Benutzer:Andyk/Mitschriften/Projekttagebuch: Unterschied zwischen den Versionen

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Es gibt folgende Typen von Regeln, die für auf eine bestimmte Aktion Bezug nehmen (die Liste ist nach Priorität geordnet):
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* '''BEFORE''': Hier kann man gut Ergänzungen für Standard-Regeln unterbringen
 
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* '''Erfolg oder Misserfolg der Regel''': <Continue the Action|Stop the Action> und unter welcher Bedingung?
 
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* <todo>Die Elementspezifikationen in übersichtliche Tabellen schreiben</todo>
 
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Version vom 16. März 2009, 01:21 Uhr

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Session 1 ( 09.02.2009 )

Ich habe vor, an dieser Stelle so etwas wie ein Projekttagebuch zu führen, das die Ideen, die mir beim Lesen der Bücher 3,4 und 5 kommen, kommentiert (Selbst-Dokumentation). Einzelne inhaltliche Ergebnisse (wie z.B. Inform7Code oder Analyseergebnisse, Storyboard-Ideen, Raumgestaltungen, etc.) werde ich dann nochmals explizit und pointierter an anderer Stelle verlinken, sodass man sich nicht durch das Tagebuch wälzen muss. Wer will – ich denke, dass es sinnvoll ist - kann sich an dieser Unternehmung beteiligen; kommentieren, kritisieren, erläutern. Wenn nur ein Kopf denkt, passiert es unter Umständen, dass man sich irgendwohin verfährt – und ein Vorzug unseres Projektes (also einer Kooperation) soll es ja sein, so etwas zu verhindern.

Vorbemerkungen, Zielsetzung

Bevor ich zu lesen beginne, sollte ich mir im Klaren werden, in welche Richtung ich lesen soll – also worauf ich achten soll. Als ich die besagten Bücher das erste Mal gelesen habe, hat sich bei mir auf jeden Fall so etwas wie ein elementartiger Aufbau des Staates eröffnet, der für eine objektorientierte Analyse, wie wir sie für Inform7 gut gebrauchen können, geeignet scheint. Es wird – das wurde schon angemerkt - sehr konkret beschrieben, wie der Staat auszusehen hat, wer welche Aufgaben hat, etc. Beim Lesen möchte ich mal überwiegend bei Platons Gedankenexperiment bleiben und den Gegenwartsbezug - den wir diskutiert haben und den ich auch für sinnvoll erachte - auf später verschieben, da ich fürchte, dass es beim Lesen zu sehr ablenken könnte, es sei denn, es gibt eine penetrante Assoziation, dann werde ich das kurz anmerken. Ich werde bei Motivation und Gelegenheit ein kleines Exzerpt des Buches „Methoden der objektorientierten Systemanalyse“ von Heide Balzert anfertigen, wo es darum geht, wie man die richtigen Klassen (in Inform: Kinds) und Attribute (in Inform: Kind of values) findet; einfach gesagt handelt es sich um eine Methode zur Analyse eines prosa-artigen Textes (wie z.B. eines Pflichtenhefts oder in unserem Fall eines Platon-Werks).

Wo anfangen?

Wollte eigentlich mit Buch 3 anfangen, aber irgendwie hat sich mir der Gedanke ergeben, dass man noch weiter vorne zu analysieren beginnen müsste. Deshalb bin ich nochmal zu Buch 2 und der Gyges-Stelle zurückgegangen. Die Motivation, warum Glaukon das vorschlägt ist ja, dass er beweisen will, dass man nur gerecht handelt, wenn man nicht anders kann. Wenn man freigestellt ist und nicht mit Konsequenzen rechnen muss, dann tut man Unrecht. Und was dann ab 360e kommt ist eigentlich Objektorientierung in Reinform. Glaukon geht von zwei Klassen/Konzepte „Gerechter“ und „Ungerechter“ aus wie von zwei Tierarten (Katze und Maus) – beide verhalten sich völlig anders und haben auch ganz andere Eigenschaften. Wir stellen „jeden als vollendet in seiner Art hin“. Hier werde ich wahrscheinlich das nächste Mal beginnen, ein paar Merkmale von Glaukons Modellierung Gerechter/Ungerechter zu explizieren.--Andyk 01:10, 13. Feb. 2009 (CET)

„Der Gipfel der Ungerechtigkeit ist es, gerecht zu scheinen, ohne es zu sein.“

Session 2: Sein und Schein ( 22.02.2009 )

Nun hab ich endlich Zeit gefunden, ein paar meiner Notizen von letzter Woche zu digitalisieren. Das letzte Mal habe ich bemerkt, dass Glaukon die beiden Personen Gerechter und Ungerechter ganz genau auseinanderdividiert und dass sich das ganz gut mit Objektorientierter Modellierung verbinden lässt. Ich habe versucht, in einer kleinen Inform7-Implementierung und parallel dazu allgemein anhand eines Klassendiagramms wichtige Teile von dieser Gegenüberstellung von Gerechtem und Ungerechtem zu modellieren. Diese Gegenüberstellung ist von Glaukon genau so konstruiert, dass es darauf hinausläuft, dass man nur aus Zwang gerecht handelt. Ein wichtiges Werkzeug, damit diese Konsequenz aufgeht, ist die Unterscheidung von Sein und Schein.

