier. Womit spielen die Eltern und ihre Kinder? Stimmen ihre Aussagen mit den gezeigten Bildern überein? Im weiteren Verlauf wiederholen die Eltern immer wieder, dass sie viel mit ihren Kindern unternehmen, sitzen dabei aber vor dem Fernsehgerät oder dem Computer; ihre Kinder sitzen im gleichen Raum, aber ohne Spielzeug und wissen nichts mit sich anzufangen.
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Im Verlauf der Folge spielen dann beide Eltern mit ihren Kinder; hier soll gezeigt werden, wie sehr sich das anfangs chaotisch und stressige Familienleben durch den Einsatz der „Super Nanny“ verbessert hat. Jaqueline und Silvio spielen mit ihren 3 Kindern, dies wirkt jedoch sehr verhalten und gezwungen. Lücke meint, dass in manchen Momenten deutlich wird, dass eine Inszenierung vorliegt, um den gewünschten Effekt der „Nanny“ optimal darzustellen (vgl. Lücke 2006, S. 60). Auch Friedrich geht auf das Element der Authentizität ein.
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These von Friedrich: Es handelt sich bei der „Super Nanny“ um eine panoptische Sehordnung. Die Protagonisten wissen, dass sie beobachtet werden, somit kann davon ausgegangen werden, dass eine Verhinderung ereignishafter Kontingenz durch Verhaltensanpassung eintritt. Bei den Kindern tritt vermutlich keine Verhaltensanpassung ein; in einem Interview vom 23.06.06 meint Lukas, ein kleiner Junge, dass er seinen Vater hasst. Er beschönigt die Familiensituation keineswegs, der Vater aber versucht, sich von seiner besten Seite zu zeigen, er versucht, auf die Ratschläge der „Nanny“ einzugehen, weil er sich vermutlich durch die Beobachter unter Druck gesetzt fühlt. Authentisch scheint dieses Verhalten aber nicht zu sein, denn die hohe Gewaltbereitschaft, die sein Sohn Lukas an den Tag legt, muss er sich ja von einem Elternteil abgeschaut haben.
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Im weiteren Verlauf der Folge eskaliert die Situation, und auch der Vater drischt auf seinen Sohn ein. Die Verhaltensanpassung beider Elternteile, Jaqueline und Silvio, wird beim Spielen mit ihren Kindern ebenfalls deutlich. Es ist nämlich fraglich, ob die Eltern ihr neu erlerntes Erziehungsverhalten weiter beibehalten oder wieder in die alten Verhaltensmuster zurück fallen werden, sobald das Experiment abgeschlossen ist.
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8.7 Stereotypisierung
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Von den Protagonisten erzählte Geschichten werden jeweils verkürzt dargestellt; bei „Super Nanny“ wird eine Familie mit all ihren Mitgliedern und ihrer gesamten Erziehungsproblematik nur kurz im Vorspann durch die Off-Stimme vorgestellt.  Mit dieser Darstellungsform werden die Emotionen auf Seiten des Publikums verstärkt. Komplizierte und langwierige Geschichten hingegen lassen dem Zuschauer mehr Raum für eine differenziertere Charakterentwicklung und –darstellung. Das Format der „Nanny“ ist aber auch schon aus zeitlichen Gründen zur Reduktion komplexer Zusammenhänge gezwungen. Durch die beiden genannten Gründe treten im Reality-TV Klischees, stereotype Darstellungsmuster und standardisierte Handlungsabläufe auf. In 2-3 Wochen ist es nicht möglich, ein Kind von Grund auf „umzuerziehen“; wegen der zeitlichen Begrenzung müssen zwangsläufig Details weggelassen werden. Diese Massnahme verstellt jedoch den Blick auf die Analyse möglicher tiefergehender Ursachen und Motive für das Verhalten der Teilnehmer (vgl. Lücke 2006, S. 55-56). Statt einer genauen Ursachenklärung des Ereignisses steht die Unglückssituation selbst (nachgestellt oder im Original) im Mittelpunkt des Geschehens... wendet man diese Behauptung auf das „Super Nanny“ Format an, so wird deutlich, dass eine genauere Ursachenklärung für die Auswirkungen einer misslungenen Erziehung nicht weiter durchgeführt werden kann. Auch die Herangehensweise der „Nanny“ wird nur oberflächlich erklärt. Die Unglückssituationen, also die Streitigkeiten und die zum Teil sogar eskalierenden Situationen, werden in den Mittelpunkt der Sendung gestellt, und, wie bereits erwähnt, durch dramaturgische Mittel verstärkt (vgl. Lücke 2006, S. 55-56).
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8.8 Dramatisierung
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Lücke schreibt, dass unabhängig vom Format des Reality-TV die Ereignisse, gleich welcher Art, dramaturgisch und reisserisch dargestellt werden. Mit Hilfe von Musik und Geräuschen wird versucht, Dramatik zu erzeugen. Wie bereits unter dem Punkt 8.3 Emotionalisierung beschrieben, wird im Vorspann die Familiensituation dargestellt und durch Untermalung mit erregender, lebhafter Musik dramaturgisch verstärkt. Weiterhin wird Dramatik durch den Einsatz der „Living Camera“ erzeugt. Schnelle Schnitte, überraschende Szenenwechsel und eine nicht-neutrale Stimme aus dem Off sind Mittel der Dramaturgie und werden bei der „Nanny“ gezielt eingesetzt (vgl. Lücke 2006, S. 56).
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9. Schluss / Fazit
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Ausgegangen wurde von der Fragestellung, ob das Reality-TV Format der „Super Nanny” den Zuschauer stark beeinflusst oder ob es diesem Freiräume zu einer kritischen Betrachtungsweise einräumt. Durch die verschiedenen Elemente der Formatanalyse wurde sichtbar, dass das „Super Nanny” Format dem Publikum zwar Freiräume zu einer kritischen Betrachtungsweise lässt, aber durch die Schnellebigkeit dieses Formates und die Vorgehensweise der „Nanny“ den Familien Lösungen für ihre Probleme aufgezwungen werden. Anstatt gemeinsam mit den Protagonisten nach Lösungswegen bzw. nach einer passenden Anwendungsmethode zu suchen, wird diesen nur ein Weg vorgeschrieben, welchen sie annehmen müssen. Das Format der „Super Nanny” wird immer wieder kritisiert wegen der öffentlichen Bloßstellung von Problemen und Schwächen einzelner Familienmitglieder vor einer grossen Zuschauermasse. Klar wurde jedoch auch, dass der Zuschauer diese Erziehungsshow-Formate als Hilfestellung, Informationsquelle und Reflexion seiner Selbst nutzen kann. Sicherlich werden die Staffeln der „Nanny“ mit recht spektakulären dramaturgischen Mitteln inszeniert, doch lässt sich nicht abstreiten, dass dieses Format dem Zuschauer immer noch genügend Freiräume zu einer kritschen Betrachtungsweise lässt. Meine Hypothese kann somit bestätigt werden, dass es dem Zuschauer möglich ist, dieses Format kritisch zu betrachten; allerdings ist es eher als unwahrscheinlich, dass er die Aktionen der „Nanny“ insoweit nachvollziehen könnte, dass in sich in dieser kurzen Zeit ein Erziehungserfolg einstellen würde.
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Aus pädagogischer und psychologischer Sicht sind die Methoden der „Nanny“ auf die jeweilige Situation bezogen ziemlich standardisiert und daher eher unglaubwürdig. Hier wird durch die bewusste, dramaturgisch bedingte Auswahl der Bilder eine Realität simuliert, die es so gar nicht gibt; und somit ist es für den Zuschauer oft schwierig, den wahren Hintergrund in den gezeigten Bilder zu erkennen und zwischen Wunschdenken und wirklich Machbarem in der Erziehung zu unterscheiden (vgl. Baudrillard 1986).
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Aktuelle Version vom 15. Juni 2008, 21:47 Uhr

