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K (Patente als Menschenrecht?)
(Plato)
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Um es sehr extrem zu sagen: Wir sind nicht kleine zufällig verstreute Punkte im Weltall, für die es keinen Sinn gibt, sondern wir sind das Zentrum der Welt, wir sind das Zentrum dessen, was ist, erklärbar ist und was argumentierbar und vertretbar ist.  
 
Um es sehr extrem zu sagen: Wir sind nicht kleine zufällig verstreute Punkte im Weltall, für die es keinen Sinn gibt, sondern wir sind das Zentrum der Welt, wir sind das Zentrum dessen, was ist, erklärbar ist und was argumentierbar und vertretbar ist.  
 
Wir müssen verstehen, was es bedeutet Mensch zu sein und was es bedeutet auf der Welt zu sein. Und wenn wir das verstanden haben, dann haben wir alles, worum es geht.
 
Wir müssen verstehen, was es bedeutet Mensch zu sein und was es bedeutet auf der Welt zu sein. Und wenn wir das verstanden haben, dann haben wir alles, worum es geht.
Dann haben wir unsere Welt in ihrer Rationalität begriffen und dann fällt auf die andere Seite dieser Rationalität der Zufall, die Unbestimmtheit, die Unerklärbarkeit, das, was es sonst noch geben sollte. Romer macht an der Stelle den Link zwischen der Tendenz der Ökonomie, sich jeweils nur mit dem zu beschäftigen, was in der Mathematik gut erklärbar ist und einer gewissen Art von Philosophie, sich aufzuhalten im Vernunftraum und nicht das andere zu machen, was die Alternative ist und was er in seinem Artikel auch in mehreren Beispielen erläutert, die Kontingenz, die alternativen Möglichkeiten, dass wo wir feststellen müssen, es gibt uns zwar, aber keineswegs nach Vernunftgesetzen, also Überlegungen der Evolutionstheorie, spricht er extra an. Es gibt uns und es könnte ganz was anderes auch geben. Und es kann vor allem, das ist sein Punkt im Zusammenhang mit der Wachstumstheorie, es kann ganz andere Produkte geben, als die, die wir haben. Es kann ganz viel neue Ideen geben. Wir sind in einem unerschöpflichen Bereich.
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Dann haben wir unsere Welt in ihrer Rationalität begriffen und dann fällt auf die andere Seite dieser Rationalität der Zufall, die Unbestimmtheit, die Unerklärbarkeit, das, was es sonst noch geben sollte.  
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Romer macht an der Stelle den Link zwischen der Tendenz der Ökonomie, sich jeweils nur mit dem zu beschäftigen, was in der Mathematik gut erklärbar ist und einer gewissen Art von Philosophie, sich aufzuhalten im Vernunftraum und nicht das andere zu machen, was die Alternative ist und was er in seinem Artikel auch in mehreren Beispielen erläutert, die Kontingenz, die alternativen Möglichkeiten, dass wo wir feststellen müssen, es gibt uns zwar, aber keineswegs nach Vernunftgesetzen, also Überlegungen der Evolutionstheorie, spricht er extra an. Es gibt uns und es könnte ganz was anderes auch geben. Und es kann vor allem, das ist sein Punkt im Zusammenhang mit der Wachstumstheorie, es kann ganz andere Produkte geben, als die, die wir haben. Es kann ganz viel neue Ideen geben. Wir sind in einem unerschöpflichen Bereich.
 
Wiederum ausgesprochen unqualifiziert gesagt:
 
Wiederum ausgesprochen unqualifiziert gesagt:
 
Ein platonischer Ideenhimmel enthält zunächst einmal nicht die DNA. Kommen Gene bei Platon vor? Nein, sie kommen nicht vor. Kommen Gene in der Philosophie vor? Eher auch nicht. Gene sind entdeckt worden, sie sind etwas neues. Etwas, worüber sie 2000 Jahre lang in der Philosophie nichts gelesen haben. Es gibt nicht die Idee eines Gens, es denn sie gleichen das nachträglich an Platon an. Platon operiert mit einem vergleichbar übersichtlichen, endgültigen Ideenhimmel. Wenn man das nicht will, wenn man miteinbezieht, dass es eine dynamische Wissensentwicklung gibt, dann kommt man in den Bereich, in dem Wirtschaft und Wissenschaft auszurichten sind auf diesen Impulsfaktor der Ideen, der auch produktive Kraft hat.
 
Ein platonischer Ideenhimmel enthält zunächst einmal nicht die DNA. Kommen Gene bei Platon vor? Nein, sie kommen nicht vor. Kommen Gene in der Philosophie vor? Eher auch nicht. Gene sind entdeckt worden, sie sind etwas neues. Etwas, worüber sie 2000 Jahre lang in der Philosophie nichts gelesen haben. Es gibt nicht die Idee eines Gens, es denn sie gleichen das nachträglich an Platon an. Platon operiert mit einem vergleichbar übersichtlichen, endgültigen Ideenhimmel. Wenn man das nicht will, wenn man miteinbezieht, dass es eine dynamische Wissensentwicklung gibt, dann kommt man in den Bereich, in dem Wirtschaft und Wissenschaft auszurichten sind auf diesen Impulsfaktor der Ideen, der auch produktive Kraft hat.

Version vom 30. Januar 2009, 09:16 Uhr

Open Source Philosophie - Einheit 10: 09.01.2009

  • Vortragender: Herbert Hrachovec

Ankündigungen

Ich begrüße sie im neuen Jahr und beginne mit zwei, drei Ankündigungen. Die erste Ankündigung betrifft die nächste Sitzung, also nächste Woche am Freitag. Die kann nicht stattfinden, weil ich einen Kurs anderswo habe. Ich werde das so kompensieren, dass ich ihnen eine Reihe von Videoclips zur Ansicht einspiele, die sie sich über den Bereich Open Source ansehen können. Da gibt es nicht wenige, die an dieser Stelle das Bild abrunden werden. In 14 Tagen ist die Vorlesung normal und am Ende des Monats, am 30., habe ich schon gesagt, obwohl das der letzte Termin ist, mache ich noch eine Vorlesung, genau wegen der Ausfälle in diesem Semester. Und ich mache gleichzeitig auch die Prüfung. Von der Termingestaltung habe ich mir das so vorgestellt, dass um halb 9 bis 10 Uhr die Vorlesung stattfindet und diese Vorlesung ist auch gedacht den Bogen irgendwie abzurunden, den ich begonnen habe. Das wird gewissermaßen eine philosophische Conklusio sein. Das sage ich nur, um sie zu motivieren, zu dieser frühen Tagesstunde vielleicht zu kommen. Um 10 Uhr mache ich dann eine Prüfung, die von 10 bis 12 Uhr am 30. Jänner stattfinden wird. Das sind die Terminvorgaben, die ich angebe. Es gibt auch eine Anmeldung zu der Prüfung im Prüfungssystem (Link: http://univis.univie.ac.at]), damit ich ungefähr weiß, wie viele Leute kommen werden.

Schon fast traditionell ein kleiner Hinweis auf die Skriptenlage, die wir hier haben und die ich nach wie vor für bemerkenswert halte. Wir haben auch das Skriptum der letzten Vorlesung hier zur Verfügung, mit sehr viel Engagement. Ich bin immer auch überrascht davon, wie sehr, ohne dass das gefordert wäre, Möglichkeiten des Verlinkens ausgenützt werden, sodass man einen Mehrwert hat, wenn man diese Skripten liest.

