Diskussion:335b-e (PSI): Unterschied zwischen den Versionen

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Gleichberechtigung.</font>
 
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Es gehört also, sagte ich, zu einem gerechten Manne, daß er irgend jemandem
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Es gehört also, sagte ich, zu einem gerechten Manne, daß er irgend jemandem schade?
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:<font color="maroon">Sokrates vergewissert sich, ob er seine Meinung/die These richtig verstanden hat.</font>
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Allerdings, antwortete er, den Schlechten und Feinden muß man schaden.
 
Allerdings, antwortete er, den Schlechten und Feinden muß man schaden.
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:<font color="maroon">Ja, Sokrates, du hast richtig verstanden. (Im Vorgeplänkel hat Sokrates schon zu der Überzeugung hingeführt, dass, wenn man schon den Feinden schaden muss, man zumindest den tatsächlichen, wahren Feinden schaden
hat Sokrates schon zu der Überzeugung hingeführt, dass, wenn man schon den
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muss. Also nicht nur, wie es jemanden erscheint, der sich auch täuschen kann, sondern wenn es gerecht sein soll, dass man dem Feind schadet, dann muss es auch wirklich ein Feind sein und nicht nur so scheinen. Im Folgenden geht Sokrates weiter...)</font>
Feinden schaden muss, man zumindest den tatsächlichen, wahren Feinden schaden
 
muss. Also nicht nur, wie es jemanden erscheint, der sich auch täuschen kann,
 
sondern wenn es gerecht sein soll, dass man dem Feind schadet, dann muss es auch
 
wirklich ein Feind sein und nicht nur so scheinen. Im Folgenden geht Sokrates
 
weiter...)</font>
 
  
 
:<font color="slateblue">In diesem Vorgeplänkel geht es um die Grenzziehung zwischen gut und schlecht. Freund/Feind soll die Basisunterscheidung sein, daran anschließend gilt für die In-Group "Gerechtigkeit". Aber wie verläßlich ist die Freund/Feind-Unterscheidung? Man kann sich täuschen, dann ist man z.B. gegen einen Freund ungerecht. Darin liegt schon: wer "gut" ist, muss auch noch untersucht werden. Der Gruppenegoismus bedient sich einer Kategorie, die ihrerseits einer Überprüfung bedarf. Was ist das Kriterium, wenn es nicht darin bestehen kann, dass man den Eindruck hat, jemand sei gut?</font>
 
:<font color="slateblue">In diesem Vorgeplänkel geht es um die Grenzziehung zwischen gut und schlecht. Freund/Feind soll die Basisunterscheidung sein, daran anschließend gilt für die In-Group "Gerechtigkeit". Aber wie verläßlich ist die Freund/Feind-Unterscheidung? Man kann sich täuschen, dann ist man z.B. gegen einen Freund ungerecht. Darin liegt schon: wer "gut" ist, muss auch noch untersucht werden. Der Gruppenegoismus bedient sich einer Kategorie, die ihrerseits einer Überprüfung bedarf. Was ist das Kriterium, wenn es nicht darin bestehen kann, dass man den Eindruck hat, jemand sei gut?</font>
  
 
Werden Pferde, denen man Schaden antut, besser oder schlechter?
 
Werden Pferde, denen man Schaden antut, besser oder schlechter?
:<font color="maroon">Der erste Sprung ins Beispiel. Er beginnt mit einer Frage,
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:<font color="maroon">Der erste Sprung ins Beispiel. Er beginnt mit einer Frage, auf die man wohl heute noch auf dieselbe Weise antworten würde. Die Antwort scheint klar.</font>
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Schlechter.
 
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:"gutartig"/"bösartig" bei Menschen unterscheidet sich von "besser"/"schlechter" bei Pferden.</font>
 
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In bezug auf das, was die Tüchtigkeit der Hunde ausmacht, oder was die der
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In bezug auf das, was die Tüchtigkeit der Hunde ausmacht, oder was die der Pferde ausmacht?
Pferde ausmacht?
 
  
 
Letzteres.
 
