Eine Neubeschreibung des Problems: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 24. November 2006, 18:07 Uhr


Wenn die Begrenzung der Toleranz im Falle des Kopftuches ungerechtfertigt ist, dann sollte der islamische Schleier hingenommen werden. Doch eine befriedigende Lösung wird daraus nur dann, wenn die Toleranz aus den richtigen Gründen geübt wird: wenn sie nicht auf einer Leugnung des Problems oder einer Fehlinterpretation seines Gehaltes beruht. Bis jetzt habe ich sorgfältig die Gründe geprüft, die gegen eine Verschleierung an Schulen sprechen mögen, um im Lichte von Fairneßüberlegungen zu dem Schluß zu kommen, daß keiner von ihnen hinreicht, ein Verbot zu rechtfertigen. Wie wir gesehen haben, lassen sich alle bislang betrachteten Ar­gumente – mögen sie dem Paternalismus das Wort reden, an die Trennung von Staat und Kirche anknüpfen oder ein Recht zur Selbstverteidigung reklamieren – in gleicher Weise auf viele andere Symbole, Praktiken und Haltungen in unserer Kultur anwenden, die ganz selbstverständlich akzeptiert werden. Folglich ist die Stoßrichtung dieser Argumente gegen eine Verschleierung eindeutig unfair. Nun aber allein auf der Basis dieses negativen Ergebnisses für Toleranz zu argumentieren, würde den Positio­nen, die im Spiel sind, nicht gerecht werden und brächte für keine der Parteien eine tragfähige Lösung. Nach der sorgfältigen Betrachtung der (unzureichenden) Gründe gegen Toleranz ist es vielmehr angebracht, ge­nauer zu erörtern, worum es den Schülerinnen wirklich ging und weshalb sie sich den Schulbehörden widersetzten. Warum konnten sie sich nicht einfach mit der Idee arrangieren, daß die Schule in Frankreich eine säku­lare Einrichtung ist, daß die Religion darin keine Rolle spielt, daß nie­mand sie zur Konversion verleiten will, daß ihr Bekenntnis, ihre Symbole und Rituale außerhalb der Schule völlig in Ordnung sind, sie sich jedoch in ihren Klassen wie alle anderen Schülerinnen zu verhalten haben? Warum konnten sie sich nicht damit begnügen, so wie alle anderen zu sein? Deutete ihr Beharren auf einen religiösen Fanatismus hin bzw. auf einen widernatürlichen Willen zur Nichtintegration, auf eine Zurückweisung alles Französischen? Natürlich könnte all dies zur Motivlage der Mäd­chen beigetragen haben, jedoch sind wir als soziale Beobachter auf solche extremen Vermutungen nicht angewiesen, um ihr Verhalten erklären zu können. Ihre Minderheitenposition und ihre unvollständige Teilhabe an der französischen Staatsbürgerschaft bildet einen wahrscheinlicheren Grund für ihre entschlossene Weigerung, den Erwartungen der Schule zu entsprechen.