Einleitende Glosse: Fehlerkorrektur klassisch und in Wikis

Ich möchte ihnen als kleine Glosse und als Versprechen zu dem, was am Ende der Vorlesung genauer kommen wird, eine Bemerkung machen zu etwas, was mir aufgefallen ist an diesem speziellen Transkript. Und zwar geht es um den Begriff der "excludability". Hier ist das sozusagen weitergegeben worden. Da ist einfach ein kleiner, völlig verständlicher Fehler passiert. In der Transkription ist folgende Annahme gemacht worden: Da es im Englischen das Wort "exclude" und das Wort "ability" gibt, dass, wenn man von "exludability" redet, man von zwei Worten redet. Wie soll das auch anders gehen, da das ja ein Tondokument ist, von dem hier die Rede ist. Solche Fehler passieren einfach und ich möchte diesen Fehler zum Anlass nehmen ihnen ein, zwei Gedanken darüber zu sagen, was das heißt im Zusammenhang mit Kooperation und Standards.

Wenn das in einer Seminararbeit auftritt, ist das ein klassisches Muster, welches angestrichen wird. Das kennen wir aus der Mittelschule. Das sollte man zusammenschreiben und das passiert so, dass die Lehrerin einen Text revidiert. In diesem Text kann man aber nur den Fehler markieren, aber nicht ausbessern. Und da es eine Situation ist, in der es einen Textvorschlag gibt und eine Revisionsinstanz, bleibt das als Fehler für alle Ewigkeit drinnen. Aus diesem wird vielleicht gelernt den Fehler in einem neuen Durchgang nicht zu machen. Sie können sich an der Stelle schon gut denken, was meine Konsequenz ist und warum ich das sage. Hier ist die "exclude ability" und hier (Anm.: Vortragender editiert den Wikieintrag) ist das Problem gelöst und ich brauche mich darüber nicht mehr zu unterhalten.

Das ist sozusagen ein bisschen billig, zugegebenermaßen. Es ist ein billiger Hinweis darauf, dass mit dieser Art von Schreibwerkzeug solche Fehler leicht zu beheben sind. Ich mache noch eine kleine Klammerbemerkung: Die Kompetenz in diesen Manuskripten im Umgang mit "das" und "dass" ist nicht besonders hoch. Da gibt es noch eine ganze Reihe von leichten Verbesserungsmöglichkeiten an dieser Stelle. Zugegebenermaßen ist das ein bisschen eine billige Bemerkung vom ersten Ansatz. Das lässt sich aber auch ein bisschen vertiefen. Diese Vertiefung hängt an dem, was ich über die Autoritätskultur von Wissen gesagt habe im Zusammenhang mit der Lehrerin und der Schularbeitskorrektur. So wie ich das jetzt hier gemacht habe und so wie jeder von ihnen das auch machen kann, verändert sich auf eine eingreifende Art und Weise der ganze Korrekturmechanismus in einem solchen Projekt, weil der Fehler ganz einfach auszumerzen ist. Nicht nur das, sondern, weil die Position der Lehrperson, die sagt "Ich bin drüber und schaue nur den Text an" weggefallen ist. Unter anderem aus dem einfachen Grund, dass wenn ich mich zum Beispiel aufregen würde über die "exclude ability", dann könnte man mich mit Recht fragen, warum ich das nicht ausbessere, wenn ich es weiß. Das kostet genau fünf Sekunden oder zehn Sekunden. Das heißt die Fehlerbeanstandungsattitüde, die an dieser Stelle eine Rolle spielt und die, wenn sie es in ihrem eigenen Umgang mit Lernprozessen und Instruktionszusammenhängen sehen, ein ganz ein wichtiger Punkt ist. Es kommt darauf an, wie einem offeriert und präsentiert wird, wo man Gutpunkte und wo man Schlechtpunkte sammelt. Dieser ganze Zusammenhang ändert sich und eine allgemeine Wikibemerkung, die ich daran anknüpfen möchte, ist die: Dass sehr viel von den Korrekturen und dem up-to-date Erkenntnis-Angebot, das in der Wikipedia ist, durch diese Art von Motivation zustande kommt. Ein anderes Beispiel, das so ähnlich ist ist dasjenige einer, das habe ich vor zwei Jahren zufällig beim herum Surfen gesehen: Eine Gemeindesekretärin in Unterzögersdorf oder so was, die heißt Klara und nicht Klare. Und dieser eine Buchstabe e ist einfach ausgebessert worden von ihr auf ein a. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Frau gesehen hat, sie heißt Klara und nicht Klare.

Wenn sie sich dieses Prinzip vorstellen umgelegt auf den unglaublichen Wissensfaktor, das Wissenspotential, das in den lächerlichsten und in den nichtigsten Bereichen vorhanden ist und im Internet auch aktiv werden kann, dann können sie sich ein bisschen vorstellen, in welchem Rahmen bestimmte erfolgreiche Features der Wikipedia funktionieren. Das ist, was schon ein bisschen vertiefend ist. Und dann will ich noch was drittes als Vertiefung zu dieser Glosse sagen, und das betrifft den Anspruch der Korrektheit.

Anspruch der Korrektheit

Das könnte man so darstellen: Zusammen mit der Mittelschul-Korrektur-Attitüde/Korrektes-Englisch-Attitüde gibt es natürlich einen Wissensanspruch. Der Wissensanspruch ist, dass die Instruktionsperson weiß, wie man "exludability" als ein Wort auffasst, und dass das vermittelt werden muss.

Die Alternative dazu, die immer wieder attraktiv ist und immer wieder kommt, und die im Zusammenhang mit "dass" und "das" auch sozusagen immer wieder vorhanden ist, ist, dass man sagt, das sind doch eigentlich Kavaliersfragen, du wirst schon wissen, was ich meine. Das muss ich nicht extra sagen, da muss ich nicht extra darauf aufmerksam machen, dass das falsch ist, ist doch eine peinliche Geschichte. Oder ich bereinige es, ohne weiters etwas zu sagen. Ich teste deine Performance nicht unter dem Gesichtspunkt richtig oder falsch.

Das ist eine sicherlich tolerante, sympathische Art und Weise. Wenn das als der entscheidende und wichtige Punkt gesehen wird, kommen wir allerdings nicht zu Wikipedia. Weil dann die Wikipedia nur strotzen würde von jeder Form von Fehlern, Alternativen, sodass man keine Ansprüche an Korrektheit an die Wikipedia haben könnte. Und ich habe, das ich sozusagen das Wichtigste, was ich in dem Zusammenhang ansprechen möchte, ich habe, indem ich das exludability jetzt zusammengeschrieben habe, mich bezogen auf einen Standard der Richtigkeit. Ich habe, in dem Fall als Lehrperson auch, gesagt, dass ist aber falsch, das sollen wir richtig so schreiben.

Wir sollten jetzt nicht, das wäre die kindische Art und Weise damit umzugehen, dass jemand wieder kommt und sagt, aber ich finde es interessant auseinander zu schreiben, dass ist meine persönliche Ausdrucksweise und ich ändere das wieder zurück in zwei verschiedene Worte. Das ist nicht die Logik, die darin ist. Das heißt, es ist hier eine Logik der Korrektheit, die auch eine Rolle spielt und die interessant ist für all die Leute, die in Zusammenhang mit der Wikipedia nach Information fragen, und die auch, wenn man unseren Zusammenhang nimmt, solche Sachen wissen wollen. "Wie heißt der jetzt", "wo ist das zu finden", "was hat der gesagt".

Die interessante Frage, auf die ich am Ende der Vorlesung zurückkommen werde, die ich auch unter der Hand immer schon impliziert habe, die interessante Frage ist jetzt: Wie soll man es sich zurechtlegen, dass eine Gruppe von Leuten, die immer wieder als Gruppe Fehler macht, in der immer wieder Fehler gemacht werden - ohne die Konstruktion von "da gibt es einen der sich auskennt und weiß, wie es sich gehört" - in der Lage ist solche Korrekturmechanismen positiv und produktiv zu gestalten. Das heißt, dass an dieser Stelle eine Akzeptanz von Standards verbunden ist mit einem Bewusstsein, dass diese Standards nichts externes sind, sondern etwas ist, was approximiert werden kann durch die Arbeit der Gruppe.