Spigel Lynn: Fernsehen im Kreis der Familie. Der populäre Empfang eines neuen Mediums. In: Ralf Adelmann u.a. (Hg.): Grundlagentexte zur Fernsehwissenschaft. Konstanz 2001, S. 214-252.

Der Aufsatz von Spigel bezieht sich auf die verschiedenen Familienverhältnisse in Bezug auf den Fernsehapparat in der Nachkriegszeit. Anhand verschiedener Zeitschriften, Artikel und diversen Magazinen, analysiert Spigel die Einführung, den Verlauf und den Umgang des Mediums Fernseher in der Familie.

1. Der populäre Empfang des neuen Mediums Begonnen wird mit der Einführung des Fernsehappartes, hier wird vor allem darauf eingegangen, wie eine Familie diesen, welcher zur Familienzusammenführung beiträgt, in der eigenen Wohnung integriert werden kann. Desweiteren werden im ersten Teil des Aufsatzes die Vor- und Nachteile der Stellung des Fernsehers diskutiert Vergnügen vs. Warnung.

2. Die vereinte Familie Der Begriff „togetherness“ zeigt, welch hohe Relevanz, der Einheit der Familien in der Nachkriegszeit beigemessen wurde. Die Organisation der Haushaltsräume werden hier näher betrachtet und in Zusammenhang mit dem Fernsehgucken gestellt. In welchem Raum fügt sich eine Familie zusammen, wo fühlt sie sich am wohlsten und wo positioniert man den Apparat um Probleme mit Hilfe des Fernsehers zu bewältigen? Der Fernseher wurde zum kulturellen Symbol des Familienlebens. Die Hauptaussage war, dass der Fernnseher die Familienmitglieder zusammenführt und zur Stärkung der Familienbande beiträgt. Diverse Magazine machten sich diese Aussage zu Nutze und entwarfen neue Raumaufteilungen “Doppelzweckraum: Familien-Fernsehraum“. Anzeigen legten nahe, dass der Ferseher ein Katalysator für die Rückkehr in eine neue Welt häuslicher Liebe und Zuneigung sei. Der Fernseher galt auch als Heilmittel privater Probleme, die Ehe.

3. Ärger im Paradies Haushaltsmodernisierung = Schlüsselrolle / Frauenmagazine untersuchten die Beziehung zwischen Familie und Maschine. Es herrschte ein zwiespältiges Verhältnis was die Auswirkungen der Mechanisierung anging. In der Nachkriegszeit kam es zu einer ambivalenten Haltung gegenüber der Technik, sprich einer Skepsis gegenüber der gesamten technischen Entwicklung (Grund = Gebrauch von Fernseher im 2.Weltkrieg). Die US-amerikanische Kultur war der Ansicht, dass die technische Entwicklung der Grund für die Arbeitslosigkeit sei “Maschinenmenschen“. Fragen traten auf ob der Fernseher nicht Herrscher geworden sei und die Familie seine unwilligen Untertanen. Aus diesem Misstrauen heraus versuchten die populären Diskurse den Menschen die Furcht vor dem Fernseher zu nehmen, indem sie versuchten den Fernseher in ein glanzvolles Möbelstück zu domestizieren oder den Apparat zu vermenschlichen und ihn als Familienmitglied zu benennen (neugeborenes Baby, Familienfreund, Krankenschwester, Familienhaustier). Passivität, Aggression und Suchtverhalten, vor allem bei Kindern, wurden mit dem Fernseher verbunden, gutes Sozialverhalten und gute Erziehung würden durch den Fernseher zerschlagen werden. Der Verband der Fernsehsender versuchte gegen diese Horrorgeschichten zu wirken, indem er die positiven Aspekte benannte und diese veröffentlichte. Ratgeber für Familien mit Tipps und ganze Pläne erläuterten den richtigen Umgang mit dem Fernseher und bestärkten die Eltern in ihrer Macht gegenüber ihren Kindern. Später wurde den Eltern diese Macht aber wieder aberkannt und die Medien rissen die Autorität wieder an sich. Vor allem das Bild des Vaters wurde durch das Fernsehen verunstaltet. Der Vater galt als Maus im Haus, stümperhaft, wohlmeinenden Idioten, Spielball seiner Frau und Kinder. Schuld an der Verweichlichung des Mannes trugen, nach Ansicht der Medien die Frauen, welche auch in Verbindung mit dem Begriff Massenkultur gebracht wurden.