Die Mädchen gehören einer kulturellen und religiösen Minderheit an, deren Anwesenheit in Frankreich zwar sichtbarer ist als zuvor, deren Angehörige jedoch von einer vollen gesellschaftlichen und politischen Inklusion weit entfernt sind. Die von der liberalen Demokratie angebote­ne Einbeziehung vermittels gleicher Rechte verfehlt ihr Ziel. Rechte näm­lich werden Individuen als Individuen gewährt, ungeachtet aller Beson­derheiten. Der Zugang zur öffentlichen Sphäre wird demnach um den Preis der Einklammerung aller Differenzen, aller Zugehörigkeiten, kurz: aller kollektiven Identitäten gewährt. Doch diese Art der individuali­stisch-universalistischen Einbeziehung kann einen Minderheitenangehö­rigen nicht befriedigen, der auf öffentliche Akzeptanz nur trotz seiner besonderen Merkmale rechnen darf. Sicherlich ist es richtig, daß die öffentliche Differenzblindheit gerade verhindern soll, daß moralisch unerheblichen Unterschieden ein unzulässiges Gewicht zukommt, das Vorurteilen und Abneigungen geschuldet wäre. Doch dieses ursprünglich antidiskriminatorische Ziel ist mittlerweile für neue Formen der Diskrimi­nierung verantwortlich. Die implizite Forderung nach einer öffentlichen Unsichtbarkeit kollektiver Identitäten betrifft allein solche sozialen Grup­pen, die sich von der Mehrheit unterscheiden. Die kollektiven kulturellen oder ethnischen Merkmale der Mehrheit gelten tatsächlich nicht als besonders, sondern als normal; sie konstituieren die Norm einer solchen Gesellschaft und legen ihre Standards fest. Als solche müssen sie in der öffentlichen Sphäre nicht unkenntlich gemacht werden. Auf der einen Seite haben somit die spezifischen Merkmale der Majorität ihre Sichtbar­keit als Differenzen verloren, auf der anderen Seite haben sie die diskrete Sichtbarkeit von allgemein-menschlichen Wesenszügen angenommen. So gilt ein französischer Sprachgebrauch in Frankreich nicht als Gebrauch einer besonderen Sprache, sondern als Sprachgebrauch überhaupt. Da gewöhnliche menschliche Eigenschaften ganz selbstverständlich Zugang zum öffentlichen Raum haben, hat es ein weißer, katholischer, franzö­sischsprachiger, heterosexueller Mann weder nötig, seine kollektive Iden­tität zu verbergen, noch muß er sie zu einer öffentlichen Stellungnahme machen. So ist es kein Wunder, daß die Mehrheit keinen Auschluß ihrer kollektiven Identität aus dem öffentlichen Raum und keine Aufspaltung des Selbst in den »nackten« Bürger und die umfassende Person empfin­det. Die Diskriminierung, die dem im Lichte der laicite gedeuteten Neu­tralitätsprinzip innewohnt, ist demnach eine doppelte: Erstens findet es, seinem universalen Anspruch zum Trotz, auf Mehrheit und Minderheit unterschiedliche Anwendung, zweitens hindert es die Angehörigen der Minderheiten an einer vollen Teilnahme an der politischen Ordnung, da sich kollektive Identitäten nicht einklammern lassen.

Die Zusammensetzung der Gesellschaft hat sich geändert. Der Typus der Konflikte ist aus dem europäischen Geschichtsablauf herausgewachsen. Der Test betrifft tatsächlich eine historische Aufgabe.
Hier wird allerdings auch verständlich, woher die Kritik am Multi-Kulturalismus kommt. Französisch zu sprechen ist selbstverständlich und selbstverständlich diskriminierend. Inwiefern kann man das vermeiden? Selbstverständlicher Konsens in vielen Punkten ist für ein Gemeinwesen notwendig. Es muss natürlich nicht die Sprache sein (Schweiz).