Zur Konsensustheorie der Wahrheit

Sie kennen wahrscheinlich eine Bezeichnung, die in diesem Zusammenhang nahe liegt, das ist die Bezeichnung der Konsensustheorie der Wahrheit, dass Wahrheit in diesem Sinn von Korrektheit auch letztlich ein konstruierte Sache ist in einer sozialen Gruppe. Was die Mehrheit dieser Gruppe befindet, gilt als wahr und ist Wahrheit. Dahinter steht nichts anderes. Das ist eine sehr spezifische Theorie der Wahrheit und ich will ausgesprochen nicht in die Richtung zu sagen, dass die Wikipedia ein einfacher Beweis für die Konsensustheorie der Wahrheit ist. Es gibt gute Gründe die Konsensustheorie der Wahrheit für problematisch zu halten und sich da eine Reihe von anderen Gedanken darüber zu machen, das kommt in der letzten Stunde andeutungsweise. Ich will nur sagen, in den Bereich kommen wir hinein, in den Bereich, wie konzipieren wir die Begründetheit von Wissen in sozialen Schreib- und Erkenntnisprozessen, wenn wir konfrontiert sind mit solchen Phänomenen und Möglichkeiten?

Soviel zur einleitenden Glosse.

Ökonomie von Open Source

Ich gehe jetzt über zu der Fortsetzung von dem, was ich das letzte Mal schon begonnen habe, nämlich die ökonomischen Rahmenbedingungen, Auswirkungen, Nebenerscheinungen dieses Impulses für Open Source. Zunächst einmal habe ich ihnen im Anschluss an André Gorz gezeigt, wie jemand, der politischer Ökonom ist, das Phänomen der kooperativen, wissensbasierten Anschubkraft der Wirtschaft und Wissensgesellschaft aufzunehmen und in einer Terminologie zu reflektieren, die in der klassisch linken, marxistischen Tradition beheimatet ist. Das ist auch, obwohl Stallman sich gar nicht so bezeichnen würde, aber es ist in einer gewissen Nähe zu dem. Also Stallman ist mehr Libertarier, jemand der die individuelle Freiheit befördert, weniger die gesellschaftspolitische Perspektive, aber der radikale Anstoß, der da drinnen ist in diesem Phänomen, der ist bei Gorz und Stallman, in beiden Fällen, das Antriebsmoment, dieser revolutionäre Faktor des Umstürzens von etablierten Wirtschaftszusammenhängen. Ich habe ihnen dann als letztes im vergangenen Jahr auch eine zweite Option der ökonomischen Betrachtungsweise diesbezüglich begonnen darzustellen und habe dafür die Position, die Arbeiten von Paul Romer zitiert als jemand, der die sogenannte neue Wachstumstheorie (New Growth Theory) zu einem großen Teil befördert und auch auf die Beine gestellt hat. Das ist jetzt von mir eine Aktion, um ihnen auch die zweite protagonistische Figur, nämlich nicht nur Stallman, sondern auch Eric Raymond in der Wirtschaftsdiskussion ein bisschen zu repräsentieren. Denn das ist nun Paul Romer und die neue Wachstumstheorie, das hat nun nichts mit linker, marxistischer Ökonomietheorie zu tun, sondern wenn sie sich die Publikationen von Paul Romer ansehen und viel von dem was drum herum ist, das sind Papers, die sind respektabelsten ökonomischen Journals der USA veröffentlicht. Und die Hälfte von diesen Papers versteht unsereiner schlicht und einfach nicht, weil es mathematische Modelle sind. Weil diese Wachstumstheorie für die Mainstream-Wirtschaftswissenschaften deswegen so wichtig sind - ich werde ein paar Sachen heute noch darüber sagen -, weil sie das in der mathematisierten Ökonomie standardhafte Vorgehen, dass man nämlich mathematische Modelle entwirft, und mit Hilfe dieser mathematischen Modelle wirtschaftswissenschaftlich makroökonomische oder mikroökonomische Aussagen macht, weil sie das auf der einen Seite völlig aufgegriffen hat, und weil sie auf der anderen Seite, und das finde ich die ganz spannende Entwicklung in dem Zusammenhang, weil sie eingeschlossen diese mathematischen Vorgaben in eine Richtung steuert, die sich gegen die klassische, neoklassische, neoliberalistische Wirtschaftstheorie wendet. Die die Problematik dessen, wie wir da standardmäßig heutzutage in unserer Fakultät oder auch überall sonst, Wirtschaftswissenschaft betreiben, in Frage stellt, und zwar genau im Hinweis darauf unter Rückgriff auf die Qualitäten, von denen wir bisher geredet haben. Da komme ich jetzt zu meiner Anfangsglosse nochmal dazu. Diese beiden Qualitäten, um es in dem Vokabular zu sagen, Non-Rivalry und Partial Non-Excludability, also die Tatsache, dass wir es mit Gütern zu tun haben, die viele Leute gleichzeitig verwenden können, ohne dass sie reduziert werden und mit Gütern zu tun haben, von denen man auf die Dauer bewirken kann, dass jemand anderer sie nicht auch hat, bekommt und verwendet. Ideen sind in der Fortpflanzung anders geartet als Pferde, Katzen und Hunde.

Diese Faktoren von Informationsgütern und Wissensgütern, die in die klassische/neoklassische Ökonomie reinkommen, bringen da einiges durcheinander. Und das interessiert mich genauso wie der vorherige Fall, nämlich André Gorz. André Gorz, der dieses revolutionäre Moment sozusagen von außen gegen die klassische, neoliberale Ökonomie gewendet hat. Das ist das eine. Das zweite, das ich ein bisschen verfolgen möchte: Wie sich das innerhalb dieser Ökonomie durchaus auch auswirkt und als ein bisschen eine Geschmackssache, wie man an die Sache herangeht. Mir ist an solchen Zusammenhängen immer mindestens so interessant, wie eine etablierte, paradigmatische Theorie intern verändernd auf Schwierigkeiten reagiert, als das man sagt, diese etablierte Theorie ist überholt, muss abgeschafft werden. Ich habe einen Text gefunden, der auf eine ausgesprochen hilfreiche und nichttechnische Art und Weise erklärt, welche Grundgedanken in dieser neuen Wachstumstheorie den Unruhefaktor bilden. Das ist von Joseph Cortright und heißt "New Growth Theory, Technology and Learning: A Practitioner's Guide". Wenn sie sich das durchlesen, ist es eine wirklich erstklassige Zusammenfassung vieler der Ideen, die Paul Romer in seinen verstreuten Artikeln hat, minus der Mathematik. Also die Bereiche, in denen er erklärt, worum es geht und wie die neuen Perspektiven aussehen, in einer sehr nachvollziehbaren Sprache dargestellt. Ich möchte ihnen hier mal das Abstract als erstes vorstellen. Den ganzen Bericht kann ich nicht durchgehen, aber ich empfehle ihn ihnen aber sehr. Es ist das beste, was ich gelesen habe, über diese Zusammenhänge auf der Ebene einer Information für Nicht-Ökonomen. Das uns hilft eine Reihe von Dingen auch zu verstehen, die in anderen Texten, die ich zitiert habe, vorkommen.