4. Ein geteiltes Haus Der Fernseher drohte die Familie zu splitten, da die patriarchale Autorität untergraben wurde. Viktorianische Ästhetik von Wohnungsentwürfen versuchten soziale Raumtrennung und häuslichen Zusammenhalt zu verbinden. Ein weiterer Versuch den Apparat sinnvoll und nicht schädigend in der Familie zu integrieren. Anfangs galt das Fernsehgucken als integrierende Tätigkeit später als Trennung zwischen den einzelnen Familienmitglieder. Man versuchte also einen Kompromis zu finden um beides zu vereinen, sprich das Zusammengehörigkeitsgefühl und den eigenen Raum zur Entspannung.

Baudrillard Jean. „Jenseits von Wahr und Falsch oder die Hinterlist des Bildes“ In: Bildwelten – Denkbilder. Bachmayer, Hans Matthäus/Van de Loo, Otto Rötzler, Florian (Hg.). München: Boer 1986, S. 265 - 268

Verhältnis zwischen Bild, Realität und Imagination. Baudrillard meint, dass die Bilder nicht die Realität zeigen, sie schaffen sich ihre eigene Realität. Wir glauben, dass die Realität abgebildet wird, jedoch diese Realität existiert gar nicht. Durch unseren Glauben wird diese Realität geschaffen. Soziologisches und politisches Äquivalenz zu dem Bild in diesem Sinne wäre das Massenverhalten. Die Masse folgt den Modellen, die man ihnen vorschlägt, vorsetzt und spiegelt diese Zielvorstellungen wieder nur um sie dadurch aufzusaugen und zu nichte zu machen. Baudrillard meint, dass das Bild weder pädagogisch noch ästhetische Wirkung besitzt. Zusätzlich besitzt es keine Kritikfähigkeit und lässt keine Dialektik zu. Der Unterschied zwischen Realem und Bild ist nicht wahrnehmbar, dieser Zusammenstoss ist so subtil, dass man ihn kaum wahrnehmen kann, sowie unterscheiden kann.

Weitere Literatur:

Baudrillard Jean. „Jenseits von Wahr und Falsch oder die Hinterlist des Bildes“ In: Bildwelten – Denkbilder. Bachmayer, Hans Matthäus/Van de Loo, Otto Rötzler, Florian (Hg.). München: Boer 1986, S. 265 - 268

Friedrich, P.: Von Spielleitern als Testleitern, Unfällen und Gesichtern in Fernsehshows – Verhaltensmikroskopie als Unterhaltungskunst. In: Rolf Parr Matthias Thiele (Hg.): Gottschalk, Kerner & Co. Frankfurt a. M. 2001, S. 102-131

Luth Diane. Hilfen zur Erziehung. Das Konzept von Super Nanny – geeignet? Ev. Hochschule für Soziale Arbeit Dresden (FH) grundständiger Studiengang Soziale Arbeit. Dresden 2005-2006.

Lücke Stephanie. Real Life Soaps. Ein neues Genre des Reality TV. Medien- und Kommunikationswissenschaft Band 2. LIT Verlag Dr. W. Hopf, Berlin 2002.

Rössler, B.: Schnittstellen. Öffentlich/Privat. In: Dies.: Der Wert des Privaten. Frankfurt a. M., S.305-344

Wahl Klaus, Hees Katja (Hrsg.) Helfen „Super Nanny“ und Co.? Ratlose Eltern – Herausforderung für die Elternbildung. Beltz-Verlag, Weinheim und Basel 2006.


[1. Einleitung Erstmals wurde die Realityserie „Die Super Nanny“ mit Katja Saalfrank (Diplom-Pädagogin / geboren 1971 / verheiratet / 4 Kinder) und Nadja Lydssan (Diplom-Sozialpädagogin) bei RTL am 19. September 2004 um 20h15 ausgestrahlt. Dieses Format wird nach dem Deutschen Kinderschutzbund als Real-People-Format bezeichnet. Die Erstausstrahlung dieses Formates bescherte dem Sender RTL eine erfolgreiche Quote von ca. 5 Millionen Zuschauern. Diese enorme Zuschauerquote von Müttern und Vätern scheint somit Hinweise auf das Bedürfnis nach Unterstützung für den Erziehungsalltag zu liefern, orientiert man sich an der Stellungsnahme des Deutschen Kinderschutzbundes.

Möchte man hitzige Diskussionen anzetteln, braucht man nur das Stichwort „Super Nanny“ fallen zu lassen. Fast jeder kennt inzwischen die Serie. Wahl und Hees beschreiben in ihrem Buch Helfen „Super Nanny“ und Co.? ihre Beobachtungen im Hinblick auf die Zuschauermeinungen zu dieser Sendung. Nur wenige geben zu, diese Serie von Anfang bis Schluss angeschaut zu haben, meist heisst es, man habe sich nur einige Minuten dieses Format angesehen. Interessant ist aber, dass viele eine eigene, oftmals sehr emotionale Meinung zu dieser Sendung haben.

Wahl und Hees drücken den Verdacht aus, dass insbesondere Kinderlose den Stil der „Nanny“ unmöglich finden. Eltern hingegen scheinen das Vorgehen der „Nanny“ eher nachvollziehen zu können. Eltern haben Erfahrung im Umgang mit Kindern, und so können sie das Verhalten der „Nanny“ und ihren Umgang mit den Protagonisten besser verstehen. Auch wenn kaum jemand zugibt, sich dieses oder ähnliche Formate anzuschauen, zeigt die Quote jedoch das Gegenteil. Tatsache ist, dass sowohl diese Sendung als auch ähnliche Formate wie „Die Supermamas“ auf RTL II, beachtliche Einschaltquoten erzielen (Wahl und Hees 2006, S. 9). Ein Teil dieses TV- Erfolgs mag dem Voyeurismus der Zuschauer geschuldet sein (Wahl und Hees 2006, S. 9). Diese Behauptung von Wahl und Hees möchte ich genauer untersuchen, da die hohen Einschaltquoten sicherlich nicht nur dem Voyeurismus der Zuschauer zugeschrieben werden können. So wird in der folgenden Arbeit versucht herauszufinden, was dieses Format der „Nanny“ so erfolgreich macht, und warum sich so viele Menschen diese Formate anschauen.

