Diskussion:Eigentum über Ideen in Lockes Rahmen (IH): Unterschied zwischen den Versionen

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I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN, Patentierbare Erfindungen
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§ 1. (1) Für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik werden, sofern sie neu sind (§ 3), sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag Patente erteilt.
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:§ 1. (1) Für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik werden, sofern sie neu sind (§ 3), sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag Patente erteilt.--[[Benutzer:Karl-Heinz|Karl-Heinz]] 15:08, 13. Jun. 2010 (UTC)

Version vom 13. Juni 2010, 16:08 Uhr

Patente und Knochenarbeit

Daniel Attas geht in „Lockean Justifications of Intellectual Property” von der These aus, dass alle Vorteile aus der Nutzung einer Idee gezogen werden können, ohne andere von einer vergleichbaren Nutzung auszuschließen. Gewinnstreben sieht er zwar nicht direkt als illegitim, es nimmt aber der allgemeinen Rechtfertigung von Besitz den moralischen Anspruch, kann also nicht als moralische Begründung dienen, andere von der Nutzung einer Idee auszuschließen. Attas entwickelt auch die Vorstellung, dass ein freies Fließen von Ideen mehr Kreativität und Innovation ermöglichen könnte, was die Allgemeinheit eher reicher als ärmer machen würde. Diese Vorstellung ist aus philosophisch-ethischer Sicht durchaus vertretbar, übersieht aber in meinen Augen die Realität wirtschaftlicher Zusammenhänge - und um die geht es ja beim Schutz geistigen Eigentums in erster Linie:

1. Ideen gibt es tausende. Gute Ideen, also solche, die zu irgendjemandes Vorteil realisiert werden können, sind schon wesentlich seltener. Sie zu erkennen, zu entwickeln, zu dokumentieren, sie zur „Patentreife“ und dann zur „Serienreife“ zu bringen, ist beinharte Knochenarbeit, die sich nicht von selbst ergibt, sondern die gewollt, gesteuert, kontrolliert und bezahlt werden muss. Diese Leistung ist es, die nach meiner Ansicht als geistiges Eigentum schutzwürdig ist - mehr als die ursprüngliche Idee. Damit kann auch die Argumentation von John Locke, wonach die eigene Arbeitsleistung den Anspruch auf Besitz rechtfertigt, durchaus angewendet werden.

2. Der Schutz geistigen Eigentums erfolgt primär über die Anmeldung zum Patent am zuständigen Patentamt. Aber sind es wirklich Ideen, die man dort anmelden, schützen und damit anderen vorenthalten kann? Soweit ich die Materie beurteilen kann, ist das keineswegs der Fall. Vielmehr sind es sehr konkret ausgearbeitete Verfahren und Methoden, die eine ausreichende Werkhöhe und Innovation aufweisen und auf Basis einer detaillierten technischen Dokumentation vom Patentamt geprüft und gegebenenfalls geschützt werden. Hier liegt natürlich ein großer Spielraum und eine große Verantwortung für die Patentämter und die sie betreffende Gesetzgebung. Grenzen für den Patentschutz müssen gezogen werden, aber ein grundsätzliches „Nein“ zum Schutz von Ideen kann nicht die Antwort sein.

3. Wenn Attas es für unmoralisch hält, über unsere Ideen noch verfügen zu wollen, wenn sie einmal außerhalb unseres Geistes geraten sind, dann frage ich mich, welche Art von Verfügung oder Kontrolle er eigentlich meint? Der urheber- oder patentrechtliche Schutz wirkt meines Wissens nicht gegen Individuen, die etwa daran gehindert werden sollen, zum eigenen Vergnügen ein geschütztes Lied zu singen, sich ein Getränk nach einem geschützten Rezept zu mixen oder sich zum eigenen Gebrauch ein technisches Gerät zu basteln. Er zielt vielmehr ausschließlich gegen Mitbewerber, welche eine geschützte Methode verwerten wollen, um einen finanziellen Vorteil zu lukrieren. Und das scheint mir weniger eine Frage grundsätzlicher Menschenrechte zu sein als eine solche des fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs.

