Objekt und Klasse, Gegenstand und Begriff (CP): Unterschied zwischen den Versionen
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− | === [http://sammelpunkt.philo.at:8080/947/ H. | + | === [http://sammelpunkt.philo.at:8080/947/ H. Hrachovec: Objekt und Klasse, Gegenstand und Begriff] === |
− | Im Urteil wird, nach traditioneller Lehre, ein Gegenstand unter einen | + | Im Urteil wird, nach traditioneller Lehre, ein Gegenstand unter einen Begriff subsumiert. |
− | + | *"Das ist ein Peugeot 308" | |
− | + | heißt: dieses Ding gehört zu einer bestimmten Menge von der genannten Firma produzierter PKWs. Das Beispiel könnte – mutatis mutandis – aus einer Einführung in objektorientiertes Programmieren stammen. In dieser Welt <font color=purple">spezifiziert eine Klasse die Gemeinsamkeit einer Menge von Objekten mit denselben Eigenschaften (Attributen), demselben Verhalten (Operationen) und denselben Beziehungen.</font> Also etwa einen Fahrzeugtyp, dem entsprechend einzelne PKWs gebaut werden. Derart charakterisierte Objekte unterscheiden sich u.a. in der Motorstärke, der Farbe und dem benötigten Treibstoff. Jedes verfügt uber eine eindeutige Identifikation und vordefinierte Verhaltensweisen. Mit anderen Worten: ein Kraftfahrzeug, das solchen Bedingungen genügt, ist ein Objekt der Klasse Peugeot 307. Der Unterschied zum Satz "Das ist ein Peugeot 308" erscheint minimal. | |
− | + | Aber der Schein trügt. In beiden Fällen wird ein Einzelding in ein Verhältnis zu etwas Allgemeinem gesetzt. Doch die Auffassungen darüber, worin die Beziehung besteht, differieren beträchtlich und wirken sich direkt auf das Verständnis der Verhältnisglieder aus. <font color="purple">Ein Gegenstand, der einem Urteil unterzogen wird, ist nicht einfach die Realisierung eines Typs.</font> | |
− | + | Für die objekt-orientierte Analyse kann das besagte Fahrzeug als modelliertes Objekt einzig und allein der angegebenen Klasse angehören. Alle relevanten Charakteristika liegen auf ihrer Seite. Urteile finden hier keinen Anhaltspunkt. In ihnen geht es um die Abschätzung, inwieweit sich bestimmte Charakteristika von Gegenständen behaupten lassen. Dazu muß es experimentelle Handlungsfreiheit geben, ein Ausprobieren von Beschreibungen und Rückkoppelungen zwischen Subjekt und Prädikat. Die Ausprägung eines Attributes im Objekt kann hingegen keine Rückwirkung auf die Definition der Klasse haben. | |
− | + | Ein Urteil dient z.B. dazu, nach einer Testfahrt die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs zu bewerten. Seine Erfassung als software-technisches Objekt entspricht dem Eintrag im Typenschein. Als Exemplar eines Typus ist es erschöpfend bestimmt. Auf diesen Hinweis könnte jemand erwidern: "Auch die Typenzuordnung ist veränderbar"! Sicherlich, aber der Einwand illustriert genau die Divergenz zwischen den beiden Verhältnismustern. Für bestimmte Zwecke soll der Einzelfall durch das vorgegebene Schema definitiv festgelegt sein; in anderen Kontexten kommt es gerade auf den Spielraum zwischen Einzelnem und Allgemeinem an, auf die begriffiche Flexibilität in der Möglichkeit der Musteradaption. Der Punkt ist nicht, daß ein nach Schablone gefertigtes Produkt keine Geschichte haben könnte, sondern daß es in einem solchen Fall keine einfache Instanz der Schablone mehr ist. Sobald sich die Frage stellen kann, zu welchem Typ das Ding gehört, befinden wir uns in einer anderen Diskussion. Die Attribute des PKW, um beim Beispiel zu bleiben, durchlaufen dann nicht bloß den parametrisierten Raum, sondern leisten einen Beitrag zur Bestimmung der Allgemeinheit, der sie subsumiert werden. | |