  • Eine ideale Gerechte Person IST gerecht, und muss auch, wenn sie den Leuten ungerecht erscheint, gerecht handeln. (Wobei ich mich frage, wie man ganz persönlich wissen kann, was gerecht IST, wenn man bei jeder gerechten Handlung eine auf den Deckel bekommt, weil die gerechte Handlung dem Anschein nach ungerecht ist. Das führt wohl bereits hin zur Rolle der Erziehung und der sozialen Verstrickungen.)
  • Eine ideale ungerechte Person vollzieht ihre ungerechten Taten derart, dass man ihr nie draufkommt, dass die Taten "in Wirklichkeit" ungerecht sind, was zur Folge hat, dass auch sie selbst von 'den Leuten' als gerecht gesehen wird. Durch Rhetorik, Tapferkeit, Beziehungen baut sie den Schein der Gerechtigkeit auf. Falls sie einmal einen Fehler begeht, helfen ihr diese Fähigkeiten, ihn auszubalanzieren.
  • Ich habe auch noch 'die Leute' modelliert, denn man kann sich fragen, welcher Gerechtigkeitsstatus denen zukommt. Ich habe die Entscheidung getroffen, dass ihre Erscheinung 'neutral' ist (sozusagen: die graue Masse, die nicht besonders auffällt) und dass ihr Sein 'unentschieden' ist. Diese Leute sollte man nicht als eigenständige Personen sehen, sondern eher als die Vorstellung die man sich selbst als Antwort auf die Frage 'Wie könnte man meine Handlung beurteilen?' gibt. In der Glaukon-Argumentation ist das jedenfalls nicht so im Vordergrund, aber IMHO eine wichtige Frage. Denn wenn diejenigen, die den Gerechtigkeitsstatus beurteilen (den Ungerechten loben und den Gerechten Foltern, Fesseln und Kreuzigen), alle gerechte Leute sind, dann müssten sie wissen, dass gerechte Handlungen nicht immer gerecht erscheinen. Und wenn sie ungerechte Leute sind, kann man sich auf ihr Urteil nicht verlassen, da es ihnen nicht um den Gerechtigkeitsstatus der Handlung geht, sondern darum, welche Vorteile eine bestimmte Beurteilung für sie selbst bringt.

Wenn man 'Hochbegabt an Leib und Seele' ist, warum sollte man ungerecht sein?

  • Diese Trennung von Gerechter und Ungerechter hat den Sinn, dass man sie am Ende einander gegenüberstellen kann: "[...] dann sollen sie beurteilt werden, wer der glücklichere ist."
  • Wenn man sich durchliest, was der Ungerechte so alles vollbringen soll dann wünsch ich mir schon rein aus Faulheit bzw. weil es zu stressig ist, nicht ungerecht zu sein. Ein Anforderungsbeispiel, das eine ideale ungerechte Person erfüllen muss:
    • Sie muss das Durchführbare sogut wie immer vom Undurchführbaren auseinanderhalten. Das geht nicht. Wenn sie Fehler macht, hat sie zwar ihre Redekunst und ihre Beziehungen, ihre körperliche Kraft und das ungerecht verdiente Geld zur Hilfe, aber die Fehler dürfen nicht zu häufig sein, denn sonst wird der Schein bald löchrig. Das dürfte ein ungeheurer Druck sein, dem man ausgesetzt ist.
  • Das Problem, dass man in Inform7 durch überlagerte Szenarios deutlich machen könnte ist, dass es zu anstrengend ist ungerecht zu sein, da man Fehler macht und dass Ehrlichkeit (im Schein das Sein durchblicken lassen --> Transparenz) auch für sich selbst vorteilhaft ist, weil man nicht so streng auf die Konsistenz der Mauer des Scheins zu achten braucht.
  • Das ist nur so eine Idee, die von der Rezeption wegführt. Bis jetzt habe ich eher die Glaukon-Idee, dass der Ungerechte immer belohnt wird, in Inform7 integriert.

Inform7-Implementierungsentwurf

Klassendiagramm über wichtige Stellen von Glaukons Argumentation
  • Ich habe im Probegalopp-SVN-Verzeichnis das Modell, das ich allgemein in Form eines Klassendiagramms dargestellt habe, versucht in Inform7 zu implementieren. Das Ganze ist noch nicht sehr anspruchsvoll und hat keine Handlung. Ein paar Bemerkungen dazu:
  • Es gibt einen Status der Gerechtigkeit, der einen der folgenden Werte annehmen kann: gerecht, ungerecht, unentschieden, neutral.
  • Jeder Mensch kann charakterisiert werden durch sein Sein und durch seinen Schein. Sein und Schein sind jeweils Stati der Gerechtigkeit.
  • Die Gruppe der Menschen kann in Untergruppen aufgespalten werden: Gerechte, Ungerechte und Neutrale ('die Leute').
  • Mensch ('human') soll in diesem Framework statt dem Inform7-Konzept 'person' verwendet werden.
  • Handlungen können gerecht oder ungerecht sein (als kinds of actions modelliert). Man kann mit einer Zuweisung der folgenden Art bestimmen, um welche Art von Handlung es sich handelt:
Attacking is unjust action.
Kissing is just action.
  • Es gibt nun 4 Kombinationen, die auftreten können, wenn ein Mensch eine Handlung vollzieht:
    • Gerechter Mensch --> Gerechte Handlung:
    • Gerechter Mensch --> Ungerechte Handlung
    • Ungerechter Mensch --> Ungerechte Handlung
    • Ungerechter Mensch --> Gerechte Handlung
  • Die Logik der von mir modellierten Welt verhindert, dass ein Gerechter Mensch ungerechte Handlungen vollzieht und ein ungerechter Mensch gerechte Handlungen. (Details siehe Inform7-Code)
  • In jedem Menschen ist ein Zähler integriert, der zählt, wieviele gerechte respektive ungerechte Handlungen versucht bzw. durchgeführt worden sind (Das könnte einem am Ende vor die Nase gehalten werden)
  • Interessant finde ich, dass die Kapselung des Seins gegenüber dem Schein IMHO genau der Kapselung von privaten und öffentlichen Variablen in der Objektorientierten Programmierung entspricht. Im Klassendiagramm habe ich das folgendermaßen angedeutet:
    • sowohl Being als auch Appearance sind private Variablen. Das deutet das Zeichen '-' üblicherweise an.
    • die öffentliche Funktion getAppearance bedeutet, dass jede andere Klasse (also jeder andere Mensch zum Beispiel) die Erscheinung ansehen kann. (öffentliche Variablen oder Funktionen werden mit dem vorangehenden Zeichen '+' angedeutet)
    • da es keine getBeing-Funktion gibt, weiß niemand (außer die Programmierer) ob dieser Mensch seinem Wesen nach ein gerechter oder ein ungerechter Mensch ist (niemand würde eine Änderung der privaten Variable Sein direkt bemerken - es sei denn, dass sie in der Funktion getAppearance irgendwie verwendet würde).
    • Man hat hier also genau die Unterscheidung zwischen öffentlicher Fassade und geheimer, interner Programmlogik (wie plausibel das in unserer Welt ist, ist eine andere Frage, aber sowohl bei diesen Platon-Stellen als auch in der Objektorientierten Welt kann ich diese Struktur erkennen).
  • Was sich aus diesem Framework machen ließe:
    • Zunächst wählt die Spielerin, was sie gerne SEIN würde (welche Auswirkungen das auf ihre Erscheinung hat, lässt man im Unklaren)
    • Nun wird die Spielerin vor bestimmte Probleme gestellt, die sie lösen muss (wobei die Regeln der Welt gelten, dass gerechte Personen nur gerecht handeln können und vice versa mutatis mutandis; der Versuch wird mitgezählt)
    • Entsprechend Glaukon muss ein gerechter Mensch auf jeden Fall getötet werden und ein ungerechter muss das Spiel auf jeden Fall gewinnen.
    • Man könnte ab einer bestimmten Anzahl an Versuchen, entgegen seinem Sein zu handeln, das Sein der Spielerin verändern (von Gerecht auf Ungerecht und vice versa). Auch das könnte man mitzählen (nicht implementiert).
    • Das wäre ein kleines Motivationsspiel für die Frage der Gerechtigkeit, die dann im Staat mit dem Aspekt der Erziehung und der Gemeinschaft beleuchtet wird.