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß die drei Mädchen sich nicht einfach damit begnügen konnten, wie alle anderen Schülerinnen zu sein, denn auch ohne Kopfbedeckung wären sie nicht als Gleiche behandelt worden und hätten nicht die gleiche Berücksichtigung und Achtung erfahren. Rein weltliche oder christliche Schülerinnen müssen nicht ihre Kleidung und ihr Verhalten verändern, um an der Schule akzeptiert zu werden. Dies ist ein Beispiel dafür, daß Gleichbehandlung manchmal auf ungleiche Behandlung ungleicher Personen hinausläuft. Folglich muß das Beharren der Mädchen auf ihren Kopftüchern kein Anzeichen von Fundamentalismus gewesen sein. Ebenso mag sich darin ein Streben nach vollständiger Einbeziehung durch öffentliche Akzeptanz ihrer kulturellen Differenz ausgedrückt haben. Ihre öffentliche Stellungnahme mag als Ruf nach Gerechtigkeit, nach Inklusion und nach gleicher Achtung gedeutet werden; die Aufdringlichkeit ihres Verhaltens als Reaktion auf dessen erwünschte Unauffälligkeit. Ich bin der Ansicht, daß demokratische Insti­tutionen, ganz unabhängig von den tatsächlichen Motiven der Mädchen, ein solches implizites Verlangen nach voller Teilnahme ernst nehmen soll­ten. Die liberalen Prinzipien der Offenheit, der Inklusivität und, vor al­lem, der gleichen Achtung bilden eine Grundlage, auf der wir die Legiti­mität solcher Wünsche zu erkennen vermögen. Wird folglich Toleranz im positiven Sinne als symbolische Geste der öffentlichen Anerkennung von Unterschieden gedeutet, die mit den Identitäten von Minderheiten ver­bunden sind, so kann sie dem zugrundeliegenden Anspruch auf vollstän­dige Inklusion, wie ihn die moslemischen Mädchen erhoben, tendenziell gerecht werden. Dies setzt natürlich voraus, daß Toleranz im Bewußtsein dieser symbolischen Bedeutung geübt wird.

Ungleichheit besteht auch zwischen zahlreichen christlichen Französinnen, daraus folgt nichts für Minderheiten. Die Unterstellung von Motiven ist eine Fingerübung. Dazu kommt eine ethische Aufforderung. Soll man ganz allgemein Unterschiede hochschätzen? Diejenige von Minderheiten? Müssen sie unterprivilegiert sein? "Royce-Rolls-Besitzer dürfen mit 250 km/h auf der Autobahn fahren."

Hier kann allerdings ein liberaler Zweifel einsetzen: Die Argumente ge­gen Toleranz mögen, wie gezeigt, unzureichend und der Anspruch auf In­klusion mag aus liberaler Sicht legitim sein; gleichwohl könnte die zuletzt betrachtete Spielart der Toleranz den liberalen Praktiken und dem Ziel der Inklusion zuwiderlaufen und stattdessen den perversen Effekt der politi­schen Fragmentierung und der kulturellen Entzweiung hervorrufen. Die­ser liberale Einwand greift zum Teil die Sorge wieder auf, die dem Selbstver­teidigungsargument für das Kopftuchverbot innewohnt und die sich na­mentlich auf die Verletzung des für den Fortbestand einer liberalen Gesellschaft wesentlichen Neutralitätsgebotes bezieht. Doch diese Sorge ist, wie gesehen, unter der zweifachen Voraussetzung fehl am Platz, daß sich im öffentlichen Raum bereits die Identität einer Mehrheit entfaltet und daß das Neutralitätsgebot nicht preisgegeben, sondern lediglich neu ausgelegt werden muß. Wird Toleranz in ihrem symbolischen Sinne als öffentliche Aner­kennung von kollektiven Identitäten und sozialen Besonderheiten verstan­den, so ist sie nicht unvereinbar mit liberalen Politiken und liberaler Neu­tralität, sondern lediglich mit einer ihrer möglichen Interpretationen.

Eine schwierige Unterscheidung: Bedingungen öffentlicher Identität und Mehrheitsverhältnisse.

Öffentliche Differenzblindheit ist nämlich nur eine der möglichen Deutun­gen liberaler Neutralität, wenn auch vielleicht die gebräuchlichste. Im Rückgriff auf Ronald Dworkins Unterscheidung zwischen konstitutiven und abgeleiteten Prinzipien können wir sagen, daß liberale Neutralität konsti­tutiv und Differenzblindheit abgeleitet ist. Und nur die Auslegung von Neutralität als Blindheit steht einer Vereinbarkeit der öffentlichen Aner­kennung von Differenzen mit einem wesentlichen Grundsatz des Liberalis­mus entgegen. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben Anhänger des Mul­tikulturalismus und Feministinnen den Liberalismus und namentlich das Neutralitätsgebot sowie die Trennung von Privatem und Öffentlichem scharf angegriffen. Sie vermuten, daß der Neutralitätsgedanke auf ein be­sonderes Selbstverständnis zugeschnitten sei, das seinem Partikularismus und seiner Parteilichkeit den Anschein der Universalität und Unparteilich­keit gebe, weshalb wir all die Ideen des öffentlichen Raumes, der Unpartei­lichkeit und der allgemeinen Verfahrensweisen abschütteln sollten. Unge­achtet ihrer radikalen Rhetorik jedoch sind Feministinnen und Multikul­turalisten nicht bereit, die liberalen Prinzipien der individuellen Freiheiten, der Pressefreiheit, des gleichen Wertes und der gleichen Achtung aufzuge­ben, die wiederum intrinsisch mit einer Form der Unterscheidung zwischen Privatem und Öffentlichem verknüpft sind.