2. Angabe der Methode In dieser Seminararbeit möchte ich versuchen, das Reality-TV Format „Die Super Nanny“ zu analysieren. Dabei wird versucht, einzelne Elemente der Formatanalyse mit dem Thema Tele-Reality „Das Experiment“ als TV-Unterhaltung zu verknüpfen, wissenschaftlich aufzuarbeiten und zu erläutern. Meine Vorgehensweise wird eine Auseinandersetzung mit verschiedenen wissenschaftlichen Texten sein, sowie eine Internetrecherche nach wissenschaftlich fundierten Ergebnissen der Medienforschung und Medienpädagogik zum Thema „Die Super Nanny“ und „Reality-TV“. „Super Nanny“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „erstklassiges Kindermädchen” (www.dict.cc).

Beginnen werde ich mit der offiziellen Beschreibung des Formates laut RTL; hierunter fallen der Casting-Aufruf und die Beschreibung und der Ablauf des Formates. Desweiteren wird auf Rahmenbedingungen, Ziele und Erziehungsmethoden des Formates eingegangen. Auch einzelne Eckdaten der Sendung werden genannt. Im anschliessenden Hauptteil werden Folgen der „Super Nanny”-Staffel mit Hilfe von verschiedenen Elementen der Formatanalyse nach Lücke untersucht. Hier werden die Elemente der Nicht-Prominenten als Akteure, Personalisierung, Emotionalisierung, Intimisierung, Öffentlich – Privat, Authentizität, Stereotypisierung und Dramatisierung genau beschrieben und auf das Format der „Super Nanny” bezogen. Durch die Angabe meiner Methode bin ich zu folgender Fragestellung und Hypothese gelangt.

Fragestellung: Ist das Reality-TV Format der „Super Nanny” stark beeinflussend oder lässt es dem Zuschauer Freiräume zur kritischen Betrachtungsweise?

Hypothese: Vereinfachte und schnelle Darstellung von Erziehungsproblemen und Lösungen durch die „Super Nanny”.

3. Offizieller Casting-Aufruf Erziehungsprobleme? Hier für 'Die Super Nanny' bewerben! Die erfahrene Kindertherapeutin Katja Saalfrank bietet Familien beziehungsweise alleinerziehenden Eltern die Gelegenheit, Erziehungsprobleme auf professionelle, kinderorientierte Art und Weise in den Griff zu bekommen. (www.rtl.de/ratgeber/familie_874467.php.)

3.1 Beschreibung des „Super-Nanny” Formates laut RTL Inhalt der Sendung ist eine fundierte Analyse, Besprechung der Erziehungssituation und eine individuelle pädagogische Beratung für die Eltern. RTL will mit diesem Format einerseits den betroffenen Familien eine Hilfestellung bieten, andererseits aber auch dem Zuschauer anhand von unterschiedlichen Fällen Lösungsansätze für Probleme in der eigenen Familie aufzeigen (www.rtl.de/ratgeber/familie_874467.php.). Unter Punkt 7. Ziele wird näher auf die offizielle Beschreibung von RTL eingegangen.

4. Rahmenbedingungen und Eckdaten Abwechselnd versucht eine der sogenannten „Super Nannies“ einzeln innerhalb von 2-3 Wochen gemeinsam mit einer Familie die Probleme mit dem Sorgenkind zu erarbeiten, individuelle Lösungen zu finden und diese praktisch umzusetzen. Nach einer ersten Einschätzung der Familie oder des Sorgenkindes und der anschliessenden Problemaufstellung bleibt der Familie eine Woche Zeit, um zu versuchen, die Tipps der „Super Nanny“ umzusetzen; in dieser Zeit weicht die Nanny der Familie nicht von der Seite. Sie ist ständig anwesend und gibt den Eltern vor den Augen der Kinder Anweisungen bzw. sagt ihnen, was zu tun ist. Nach dieser ersten Phase, die abhängig vom Fall eine Woche und länger dauern kann, verlässt die Nanny die Familie für eine Woche, damit diese nun ihre Ratschläge alleine umsetzen kann. Scheitert die Familie, gibt die Nanny weitere Nachhilfe, allerdings nur noch über Sprechfunk, wobei sie sich das Geschehen via Videoübertragung live anschaut. Nach dieser Woche kehrt die „Nanny“ zurück in die Familie, begutachtet das Ergebnis und zieht ein Fazit. Während der Beratung ist das siebenköpfige Kamerateam, von denen sich aber nur 3-4 Personen in der Familie aufhalten, ständig dabei; dies wurde von Produzent Holger Rettler in der Sendung mitgeteilt. Auf Wunsch der Eltern können die Kameras jedoch jederzeit ausgeschaltet und das Team aus dem Raum geschickt werden. Die Familien stimmen zu, welche Szenen gezeigt werden dürfen. Das heißt: was gezeigt wird, geschieht im Einverständnis mit den Eltern. Die Familien haben ausserdem jederzeit die Möglichkeit, aus den Dreharbeiten auszusteigen, so der Produzent Holger Rettler. Als Aufwandsentschädigung für die Teilnahme am Projekt erhalten die Familien 2.000 Euro (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 81, S. 87).

Somit ist anzunehmen, dass ein entsprechender Vertrag zwischen der Produktionsgesellschaft Tresor TV und den Familien abgeschlossen wird. Eine weitere Frage stellt sich: Sichert dieser Vertrag den Familien auch die Möglichkeit eines (vorzeitigen) Abbruchs und die Möglichkeit einer Nachbetreuung zu?