'einen Staat in einem Denkentwurf entstehen lassen' [369a]

Im Folgenden ein paar Überlegungen und Aspekte, die mir im zweiten Buch bei der Entstehung des Staates (ab ca. 369a) aufgefallen sind:

  • 369b: ein Staat entsteht, weil keiner von uns auf sich allein gestellt sein kann, sondern vieler anderer bedarf.
    • Eine Stelle, dir mir interessant erscheint: "da sie [die Leute] vielerlei Bedürfnisse haben, so lassen wir viele in einer Siedlung als Mitbürger und Helfer zusammenkommen; dieser Siedlungsgemeinschaft geben wir den Namen Staat". Und ein paar Zeilen später: "Nun wollen wir in Gedanken einen Staat von Anfang an entstehen lassen. Es schafft ihn aber, so glaube ich, unsere eigene Bedürftigkeit!"
    • Wie kann man das <Es schafft ihn aber unsere eigene Bedürftigkeit> verstehen? Vielleicht so? Die ganze Staatskonzeption passiert nicht zum Spaß, sondern aufgrund der Notwendigkeit heraus, dass solche Zweckgemeinschaften selbst einer gewissen Struktur bedürftig sind.

Ansatz für unser Projekt

  • Zu Spielbeginn sind wir mit einer Art Reiseführer oder Erzähler konfrontiert, der die Spielerin zunächst in die Glaukon/Adeimantos-Welt (vgl. Implementierungsentwurf oben) teleportiert. Das ist eine ganz simple Welt mit wenigen Gesetzen und ohne staatlicher Struktur, die von der folgenden Grundüberlegung ausgeht:
    • wie willst du das Beste aus deinem Leben machen? Warum glaubst du, bist du überhaupt hier? du glaubst, du kannst entspannen bei einer gemütlichen Interactive Fiction? weit gefehlt. Du bekommst die einmalige Chance, dein Leben neu anzufangen. Mach das Beste daraus; Viel Spaß.
    • Dann könnte man im oben beschriebenen Setting erste aufgaben bekommen (vielleicht auch Aufgaben, die alleine nicht zu lösen sind, die man nur im Zusammenhang eines Staates lösen kann - was eine gute Überleitung zur Welt des Staats sein könnte)
  • Solche Reiseführer oder Erzähler kenne ich aus den typischen 2D-Adventures. Meistens stellt sich bei solchen Spielen heraus, dass dieser Reiseführer / der Erzähler eng mit dem Plot verflochten ist, d.h. die Spielerin deswegen gerufen hat, weil er in ärgsten Schwierigkeiten steckt.
  • Und ist es nicht so? ;) Wir wollen doch tatsächlich durch dieses Projekt etwas herausfinden, was uns Platons Konzept der Gerechtigkeit im Rahmen der Staatskonzeption besser verstehen lässtt?
  • Zunächst liegt es an uns, dass wir durch die Entwicklung der Rahmengeschichte tatsächlich ein paar Schritte in dieser Frage weiterkommen, denn Geschichten und den Inform-7-Code muss man schreiben, sonst hat die Spielerin keine Möglichkeit, zu spielen.
  • Für die Spielentwicklung ist die Spielerin also ein Platzhalter, der - wenn das Spiel zu Ende ist - in den Plot vollständig integriert ist (der Platzhalter wurde also im Laufe des Spiels allmählich immer mehr bestimmt) zumindest hab ich das bei den Adventures, die ich gespielt habe (Monkey Island, Indiana Jones, Sam'n'Max, Simon the Sorcerer,...) so erlebt.
  • Dieser sich allmählich bestimmende Platzhalter hat im Entwicklungsprozess eine wichtie Rolle: Durch ihn ist man gezwungen, Entscheidungen im Handlungsverlauf und im Weltenbau zu treffen, sodass die Spielerin, die prinzipiell jede(r) sein kann, ...
    • den Sinn der Geschichte versteht
    • weiß, was sie für eine Rolle in der Handlung einnimt
    • weiß, wie sie prinzipiell ihre Aufgaben erfüllen kann, um in der Geschichte weiterzukommen
    • Spaß dabei hat und etwas daraus lernt.

Ausblick: Was mich noch interessiert

  • Möchte mir die Code-Beispiele, die vor allem von H.A.L gemacht wurden, noch genau anschauen.
  • Ein paar Texte über die theoretischen Ansätze der Interaktivität begutachten
  • Ein bisschen mehr mit Inform7 machen. Ich komm mir bei dieser Art von Programmierung immer noch ein bisschen Fehl am Platz vor. Der Ansatz der natürlichen Sprache ist eine Sache, doch auf der anderen Seite kann man zum Beispiel von der Klasse 'object' nicht direkt ableiten, sondern muss 'thing' verwendet, um die vorgegebenen Strukturen einer Interactive Fiction nicht durcheinanderzubringen. Ganz wohl fühle ich mich jedenfalls noch nicht mit Inform7.--Andyk 18:09, 22. Feb. 2009 (CET)

Session 3: Objektorienterte Analyse ( 24.02.2009 )

Motivation für diese Session

Ich möchte in diesser Session von dem in Session1 erwähnten Buch v. Helmut Balzert „Methoden der objektorientierten Systemanalyse“ eine Darstellung in Hinblick auf unsere gemeinsame Arbeit versuchen und darüber hinaus eine Rahmenstruktur vorschlagen, die wir beim Lesen von Platons „Der Staat“ für das Erarbeiten der Inform7-Welt verwenden können.