Im Unterschied dazu meine ich, daß liberale Neutralität nicht preisge­geben, sondern lediglich neu ausgelegt werden sollte. Liberale Neutralität ist ein antidiskriminatorischer Grundsatz, der einer unfairen Bevorzu­gung oder Benachteiligung von religiösen Bekenntnissen, ethischen Wer­ten oder kulturellen Alternativen entgegenwirken soll. Öffentliche Diffe­renzblindheit ist eine mögliche Strategie zur Erreichung dieses antidiskri­minatorischen Zieles, doch gegenwärtig führt sie unter bestimmten Umständen selber zu Formen der Diskriminierung und der Verletzung des Gebotes der gleichen Achtung. In solchen Fällen sollte die Differenz­blindheit einer öffentlichen Anerkennung der Differenzen von Minder­heiten weichen. Das bedeutete nicht, daß individuellen Merkmalen, die in politischer Hinsicht unerheblich sein sollten, eine unzulässige Aufmerk­samkeit zuteil würde. Das nämlich wäre in der Tat diskriminierend, wie einige Liberale angemerkt haben. Die unvollständige Teilhabe einer Minderheit am demokratischen Bürgerstatus aufgrund ihrer Besonderheiten jedoch verleiht diesen Besonderheiten eine negative politische Bedeutung. Während sie in einer idealen Welt keine politische Rolle spielen sollten (und ebensowenig verborgen bleiben müßten), sind sie gegenwärtig in der Tat Faktoren des Ausschlusses. Folglich ist ihre öffentliche Anerkennung eine Methode der Verminderung ungerechtfertigter Lasten. Das ist nur ein anderer Weg, um zu einer Egalisierung aller Differenzen im öffentli­chen Raum zu gelangen, also neutral und unparteilich zu sein.

Der Schleier als Demonstration für Gleichbehandlung im liberalen Staatsganzen? Der Vorschlag unterläuft genau das Widerständige der Intervention. "Repressive Toleranz"? Herstellung der Neutralität durch Beseitigung der Anlässe für Differenz.

Auch Gleichbehandlung ist nur ein vom Grundsatz der gleichen Ach­tung abgeleitetes Prinzip. Bisweilen verlangt gleiche Achtung nach glei­cher Behandlung (wie im Falle einer Bewertung schulischer Leistungen), manchmal, wie in diesen Fall und etwa in der Frage des Mutterschaftsur­laubs, erfordert sie äquivalente Behandlung, d. h. eine öffentliche Behand­lung, die auf alle unterschiedlichen Identitäten gleichermaßen eingeht. Bei anderen Gelegenheiten schließlich mag sie eine differentielle Behandlung nahelegen, etwa in Gestalt einer Politik der affirmative action, die kom­pensatorisch auf vergangene und fortwirkende Exklusion bezogen ist. Wenn wir für einen Moment davon absehen, ob äquivalente und differen­tielle Behandlung aus theoretischer Sicht ihr erklärtes Ziel zu erreichen vermögen, so erfordert das Prinzip der gleichen Achtung alle drei For­men der öffentlichen Behandlung. Welche von ihnen in einer bestimmten Situation geboten ist, hängt von den Umständen ab, doch dabei handelt es sich in jedem Fall nicht um eine ad hoc-Entscheidung. Unter gegebenen Umständen genügt jeweils nur eine Form der öffentlichen Behandlung dem Grundsatz der gleichen Achtung und dem Diskriminierungsverbot. Kurz gesagt: Die Tolerierung der Kopftücher an öffentlichen Schulen bedeutet nicht, daß islamischen Schülerinnen eine besondere Aufmerksam­keit zuteil wird, sondern daß sie die gleiche Berücksichtigung erfahren wie nichtreligiöse und christliche Schülerinnen.