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− | + | Traditionell bezeichnet man die Fähigkeit zu einer solchen Feinabstimmung zwischen Einzelnem und Allgemeinem als Urteilskraft. Mit ihrer Hilfe wird die Vertretbarkeit der Anwendung des Begriffes auf ein Ding im Einzelfall entschieden. Das ist ein "Peugeot 308" enthält danach eine Behauptung, die eventuell umstritten ist, z.B. wenn es a um eine speziell getunte Maschine geht. Dieser gesamte Verhaltenskomplex fehlt in der Objekt-Klassen-Konstruktion. Ein Software-Objekt gehört zu einer Klasse, doch die wird nicht von ihm prädiziert. Das Repertoire der Einsatzmöglichkeiten von solchen Objekten unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von jenem der (Namen für) Gegenstände, mit denen sprachlich operiert wird. Die intuitive Weltsicht ( Dinge, zu Tatsachen verbunden) wird uneinheitlich ausgelegt. Einmal handelt es sich um Ausprägungen einer Muster-Vorgabe, das andere Mal um Träger von (eventuell wechselnden) Eigenschaften. Die Vorgabe inkludiert eine "object factory", welche den Eigenschaften fehlt. Im Detail fallen die beiden Verhältnisbestimmungen von Einzelnem und Allgemeinem deutlich a auseinander. | |
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+ | Umgangssprachlich sind die beiden Strategien etwa im <font color="purple">Unterschied zwischen Blumentöpfen oder Telegrafenstangen auf der einen, Giftpilzen oder Kopfbedeckungen auf der anderen Seite</font> greifbar. Die automatische Fertigung gehorcht anderen Gesetzen, als die exemplarische Verwirklichung einer Gattung. Das heißt nicht, daß es keine Berührungspunkte gäbe. Die übergeordneten Kategorien – Einzelnes/Allgemeines – in denen das Problem sich fassen läßt, sind offensichtlich hilfreich. Man muß den Akzent nicht auf die Unvereinbarkeiten legen. Wir haben Objektstatus gegen Beurteilung abgehoben. Von einem allgemeineren Standpunkt aus <font color="purple">handelt es sich in beiden Fällen um Prüfverfahren</font>. Das Exemplar einer Klasse gehorcht implizit einem Zugehörigkeitstest, andererseits werden Gegenstände nach Kriterien zu Mengen zusammengefaßt. Beide Vorgänge lassen sich, wie Freges mathematische Rekonstruktion des Begriffsgebrauches überzeugend demonstriert hat, im selben Formalismus fassen. Begriffe sind danach Funktionen, die es erlauben, Gegenstände zusammenzufassen, das ergibt Extensionen des betreffenden Begriffsausdrucks. Diese Konzeption paßt auf Blumentöpfe ebenso, wie auf Kopfbedeckungen. | ||
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+ | :Wenn nämlich irgend etwas anderes schön ist außer jenem An-sich-Schönen, so ist es meiner Ansicht nach aus keinem anderen Grund schön, als weil es an jenem Schönen teilhat. ... wenn mir jemand sagt, daß irgend etwas schön ist, entweder weil es eine blühende Farbe oder Gestalt oder sonst etwas der Art hat, so lasse ich das andere auf sich beruhen, denn durch alles übrige werde ich nur verwirrt, und halte ganz einfach und schlicht und vielleicht einfältig daran bei mir fest, daß nichts anderes es schön macht als eben die Anwesenheit oder die Gemeinschaft jenes Schönen, wie und woher sie auch komme. Darüber nämlich möchte ich nichts weiter behaupten, als daß durch das Schöne alle schönen Dinge schön werden. [Platon, Phaidon 100 c,d] | ||