Increasing und Diminishing Returns: knappe Güter

Die neue Wachstumstheorie betont, dass das wirtschaftliche Wachstum durch Increasing Returns entsteht, durch wachsende Profite/erhöhte Erträge. Diese Increasing Returns spielen deswegen in der Ökonomie eine zentrale Rolle, weil es seit Adam Smith und dann mathematisiert in der klassischen Ökonomie das zentrale Problem der Diminishing Returns gibt. Die Diminishing Returns sind der Gegenbegriff zu diesen Increasing Returns. Und die Diminishing Returns sind das, was passiert, wenn man beobachtet, dass wirtschaftliche Güter durch Investitionen von Firmen erzeugt werden und zwar nach dem Prinzip, dass möglichst viel Profit erzeugt werden will, und dass möglichst viel von diesen Produkten produziert und verkauft werden soll. Dabei ergibt sich, wenn sie es nach dem komplett banalen Beispiel nehmen, sagen wir Ölproduktion. Dabei ergibt sich, dass es Möglichkeiten der Ölgewinnung gibt, die relativ wenig kosten und die natürlich als erstes ergriffen werden von den Firmen, um Öl auf den Markt zu bringen. In dem Fall, in dem immer mehr Öl auf den Markt gebracht werden soll, ist es so, dass man zu Mitteln der Ölproduktion greifen muss, die nicht mehr derartig selbstverständlich sind und nicht mehr so wenig kosten. Die Kosten werden mit der Zeit immer mehr. Es wird immer schwieriger bestimmte Ölquellen anzuzapfen. Und das heißt: Je mehr Öl produziert und vermarktet wird, desto geringer ist die Profitrate, der Margin. Das heißt am Rande dessen, was dann jeweils verkauft werden kann. Und dieses Law of Diminishing Returns ist insofern ein komplett zentrales Theorem der neoklassischen Ökonomie, weil man unter der Vergabe dieses Laws of Diminishing Returns argumentieren und auch mathematisch untermauern kann, dass Märkte so gut funktionieren, wie sie funktionieren. Denn die Märkte haben als ihr wesentliches Funktionsmerkmal das Preissignal. Märkte funktionieren, weil Preise eine Information enthalten darüber, wie teuer es ist das jeweilige Gut zu erzeugen und wenn diese - ich habe das letztes Mal auch schon angedeutet, auch schon im Zusammenhang mit Romer - das Problem, die Kundinnen erhalten eine Information darüber, wie aufwendig ist, dass Produkt zu erzeugen. Das ist im Preis mit drinnen. Und die Produzentinnen erhalten eine Information darüber, unter welchen Umständen die Konsumentinnen bereit sind das zu kaufen. Und das hängt miteinander zusammen. Denn wenn die Produzentinnen mit dem Preis hinaufgehen und das Gut wird teurer und teurer, sinkt die Bereitschaft der Konsumentinnen das Produkt zu kaufen. Und die Information darüber, dass es dieses Bereitschaftspotential nicht mehr gibt, kommt natürlich sofort zurück an die ProduzentInnen, da sofort mit dem Preis hinuntergehen. Indem sie mit dem Preis wieder hinuntergehen, erzeugen sie die Möglichkeit, dass mehr davon verlangt wird und sie können wieder mehr davon produzieren. Und die "Schönheit" der neoliberalen Marktwirtschaft besteht darin zu sagen, Märkte sind so großartig organisiert, dass diese Informationen bei ihnen selbsttätig ohne Staatsinterventionen abgewickelt werden können und wir können auch noch in der technischen Sektion, ist es nachgewiesen worden, das nennt man ein General Equilibrium, eine Ausgleichsthese. Wir können sozusagen zeigen, dass, wenn wir die Sache richtig mathematisch modellieren, Märkte zu dem ausgeglichenen, zu diesem Equilibriumszustand tendieren, in denen der Preis des Produktes nicht überhöht ist in einer Art und Weise, in der sich das genau einpendelt zwischen dem, was es vertretbar kostet und was konsumiert wird. Also: Der Markt soll sich selber regulieren und kann sich selber regulieren.

Der wichtige Punkt, weswegen ich darauf komme, ist der, dass das sich ausgeht von den Theorievorgaben her, mit Diminishing Returns. Ich sage ihnen, nur damit sie das Wort gehört haben, das wird diskutiert in der wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur als Convexities. Konvexe Kurven sind ein bestimmter Typus von Kurven. Und dieser Typus von Kurve wird in der Nationalökonomie eingesetzt, um die Verhaltensweisen von Diminishing Returns zu modellieren. Sie können es sich bei der konvexen Kurve gut vorstellen: Wenn sie auf der X-Achse weiter und weiter gehen, geht der Preis auf der Y-Achse hinauf. Je weiter sie nach rechts auf der X-Achse kommen, desto höher hinauf geht der Wert auf der Y-Achse. Und das ist sozusagen eine Modellierung dessen, dass es immer teurer wird, je mehr sie von einem Gut produzieren, so die zentrale These der Ökonomie der Warenwirtschaft, die sich auf Smith stützt.

Warum die Grenznutzentheorie nicht auf Wissensgüter anwendbar ist

Das habe ich jetzt vorausgeschickt, um die kleine "Bombe", oder diesen kleinen Effekt vorzubereiten, dass unter Bedingungen des Increasing Returns das genau nicht so ist. Das sind, Fachausdruck, Non-Convexities. Das sind Phänomene, in denen der abnehmende Grenznutzen (Diminishing Marginal Utility). Dieser abnehmende Grenznutzen spielt keine Rolle im Zusammenhang mit Wissensgütern! Das ist der entscheidende Punkt, um den es eigentlich geht. Warum? Leicht zu sagen: Öl zum Beispiel sagt ihnen schon alles. Öl muss man suchen, elektrische Geräte muss man mit Material zusammenstellen. Eine Softwareentwicklung - an der Stelle wird immer schnell und korrekt darauf verwiesen, so etwas wie das Betriebssystem Windows zum Beispiel.

Software ist keine knappe Ressource

Eine Softwareentwicklung funktioniert komplett anders. Denn sie können hunderttausende Kopien von Windows produzieren. Es kostet sie alles praktisch nichts. Das heißt sie haben den goldenen Esel gefunden, wenn sie es so sagen wollen. Das ist nur die eine Hälfte der Sache.Die andere Hälfte der Sache ist, dass sie sehr viel investieren müssen, oder einiges investieren müssen, um zu dem Punkt zu kommen, ab dem die weiteren Schritte nichts mehr kosten. Das sind ökonomisch ausgedrückt die Fixkosten. Sie haben Fixkosten, sie brauchen einen Investor. Sie müssen das ganze hochziehen. Sie brauchen Ingenieure die ihnen das Betriebssystem machen. Das müssen sie sozusagen vorfinanzieren. In dem Moment, in dem sie das haben, kommen sie in die Increasing Returns.

Und diese Situation ist überraschenderweise - ich brauche auch ein bisschen, um das für mich selber nachzuvollziehen - hoch Anstoß erregend und irritierend für die Wirtschaftstheoretiker, weil bei mir sind Wirtschaftstheoretiker noch immer mit Ökonomen, die in einem pragmatischen Gewinnmaximierungs-Zusammenhang viel Geld verdienen, verbunden. Das ist an dieser Stelle offensichtlich nicht der Fall.