Ich mache das vor dem Hintergrund des folgenden Problems: Wenn wir die zentralen Stellen in Plaons „Der Staat“ lesen, wo es um die Frage geht: „Wie kann ein idealer Staat aussehen?“ dann können wir daran etwas verstehen und jeder wird sein Verständnis in einer anderen Art und Weise zum Ausdruck bringen. Da wir jedoch trotz des natürlichsprachigen Ansatzes von Inform7 mit einer Programmiersprache arbeiten müssen, sollten wir unser Verständnis so ausdrücken, dass zwei Punkte erfüllt sind:
  • Wir (jede Teilnehmerin unseres Projekts) können anhand der Ausdrücke nachvolllziehen, worum es geht
  • die Ausdrücke können ohne großem Interpretationsaufwand von den Teilnehmerinnen, die für die Inform7-Implementierung zuständig sind, in Inform7-Code umgesetzt werden. Man soll während der Implementierung nicht mehr überlegen müssen, wie das jetzt gemeint ist – denn das sollte in der vorherigen Phase schon passiert sein und würde die ganze vorherige Interpretations- und Modellierungsabeit wieder zunichte machen. Das zwingt uns außerdem auch, so konkret wie notwendig die einzelnen Ausgestaltungen unseres platonischen Staates zu entwerfen.

Genau zu diesem Zweck bietet sich Objektorientierte Analyse an. Es wird jedoch in dieser verkürzten informatischen Terminologie kaum eine Philosophin mit dieser Art von Ausdrücken vertraut sein, weshalb ich nun versuchen will, die wichtigsten Notationselemente und Begriffe kurz zu erklären und gleich mit der Notation, wie sie in Inform7 verwendet wird, zu verbinden.

Objekt (Inform7: thing)

  • [Balzert, S.31-36]
Definition

Ein Objekt „ist [..] ein Gegenstand des Interesses, insbesondere einer Beobachtung, Untersuchung oder Messung.“

Beispiele
  • Dinge ( ein ganz bestimmter Opel Manta, ein Ring, der Hörsaal 3D, die Stadt Wien)
  • Personen ( Gyges, Adeimantos, Sokrates, der da drüben mit der roten Haube )
  • Begriffe ( eine bestimmte Gerechtigkeit, eine bestimmte Krankheit, eine bestimmte Besonnenheit)
Merkmale
  • Ein Objekt ist ein konkretes Einzelding, wobei es vom Abstraktionsgrad abhängt, was man unter Einzelding verstehen will.
  • „In der objektorienterten Softwareentwicklung besitzt ein Objekt bestimmte Eigenschaften und reagiert mit einem definierten Verhalten auf seine Umgebung.“
„Die Eigenschaften eines Objektes werden durch dessen Attributwerte ausgedrückt“
Das Verhalten des Objekts wird „durch eine Menge von Operationen (Funktionen) ausgedrückt“
  • „Außerdem besitzt jedes Objekt eine bestimmte Identiät, die es von allen anderen Objekten unterscheidet.“ „Objektidentität bedeutet, daß alle Objekte aufgrund ihrer Existenz unterscheidbar sind, auch dann wenn sie zufällig identische Attributwerte besitzen. Die Identität eines Objekts kann sich nicht ändern.“

Klasse (Inform7: Kind of)

  • [Balzert, S.36-46]

Man kann Objekte besser verstehen, wenn man ähnliche von ihnen zu einer Gruppe zusammenfasst und sagt: Objekte, die diese Eigenschaften (Attribute) und diese Funktionen (Operationen) haben, sind alle von der Art/Klasse „Mensch“. Man klassifiziert alle Objekte eines bestimmten Ausschnittes der Welt (das ist so etwas Ähnliches wie die bei Aristoteles bekannte Ontologie).

In der Softwareentwicklung kehrt man diesen Prozess ein wenig um und sagt: Ausgehend von dieser Klasse (die diese Attribute und jene Operationen hat) leiten sich Objekte ab, bei denen Attribute einen konkreten Wert haben (zum Beispiel: das Attribut 'Alter' hat den Wert '23') und Operationen unter Umständen die Attribute des Objekts verändern können (dazu genauer etwas später).

Definition

„Eine Klasse beschreibt eine Kollektion von Objekten mit gleichen Eigenschaften (Attribute), gemeinsamer Funktionalität (Operationen), gemeinsamen Beziehungen zu anderen Objekten und gemeinsamer Semantik. Ferner legt die Klasse fest, wie neue Objekte dieser Klasse erzeugt werden. Eine Klasse definiert also die Eigenschaften und das Verhalten ihrer Objekte.“

Beispiel (von der Betrachtung der Einzeldinge zur Klassifikation)

Ich betrachte das Ding zu meiner Linken. Es ist gelb. Es steht darauf geschrieben „Platon. Der Staat. Reclam“. Dieses Ding ist aus Papier. Man kann es aufschlagen. Wenn man es aufschlägt, finden sich, symmetrisch aufgeteilt gedruckte Sätze. Im linken Bereich des Dings findet sich links oben eine Zahl. Im rechten Bereich findet sich rechts oben eine Zahl, die um 1 größer ist als die Zahl im linken Bereich. Es stellt sich heraus, dass die Bereiche fortlaufend durchnummeriert sind.

Ich betrachte das Ding zu meiner Rechten. Es ist blau. Es steht darauf geschrieben „Heide Balzert. Medhoden der objektorientierten Systemanalyse. Angewandte Informatik. Herausgegeben von Helmut Balzert.“. Dieses Ding ist ebenfalls aus Papier und man kann es aufschlagen. Die Nummerierung der Bereiche ist ähnlich wie bei dem gelben Ding.

Das Ding links, ich nenne es „gelbSchlag“, hat nach meiner obigen Betrachtung folgende Eigenschaften:

  • Farbe: gelb
  • Material: Papier
  • Inhalt: gedruckte Sätze, nummeriert

Man kann folgende Dinge mit „gelbSchlag“ durchführen:

  • Aufschlagen
  • Weiterblättern

Das Ding rechts, ich nenne es „blauSchlag“, hat demnach folgende Eigenschaften:

  • Farbe: blau
  • Material: Papier
  • Inhalt: gedruckte Sätze, nummeriert

Folgende Dinge kann man mit „blauSchlag“ durchführen:

  • Aufschlagen
  • Weiterblättern

Es scheint so, als ob es zwischen diesen beiden Dingen eine Ähnlichkeit geben würde. Beide Dinge haben eine Farbe, sind aus dem Material „Papier“ und ihr Inhalt ist „gedruckte Sätze, nummeriert“. Beide kann man Aufschlagen und Weiterblättern. Von nun an gehören diese beiden und alle Dinge, die solche Eigenschaften und Operationen aufweisen, zur Klasse „Buch“.