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:<font color="maroon">Hier bin ich nicht ganz sicher. Er meint wohl sowas wie, dass dieser Schaden ein Mangel von dem ist, was man normalerweise unter einem Pferd versteht. Den Schaden eines Pferdes an einem Hund zu messen, wäre einfältig, wahrscheinlich schon allein aus dem Begriff des Schadens heraus, der sich immer irgendwie auf die "normale Vorstellung" des Geschädigten bezieht. Es geht eher um den Kontrast zwischen "gesundes, normales Pferd" und "geschädigtes
dass dieser Schaden ein Mangel von dem ist, was man normalerweise unter einem
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Pferd". Kann man hier schon sowas wie eine Hinwendung zur Idee "Pferd" als Maßstab feststellen?</font>
Pferd versteht. Den Schaden eines Pferdes an einem Hund zu messen, wäre
 
einfältig, wahrscheinlich schon allein aus dem Begriff des Schadens heraus, der
 
sich immer irgendwie auf die "normale Vorstellung" des Geschädigten bezieht. Es
 
geht eher um den Kontrast zwischen "gesundes, normales Pferd" und "geschädigtes
 
Pferd". Kann man hier schon sowas wie eine Hinwendung zur Idee "Pferd" als
 
Maßstab feststellen?</font>
 
  
Werden also auch Hunde, denen man Schaden tut, schlechter in bezug auf ihre
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Werden also auch Hunde, denen man Schaden tut, schlechter in bezug auf ihre Tüchtigkeit als Hunde, aber nicht als Pferde?
Tüchtigkeit als Hunde, aber nicht als Pferde?
 
  
 
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:<font color="maroon">Genauso - mutatis mutandis. Um zu zeigen, dass es hier
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:<font color="maroon">Genauso - mutatis mutandis. Um zu zeigen, dass es hier nicht um Pferde, sondern um etwas Allgemeineres geht, kommt noch ein zweites Beispiel.</font>
nicht um Pferde, sondern um etwas Allgemeineres geht, kommt noch ein zweites
 
Beispiel.</font>
 
  
Von den Menschen aber, mein Freund, werden wir nicht sagen müssen, daß sie, wenn
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Von den Menschen aber, mein Freund, werden wir nicht sagen müssen, daß sie, wenn man ihnen Schaden antut, schlechter werden in bezug auf die menschliche Tugend?
man ihnen Schaden antut, schlechter werden in bezug auf die menschliche Tugend?
 
  
 
Freilich.
 
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:<font color="maroon">Im Reklam-Buch wird statt "menschliche Tugend" "Eigenart
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:<font color="maroon">Im Reklam-Buch wird statt "menschliche Tugend" "Eigenart des Menschen" verwendet. Es geht jedenfalls darum, dass auch die Konstitution des Menschen durch eine Schädigung nicht besser wird.</font>
des Menschen" verwendet. Es geht jedenfalls darum, dass auch die Konstitution
 
des Menschen durch eine Schädigung nicht besser wird.</font>
 
  
 
:<font color="slateblue">ἀνθρώπους δέ, ὦ ἑταῖρε, μὴ οὕτω φῶμεν, βλαπτομένους εἰς τὴν ἀνθρωπείαν ἀρετὴν χείρους γίγνεσθαι; "schlechter hinsichtlich menschlicher Tüchtigkeit (aretē)". Hier wirkt sich die oberflächliche Parallelisierung Mensch/Tier aus. "Tauglichkeit", "Tüchtigkeit", "Tugend"; vielleicht "menschliche Qualitäten".</font>
 
:<font color="slateblue">ἀνθρώπους δέ, ὦ ἑταῖρε, μὴ οὕτω φῶμεν, βλαπτομένους εἰς τὴν ἀνθρωπείαν ἀρετὴν χείρους γίγνεσθαι; "schlechter hinsichtlich menschlicher Tüchtigkeit (aretē)". Hier wirkt sich die oberflächliche Parallelisierung Mensch/Tier aus. "Tauglichkeit", "Tüchtigkeit", "Tugend"; vielleicht "menschliche Qualitäten".</font>
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Auch das ist notwendig.
 