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+ | Das Motiv läßt sich auch auf Automarken anwenden. Eine moderne Paraphrase Platons könnte folgende Uberlegungen enthalten: | ||
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+ | :Wenn mir jemand sagt, daß etwas ein Peugeot 308 ist, entweder weil es eine bestimmte Farbe oder Gestalt, oder sonst etwas der Art hat, so halte ich ganz einfach daran fest, daß nur die Typenzugehörigkeit etwas zu einem Peugeot 308 macht. | ||
− | + | Wir sehen etwas unter dem Einfluß vorweg bestehender Kenntnisse. Begriffe artikulieren Typologien, ohne welche uns die sensorischen Inputs überschwemmen. In dieser Theorie stehen hinter den Urteilsakten Urtypen. Die Frage, woraus die Welt besteht, ist äquivalent zur Frage, wie sich mit Hilfe vor-investierten Wissens die Wahrnehmungsdaten zu relativ stabilen Aggregaten ordnen lassen. Ironischerweise bedient sich die objektorientierte Analyse also eines antiken Schemas, dessen Plausibilität zur Modellierung des Erkenntnisvorgangs vielfach angezweifelt worden ist. Aktuelle Konzeptionen vertreten die Auffassung, daß sich die Orientierung in der Welt, genau gesagt die uns zugängliche Welt selber, zusammen mit dem Begriffsgebrauch entwickelt. Das heißt: in der sprachlich vermittelten Strukturierung der Umwelt an Hand von Aussagesätzen. Die Prioritäten Platons werden dabei umgedreht: am Anfang steht kein überzeitlicher Typus, sondern der im diskursiven Prozeß verankerte Entwurf von Ordnungsstrukturen. Die Klassen, die in der objekt-orientierten Analyse konstruiert und in Programmabläufe eingebaut werden, beruhen auf Sichtweisen einer gegliedert erschlossenen Umwelt, über die wir Behauptungen aufstellen. Kein Strichkode ohne Käuferinnen. Objektorientierte Softwareentwicklung modelliert ein Ensembel platonischer Ideen und gewinnt daraus effektive Abläufe. Ohne derartige Mechanismen ist, wie gesagt, Leben schwer vorstellbar. Doch wenn es dabei bleibt, lohnt es sich auch nicht. Der Zweck der Übung sind Erfahrungen, deren Leitlinien ihrerseits in Frage gestellt werden können. |
Aktuelle Version vom 14. Januar 2011, 08:28 Uhr
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H. Hrachovec: Objekt und Klasse, Gegenstand und Begriff
Im Urteil wird, nach traditioneller Lehre, ein Gegenstand unter einen Begriff subsumiert.
- "Das ist ein Peugeot 308"
heißt: dieses Ding gehört zu einer bestimmten Menge von der genannten Firma produzierter PKWs. Das Beispiel könnte – mutatis mutandis – aus einer Einführung in objektorientiertes Programmieren stammen. In dieser Welt spezifiziert eine Klasse die Gemeinsamkeit einer Menge von Objekten mit denselben Eigenschaften (Attributen), demselben Verhalten (Operationen) und denselben Beziehungen. Also etwa einen Fahrzeugtyp, dem entsprechend einzelne PKWs gebaut werden. Derart charakterisierte Objekte unterscheiden sich u.a. in der Motorstärke, der Farbe und dem benötigten Treibstoff. Jedes verfügt uber eine eindeutige Identifikation und vordefinierte Verhaltensweisen. Mit anderen Worten: ein Kraftfahrzeug, das solchen Bedingungen genügt, ist ein Objekt der Klasse Peugeot 307. Der Unterschied zum Satz "Das ist ein Peugeot 308" erscheint minimal.
Aber der Schein trügt. In beiden Fällen wird ein Einzelding in ein Verhältnis zu etwas Allgemeinem gesetzt. Doch die Auffassungen darüber, worin die Beziehung besteht, differieren beträchtlich und wirken sich direkt auf das Verständnis der Verhältnisglieder aus. Ein Gegenstand, der einem Urteil unterzogen wird, ist nicht einfach die Realisierung eines Typs.