Ich habe versucht, die obige in Sprache verfasste Analyse der beiden Bücher in Inform7 unterzubringen. (vgl. weiter unten )

Attribut (Inform7: Properties / Kind of Value)

  • [Balzert S.46-53]
Definition

„Die Attribute beschreiben die Daten bzw. die Eigenschaften einer Klasse. Alle Objekte einer Klasse besitzen dieselben Attribute, doch unterschiedliche Attributwerte.“

Beispiel
  • Wir haben oben die Klasse Bücher gefunden. Typische Attribute, die ich in der obigen Analyse beschrieben habe, sind: Buchtitel, Farbe und Material.
  • In Inform7 definiert man Attribute mit <kind> has a <kind of value> called <Attributname>. Zusätzlich muss man angeben, welche Werte diese Attribute annehmen können (Werte-Bereich alias Kind of Value). Standard-Wertebereiche sind 'text' oder 'numbers'. Falls man neue definieren will, muss man einen neuen Kind of Value definieren (unten im Beispiel bei side geschehen.
Merkmale
  • „Der Attributname muss im Kontext der Klasse eindeutig sein.“
  • „Im allgemeinen wird ein Substantiv dafür verwendet“. (die Farbe, der Titel,...)
  • Bei reiner Objektorientierung (bei Inform ist das nicht der Fall) dürfen die Attribute nur überc die Operationen der Klasse geändert werden. „Die Attribute sind zwar sichtbar für den Systemanalytiker, aber nicht sichtbar für andere Klassen bzw. deren Objekte.“ (Dieses Konzept nennt man auch Information Hiding)

Operation (Inform7: ungefähr Action)

  • [Balzert S.53-60]
Definition

„Operationen beschreiben die Funktionalität eines Objekts. Eine Operation ist eine ausführbare Tätigkeit im Sinne einer Funktion bzw. eines Algorithmus. Sie kommuniziert mit anderen Objekten über Ein-/Ausgabe-Parameter.[...]Operationen werden jeweils auf ein einzelnes Objekt angewandt.“

Beispiele
  • Wir haben oben die Beiden Operationen „Aufschlagen“ und „Weiterblättern“ gefunden (wobei wir davon ausgegangen sind, dass wir wissen, was beim Aufschlagen und Weiterblättern mit dem Buch passiert.
Merkmale
  • In Inform7 gibt es dieses Konzept meines Wissens nach nicht in dem genauen Sinn, da man bestimmte 'actions' auch dazu verwenden kann, 'properties' von anderen 'things' (Objekten) verändern kann. Anders gesagt: Man kann die 'actions' nicht einem 'thing' zurechnen – die actions in Inform7 bestehen eigenständig neben den Dingen in der Welt.

Beispiel, wie man das in Inform7 implementiern könnte

Verfügbar im Probegalopp-SVN-Verzeichnis

Kinds und Kind of Values

  • Buch-Definition:
    • Über einen Umweg: Ein Buch ist ein Gerät.

<source lang="inform">A book is a kind of device. A book has a text called title. The title of a book is usually "". A book has a text called color. The color of a book is usually "gray". A book has a text called material. The material of a book is usually "paper". A book has a text called content. The content of a book is usually "sentences and page numbers". The description of a book is "A [color] book[if title of the noun is empty] [otherwise] named [italic type][title][roman type][end if]. It is made of [material]. There are [italic type][content][roman type] in it. [if the noun is switched on]The book is open and I can see [a list of pages which are part of the noun].[end if]".</source>

  • Ein Buch hat zwei Seiten (eine linke und eine rechte)

<source lang="inform">The side is a kind of value. The plural of side is sides. The sides are left and right and none. A page is a kind of thing. A page has a side called page side. The page side of a page is usually none. A page has a number variable called page number. The page number is usually 1. A page has a text variable called text. The text of a page is usually "[one of]The quick brown fox jumps over the lazy dog[or] Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern[or] kaufen sie jede woche vier gute bequeme pelze[or] ein wackerer bayer vertilgt jeden tag bequem zwo pfund schweinshaxe[or] karl mays pferdevieh sagt jawohl zur quellnixe am bach[or] zwölf süße boxkämpfer jagten quer durch vinyl[or] falsches üben von xylophonmusik quält jeden größeren zwerg.[or] Bei jedem klugen Wort von Sokrates rief Xanthippe zynisch: Quatsch! [or]Bei jedem klugen Wort von Sokrates rief Xanthippe zynisch: Quatsch![purely at random]".

The description of a page is "This is a [page side] page with page number [page number]. It is written: [italic type][text][roman type]". A left page is a kind of page. A right page is a kind of page. The page side of a left page is left. The page number of a left page is usually 1. The page side of a right page is right. The page number of a right page is usually 2. [Two pages are parts of every book.] A left page is part of every book. A right page is part of every book. </source>

Actions

  • Benutzereingaben mit Aktionen verknüpfen:

<source lang="inform">Understand "browse [something]" as browsing. Understand "open [book]" as switching on. Understand "read [something]" as reading.</source>

Lesen

<source lang="inform">Reading is an action applying to one visible thing.

Check reading: if the noun is not a book then say "I cannot read [the noun]. Maybe you should try a book!?" instead; if the noun is not switched on begin; say "(first opening [the noun])[command clarification break]"; try switching on the noun; end if.

Carry out reading: Let L be the list of pages which are part of the noun; repeat with item running through L begin; say "At [page side of item] page (#[page number of item]):[line break] [italic type][text of item][roman type][paragraph break]"; end repeat.

Report reading: say "To read more, I have to browse.".</source>

Weiterblättern

<source lang="inform">Browsing is an action applying to one visible thing.

Check browsing: if the noun is not a book then say "I cannot browse through [the noun]. Maybe you should try a book!?" instead; if the noun is not switched on begin; say "(first opening [the noun])[command clarification break]"; try switching on the noun; end if.

Carry out browsing: pageswitch the noun.