Was die Wirtschaftstheoretiker daran interessiert und stört ist, dass der Markt nicht mehr funktioniert. Dass das, was sie als ideale Marktbedingungen, das ist die sogenannte unsichtbare Hand von Smith, die dazu führt, dass sich das alles selber lenkt, diese Invisible Hand funktioniert nicht mehr. Und warum nicht? Weil das technisch ausgedrückt eine Situation ist, die Monopolbildung begünstigt. Warum? Weil sie in dem Moment, in dem sie ein Betriebssystem entwickeln und das Geld investieren, in dem Moment, in dem sie das Betriebssystem beieinander haben wie gesagt die permanente Cash Cow haben, die sie praktisch nichts mehr kostet. Und als die Institution, die dieses Gut anbietet, alle Marktmacht für sich reklamieren können, um das zu verteidigen, dass sie schlicht und einfach für ein Produkt, das in der Erzeugung für sie gerade einmal die Kopierkosten, die DVD-Kosten und die Verpackungskosten kostet, für so ein Produkt - ich weiß nicht wie viel Windows XP jetzt kostet - über 100€, 60€, ... verlangen. Sie können sich vorstellen, wie fröhlich diese Zustände sind ...

Monopole

Sie zahlen die DVD und die Verpackung und den Vertrieb vielleicht und bekommen dafür 80 Euro. Für diese 80 Euro haben sie im konkreten Fall nichts mehr gemacht. Sie haben ein Monopol aufgebaut. Sie haben sozusagen eine wirtschaftliche Dominanzstellung aufgebaut. Aber das irritiert die Ökonomen, auch die neuen Marktökonomen, weil dieser Preis ganz offensichtlich kein richtiger Preis ist. Das ist ein monopolistischer Preis, der durchgesetzt wird durch bestimmte Konstellationen. Das ist ein Marktversagen, ein Market Failure. Marktversagen in dem Sinn der Smithschen Auffassung, dass sich Preise dorthin einpendeln, wo man von einer Person das verlangt, was einem die Produktion des jeweils letzten Items dieses Gutes kostet, plus einer gewissen Gewinnspanne, die dadurch kontrolliert wird und sozusagen übersichtlich bleibt, weil es Konkurrenz gibt.
Das heißt: Wissensgesellschaft mit Increasing Returns hat als Logik Marktversagen und Monopolismus.

Antitrustverfahren gegen Microsoft

Das ist der Grund, zum Beispiel, warum Paul Romer, der an der Stelle in einer anderen Rolle auftritt. Im Jahre 2000, als die US-Regierung ein Antitrustverfahren gegen Microsoft eingerichtet hat, hat er einen Expertenbericht geschrieben, in dem er die Zerschlagung von Microsoft befürwortet hat aus ökonomischen Gründen, weil diese Form von Monopolsituation eine Störung der Marktverhältnisse ist. Und das ist etwas, was ich angesprochen habe als interessant innerhalb des klassischen Paradigmas (man muss nicht immer das klassische Paradigma von außen kritisieren). Sondern innerhalb des klassischen Paradigmas treten diese Personen auf, die sagen, nach unseren eigenen fortgeschrittenen und marktwirtschaftlich orientierten Zusammenhängen kann das nicht bleiben. Der Grund, warum Microsoft nicht auseinander genommen worden ist, ist der: Es hat einen Richter gegeben, der tatsächlich die Auftrennung von Microsoft in unterschiedliche Unternehmen angeordnet hat. Das war am Ende der Clinton-Ära. Die Regierung hat diesen Antrag gestellt auf ein Antitrust-Verfahren. George W. Bush hat, kaum dass er im Amt gewesen ist, gesagt, die Regierung verfolgt das nicht weiter. Das ist die Form von Ökonomie, die nicht die wissenschaftliche Nationalökonomie ist, sondern das ist die andere, das ist sozusagen der Teil der Wirtschaftspower und Geldmacht, der sich an dieser Stelle durchgesetzt hat.

Nun ist es glaube ich sinnvoll, an der Stelle daran zu erinnern, dass ich begonnen habe und der ganze Impuls dessen, was ich bringe, ist natürlich nicht Windows, sondern Linux. Ist also eine Möglichkeit eines Betriebssystems, das in diese Gesetzlichkeiten überhaupt nicht hineinragt. Dadurch, dass es keine monopolistischen Ansprüche für sich entwirft und anmeldet. Aus dieser Wirtschaftsorganisation gleich ganz herausfällt. Was natürlich eine wunderschöne Sache ist nach meiner Auffassung. Was mich aber nicht davon abhält, darauf hinzuweisen, dass die Logik dessen, womit Linux reüssiert, die Logik dieser Form von Wissensgütern auch in der klassischen, gewinnorientierten Wirtschaftslage eine wichtige ist. Und vor allem deswegen der nächste Punkt, den ich nach der Ökonomie habe, ist Eigentum. Und vor allem deswegen, weil da komme ich genau in die Debatte zwischen Stallman und Raymond zurück. Weil natürlich in einer genaueren Betrachtung dessen, was in 95% der Home-PCs stattfindet, nämlich eine Windows- und eine Mac-Dominanz, weil es in diesen Zusammenhängen nun die Tragik gibt, welche Gesetze herrschen angesichts dessen, dass es es sich hier um nicht rivalisierende Güter handelt, die dazu gut sind, die dazu helfen, doch noch Geld zu machen, und zwar sehr, sehr viel Geld.

Monopole

Welche Gesetze sind an dieser Stelle zu beachten und sind wirksam? Die Antwort darauf habe ich schon gesagt. Sie brauchen, um einen solchen Erfolg mit Wissengütern zu haben wie Microsoft, Monopolstrukturen in einem Markt. Diese Monopolstrukturen sind nicht naturgegeben, sondern die sind historisch, gesetzlich und sozial verankert. Aus dem Geschichtsunterricht können sie sich vielleicht noch erinnern. Wo hat es Monopole gegeben? Bergbau oder Salz zum Beispiel. Salz war im Mittelalter ein beliebtes Monopol. Jeder hat Salz gebraucht und die Monopolposition des Salzes für den jeweiligen König hat dazu geführt, dass jeder etwas zahlen musste, der Salz gekaut hat. Wir haben natürlich - das geht jetzt mit der Deregulierung verloren - noch immer ein Glücksspielmonopol, wir hatten ein Tabakmonopol, wir hatten ein Alkoholmonopol. Das sind typische Fälle, wo aus einer Herrschaftsposition gesagt worden ist, wir installieren bestimmte juridische und administrative Ausschlussmechanismen, die dazu dienen, dass der König Geld aus diesen besonders beliebten oder unvermeidbaren Gütern bekommt. Eine solche Monopolposition ist natürlich genau das, wogegen die klassische Nationalökonomie bei Adam Smith aufgetreten ist. Die haben natürlich als bürgerliche, aufgeklärte Fürsprecher einer industriellen Revolution, die auf der Basis von Privatinitiativen und Markt gelaufen ist, ausgesprochen antimonopolistische Züge gehabt. Antimonopolistisch jetzt verstanden als gegen Interventionen des Königs.

Wir haben jetzt quasi die Verschiebung dieses Monopols von den Herrschenden in den Bereich der Wirtschaft selber, in der wir jetzt Monopolisten haben und denen jetzt der Staat aufgefordert wird, sich Gedanken darüber zu machen, ob es nicht für das Gemeinwohl interessanter und wichtiger ist, dieses Monopol in Frage zu stellen, weil Monopole Geldschaffungsmechanismen sind. Durch Monopole gewinnt jemand, der sozusagen befugt, jemand, der durch soziale Begebenheiten befugt ist, eine singuläre Leistung zu erbringen. Die anderen dürfen das nicht. Jemand, der so befugt ist, hat an dieser Stelle die Möglichkeit Geld zu verdienen und das wird er natürlich auch tun.