4. Der Mensch bevorzugt die eingefahrenen Geleise und scheut die Veränderung - das ist eine ziemlich gut abgesicherte psychologische Erkenntnis. Neue Wege werden daher im allgemeinen nur eingeschlagen, wenn ein ausreichender Anreiz zur Veränderung besteht. Diesen Anreiz liefert im marktwirtschaftlichen System die Konkurrenzsituation, die jeden Marktteilnehmer zu ständiger Weiterentwicklung und Verbesserung zwingt. 40 Jahre des Vergleichs zwischen marktwirtschaftlichen und planwirtschaftlichen Systemen haben eine deutliche Antwort gegeben, wie sich dieser Anreiz des Wettbewerbs auf die Vielfalt und Qualität der Produkte auswirkt. Und wo würde in einem System, in dem geistiges Eigentum nicht geschützt werden kann, der Anreiz zur Veränderung liegen? Es gäbe zwar viele Ideen, aber wer würde die Mühe und die Kosten auf sich nehmen, sie zu Produkten zu entwickeln und damit einem breiten Personenkreis zugänglich zu machen?

Ich halte also die Argumentation von Daniel Attas für einen etwas idealistischen Ansatz, der die wirtschaftlichen Gegebenheiten, auf die der Schutz geistigen Eigentums abzielt, vernachlässigt und dem man durchaus eine Argumentation gegenüberstellen kann, die mit dem Locke’schen Eigentumsbegriff kompatibel ist.

Karl-Heinz Mayer, A6252507

Ratlos

Beim Lesen der Exzerpte von Attas und des obigen Kommentars sind mir einige Dinge unklar geblieben. Ich kann noch gar nicht sinnvoll zur Frage "Wem gehören Ideen?" etwas sagen, weil mir noch immer nicht klar ist, welches Verständnis von Idee und Eigentum man sinnvollerweise verwenden soll, um sagen zu können, dass eine Idee jemanden gehört. Ich resigniere momentan einfach vor der Komplexität der IP-Problematik, weil es sehr verschiedene Aspekte involviert.

Also der Reihe nach. Was kann ich verstehen?

den aktuellen wirtschaftlichen Kontext

Wenn sich meine Produkte und Dienstleistungen nicht bloß durch einen niedrigeren Preis von der Konkurrenz abheben sollen (was dann passiert, kann man beim Mobilfunk-Markt beobachten, wo die Aggressivität der Werbung und das Konkurrenz-bashing fast unter der Gürtellinie ist), dann muss meine Ware bestimmte Features haben, die andere nicht haben: mein Herstellungsprozess muss vorteilhafte Merkmale aufweisen, meine Suchmaschine muss attraktiver sein als andere. (Leistungsdifferenzierung) Die Verlockung ist groß, die Geheimnisse hinter der höheren Produktqualität oder Produktattraktivität für sich zu behalten:

In einem Buch "Founders at Work - Stories of Startup's Early Days" antwortet der Co-Founder von PayPal, Max Levchin, auf die Frage: Hat die Konkurrenz damals ähnliche Verfahren zur Erkennung, Einschätzung und dem Handling von Betrug verwendet? "We kept the stuff under wraps for a very long time. We never really showed IGOR to anyone. We never talked about it in the press. I was definitely very paranoid. Initially, when we built it, we had a conference room where there was the IGOR terminal, and people would go there, use it, and leave. There were no other copies available. [... Interviewer:] Did you patent this technique? Levchin: I didn't really want to patent it because, for one, I don't like software patents, and, two, if you patent it, you make it public. Even if you don't know someone's infringing, they will still be getting the benefit. Instead, we just chose to keep it a trade secret and not show it to anyone. [...] There's still a whole bunch of tools that they are using today that are not public. They don't talk about it much at all, and I think that's a good thing."