Für die objekt-orientierte Analyse kann das besagte Fahrzeug als modelliertes Objekt einzig und allein der angegebenen Klasse angehören. Alle relevanten Charakteristika liegen auf ihrer Seite. Urteile finden hier keinen Anhaltspunkt. In ihnen geht es um die Abschätzung, inwieweit sich bestimmte Charakteristika von Gegenständen behaupten lassen. Dazu muß es experimentelle Handlungsfreiheit geben, ein Ausprobieren von Beschreibungen und Rückkoppelungen zwischen Subjekt und Prädikat. Die Ausprägung eines Attributes im Objekt kann hingegen keine Rückwirkung auf die Definition der Klasse haben.
Ein Urteil dient z.B. dazu, nach einer Testfahrt die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs zu bewerten. Seine Erfassung als software-technisches Objekt entspricht dem Eintrag im Typenschein. Als Exemplar eines Typus ist es erschöpfend bestimmt. Auf diesen Hinweis könnte jemand erwidern: "Auch die Typenzuordnung ist veränderbar"! Sicherlich, aber der Einwand illustriert genau die Divergenz zwischen den beiden Verhältnismustern. Für bestimmte Zwecke soll der Einzelfall durch das vorgegebene Schema definitiv festgelegt sein; in anderen Kontexten kommt es gerade auf den Spielraum zwischen Einzelnem und Allgemeinem an, auf die begriffiche Flexibilität in der Möglichkeit der Musteradaption. Der Punkt ist nicht, daß ein nach Schablone gefertigtes Produkt keine Geschichte haben könnte, sondern daß es in einem solchen Fall keine einfache Instanz der Schablone mehr ist. Sobald sich die Frage stellen kann, zu welchem Typ das Ding gehört, befinden wir uns in einer anderen Diskussion. Die Attribute des PKW, um beim Beispiel zu bleiben, durchlaufen dann nicht bloß den parametrisierten Raum, sondern leisten einen Beitrag zur Bestimmung der Allgemeinheit, der sie subsumiert werden.
Traditionell bezeichnet man die Fähigkeit zu einer solchen Feinabstimmung zwischen Einzelnem und Allgemeinem als Urteilskraft. Mit ihrer Hilfe wird die Vertretbarkeit der Anwendung des Begriffes auf ein Ding im Einzelfall entschieden. Das ist ein "Peugeot 308" enthält danach eine Behauptung, die eventuell umstritten ist, z.B. wenn es a um eine speziell getunte Maschine geht. Dieser gesamte Verhaltenskomplex fehlt in der Objekt-Klassen-Konstruktion. Ein Software-Objekt gehört zu einer Klasse, doch die wird nicht von ihm prädiziert. Das Repertoire der Einsatzmöglichkeiten von solchen Objekten unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von jenem der (Namen für) Gegenstände, mit denen sprachlich operiert wird. Die intuitive Weltsicht ( Dinge, zu Tatsachen verbunden) wird uneinheitlich ausgelegt. Einmal handelt es sich um Ausprägungen einer Muster-Vorgabe, das andere Mal um Träger von (eventuell wechselnden) Eigenschaften. Die Vorgabe inkludiert eine "object factory", welche den Eigenschaften fehlt. Im Detail fallen die beiden Verhältnisbestimmungen von Einzelnem und Allgemeinem deutlich a auseinander.