Report browsing: say "I switched to the next page".

To pageswitch (whatever - a book): if whatever is not a book then say "[printed name of the noun] is not a book."; Let L be the list of pages which are part of the noun; repeat with item running through L: increase the page number of item by 2.</source>

Test-Welt

  • Zwei Bücher in einem Hauus
  • Die Wand ist nur eine Spielerei

<source lang="inform">The house is a room.

The wall is a backdrop. The wall is everywhere. The description of the wall is "[one of]This wall is from Pink Floyd.[or] Impenetrable.[purely at random]".

The yellowBrowser is a book in the house. The color of the yellowBrowser is "yellow". The title of the yellowBrowser is "Platons Politeia".

The blueBrowser is a book in the house. The color of the blueBrowser is "blue". The title of the blueBrowser is "Helmut Balzert: methods of object-oriented system analysis".</source>

Test-Kommandos

  • Platon oder Balzert lesen

<source lang="inform">test readPlaton with "x yellowBrowser / open yellowBrowser / x yellowBrowser / read yellowBrowser / browse yellowBrowser / read yellowBrowser / browse yellowBrowser / read yellowBrowser"

test readBalzert with "x blueBrowser / browse blueBrowser / open blueBrowser / x blueBrowser / read browser / browse blueBrowser / browse blueBrowser / x blueBrowser / read blueBrowser".</source>

Zusammenfassung und Ausblick

Anbei eine kleine Tabelle, die zusammenfassen soll, was für Objektorientierung typisch ist:

Konzept Inform7-Entsprechung Erklärung Beispiel Kommentar
Objekt thing einzelner Gegenstand des Interesses das gelbe Platon-Buch
Klasse kind beschreibt die Menge von Objekten mit gemeinsamen Attributen und Operationen Buch
Attribut property + kind of value beschreibt eine Eigenschaft einer Klasse Buchtitel Beim konkreten Objekt wird jedem Attribut ein Wert aus dem in der Klasse definierten Wertebereich zugewiesen.
Operation ~Action oder
"To ..."-Phrasen
Ausführbare Tätigkeit im Sinn einer Funktion oder eines Algorithmus Weiterblättern In Inform7 nicht innerhalb der Objekte, sondern eigenständig (in der Luft hängend) zu definieren. Besser ist IMHO zu sagen, dass es kein wirkliches Äquivalent zu Operationen in Inform7 gibt.
  • Anmerkung: Wie sich das gesamte Objektorientierte Konzept zu dem 'rules' in Inform7 verhält, muss noch eigens erörtert werden (da ich die 'rules' noch nicht ganz verstanden habe).

Nachdem die grundlegendsten Elemente und Begriffe der Objektorientierung nun erklärt sind und mir der Zusammenhang bzw. die Unterschiede mit Inform7 durch die Buch-Implementierung ein bisschen deutlicher geworden sind, kann es jetzt endlich darum gehen, die Vorschläge aus dem Balzert-Buch zusammenzufassen. Nämlich: Wie soll man am Besten vorgehen, um Objekte zu analysieren? Was mir jetzt etwas klarer geworden ist, ist das Problem, dass wir dadurch, dass Inform7 sich nicht ausschließlich an objektorientierte Konzepte hält sondern durch 'actions' und 'rules' aus der Reihe fällt, die Vorschläge aus dem Buch sicher nicht alle ohne Änderungen übernehmen können.

Session 4: Einschub: Inform7 vs. Standard-Programmiersprachen ( 26.02. - 03.03.2009 )

Um die Übersicht zu wahren, verlinke ich diese Session auf eine eigene Seite. Sie kann relativ unabhängig von den anderen Überlegungen verstanden werden, da es hauptsächlich um eine technische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten von Inform7 geht.

Session 5: Rahmenstruktur (11.03.2009)

Motivation für diese Session

Nachdem die Technischen Auseinandersetzungen mir einen Überblick über die Möglichkeiten von I7 gegeben haben, ist es nun höchste Zeit, mit meinem Vorhaben fortzufahren. Ich wollte nämlich bereits in Session 3 „eine Rahmenstruktur vorschlagen, die wir beim Lesen von Platons „Der Staat“ für das Erarbeiten der Inform7-Welt verwenden können“. Die Vorarbeiten dazu sind geschehen und beantworten folgende zwei Fragen:

  1. Was sind objektorientierte Konzepte und inwieweit kann man sie auf I7 übertragen? (Session 3)
  2. Welche anderen Konzepte werden in I7 sonst noch verwendet und was kann man mit ihnen machen? (Technische Auseinandersetzungen)


Ich finde es sinnvoll, sich noch einmal einen Überblick über die in I7 verwendeten Konzepte zu machen, um dann mit diesem Überblick das eigentliche Ziel in diesem Projekt anzugehen: Lektüre und Diskussion der platonischen Staatskonzeption sowie paralleler und anschließender Umsetzung in I7. Version1 der Rahmenstruktur wird sich zeitlich wohl ganz gut mit der ersten Seminar-Einheit ausgehen.


Man könnte sich über die vielen einleitenden Sessions (das ist nun schon die Fünfte) wundern, die noch nicht sehr viele inhaltlichen Aspekte dabei hat. Eine kleine Rechtfertigung: Wenn man ein IF alleine schreibt, muss man sich über all diese Regelungen nicht viele Gedanken machen (Man überlegt und programmiert quasi-parallel). Sobald man aber eine Welt gemeinschaftlich aufbauen will, die viele inhaltlichen Zusammenhänge abbildet und wo man nicht einfach drauf los programmieren kann, muss man sich überlegen, wie man die Bestandteile der Welt kurz beschreibt. Man beginnt auf einer high-level-Perspektive und kann immer detaillierter und schlussendlich zum I7-Code gehen (Klar wird man manchmal auch I7-Code ausprobieren...). Die Hoffnung, das alles mit der klassischen Objektorientierten Modellierungsmethode zu machen, ist in Session 3 unrealistisch geworden, da Inform7 in wichtigen Teilen nicht objektorientiert ist.

Überblick

Ich möchte mir kurz überlegen, welche Elemente in einer Interactive Fiction vorkommen können (oder manchmal: müssen). Wenn man die Elemente kennt, muss man sich fragen…:

  • wie man die Elemente näher beschreiben kann (descriptions, initial appearances, properties, …),
  • in welche Struktur(en) sie eingebettet sind (Actions, Rules, Scenes, Relationen,…) und
  • wie die Struktur genau ausschaut (To-Phrasen, Aktivitäten, Algorithmen, Schleifen, ...).