Warum sage ich das alles? Weil die sozialjuridische Einrichtung, die dazu führt, dass es dieses Windows-Monopol zum Beispiel gibt, nicht natürlich ist, sondern so etwas wie Patent. Das ist etwas wie Copyright, ist der Schutz der freien Kopierbarkeit. Dieser Schutz ergibt sich nicht aus der Sache Natur der Sache, sondern der ergibt sich aus der Funktion, die diese Sache in unserer Gesellschaft hat. Die Sache selber, wie wir wissen, ist keine sehr schwierige: Man kopiert das einfach. Da gibt es sehr leichte Möglichkeiten des Austausches und, was man dazusagen muss, erst seit 1981 gibt es die soziale Vorkehrung in den USA, dass man Software überhaupt patentieren darf.

Ich habe jetzt vielleicht einen Schritt zuviel nach vorne gemacht und muss das zweite einholen. Nämlich, dass schon in der Präcomputerzeit, schon seit Beginn der Neuzeit man die Einführung von Patenten als Instrumente genommen hat, die mit diesem Problem der Triebkraft von Informationsgütern innerhalb eines gewinnorientierten Wirtschaftszusammenhangs umgehen sollte. Also diese sozusagen neuen Dinge, die ich ihnen über Wissensgüter darstelle, sind natürlich nicht verborgen geblieben, auch nicht in der frühen Neuzeit. Man wusste, dass - Dampfmaschine ist ein schönes Beispiel - viele kluge Erfindungen an der Klugheit der Erfinder und nicht an den Materialien hängen. Erinnern sie sich an Romer, Ideen und Objekte. Ideen sind, das ist jetzt um vieles neuer und näher und hat größere Wirkungen, sind dasjenige, womit man den Fortschritt befördern kann. Sei das auf dem Pharmasektor, sei das auf dem industriellen Produktionssektor, sei das auf dem Sektor des Marketings. Und diese Ideen haben nun die genannten Qualitäten, dass man, wenn man sie einmal formuliert hat, dann können sie alle verwenden.

Patente

Und nun gibt es in diesem Zusammenhang die Konstruktion, die Basiskonstruktion für das Patentwesen, dass eine Gemeinschaft sagt: Wir erkennen an, dass man durch die Investition von Ideen einen wirtschaftlichen Fortschritt, eine wirtschaftliche Entwicklung produzieren kann. Wir erkennen aber auch an, dass, wenn eine Idee einmal draußen ist, niemand mehr, der diese Idee gehabt hat, Geld dafür gewinnen kann. Und damit ergibt sich die Schwierigkeit, warum soll er sich überhaupt die Mühe machen. Warum soll er sich überhaupt die Mühe machen eine tolle Idee zu entwickeln, wenn er nichts dafür bekommt. Es gibt natürlich die Möglichkeit der oralen Rehydrierung, "Mein größter Wunsch im Leben ist ein Wohltäter der Menschheit zu sein." Wenn das die Gratifikation ist, dass man 100.000 Kinder um praktisch kein Geld vom Tod gerettet hat, das ist eine Form von Remuneration die durchaus vorhanden ist, aber die nicht wirklich die ist, auf der unsere Wirtschaft aufbaut. Warum also sollen die Ideen, die dazu führen, dass wir produktiver werden, wieso sollen die dann erzeugt werden. Die Antwort kennen sie, man gibt denjenigen, die diese Ideen haben, für eine gewissen Zeit ein exlusives Nutzungsrecht für diese Idee, sodass sie Geld machen können aus dieser Idee. Dass ihre fixen Kosten, die Fixkosten, die sie brauchen, um die Idee durchzuführen, dass die bereit sind diese fixen Kosten auf sich zu nehmen, weil die dann reinkommen. Das Problem ist immer, wenn sie das lesen, werden sie immer wieder den Hinweis darauf finden, dass man sagt: Wann sind diese fixen Kosten eingespielt und wann sollte es so sein, dass das wieder in normale Marktverhältnisse hineinkommt. Wie bekomme ich das in ein richtiges Verhältnis? Die Patententstehung und das Problem des Patentwesens ist an dieser Stelle nachvollziehbar. Ich gehe jetzt hier gleich den nächsten Schritt, um aus der Wirtschaftsdiskussion auch in die Eigentumsdiskussion zu kommen und das ist der folgende.

Eigentumsdiskussion

Man kann Patente in dieser Betrachtungsweise eben als Monopole betrachten. Es sind Monopole in dem Sinn, indem es eine staatliche Einrichtung gibt, die für eine bestimmte Idee und eine bestimmte Zeit einer Person oder Institution die ausschließliche Auswertung dieser Idee zuschreibt. Wir haben im Moment eine gesellschaftliche Lage, die uns in die Situation hineinbringt, dass wir sagen, wir akzeptieren den erhöhten Preis. Und zwar warum? Weil ohne diesen erhöhten Preis viele Innovationen nicht entwickelt würden, die wir brauchen. Letztlich ist der Nutzeffekt, wenn wir Patente haben, höher, als wenn wir sie nicht hätten. Das ist sozusagen die allgemeine Überlegung.

Jetzt habe ich schon viel nach vorne gegriffen und es macht eigentlich keinen Sinn mehr, da genauer weiter zu gehen. Sie können da weiter schauen. Es gibt da diese Überlegungen von Romer aus dem "Journal of Development of Economics". Ich sage Ihnen, wie diese interne Kritik an den bisherigen Vorgangsweisen der mathematisierten Ökonomie aussieht. Das ist interessant, weil Romer in einem Artikel explizit auf philosophische Prinzipien zurückgeht und das will ich nicht auslassen ihnen zu sagen.

Der zweite Weg, den ich weiterverfolgen werde, ist das Problem der Patente. Und ist der Weg, um das sehr griffig jetzt zu sagen, der darauf hinlaufen wird, dass in der Weise, wie ich es ihnen dargestellt habe, wir mit Patenten zeitlich begrenzte Monopolisten schaffen, die das Recht haben mit ihren Ideen Geld zu machen. Das ist eine Sicht der Dinge, die ich Ihnen sehr nahe gelegt habe, die aber nicht genau das ist, wie in einer mehr mainstream-artigen Betrachtungsweise über diese Dinge geredet wird. Denn die mainstream-artige Art und Weise darüber zu reden ist, dass man von sogenanntem intellektuellen Eigentum spricht, "Intellectual Property". Dass man die folgende Konstruktion an dieser Stelle einführt: Es gibt eben nicht nur Eigentum an Sachgütern, sondern es gibt auch Ideen. Diese Ideen funktionieren zwar anders als mein Auto. Meine Idee darüber, wie ich jetzt dadurch Geld mache, dass ich jemanden was vorschlage und so weiter und so weiter. Eine solche Idee funktioniert sehr anders als ein Auto funktioniert, aber diese Idee gehört mir, so ähnlich wie das Auto mir gehört. Und das ist eine Analogie, die alles andere als unproblematisch ist und auf die lange einzugehen wäre.Ich habe ein paar Hinweise dann auf der nächsten Seite. Das wichtigste ist zu sehen, dass durch eine wirtschafts- und erfolgsorientierte Betrachtungsweise von Informationsgütern innerhalb unserer Konsumgesellschaft die Tendenz zu sagen, es geht jetzt nicht darum, dass der Staat kleine Monopolisten erzeugt, die man dann jeweils kontrollieren könnte. Sondern es geht um geistiges Eigentum. Und es geht um etwas, was sozusagen (da gibt es Stellen, die ich Ihnen später zeigen werden) praktisch ein Menschenrecht ist.

Patente als Menschenrecht?