Die hatten damals Kern-Kompetenzen, die andere nicht hatten und anstatt so freundlich (oder im Kontext einer Marktsituation: dumm) zu sein, exakt aufzuschlüsseln, wie sie das so gut können, haben sie einfach gesagt, was sie gut können. Wem es gefällt, der/die darf es konsumieren und genießen. Warum es funktioniert? "It's magic! ;-)"

Idee als materieloses 'pattern'

Attas markiert den Unterschied zwischen materiellem und intellektuellem Eigentum mit ihren jeweiligen Arten der Freiheitseinschränkung der anderen. Eine seiner Thesen:

Alle Vorteile, die sich aus der Nutzung einer Idee ergeben, können abgesichert werden, OHNE die Nutzung der Idee für andere zu beschränken.

Wenn die Idee das ist, was in der Vorlesung unter dem Schema des Doppelpasses gezeigt wurde, gewissermaßen das Konzept, das man verstehen kann, entzogen von ihrer materiellen Basis (wenn das geht):

  1. was heißt dann: Diese Idee gehört mir, ist mein Eigentum? Habe ich sie durch meine Tätigkeit hervorgebracht? Was heißt "gehört mir" in Bezug auf materielle Dinge?
  2. was heißt dann: Ich nutze eine Idee.

Zunächst mal zur zweiten Frage:

Was heißt: Ich nutze eine Idee?

  • Das zu beantworten müsste doch einfach sein. Was tut man, wenn man eine Idee nutzt? Man ändert sein Verhalten entsprechend eines Musters. Ich bin in einer Situation. Die Situation hat bestimmte Eigenschaften. Ich wende das Muster an, um die Situation aus einer bestimmten Sicht zu verbessern. Verbessern ist nur verständlich in einem Kontext (spieltheoretisch: in einem Spiel): Ich meine, wenn ich in einer bestimmten Rolle in einem bestimmten Kontext bin, ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen, indem ich mich entsprechend dem Muster verhalte.
  • Gibt es ein Verständnis von Ideen, wo es nicht um eine kognitive Einstellung zu einer Situation geht, die ein bestimmtes Verhalten vor-schreibt? Auch, wenn mehrere Personen, ganze Organisationen (samt Maschinen) involviert sind, geht es doch um die Art und Weise, wie Anforderungen auf vorher nicht erkenntliche Weise gemanaged werden. "Und plötzlich fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen". Man wird die Muster verbildlichen, beschreiben und didaktisch aufbereiten müssen, doch damit sie wirksam werden, ist Verständnis nötig.
  • Ist die Idee das vorliegende Werkzeug, mit dem ich etwas (die aktuelle Situation) bearbeiten kann? Stark metaphorisch, würde ich sagen.
Hier sieht man die Wirkungen des platonischen Schemas und kann sie gegen die phänomenologisch-heideggrianische Alternative ausspielen. Betrachtet man den Doppelpass als eine "inkarnierte" Idee, oder als Feature eines Spielverlaufs. --anna

Was heißt dann aber: Die Beschränkung der Nutzung einer Idee?

Es kann mir doch niemand untersagen, eine Situation entsprechend eines Musters zu strukturieren?

  • Sobald das Muster einmal im Umlauf ist und wie oben angenommen nur im Kontext von Situationen (inklusive dem Material und den Konfigurationen des Materials, die die Situation ausmachen) gültig ist, kann die Nutzung nur mehr eingeschränkt werden, indem die Situation eine andere wird und das Muster nicht mehr greift, weil es nicht mehr hilfreich zur Strukturierung ist (oder es andere Nachteile hat, die das Muster plötzlich nicht mehr attraktiv erscheinen lässt).
    • Beispiel: Eine Sicherheitslücke kann nur so lange von einer Angreiferin mit einer originellen Angriffsmethode ausgenützt werden, solange die Eigentümerin die Sicherheitslücke des Systems nicht kennt (sie kennt die Situation nicht) bzw. nicht über die Angriffsmethode informiert ist (sie kennt das Muster nicht).
  • Bleibt noch die andere Möglichkeit, das Muster gar nicht in Umlauf zu bringen (Vgl. PayPal). Wenn sich die Situation mit den entsprechenden Anforderungen nicht ändert, ist es jedoch nur eine Frage der Zeit, bis ein ähnliches Muster gefunden wird. (Oft hört man von dem Fall, dass Entdeckungen oder Erfindungen zeitgleich an unterschiedlichen Orten stattfinden)