Wie ist es schließlich um die Wirksamkeit einer solchen Tolerierung von Kopftüchern bestellt: Kann sie zur vollständigen Inklusion moslemischer Schülerinnen beitragen, oder gibt sie zu einer entzweienden und feindseli­gen Haltung Anlaß, die diese Schülerinnen vom Rest der Klasse trennen und ihre weitere Absonderung begünstigen würde. Meines Erachtens stellt die öffentliche Akzeptanz sozialer Unterschiede nur dann einen Schritt auf dem Weg zum vollen Staatsbürgerstatus für Minderheitenangehörige dar, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht. Einseitige Toleranz mag von den Tolerierten als eine herablassende Geste empfunden werden; sie wäre bes­ser als Unterdrückung, aber von einer befriedigenden Lösung wäre sie weit entfernt. Umgekehrt würde auf seiten des Tolerierenden ein Gefühl des Ressentiments vorherrschen. Wenn folglich die Kopftücher an Schulen aus Gründen des gleichen Respekts toleriert werden sollten, so darf die liberale Demokratie ihrerseits eine politische Loyalität zu ihren Institutionen erwarten. Eine solche Reziprozität der Erwartungen ist nicht nur aus morali­schen, sondern auch aus pragmatischen Gründen gerechtfertigt. Sofern To­leranz zur Förderung einer vollen Einbeziehung von Angehörigen margi­naler, unterdrückter und minoritärer Gruppen dienlich sein soll, so muß sie. die Voraussetzung für eine kooperative Einstellung unter den verschiede­nen sozialen Gruppen bilden. In einem Fall wie der Kontroverse um den Schleier kann ein Verbot nur die Feindseligkeiten zwischen der islamischen Gemeinschaft und der nationalen Mehrheit verstärken, aber auch Toleranz ist nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einem kooperativen Pluralismus. Wenn sie als ein bloßer Modus vivendi wahrgenommen wird, mag sie Feind­seligkeiten und Konflikte lediglich verhüllen. Was außer der Gewährung von Toleranz kann jedoch getan werden, um Ressentiments auf seiten der Mehrheit und Unzufriedenheit auf seiten der Minderheit zu verhindern? Eine mögliche Antwort könnte darin bestehen, von den Tolerierten eine wechselseitige Anerkennung zu fordern. Auf diese Weise ließe sich grund­sätzlich zweierlei erreichen: Erstens würden Minderheiten nicht herablas­send als passive Empfänger behandelt, sondern als verantwortliche, aktive Angehörige der Gesellschaft angesprochen. Zweitens müßten die Angehö­rigen der Mehrheit in der Toleranz nicht nur eine Form des öffentlichen Nachgebens erblicken, sondern eine Strategie der Einbeziehung, der Ver­antwortlichkeiten und Pflichten auf seiten der Minderheit entsprechen. Die typische asymmetrische Beziehung zwischen Tolerierenden und Tolerier­ten, die Toleranz zu einer so schwierigen und zweischneidigen Tugend macht, würde dadurch in eine Partnerschaft unter Gleichen transformiert: Die Angehörigen der nationalen Mehrheit akzeptierten die Einwanderer mit ihren besonderen Eigenschaften und ihrer besonderen Kultur als Be­standteil der normalen Vielfalt einer pluralistischen Gesellschaft, und die Einwanderer wiederum akzeptieren die demokratischen Institutionen als loyale Bürgerinnen und Bürger.

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