Es ist so ähnlich wie das Wahlrecht, oder das Recht nicht gefoltert zu werden, oder das Recht sich frei zu bewegen und freien Handel zu treiben. So ähnlich gibt es, und des gibt die entsprechenden Deklaration, die Tendenz zu sagen, geistiges Eigentum, also Ideen, die ich habe, die sind mein Recht, mein Menschenrecht. Und wenn ich dieses Menschenrecht ausübe, dann habe ich das Recht damit Geld zu machen. Das heißt der Staat muss meine Ideen nicht aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen, wie ist es der Allgemeinheit am sinnvollsten, sondern aufgrund seiner Beachtung der Menschenrechte, muss er meine Ideen schützen. Das heißt so ähnlich wie der Staat meine persönliche Freiheit schützen muss, indem er Polizisten schickt, wenn mich jemand attackiert, muss der Staat meine Ideen schützen, indem er mir ein Patent verleiht, wenn ich eine großartige Idee habe.

Das ist eine problematische Entwicklung des Umgangs mit Ideen. Das ist einer der Punkte, in der die Wirtschaftsdebatte und die Philosophie auf einem sehr engen Feld miteinander operieren. Was ich ihnen jetzt sagen und zeigen wollte, ist, wie man aus dieser Ökonomiedebatte in die geistiges Eigentum-Debatte und letztlich in die Debatte, was ist eine Idee, wie schützt man Ideen, wie funktionieren Ideen im Unterschied zu Dingen, in diese Sache reinkommt. Da wird es ihnen vielleicht ein bisschen greifbarer, dass wir in einer Philosophieveranstaltung und nicht in einem Volkshochschulkurs Ökonomie sind. Zum Volkshochschulkurs Ökonomie will ich ihnen dann doch noch diese Zitate von Romer nennen, weil das es eine interessante Erweiterung und Bereicherung des Spektrums dessen, worüber man hier redet, ist: Er übt innerhalb der Ökonomie Kritik, welche allgemeine Weltsicht dem Bestehen von Handelsgütern der Ökonomie zugrundeliegen. Und er sagt, aufgrund der mathematischen Instrumentarien, die sich die moderne Ökonomie zurechtgelegt hat, führt es zwangsläufig dazu, dass wirtschaftliche Kalkulationen immer davon ausgehen, dass es schon alle Dinge gibt, die es gibt. Dass wir einen Markt haben, der voll von Gütern ist, und jetzt müssen wir uns mit Hilfe des Preismechanismus nur noch Gedanken darüber machen, ob die Güter in der richtigen Quantität erzeugt werden und auf die richtige Art und Weise distribuiert werden. Und der Grund, warum das so ist, besteht unter anderem rein mathematisch-technisch darin, dass wir Mittel haben um "schön" zu berechnen, was mit einem gegeben Quantum von Dingen im Markt jeweils passiert, und dass wir aber keine mathematischen Mittel den sprunghaften Wechsels, die sprunghaften Expansio, die Non-Convexities vorher zu berechnen haben. Wir sind mathematisch an dieser Stelle nicht mehr so sinnvoll unterwegs. Was passiert, wenn wir neue Ideen einführen, die zu neuen Produkten führen, die das alles durcheinanderwirbeln, was das Marktequilibrium ist, weil sich wie beschrieben die Profitstruktur an dieser Stelle entscheidend ändert? Das können wir mathematisch nicht mehr behandeln! Deswegen wirft er seinen eigenen Kollegen und Kollegen vor, lieber die Hände davon zu lassen, was wir nicht berechnen können.

Die Wissensgesellschaft als Problem für die Ökonomie

Damit verpassen wir diesen Impuls der Wissensgesellschaft. Es ist ökonomisch, wenn man das also beobachtet in der Debatte darum, wie kann es so etwas wie Linux überhaupt geben? Wie kann es Open Source-Produkte geben, die alles andere als konform sind mit den normalen Marktmechanismen? Wie können wir sie anhand des Marktes erklären?

Auf der einen Seite ist es Kritik an den eigenen FachkollegInnen. Und zweitens aber, das ist für die philosophische Betrachtungsweise amüsant und instruktiv, geht er zurück mit seinen Überlegungen, wie das sein sollte, bis auf Platon. Und zwar auf so etwas wie das Prinzip der Vollkommenheit (principle of plenitude) und das "principle of plenitude is fully formed in the writings of Plato and has played a central role in Western thought ever since, appearing prominently, for example, in the writings of Spinoza and Leibniz".

Plato

Ob das jetzt eine gute Platoninterpretation ist, möchte ich einmal dahingestellt lassen. Die Idee, die dahinter steht, finde ich eine bedenkenswerte. Und das ist die, dass er sagt, wir leiden in unserer Sicht ökonomischer Zusammenhänge an einem Prinzip, dass in der Philosophie an vielen Stellen einige Prominenz erreicht hat. Und das ist das Prinzip: Da es uns gibt und da wir vernünftige Wesen sind, und da wir verstehen, was uns umgibt und insofern wir verstehen, was uns umgibt, damit doch nicht zufällig sein können. Das, was wir verstehen, ist ein Ganzes, damit zitiert er Platon, Spinoza und Hegel. Manche philosophische Betrachtungsweisen (zum Beispiel die genannten) haben die Tendenz zu sagen, dass die Welt vernünftig sei und wir können sie als vernünftig erklären. Und was außerhalb dieses für uns zugänglichen, absehbaren funktionierenden Zusammenhangs ist, ist nicht vernünftig, fällt heraus, ist nicht erklärbar, wird von uns nicht gewürdigt in dem Sinn. Um es sehr extrem zu sagen: Wir sind nicht kleine zufällig verstreute Punkte im Weltall, für die es keinen Sinn gibt, sondern wir sind das Zentrum der Welt, wir sind das Zentrum dessen, was ist, erklärbar ist und was argumentierbar und vertretbar ist. Wir müssen verstehen, was es bedeutet Mensch zu sein und was es bedeutet auf der Welt zu sein. Und wenn wir das verstanden haben, dann haben wir alles, worum es geht. Dann haben wir unsere Welt in ihrer Rationalität begriffen und dann fällt auf die andere Seite dieser Rationalität der Zufall, die Unbestimmtheit, die Unerklärbarkeit, das, was es sonst noch geben sollte.

Romer macht an der Stelle den Link zwischen der Tendenz der Ökonomie, sich jeweils nur mit dem zu beschäftigen, was in der Mathematik gut erklärbar ist und einer gewissen Art von Philosophie, sich aufzuhalten im Vernunftraum und nicht das andere zu machen, was die Alternative ist und was er in seinem Artikel auch in mehreren Beispielen erläutert, die Kontingenz, die alternativen Möglichkeiten, dass wo wir feststellen müssen, es gibt uns zwar, aber keineswegs nach Vernunftgesetzen, also Überlegungen der Evolutionstheorie, spricht er extra an. Es gibt uns und es könnte ganz was anderes auch geben. Und es kann vor allem, das ist sein Punkt im Zusammenhang mit der Wachstumstheorie, es kann ganz andere Produkte geben, als die, die wir haben. Es kann ganz viel neue Ideen geben. Wir sind in einem unerschöpflichen Bereich. Wiederum ausgesprochen unqualifiziert gesagt: Ein platonischer Ideenhimmel enthält zunächst einmal nicht die DNA. Kommen Gene bei Platon vor? Nein, sie kommen nicht vor. Kommen Gene in der Philosophie vor? Eher auch nicht. Gene sind entdeckt worden, sie sind etwas neues. Etwas, worüber sie 2000 Jahre lang in der Philosophie nichts gelesen haben. Es gibt nicht die Idee eines Gens, es denn sie gleichen das nachträglich an Platon an. Platon operiert mit einem vergleichbar übersichtlichen, endgültigen Ideenhimmel. Wenn man das nicht will, wenn man miteinbezieht, dass es eine dynamische Wissensentwicklung gibt, dann kommt man in den Bereich, in dem Wirtschaft und Wissenschaft auszurichten sind auf diesen Impulsfaktor der Ideen, der auch produktive Kraft hat. Ich lasse es dabei und möchte zumindest noch den Übergang schaffen zum Eigentum.