Vorbild der deutschen TV-Erziehungsshow „Die Super Nanny“ ist das englische Originalformat „Supernanny“, welches der Sender Channel 4 im Juli 2004 erstmals ausgestrahlt hat. Die Produktionsfirma Tresor TV in Hürth/Köln kaufte nach eigenen Angaben die Rechte dieses Formates und produzierte ihre eigene Form der „Super Nanny“.

5. Keine Spur eines offiziellen Konzeptes bei „Super Nanny“ Auf der Homepage des ausstrahlenden Senders RTL finden sich zur Sendung „Super Nanny“ zahlreiche Informationen rund um die Serie, Erziehungstipps, Links usw. Diese sind zur Umsetzung der Hilfe jedoch nur bedingt geeignet. Auch wird kein grundlegendes (sozial)pädagogisches bzw. therapeutisches Konzept benannt.

Sichtbar wird aber, dass Katja Saalfrank sich sehr auf methodische Elemente und Formen der Familienberatung stützt. Das Konzept der Sendung bezieht sich auf das Positive Parenting Program (Triple-P-Programm). Dieses Triple-P-Programm wurde in Australien für stark verhaltensauffällige Kinder entwickelt. Methoden des Triple-P sind z.B. die Auszeit - „stiller Platz” bei der „Nanny” - oder das „Video-Home-Trainig”; hierbei erläutert Saalfrank den Kinder oder den Eltern ihr Verhalten anhand von Videoaufzeichungen (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 93).


6. Offizieller Ablauf nach RTL Der offizielle Ablauf der Hilfe, nach dem die beiden Pägagoginnen Saalfrank und Lydssan vorgehen, gestaltet sich wie folgt:

1. Woche: Beobachten der Familie und des Umgangs miteinander, wobei die Nannies in der Wohnung / im Haus der Familie rund um die Uhr anwesend sind.

2. Woche: Gemeinsames Arbeiten mit der Familie und Aufstellen sogenannter Eltern- und Kinderregeln sowie eines Planes für den Tagesablauf. Die Nanny ist ständig anwesend und gibt den Eltern vor ihren Kindern Anweisungen bzw. sagt ihnen, was zu tun ist. Diese wiederholen die von der Nanny vorgesagten Sätze und versuchen, die Anweisungen umzusetzen. An weiteren Tagen hilft die Nanny nur noch mit Tipps über Sprechfunk und beobachtet das Geschehen live mittels Videoübertragung.

3. Woche: Die Familie setzt allein um, was sie von der Nanny gelernt hat. Die Videoaufzeichnungen werden der Nanny zur Auswertung gezeigt, woraufhin sie ihre Bilanz zieht.


7. Ziele des Formats

RTL benennt folgendes Ziel der Sendung: „... will mit diesem Format einerseits den betroffenen Familien eine Hilfestellung bieten, andererseits aber auch dem Zuschauer anhand von unterschiedlichen Fällen Lösungsansätze für Probleme in der eigenen Familie aufzeigen (www.rtl.de/ratgeber/familie20.06.2005)“.

Ziel der „Nannies” ist es, dass Eltern erneut lernen, in ihren Familien die Verantwortung für sich und ihre Kinder übernehmen. Die Eltern sollen ihre Autorität zurückerlangen. Die Kinder sollen lernen, sich anders als bisher zu verhalten, sich also an die vorgegebenen Regeln zu halten, was u. a. bedeutet, auf ihre Eltern zu hören, beim Essen am Tisch sitzen zu bleiben, sich nicht zu schlagen, zu kämpfen oder zu treten. Insgesamt sollen sich die Familien besser verstehen und besser zusammenleben.

8. Hauptteil, methodische Explikation des Problems / Analyse des Formats „Die Super Nanny“ RTL Im folgenden wird versucht, die Charakteristika der Darstellung des Reality-TV Formates anhand der Elemente Nicht-Prominente als Akteure, Personalisierung, Emotionalisierung, Intimisierung, Authentizität, Stereotypisierung, Dramatisierung zu analysieren; dabei stütze ich mich vor allem auf die Herangehensweise von Stephanie Lücke.

8.1 Nicht-Prominente als Akteure Bei der „Super Nanny“ sind die Familien allesamt Nicht-Prominente. Dies ist eines der prägnantesten Charakteristika für das Realitätsfernsehen (Lücke 2002, S. 53). Vor allem durch das Wissen, dass die Protagonisten keine prominenten Persönlichkeiten sind, sondern ganz normale Bürger, ergibt sich für den Zuschauer ein ganz besonderer. Die Familien bei der „Super Nanny“ bestehen alle aus normalen Menschen, die entweder aus sozial schwierigen Verhältnissen oder aus der sozialen Mittelschicht stammen.

8.2 Personalisierung Sie bietet, wie Nicht-prominent, ein weiteres Element, welches kennzeichnend für die verschiedenen TV-Subgenres des Reality-TV ist. Hier werden intime, private Details und Gefühle publiziert. In Form von Interviews werden die dazu gehörenden Gefühlsregungen gleich mitgeliefert. Dies soll dem Zuschauer die Echtheit der entsprechenden Sendung vermitteln. Er selber kann durch die Personalisierung die Authentizität der Protagonisten feststellen und beurteilen. Dieses Element steigert die Glaubwürdigkeit und die emotionale Nähe der RezipientInnen (vgl. Lücke 2002, S. 53). Bei der „Super Nanny“ wird zu Anfang der Serie die Familie mit dem Problemkind vorgestellt. Die einzelnen Familienmitglieder wie Mutter, Vater, Geschwister, Sorgenkind, Verwandte erzählen „ihre Geschichte“ und ihre Sicht von den Problemen in ihrer Familie. Dabei zeigt die Kamera dem Zuschauer die Gefühlsregungen der Protagonisten in der Gross- und Nahaufnahme.