Umgangssprachlich sind die beiden Strategien etwa im Unterschied zwischen Blumentöpfen oder Telegrafenstangen auf der einen, Giftpilzen oder Kopfbedeckungen auf der anderen Seite greifbar. Die automatische Fertigung gehorcht anderen Gesetzen, als die exemplarische Verwirklichung einer Gattung. Das heißt nicht, daß es keine Berührungspunkte gäbe. Die übergeordneten Kategorien – Einzelnes/Allgemeines – in denen das Problem sich fassen läßt, sind offensichtlich hilfreich. Man muß den Akzent nicht auf die Unvereinbarkeiten legen. Wir haben Objektstatus gegen Beurteilung abgehoben. Von einem allgemeineren Standpunkt aus handelt es sich in beiden Fällen um Prüfverfahren. Das Exemplar einer Klasse gehorcht implizit einem Zugehörigkeitstest, andererseits werden Gegenstände nach Kriterien zu Mengen zusammengefaßt. Beide Vorgänge lassen sich, wie Freges mathematische Rekonstruktion des Begriffsgebrauches überzeugend demonstriert hat, im selben Formalismus fassen. Begriffe sind danach Funktionen, die es erlauben, Gegenstände zusammenzufassen, das ergibt Extensionen des betreffenden Begriffsausdrucks. Diese Konzeption paßt auf Blumentöpfe ebenso, wie auf Kopfbedeckungen.
- Wenn nämlich irgend etwas anderes schön ist außer jenem An-sich-Schönen, so ist es meiner Ansicht nach aus keinem anderen Grund schön, als weil es an jenem Schönen teilhat. ... wenn mir jemand sagt, daß irgend etwas schön ist, entweder weil es eine blühende Farbe oder Gestalt oder sonst etwas der Art hat, so lasse ich das andere auf sich beruhen, denn durch alles übrige werde ich nur verwirrt, und halte ganz einfach und schlicht und vielleicht einfältig daran bei mir fest, daß nichts anderes es schön macht als eben die Anwesenheit oder die Gemeinschaft jenes Schönen, wie und woher sie auch komme. Darüber nämlich möchte ich nichts weiter behaupten, als daß durch das Schöne alle schönen Dinge schön werden. [Platon, Phaidon 100 c,d]
Das Motiv läßt sich auch auf Automarken anwenden. Eine moderne Paraphrase Platons könnte folgende Uberlegungen enthalten:
- Wenn mir jemand sagt, daß etwas ein Peugeot 308 ist, entweder weil es eine bestimmte Farbe oder Gestalt, oder sonst etwas der Art hat, so halte ich ganz einfach daran fest, daß nur die Typenzugehörigkeit etwas zu einem Peugeot 308 macht.
Wir sehen etwas unter dem Einfluß vorweg bestehender Kenntnisse. Begriffe artikulieren Typologien, ohne welche uns die sensorischen Inputs überschwemmen. In dieser Theorie stehen hinter den Urteilsakten Urtypen. Die Frage, woraus die Welt besteht, ist äquivalent zur Frage, wie sich mit Hilfe vor-investierten Wissens die Wahrnehmungsdaten zu relativ stabilen Aggregaten ordnen lassen. Ironischerweise bedient sich die objektorientierte Analyse also eines antiken Schemas, dessen Plausibilität zur Modellierung des Erkenntnisvorgangs vielfach angezweifelt worden ist. Aktuelle Konzeptionen vertreten die Auffassung, daß sich die Orientierung in der Welt, genau gesagt die uns zugängliche Welt selber, zusammen mit dem Begriffsgebrauch entwickelt. Das heißt: in der sprachlich vermittelten Strukturierung der Umwelt an Hand von Aussagesätzen. Die Prioritäten Platons werden dabei umgedreht: am Anfang steht kein überzeitlicher Typus, sondern der im diskursiven Prozeß verankerte Entwurf von Ordnungsstrukturen. Die Klassen, die in der objekt-orientierten Analyse konstruiert und in Programmabläufe eingebaut werden, beruhen auf Sichtweisen einer gegliedert erschlossenen Umwelt, über die wir Behauptungen aufstellen. Kein Strichkode ohne Käuferinnen. Objektorientierte Softwareentwicklung modelliert ein Ensembel platonischer Ideen und gewinnt daraus effektive Abläufe. Ohne derartige Mechanismen ist, wie gesagt, Leben schwer vorstellbar. Doch wenn es dabei bleibt, lohnt es sich auch nicht. Der Zweck der Übung sind Erfahrungen, deren Leitlinien ihrerseits in Frage gestellt werden können.