Open Science

Das habe ich jetzt schon einigermaßen angesprochen und da hatte ich auch schon eine Glosse, mit der ich vielleicht schließen werde. Doch bevor ich mit dieser Glosse schließe, mache ich einen Hinweis auf das, was substanziell hinter der Glosse steht, und das sind unter anderem diese beiden Beiträge von Paul A. David, der in dem Fall auch ein Ökonom, aber auch für die Geschichte der Ökonomie Spezialist aus Stanford ist, emeritiert ist, der einige wirklich hervorragende Beiträge diesbezüglich geschrieben hat. Er weist auf eine Sache hin, die mir wichtig ist und von der man unser Patentproblem gut angehen kann: Was er Open Science nennt - analog zu Open Source, ist ein für die europäische Entwicklung überhaupt zentraler Faktor. David hält fest, dass wir innerhalb der Wissenschaft eine institutionalisierte Verfahrensweise von Menschen all over the place haben, die einen Austausch von Informationen und Diskussionen etabliert haben, der nicht nach Gewinnmaßstäben geht und herausfällt aus dem ökonomischen Bereich - dieser kommt aus der Tradition der Wahrheitssuche, die ich anfangs ihnen auch deutlich gemacht habe. Und damit sind wir bei der heutigen Problemstellung angelangt: damit stehe ich vor dem selben Problem wie Romer, und für das jetzt der Ökonomiebetrachtungspunkt auch wichtig war: Diese Form von Open Science wird jetzt zunehmen in dem Maße, in dem deutlich wird, dass die Wirtschaft an Wissensgüter angekoppelt ist, und dass eine Wachstumstheorie genau darum erwünscht ist, weil die Wirtschaft mit Hilfe von Ideen wächst.

Angesichts dieser Situation kommt es zu der Begegnung, dem Crash zwischen dieser Universitätstradition der Wahrheitssuche und der Open Science und den IPRs, den Intellectual Property Rights. Diese Intellectual Property Rights sind jetzt quasi das Eingreifen und Übergreifen von ökonomischen Gesichtspunkten, genau den der Wissensgesellschaft zu Ökonomie-Gesichtspunkten, in den Bereich der universitären Forschung. Das, was in der universitären Forschung bisher offen war, in dem Maße, in dem auch immer wieder gesagt werden kann, das Open Source sich auf das Paradigma von Open Science zurückbezieht, das wird jetzt in der neuen Form, die auf der einen Seite philosphie- und universitätsfreundlich ist, weil es nicht mehr die Hochöfen und die Kohleproduktion oder so ist, also beinharte Produkt- und Materialschlachten, sondern Patentschlachten, wenn sie so wollen. Diese Patentschlachten, um die es geht, haben etwas mit Ideen und Gedanken zu tun und greifen jetzt über in die Stätten, in denen Gedanken produziert werden, traditionell nämlich an den Universitäten. Das sind die Themen, die Paul David hier extra aufgreift und die sehr schön zu lesen sind.

Beispiel: Softwarepatente an der Universität Wien?

Die kleine Glosse, mit der ich schließe, leiste ich mir sozusagen als ein Mitglied des Senats der Universität Wien, um hier direkte Ortsbezogenheit zu machen. Es muss ab dem Herbst dieses Jahres ein neues PhD-Studium geben. Dieses neue PhD-Studium ist dreijährig und soll darauf angelegt sein die Qualität der Doktorratsstudien zu verbessen, international attraktiver zu machen, etc. Um dieses Ding vorzubereiten muss unter anderem die Satzung der Universität, in der studienrechtliche Vorschriften stehen, geändert werden, weil wir die Struktur des Studiums ändern. Innerhalb dieser Satzungsänderung findet sich nun das folgende. Das ist ein Vorschlag, ein Arbeitspapier, aus dem ich zitiere. Die alte Satzung: "Das Thema der Dissertation und der Name der vorgesehenen Betreuerin sind spätestens am Ende des ersten Studienjahres bekanntzugeben". Der Vorschlag der neuen Satzung, der möglicherweise in 14 Tagen vom Senat beschlossen wird, enthält nun unter anderem folgendes sinngemäß: "Das Dissertationsvorhaben ist von den Studierenden in Form eines schriftlichen Exposés einzureichen und im Rahmen einer öffentlichen Präsentation vorzustellen." Das ist der Faktor der Qualitätssteigerung, es soll eine öffentliche Präsentation durchaus im Open Source-Bereich geben. Das ist dieselbe Idee mit der Excludability. Wenn wir etwas sagen können und es dazu eine Diskussion gibt, steigt das Engagement und die Qualität. Und hier kommt nun als der nächste Paragraph, das gibt es das erste Mal überhaupt. "Die Präsentation des Dissertationsvorhabens darf entfallen oder die Öffentlichkeit darf von der Präsentation ausgeschlossen werden, wenn besonders schutzwürdige oder patentrechtliche Interessen der Studierenden beziehungsweise der das Dissertationsvorhabens betreuenden Person vorliegen." Hier haben sie ganz greifbar in der Institution eine Entwicklung, diesen Schnittpunkt, dass nun plötzlich in den studienrechtlichen Bedingungen einerseits drinnen ist, wir wollen offene Diskussion, aber in demselben Maß, in dem wir offene Diskussion wollen, sehen wir auch vor, dass wir patentrechtlich uns schützen müssen. Diese patentrechtlichen Überlegungen hängen damit zusammen (das ist der klare Hintergrund), dass Universitäten, um ihre Existenzberechtigung zu belegen, zunehmend aufgefordert werden wirtschaftlich interessante Patente zu entwickeln. Das ist weniger die Philosophie, aber in der Naturwissenschaft ist das ein wichtiger Punkt und wir kommen jetzt, und das will ich ihnen quasi doch als Hintergrund dieser Passage deutlich machen. Das ist ein kleines Exzerpt aus einer Eingabe, die aus der Fakultät für Chemie gekommen ist in diesem Diskussionsprozess. Und die Fakultät für Chemie hat an diesem Diskussionsprozess so teilgenommen, dass sie gesagt hat: "Fakultätsöffentliche Diskussionen brauchen wir eigentlich gar nicht. Das brauchen wir nicht, weil unsere Vorhaben sind sowieso alle schon begutachtet von internationalen Experten und Expertinnen, sodass die Qualitätsfrage an der Stelle schon geklärt ist und wir uns ersparen, dass wir offenlegen, was wir hier forschen." Der Hintergrund, damit die Konkurrenz es nicht mitbekommt. Die wollten diese Klausel komplett gestrichen haben. Und ich bin jetzt am Ende und will ihnen, wenn sie ein bisschen Zeit haben, noch empfehlen im Laufe dieser Woche - vielleicht können sie etwas dazu schreiben, diese paar Links anzuschauen. Der Teaser ist der folgende: Der Dekan der Fakultät für Chemie ist unter anderem verbunden mit einer Firma Faustus AG Wien, die natürlich Patente unter anderem anmeldet. Wenn sie die Firma Faustus suchen, dann werden sie nichts finden. Es gibt ein paar Links, aber die gehen ins Leere. Die Firma Faustus gibt es mehr oder weniger nicht, nur zum Einreichen von Patenten.

Sie können an dieser Stelle sehr schön die Interaktion zwischen einer universitären Institution, die den Bedingungen der Open Science zu entsprechen versucht, und bestimmten anderen Faktoren auch innerhalb dieser Institution, die versuchen Open Science genau an der Stelle nicht wirksam werden zu lassen, sondern stattdessen versuchen Patententwicklung zu betreiben.

Das können sie sich an der Stelle, in diesem kleinen Fall zu Gemüte führen. Danke sehr.



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