Über die Sinnhaftigkeit einer Rahmenstruktur

Natürlich kann man einwenden, dass die geistige Flexibilität durch eine solche Rahmenstruktur eingeschränkt wird, da man dem Inhalt durch sie bereits voreingenommen entgegentritt. Andererseits ist der Einsatz einer solchen Struktur verständlich: Sie ermöglicht die Umsetzung durch ein Minimum an Kompatibilität zwischen inhaltlichen Überlegungen und technischen Einschränkungen. Mein Lösungsvorschlag aus diesem Dilemma: Die Rahmenstruktur aus Sicht jener Struktur, die sich aus den inhaltlichen Überlegungen ergibt, in Frage stellen und (falls I7 uns das erlaubt) anpassen.

Es folgt nun also der Versuch, I7-Konzepte in Elemente, Elementspezifikationen, Strukturen, Strukturspezifikationen einzuteilen. Wir sollten prüfen, ob das eine viable Einteilung und Auflistung ist:

Elemente

(eine vollständige Auflistung der Elemente und auch der Elementspezifikationen findet man in der I7-Entwicklungsumgebung unter INDEX / KINDS. Ich habe versucht, die wichtigsten zusammenzufassen)

  • Räumliche Struktur: room, region, door
  • Zeug: thing, supporter, container, device, <other kinds>
  • Kulisse: scenery, backdrop
  • Akteure und Akteurzeug: person (man, woman, animal), player, player’s holdall, <actor>’s holdall

Elementspezifikationen

Spezifikation für Räume
Struktur Beispiel I7-Codebeispiel
Property Value Inhalt
identifier in-code my house <source lang="inform">My house is a dark room.

The map region of my house is Retz. Grandmas house is a lighted room in Retz. My house is north of grandmas house. The description of my house is "Nice house with [windowcount] windows." The printed name of my house is "AKAdemie". My house has a number called windowcount. The windowcount of my house is 6.</source>

description text "Nice house with...."
printed name text "AKAdemie"
map region region Retz
lighted/dark either/or dark
<new property>
windowcount
<some value>
number
6
is <D> of <R> <D>… Direction
<R>… Room
is north of grandmas house



Spezifikation für Türen
Struktur Beispiel I7-Codebeispiel
Property Value Inhalt
identifier in-code golden door <source lang="inform">The Cemetery and the Church

are lighted rooms in Retz. The jimmy is a thing in Cemetery. The golden door is a door. The golden door is locked and unopenable. The description of the golden door is " [if the player is in the church] This is the exit of the church [otherwise] This is the entrance of the church [end if]". The matching key of the golden door is the jimmy. The golden door is inside of Church and outside of Cemetery.</source>

description text "[if...]..."
printed name text default: identifier
open/closed either/or closed
openable/unopenable either/or unopenable
unlocked/locked either/or locked
unlockable/lockable either/or lockable
matching key thing jimmy
<new property> <some value>  
is <D> of <R> and
<D> of <R>
<D>… Direction
<R>… Room
is north of grandmas house



Spezifikation für Dinge
Struktur Beispiel I7-Codebeispiel
Property Value Inhalt
identifier in-code jimmy <source lang="inform">

[The jimmy is a singular-named and proper-named and inedible and unlit and portable thing.]

The printed name of jimmy is "rusty jimmy". The initial appearance of jimmy is "Oh, what's this? A thief may lost this jimmy...". The jimmy is initially carried.

The description of jimmy is "[if proper-named]A jimmy. So what? [otherwise]A broken jimmy[end if]".

Understand "rusty jimmy" as jimmy.

Instead of pushing jimmy:

 now the jimmy is improper-named;
 say "Oh no. The jimmy brake down...".

Instead of unlocking the golden door with jimmy when jimmy is improper-named,

 say "The jimmy does not fulfill the 
 intended function of a jimmy since 
 you have pushed it too heavy.".</source>
kind kind thing
description text "[if proper-named]…"
printed name text rusty jimmy
initial
appearance
text "Oh… whats this? …"
not wearable/
wearable
either/or default: not wearable
singular-named/
plural-named
either/or singular-named
proper-named/
improper-named
either/or proper-named
edible/inedible either/or inedible
initially carried either/or yes
portable/fixed in place either/or portable
pushable between rooms either/or yes
unlit/lit either/or unlit
scenery Zuweisung no
located in <R>
located in <C>
located at
<R>… Room
<C>… Container
… Supporter
located in player's holdall
(weil initially carried)
<new property> <some value>  



Spezifikation für Container
Struktur Beispiel I7-Codebeispiel
Property Value Inhalt
identifier in-code small coffin <source lang="inform">The big coffin is a container in Cemetery.

The small coffin is an edible container in big coffin. The description of the small coffin is "It is made of marzipan." The carrying capacity of small coffin is 1. The carrying capacity of big coffin is 10. The hammer is a lit thing in small coffin.</source>

kind kind container
description text "It is made of marzipann."
printed name text default: identifier
initial appearance text "Oh… whats this? …"
not wearable/
wearable
either/or default: not wearable
singular-named/
plural-named
either/or singular-named
proper-named/
improper-named
either/or proper-named
edible/inedible either/or edible
initially carried either/or default: no
portable/
fixed in place
either/or portable
pushable
between rooms
either/or no
unlit/lit either/or unlit
scenery Zuweisung no
located in <R>
located in <C>
located at
<R>… Room
<C>… Container
… Supporter
located in big coffin
(located in Cemetery)
carrying capacity number 1
<new property> <some value>  

Strukturen

  • Understandings
  • Aktionen
  • Gruppen von Aktionen
  • Regeln
    • Regelbücher für Aktionen (Check, Carry Out, Report)
    • Aktions-bezogene Regeln (Instead of, After, Before, Persusation, Unsuccessful attempt)
    • Allgemeine Regeln (Every Turn, Spielbeginn, Spielende, Does the player mean., )
    • Individuelle Regeln
    • Prozedurale Regeln
  • Szenen
  • Relationen

Aktionen, Understandings, Regeln (und evt. Szenen) sind eng miteinander verknüpft.