Ganz so einfach ist es mit der zweiten Frage also doch nicht. Daran schließt sich nämlich die Frage der Verwertbarkeit an: Ich "habe" ein Muster und suche mir Kontexte, wo es anwendbar ist. Z.B.: Die Systemtheorie versucht, ihre Terminologie, ihre spezielle Sicht auf verschiedendzr Lebensbereiche anzuwenden. Sie breitet ihren Anwendungsbereich aus. Wie wenn man das Muster des Doppelpasses plötzlich beim Tanzen interessant findet.... Ist das Re-Kontextualisierung?

Nun aber zur ersten Frage:

Was heißt: Etwas gehört mir?

Mir ist schon der Eigentumsbegriff unklar. Was sagt Locke? Locke geht davon aus, dass ganz ursprünglich jeder Mensch sich selbst gehört. Oder genauer: Mein Körper gehört mir. Ich kann mit ihm machen was ich will.

  • Ist es ein Feature von Eigentum oder von meinem Körper, dass ich mit ihm machen kann, was ich will?
  • Vermutlich ersteres. Solange mein Körper in meinem Eigentum ist, habe ich Verfügungsgewalt über ihn. Von wo aus sage ich dieses "mein" eigentlich? Wenn ich sage: "Mein Haus" dann bin da ich und da ist ein Haus. Dieses Verhältnis zwischen mir und dem Haus, das als Besitzverhältnis klassifiziert werden kann, hat viele praktische Konsequenzen: Ich werde darin eher aufräumen als in einem Haus, das nicht mir gehört. Ich werde darin eher Freunde einladen. Ich werde eher weniger dort einbrechen oder anläuten. Eigentümer eines Dings zu sein ist selbst eine Art Muster, eine Idee, die sich als brauchbar in einem Kontext herausgestellt hat und das Verhaltensweisen bündelt.
  • Ich kann weder meinen Körper noch mein Haus mit einem Klatschen in Gold verwandeln. Es hängt also nicht bloß von meinem Willen ab, was ich mit meinem Eigentum anstelle. Es gibt eine Menge von Einschränkungen. Es gibt Richtlinien von der Gesellschaft, dass ein Haus nicht bewohnt werden darf, wenn es baufällig ist - und das obwohl es mein Eigentum ist. Oder mein Körper wird gegen meinen Willen in eine Anstalt gebracht, weil die Gefahr besteht, dass "ich" den Fortbestand meines Körpers gefährden könnte.
  • Gewissermaßen geht es um gesellschaftlich legitimierte Kontrolle und Nutzung.

Locke weiter: Ich kann mit der Arbeit meines Körpers etwas mit gegebenen Dingen tun. Die Dinge verändern dadurch ihren Zustand. Sie sind nicht mehr natürlich, nicht mehr im Original- oder ALLGEMEIN-Zustand, sondern in einem gemischten Zustand. Indem ich diese Zustandsveränderung herbeiführe, gehört es mir!

  • Jedoch gibt es die Nebenbedingung, dass ich nur über jene Dinge verfügen darf, wenn ich sie gebrauchen kann, sodass sie nicht verderben. Hier geht es um die Nutzung der natürlichen Ressourcen, die Gott nach Locke der Allgemeinheit gegeben hat. "As much as any one can make use of to any advantage of life before it spoils, so much he may by his labour fix a property in: whatever is beyond this, is more than his share, and belongs to others"
  • Mit der Nebenbedingung kommt die moralische Sphäre ins Spiel, die es einer Gesellschaft ermöglicht, die Nutzung der allgemeinen Ressourcen gegenüber ihrern Mitgliedern einzufordern und ggf. zu sanktionieren. Es ist nicht geboten, alle Äpfel des Apfelbaums zu pflücken, in seinem Besitz zu halten und sie verderben zu lassen.