Ein weiterer Effekt der Personalisierung ist, dass der Zuschauer durch „parasoziale Interaktion“ mit den Betroffenen einen Nutzen aus der Rezeption des Reality-TV ziehen kann (vgl. Lücke 2002, S. 54). Bente und Fromm (1997, 111) meinen, dass die thematisierten und inszenierten Schicksale der nicht-prominenten Protagonisten eine Informationsquelle zur Bewältigung der eigenen sozialen Realität für die Zuschauer darstellen können. Der Zuschauer kann durch das Format die eigene Situation in Frage stellen, und diese im direkten Vergleich durch die Rezeption bestimmen. Die hohe Einschaltquote zeigt: Das Thema interessiert viele Menschen! In Gesprächen mit praktisch tätigen SozialarbeiterInnen / -pädagogInnen erfuhr Luh, dass diese zunehmend von ihrem Klientel gefragt wurden, ob sie so was wie die Super Nanny auch können (vgl. Luh 2005), zum Beispiel im Bereich „Ambulante Erziehungshilfen“ Outlaw Team Dresden-Neustadt oder der „Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ KJH Emmers, Pieschen). Bei Eltern ist der Bedarf an professioneller Erziehungshilfe offenbar sehr hoch (vgl. Der Spiegel, Ausgabe 29 vom 18.07.2005, S. 135, Spalte 1).

Auffällig ist auch der hohe Anteil von Kindern, welche sich das Format der „Super Nanny” anschauen. Am 4. Mai 2005 sahen sich 19% der 3 bis 13-Jährigen eine Folge dieses Formates an. Wahl und Hees interpretieren diesen hohen Kinderanteil folgendermassen: Eltern möchten ihre Kinder mit diesem Format warnen und mit den Erziehungsthemen konfrontieren. Das Motto „wenn du nicht spurst, kommt die „Super Nanny” könnte nach Wahl und Hees ebenfalls ein Grund für die hohe Kinderzuschauerzahl sein (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 72-73).

Dem Zuschauer wird mit dem Format der „Super Nanny” die Möglichkeit des sozialen Vergleichs mit anderen Familien gegeben; sei es nun, dass dieser Vergleich dazu führt, dass er sich von den Familien abgrenzt, sie ablehnt oder Sympathien für diese entwickelt. Die „Super Nanny”, Katja Saalfrank, bietet dem Zuschauer eine Vorbildfunktion im Umgang mit Erziehungsproblemen, wobei der Rezipient immer selbst entscheiden kann, ob er diese Hilfestellung annimmt oder ablehnt. Lücke beschreibt, dass die Illusion der face-to-face-Beziehung zwischen Zuschauer und Protagonist eine „parasoziale” Beziehung erzeugt (vgl. Lücke 2002, S. 53-54). Katja Saalfrank beschreibt jeweils die Situationen der Familien; sie flüstert ihr Statement meistens sogar in die Kamera. Dabei entsteht die Illusion, sie würde nur dem Zuschauer ihre ganz persönliche Meinung anvertrauen. Auch Wahl und Hees schreiben dem Format „Super Nanny” ein Orientierungspotenzial zu und gehen davon aus, dass ein Teil des Publikums versucht, sich aus diesem Format Lebenshilfen und Ratschläge für die Alltagsgestaltung anzueignen (vgl. Wahl und Hees 2006, S. 72).

8.3 Emotionalisierung Mit dem Element der Personalisierung hängt das Wecken von Emotionen eng zusammen (vgl. Lücke 2002, S. 55). Die Familien bei „Super Nanny” zeigen gewöhnliche Menschen in aussergewöhnlichen Situationen. Katja Saalfrank tritt in den mit Problemen übersäten Alltag einer Familie ein. Die Familienmitglieder zeigen ganz ungeniert ihre Gefühlsausbrüche; es wird geschrien, lautstark gestritten, Gewalt an Kindern verübt, geflucht, gespuckt, geweint usw. Dies erweckt bei den Zuschauern Mitgefühl, Mitleid, Ärger, Wut oder Freude. Diese Emotionen werden weiter durch den Einsatz von dramaturgischen Mitteln verstärkt, z.B. durch spannungssteigernde, dramatisierende oder gefühlvolle Musik, Grossaufnahmen von verzweifelten Gesichtern, Zeitlupen-Wiederholungen dramatischer Situationen. Jede Folge von „Super Nanny” beginnt mit einer Darstellung der jeweiligen Familie, die in ihrem Erziehungsalltag nicht zurecht kommt. Streit bestimmt den Familienalltag; der Streit wird zusätzlich durch dramatisiernde Musik und Kommentare aus dem Off verstärkt. Taucht die „Nanny” bei der Familie auf, verändert sich schlagartig der Musikstil: eine aufmunternde Musik begleitet den Einzug der „Nanny” in die Familie. Die Off-Stimme kann ebenfalls die gefilmte Situation durch geschickte Fragetechnik oder witzige Kommentare zusätzlich emotionalisieren (vgl. Lücke 2002, S. 54-55). Friedrich hält dagegen, dass der Kommentar des Moderators nur eine Form angibt, nicht aber den Zuschauer in eine bestimmte Position zu drängen vermag. Die Off-Stimme macht die ausgestrahlten Bilder somit nur lesbar.