Strukturspezifikationen

Understandings

Es ist zunächst wichtig, zwischen Aktionen und Spieler-Befehlen zu unterscheiden. Spieler-Befehle sind sprachliche Ausdrücke, die der Spieler eingibt. Die sprachlichen Ausdrücke (genannt: Topics) verursachen eine Aktion, sofern es ein Standard-Befehl ist oder eine passende Understand-Phrase im Code festgelegt wurde.

Man kann zwischen verschiedenen Arten von Understandings unterscheiden:

  • Befehl: Spieler-Befehl, der eine Aktion verursacht
  • Alias: Ausdruck, der synonym zu einem Objektnamen verwendet werden kann
  • Mistake: Understandings, die nur eine Textmeldung verursachen und Vorrang gegenüber anderen Understandings haben ( vgl. hier )

Zusätzlich sollte man angeben, unter welchen Bedingungen ein sprachlicher Ausdruck auf bestimmte Weise verstanden werden soll. (z.B könnte kill the soldier nur in der Szene „Gemetzel“ zur Aktion kill [a person] führen).

Understandings gibt man also am Besten so an:

  • Typ: (Befehl|Alias|Mistake)
  • führt zu (Aktion|Objekt|Text): <Name der Aktion> oder <Name des Objekts> oder <Name des Textes>
  • Bedingung: <SzeneX läuft|Akteur ist im Raum xyz|alles Andere, was wahr oder falsch sein kann>


Ein kleiner Hinweis: Man sollte das Standard-Befehlsset (Index/Actions/“Commands available to the player“) verwenden und nur dort, wo es semantisch notwendig ist, zusätzliche Befehle durch Understandings festlegen. Es ist kein Problem, wenn sowohl ein Standardbefehl als auch ein selbst erstellter Befehl auf eine Aktion gemapped werden. Schwierig für die Spieler wird es erst dann, wenn ausschließlich individuelle Befehle verwendet werden, die man im Kontext des Spiels und der vorhergehenden Beschreibungen schwer bis gar nicht erraten kann.

Aktionen

Um eine Aktion grob zu spezifizieren, sind folgende Angaben wichtig:

Spezifikation für Aktionen  
 
Struktur Beispiel  
Property Value / Beschreibung  
Aktionsname <Verb> + ing destroying  
Objektbezug (visible thing|thing|room|nothing|text|topic)
Visible thing bedeutet, man braucht das Ding nicht angreifen, es reicht, wenn es sichtbar ist.
thing  
Licht? (yes|no) default: no yes  
informelle
Beschreibung
Was wird durch die Aktion bewirkt und was sind die Bedingungen für das Ausführen der Aktion? Das ist sinnvoll, wenn man nur weiß, dass man die Aktion brauchen wird, aber die Regeln noch nicht explizit definiert werden. Vorbedingung: Man kann nur Bücher lesen. Das Buch ist offen (wenn nicht - öffne es).

Wirkung: Es wird der Inhalt der linken und rechten Seite des Buches angezeigt.

Bericht: Einen Hinweis einbauen, dass man zum Weiterlesen umblättern muss (vgl. Aktion browse)
 
I7-Code  
 
Reading is an action applying to one thing requiring light.  



Für jede Aktion werden explizit 3 Regelbücher erstellt (Prüfen,Durchführen,Berichten), die aber jeweils leer bleiben können, doch dazu später.

Gruppen von Aktionen

  • Aktionsgruppen, auf die man später zum Beispiel in Regeln Bezug nehmen kann (vgl. hier) :

  • Name der Aktionsgruppe: <Name der Aktionsgruppe> (Beispiel: gerechte Aktionen)
  • Welche Aktionen fallen darunter: <Liste von Aktionen>

Regeln

Wenn man sich Regeln überlegt, sollte man ein bisschen ein Verständnis über die technischen Hintergründe haben, die hier und hier zu finden sind.

Regelbücher für Aktionen

Es gibt folgende Typen von Regeln, die für auf eine bestimmte Aktion Bezug nehmen (die Liste ist nach der Reihenfolge, nach der die Regeln geprüft werden, geordnet):

  • BEFORE: Hier kann man gut Ergänzungen für Standard-Regeln unterbringen
    • Persuasion (nur für NPCs wichtig): Die Regel gibt Antwort auf die Frage, ob ein NPC der Aufforderung, etwas zu tun, nachkommen soll.
  • INSTEAD OF: Mit dieser Regel kann man üblicherweise Regeln von Standard-Aktionen/Aktionsgruppen blockieren. Das heißt, nach einer Instead-Of-Regel wird standardmäßig mit „STOP THE ACTION“ abeschlossen.
  • CHECK: Regelbuch, indem geprüft wird, ob für die Aktion nötige Vorbedingungen erfüllt sind. Falls nicht, wird abgebrochen.
    • Unsuccessful Attempt By (nur für NPCs wichtig): Ein NPC würde gern der Aufforderung nachkommen, kann aber nicht, weil es CHECK- oder INSTEAD-OF-Regeln der Welt nicht erlauben
  • CARRY OUT: Die Regeln dieses Regelbuchs führen die Aktion aus, d.h. verändern bestimmte Zustände der Welt, der Spielfigur, etc. Hier sollte wenn möglich kein Text ausgegeben werden.
  • AFTER: Solche Regeln sind nützlich für Szenen-Wechsel (wenn eine solche Regel existiert, wird die Report-Regel üblicherweise unterdrückt).
  • REPORT: Hier soll Text ausgegeben werden, der dokumentiert, was in CARRY OUT passiert ist.

Zur Spezifikation dieser Regelarten ist wichtig:

  • Art der Regel: <CHECK|CARRY OUT|REPORT|Instead of|After|Before>
  • Für welche Aktion oder Aktionsgruppe?
  • Für wen gilt die Regel: <alle Akteure|nur NPCs|nur Spieler>
  • Bedingungen, die zur Anwendung der Regel führen: <alles, was wahr oder falsch sein kann>
  • Eine Beschreibung, was die Regel tut (welche Aktivitäten sie ungefähr ausführt. Idealerweise kann man direkt I7-Code angeben, was das Zusammenbauen nach der Analyse-&Konzeptionsphase erleichtert)
  • Erfolg oder Misserfolg der Regel: <Continue the Action|Stop the Action> und unter welcher Bedingung?

Allgemeine Regeln

  • <todo>Continue...</todo>
  • <todo>Die Elementspezifikationen in übersichtliche Tabellen schreiben</todo>