Zur Kernfrage: Was heißt: "Eine Idee gehört mir"? warte ich noch auf eine Eingebung. --Andyk 23:46, 3. Jun. 2010 (UTC)


Zumindest soviel ist klar: Es gibt hier drei relevante Doppeldeutigkeiten

  • greifbare Dinge und Dinge in der Vorstellung
  • Ideen als Vorstellungsdinge und Ideen als Synthese von Vorstellungen und Sachgehalten
  • Eigentum als Verfügung über eine Sache und als soziale Regelung

Wenn man nun in einen Satz wie "Eigentum über Ideen" die jeweiligen Alternativbedeutungen einsetzt, kann man zumindest das Spektrum des Problems rekonstruieren.

P.S.: Das habe ich geschrieben, bevor ich den anschließenden Beitrag gelesen habe, mit dem ich weitgehend übereinstimme.

--anna


Was heißt eine Idee gehört mir?

Diese Frage könnte man vielleicht beantworten mit: Gar nichts. Was ich damit sagen will ist, dass der Satz "Eine Idee gehört mir" zu unbestimmt ist.

Wir hatten in der Diskussion bis jetzt eine Reihe unterschiedlicher Verwendungen des Wortes "Idee":

- Ich habe die Idee, heute gehe ich Sushi essen. - Sie hat eine Idee davon, was BibTeX ist - … hatte die Idee zu einem Doppelpass - etc

Und "gehört" kann zumindest zweierlei heißen: - Ich bin im Besitz von etwas: Dh ich kann es gebrauchen - ein Werkzeug, deine Telefonnummer, … - Etwas ist mein Eigentum: Ich kann darüber verfügen, es veräußern, … Meine Berghütte im Schwarzwald, mein Lotterielos, ... es sind unterschiedliche "Rechtebündel" die wir einander unter diesen beiden titeln einräumen.

Nun kann ich manche Ideen besitzen, aber sie sind trotzdem nicht mein Eigentum - Sushi essen gehen, wissen, was BibTeX ist, einen Doppelpass spielen - andererseits kann ich über eine Idee - so die Doktrin des "geistigen Eigentums" - unter bestimmten Bedingungen auch verfügen, …

Während der Besitz von Ideen für Menschen nicht vermeidbar ist - ja vielleicht sogar das Menschsein ausmacht - und auch "ansteckend" ist (je nach dem wie gut mein Gedächtnis funktioniert kann ich Ideen zwar manchmal auch vergessen, aber meist werde ich sie nicht mehr los - einmal den Doppelpass gesehen ist er fortan in jedem Spiel dabei) ist die Behauptung des "Eigentums" an einer Idee an die Voraussetzungen einer Eigentumsfeststellung gebunden.

Wir könnten es auch so sehen: Der Satz "Diese Idee gehört mir" hat die Gestalt eines performativen Sprechaktes. Voraussetzung für sein gelingen ist meine entsprechende Kompetenz. Das eine Idee mein "Eigentum" ist, verlangt nicht nur meine Behauptung, sondern die institutionelle Bestätigung wie z.B eine (vergebührte) "Patentanmeldung". Und in dieser wurde nach den Regeln des Gesetzes verbrieft, dass mein Einfall als mein Einfall und nach gängigen Regeln als eine "Idee" gilt, weil er so etwas wie Innovation, Einmaligkeit, Werkhöhe aufweist. "Eigentum" ist an den kulturellen Kontext gebunden in dem es behauptet oder zugestanden wird, es ist ein Recht zwischen Personen, ein soziales Fakt. Und was in diesem Zusammenhang eine "Idee" sein soll auch.

Die Frage ist, ob es ausser über eine soziologische Zugangsweise überhaupt möglich ist, die Begriffe "Idee" und "Eigentum" sinnvoll so zu verbinden, sodass "Intellectual Property" herauskommt. Kant umgeht jedenfalls mit seinem Eigentumsansatz in der Frage der Unrechts des Büchernachdrucks elegant viele der Probleme, die Atta an Locke herausarbeitet indem er diese Frage vermeidet.