8.4 Intimisierung Was früher noch eindeutig im privaten Lebensbereich lag, wie persönliche Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen, wird beim performativen Realitätsfernsehen zum öffentlichen Thema (vgl. Bente/Fromm 1997, S. 20 nach Lücke 2002, S. 55). Bei „Super Nanny” werden die persönlichen Probleme, sprich Erziehungs- und Familienprobleme, zum Hauptthema der Sendung. Diese gilt es mit der „Nanny” aufzuarbeiten und in den Griff zu bekommen. Da die Familie eigentlich zum Privatraum eines jeden Einzelnen gehört, wird diese Privatheit jedoch zur Schau gestellt. Warum? Was sind die Motive der Protagonisten von „Die Super Nanny“ ? Fromm meint, die Motive könnten möglicherweise in der modernen Mediengesellschaft begründet liegen. Die Anzahl der verschiedenen Lebensstile hat sich vervielfältigt; verglichen mit früher stehen gegenwärtig individuelle Lebensbedürfnisse weit häufiger im Vordergrund. Früher galt es sich anzupassen und möglichst nicht aus der Reihe zu tanzen. Durch dieses Bedürfnis nach individueller Lebensgestaltung ist das Interesse an Orientierung ebenfalls gestiegen (vgl. Fromm 1999, S. 61 nach Lücke 2002, S. 55). Reality-TV Formate ermöglichen dem Zuschauer, sich über dieses Medium Orientierung und Information anzueignen. Werden nun, wie bei „Super Nanny”, private und intime Themen, beispielsweise Kindererziehung oder Familien- und Eheprobleme diskutiert und mit entsprechenden Bildern unterlegt, bietet dies den Rezipienten die Möglichkeit, die eigene gegenwärtige Lebensauffassung zu bekennen, zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren (vgl. Fromm 1999, S. 61 nach Lücke 2002, S. 55). Das Format der „Super Nanny”, zeigt jedes einzelne Familienmitglied und lässt jeden in der Form eines Interviews die eigene Sicht der Familienprobleme erzählen. Die eigene Sicht der Protagonisten wird aber nicht nur anhand von Interviews verdeutlicht, sondern auch dadurch, dass man ihr direktes Handeln und ihren Umgang mit und innerhalb der Familie zeigt. Streitigkeiten, Auseinandersetzungen, Trauer, Verzweiflung, Freude und alle anderen emotionsgeladenen Gefühle werden szenisch dargestellt.

8.5 Öffentlich - Privat In der Erziehungsshow der „Super Nanny” wird die gesamte Wohnung gefilmt. Hier stellt sich die Frage nach der Rolle des Privaten im öffentlichen Raum. Rössler meint, dass die Grenzen der Privatheit nicht festgeschrieben sind, sondern jeder diese für sich selbst bestimmt. Es handelt sich nach Rössler um eine Grenzverschiebung zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen.

8.6 Authentizität der Inszenierung Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen den Elementen Authentizität und Inszenierung. Erzählen nicht-prominente Menschen wie bei „Super Nanny” ihre Problemgeschichten, so liegt eine Authentizität vor Bente und Fromm (vgl. Bente und Fromm 1997, 20 nach Lücke 2006, S. 60). Das Format der „Nanny“ ist ein narratives, wo die wahren Geschichten erzählt und vor der Kamera vorgeführt werden. Gestützt wird dies noch durch die zahlreichen vorher/nachher Interviews der Betroffenen. Geht man davon aus, dass die Probleme der Betroffenen echt sind und nicht von einem Autor ausgedacht wurden, sind in den meisten Fällen die Emotionen auch authentisch. Und da die Geschichten aus dem echten Leben gegriffen sind, steigert dies den Authentizitätseffekt bei den Zuschauern.

Interessant ist aber nun auch die Darstellung der Wohnungen, in welchen gedreht wird. Hier stellt sich die Frage nach der Inszenierung von Privatheit als Veröffentlichung des Privaten (vgl. Rössler). Wie sehen die jeweiligen Wohnungen bei „Super Nanny“ aus, und sind die Aussagen der Protagonisten in Hinblick auf ihre Wohnungen authentisch?

Beispiel. Eine junge Familie: Mutter Jaqueline, 24 Jahre alt und Hausfrau, Vater Silvio, 25 Jahre, arbeitet als Hausmeister, und 3 Kinder. Die gemeinsame Tochter Angelique ist 1 Jahr alt, Marvin ist 2 Jahre alt und stammt aus einer Beziehung mit einem anderen Mann, welcher sich nicht mehr um ihn kümmert. Justin, 5 Jahre alt, das Sorgenkind, stammt ebenfalls von einem anderen Mann. Im Vorspann zu dieser Folge mit 5 Staffeln heisst es: „Das ist der fünfjährige Justin, er bringt seine Eltern ans Ende ihrer Kräfte!“

Justin scheint offensichtlich das Problemkind dieser jungen Familie zu sein. Interessant erscheinen hier die Aussagen der Eltern, welche angeben, sich mit ihren Kindern tagtäglich zu beschäftigen. Sieht man aber bei der gefilmten Wohnung genauer hin, erkennt man, dass sich in den Kinderzimmern kaum Spielzeug befindet. Die Frage nach der Authentizität stellt sich hier. Womit spielen die Eltern und ihre Kinder? Stimmen ihre Aussagen mit den gezeigten Bildern überein? Im weiteren Verlauf wiederholen die Eltern immer wieder, dass sie viel mit ihren Kindern unternehmen, sitzen dabei aber vor dem Fernsehgerät oder dem Computer; ihre Kinder sitzen im gleichen Raum, aber ohne Spielzeug und wissen nichts mit sich anzufangen.

Im Verlauf der Folge spielen dann beide Eltern mit ihren Kinder; hier soll gezeigt werden, wie sehr sich das anfangs chaotisch und stressige Familienleben durch den Einsatz der „Super Nanny“ verbessert hat. Jaqueline und Silvio spielen mit ihren 3 Kindern, dies wirkt jedoch sehr verhalten und gezwungen. Lücke meint, dass in manchen Momenten deutlich wird, dass eine Inszenierung vorliegt, um den gewünschten Effekt der „Nanny“ optimal darzustellen (vgl. Lücke 2006, S. 60). Auch Friedrich geht auf das Element der Authentizität ein.

These von Friedrich: Es handelt sich bei der „Super Nanny“ um eine panoptische Sehordnung. Die Protagonisten wissen, dass sie beobachtet werden, somit kann davon ausgegangen werden, dass eine Verhinderung ereignishafter Kontingenz durch Verhaltensanpassung eintritt. Bei den Kindern tritt vermutlich keine Verhaltensanpassung ein; in einem Interview vom 23.06.06 meint Lukas, ein kleiner Junge, dass er seinen Vater hasst. Er beschönigt die Familiensituation keineswegs, der Vater aber versucht, sich von seiner besten Seite zu zeigen, er versucht, auf die Ratschläge der „Nanny“ einzugehen, weil er sich vermutlich durch die Beobachter unter Druck gesetzt fühlt. Authentisch scheint dieses Verhalten aber nicht zu sein, denn die hohe Gewaltbereitschaft, die sein Sohn Lukas an den Tag legt, muss er sich ja von einem Elternteil abgeschaut haben.