Die Frage, ob "Ideen schützbar sind und auch geschützt werden sollen, wie in der Diskussion zuletzt gesagt wurde erscheint mir in diesem Licht aber gesellschaftlich dringlicher: Was eigentlich soll warum vor wem oder wovor geschützt werden? Ein Beispiel war der Umweltschutz - Ideen sind so schutzwürdig wie die Umwelt: Wollen wir "Ideen" schützen wie die Schmetterlingsleichen in den Vitrinen des Naturhistorischen Museums, wie die Tiger im Zoo, wie die Bären im Nationalpark oder … ? Auch wenn - irreführend - von "gesetzlich geschützten" Ideen geredet wird, wenn Eigentum gemeint ist - die Idee eines "Eigentums an Ideen" war doch immer nur als Mittel und niemals als Zweck gedacht. (PMR)

"Schützen" heißt doch nicht Musealisieren. Tiger sind vom Aussterben bedroht. Es wird als Ziel festgelegt, dass es auf der Welt frei lebende Tiger geben soll. Darum müssen entsprechende ökologische Vorkehrungen getroffen werden. Es geht sozusagen um die Ökologie der geistigen Produktivität. --anna

Urheberrechtsschutz - ja, aber mit Augenmaß!

Die Diskussion kreist hier um Ideen und den Eigentumsbegriff im philosophischen Sinn - ein interessantes und weites Feld für Gedankenexperimente und Literaturzitate. Tendenziell zielt die Diskussion darauf ab, dass für Ideen nicht der selbe Eigentumsbegriff gelten soll wie für materielles Eigentum (wobei auch dieses keinesfalls unumstritten ist).

Ich stimme mit dieser Tendenz vollständig überein - niemand möchte in einer Welt leben, in der Ideen, Verhaltensmuster, Methoden etc. so radikal „geschützt“ sind, dass niemand anderer als der Eigentümer sie v e r w e n d e n darf.

Darum geht es aber im Urheberrecht gar nicht. Worauf die Urheberrechtsgesetzgebung abzielt ist nicht die V e r w e n d u n g, sondern die V e r w e r t u n g im Sinn einer kommerziellen Nutzung einer Idee oder eines Verfahrens, und das scheint mir doch ein gewaltiger Unterschied sein! „Free Riding“, wie es in China seit Jahrzehnten üblich war, hat dramatische wirtschaftliche Konsequenzen, die zunächst zum Vorteil von China und zum Nachteil des Westens waren, aber auch hier zeigt sich ein Umdenken und aus guten Gründen beginnt die Idee des Patentschutzes auch dort langsam Fuß zu fassen, weil man draufgekommen ist, dass Innovation vorteilhaft ist, dass sie aber nur dort stattfindet, wo Ideen auch schützbar sind.

Die philosophische Diskussion ist wichtig und notwendig, um den Gesetzgebern des Urheberrechts Richtlinien und Schranken vorzugeben nach dem Motto „soviel Rechtsschutz wie notwendig“, um Kreativität, Innovation und Entwicklungsarbeit zu fördern und fair zu belohnen und um die Deckung der Anlaufkosten neuer Verfahren und Produkte zu ermöglichen.

Es geht also um die von Lemley erwähnten, bereits praktizierten Einschränkungen des Schutzes von Ideen, wie zeitliche Limitierung, Beschränkung des Anwendungsbereiches und Werkhöhe. Das sind die Stellschrauben, an denen mit Augenmaß und Weitblick - und möglichst auch philosophischer Fundierung - gedreht werden muss, um der Welt zu nutzen und nicht zu schaden. Bestrebungen in Richtung der stetigen Lockerung dieser Restriktionen muss Enhalt geboten werden, eine totale Ablehnung eines urheberrechtlichen Schutzes scheint mir aber eine überzogene Forderung zu sein, für die sich auch kaum eine philosophische Rechtfertigung findet. --Karl-Heinz 14:27, 12. Jun. 2010 (UTC)

Ergänzend noch § 1 des österrreichischen Patentgesetzes 1970:
I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN, Patentierbare Erfindungen
§ 1. (1) Für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik werden, sofern sie neu sind (§ 3), sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag Patente erteilt.--Karl-Heinz 15:08, 13. Jun. 2010 (UTC)