Im weiteren Verlauf der Folge eskaliert die Situation, und auch der Vater drischt auf seinen Sohn ein. Die Verhaltensanpassung beider Elternteile, Jaqueline und Silvio, wird beim Spielen mit ihren Kindern ebenfalls deutlich. Es ist nämlich fraglich, ob die Eltern ihr neu erlerntes Erziehungsverhalten weiter beibehalten oder wieder in die alten Verhaltensmuster zurück fallen werden, sobald das Experiment abgeschlossen ist.

8.7 Stereotypisierung Von den Protagonisten erzählte Geschichten werden jeweils verkürzt dargestellt; bei „Super Nanny“ wird eine Familie mit all ihren Mitgliedern und ihrer gesamten Erziehungsproblematik nur kurz im Vorspann durch die Off-Stimme vorgestellt. Mit dieser Darstellungsform werden die Emotionen auf Seiten des Publikums verstärkt. Komplizierte und langwierige Geschichten hingegen lassen dem Zuschauer mehr Raum für eine differenziertere Charakterentwicklung und –darstellung. Das Format der „Nanny“ ist aber auch schon aus zeitlichen Gründen zur Reduktion komplexer Zusammenhänge gezwungen. Durch die beiden genannten Gründe treten im Reality-TV Klischees, stereotype Darstellungsmuster und standardisierte Handlungsabläufe auf. In 2-3 Wochen ist es nicht möglich, ein Kind von Grund auf „umzuerziehen“; wegen der zeitlichen Begrenzung müssen zwangsläufig Details weggelassen werden. Diese Massnahme verstellt jedoch den Blick auf die Analyse möglicher tiefergehender Ursachen und Motive für das Verhalten der Teilnehmer (vgl. Lücke 2006, S. 55-56). Statt einer genauen Ursachenklärung des Ereignisses steht die Unglückssituation selbst (nachgestellt oder im Original) im Mittelpunkt des Geschehens... wendet man diese Behauptung auf das „Super Nanny“ Format an, so wird deutlich, dass eine genauere Ursachenklärung für die Auswirkungen einer misslungenen Erziehung nicht weiter durchgeführt werden kann. Auch die Herangehensweise der „Nanny“ wird nur oberflächlich erklärt. Die Unglückssituationen, also die Streitigkeiten und die zum Teil sogar eskalierenden Situationen, werden in den Mittelpunkt der Sendung gestellt, und, wie bereits erwähnt, durch dramaturgische Mittel verstärkt (vgl. Lücke 2006, S. 55-56).

8.8 Dramatisierung Lücke schreibt, dass unabhängig vom Format des Reality-TV die Ereignisse, gleich welcher Art, dramaturgisch und reisserisch dargestellt werden. Mit Hilfe von Musik und Geräuschen wird versucht, Dramatik zu erzeugen. Wie bereits unter dem Punkt 8.3 Emotionalisierung beschrieben, wird im Vorspann die Familiensituation dargestellt und durch Untermalung mit erregender, lebhafter Musik dramaturgisch verstärkt. Weiterhin wird Dramatik durch den Einsatz der „Living Camera“ erzeugt. Schnelle Schnitte, überraschende Szenenwechsel und eine nicht-neutrale Stimme aus dem Off sind Mittel der Dramaturgie und werden bei der „Nanny“ gezielt eingesetzt (vgl. Lücke 2006, S. 56).


9. Schluss / Fazit Ausgegangen wurde von der Fragestellung, ob das Reality-TV Format der „Super Nanny” den Zuschauer stark beeinflusst oder ob es diesem Freiräume zu einer kritischen Betrachtungsweise einräumt. Durch die verschiedenen Elemente der Formatanalyse wurde sichtbar, dass das „Super Nanny” Format dem Publikum zwar Freiräume zu einer kritischen Betrachtungsweise lässt, aber durch die Schnellebigkeit dieses Formates und die Vorgehensweise der „Nanny“ den Familien Lösungen für ihre Probleme aufgezwungen werden. Anstatt gemeinsam mit den Protagonisten nach Lösungswegen bzw. nach einer passenden Anwendungsmethode zu suchen, wird diesen nur ein Weg vorgeschrieben, welchen sie annehmen müssen. Das Format der „Super Nanny” wird immer wieder kritisiert wegen der öffentlichen Bloßstellung von Problemen und Schwächen einzelner Familienmitglieder vor einer grossen Zuschauermasse. Klar wurde jedoch auch, dass der Zuschauer diese Erziehungsshow-Formate als Hilfestellung, Informationsquelle und Reflexion seiner Selbst nutzen kann. Sicherlich werden die Staffeln der „Nanny“ mit recht spektakulären dramaturgischen Mitteln inszeniert, doch lässt sich nicht abstreiten, dass dieses Format dem Zuschauer immer noch genügend Freiräume zu einer kritschen Betrachtungsweise lässt. Meine Hypothese kann somit bestätigt werden, dass es dem Zuschauer möglich ist, dieses Format kritisch zu betrachten; allerdings ist es eher als unwahrscheinlich, dass er die Aktionen der „Nanny“ insoweit nachvollziehen könnte, dass in sich in dieser kurzen Zeit ein Erziehungserfolg einstellen würde.

Aus pädagogischer und psychologischer Sicht sind die Methoden der „Nanny“ auf die jeweilige Situation bezogen ziemlich standardisiert und daher eher unglaubwürdig. Hier wird durch die bewusste, dramaturgisch bedingte Auswahl der Bilder eine Realität simuliert, die es so gar nicht gibt; und somit ist es für den Zuschauer oft schwierig, den wahren Hintergrund in den gezeigten Bilder zu erkennen und zwischen Wunschdenken und wirklich Machbarem in der Erziehung zu unterscheiden (vgl. Baudrillard 1986). ]