Auch das ist notwendig.
:<font color="maroon">Jetzt ist es nicht mehr weit, zur Widerlegung der obigen
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:<font color="maroon">Jetzt ist es nicht mehr weit, zur Widerlegung der obigen These: Die Gerechtigkeit wird durch eine Schädigung nicht besser, sondern schlechter.</font>
These: Die Gerechtigkeit wird durch eine Schädigung nicht besser, sondern
 
schlechter.</font>
 
  
 
:<font color="slateblue">Dieser Satz dient dazu, dass Platon von einer Verminderung der Tauglichkeit zum Effekt vermehrter Ungerechtigkeit kommt.</font>
 
:<font color="slateblue">Dieser Satz dient dazu, dass Platon von einer Verminderung der Tauglichkeit zum Effekt vermehrter Ungerechtigkeit kommt.</font>
  
Die Menschen also, mein Lieber, denen man schadet, müssen notwendig ungerechter
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Die Menschen also, mein Lieber, denen man schadet, müssen notwendig ungerechter werden?
werden?
 
  
 
So scheint es.
 
So scheint es.
:<font color="maroon">Gerechtigkeit verstehen wir heute wohl ein bisschen
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:<font color="maroon">Gerechtigkeit verstehen wir heute wohl ein bisschen anders. Wir benutzen das Wort Gerechtigkeit eher wie "Fair Play": Wenn Hilfsorganisationen durch die Spekulationen der Banker weniger Spenden erhalten,
anders. Wir benutzen das Wort Gerechtigkeit eher wie "Fair Play": Wenn
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ist das nicht gerecht. Wenn ich es schaffe, im Anmeldesystem der Informatik einen Platz in der überfüllten VU zu ergattern, ein anderer mit mindestens der gleichen Qualifikation jedoch nicht, dann ist das nicht fair. Bei diesem Text
Hilfsorganisationen durch die Spekulationen der Banker weniger Spenden erhalten,
 
ist das nicht gerecht. Wenn ich es schaffe, im Anmeldesystem der Informatik
 
einen Platz in der überfüllten VU zu ergattern, ein anderer mit mindestens der
 
gleichen Qualifikation jedoch nicht, dann ist das nicht fair. Bei diesem Text
 
 
schwingt jedenfalls noch eine andere Bedeutung von Gerechtigkeit mit. </font>
 
schwingt jedenfalls noch eine andere Bedeutung von Gerechtigkeit mit. </font>
  
 
:<font color="slateblue">Dieses Argument funktioniert nur, wenn man auf den Menschen ausschließlich die Verhaltenstechnik aus dem Tierreich anwendet.</font>  
 
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Können nun aber die Tonkünstler jemand durch die Tonkunst zum Tonkunstlaien
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Können nun aber die Tonkünstler jemand durch die Tonkunst zum Tonkunstlaien machen?
machen?
 
  
 
Unmöglich.
 
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Kann nicht sein.
 
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:<font color="maroon">Hier wird mit zwei Beispielen das nächste Stück
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:<font color="maroon">Hier wird mit zwei Beispielen das nächste Stück Argumentation angegangen. Die Qualifikation des Programmieres kann mit Hilfe seiner Programmierkenntnisse einem Anderen nicht die Programmierkenntnisse wegnehmen. Mit dieser Qualifikation kann man jemanden höchstens lehren, selbst programmieren zu können. Eine Fähigkeit kann also nicht ihr Gegenteil anrichten.</font>
Argumentation angegangen. Die Qualifikation des Programmieres kann mit Hilfe
 
seiner Programmierkenntnisse einem Anderen nicht die Programmierkenntnisse
 
wegnehmen. Mit dieser Qualifikation kann man jemanden höchstens lehren, selbst
 
programmieren zu können. Eine Fähigkeit kann also nicht ihr Gegenteil
 
anrichten.</font>
 
  
 
:<font color="slateblue">Ein problematisches Argument. Es lassen sich leicht Fälle finden, in denen eine pädagogisch ungeschickte Musikerin keine Kenntnisse der Musik vermittelt, ja sogar dazu beiträgt, dass man die bereits vorhandenen Kenntnisse verlernt. Das ist ''möglich''. Wenn es eine begriffliche Schlussfolgerung sein soll, kann man nur sagen: die Kompetenz in einer Sache zu lehren heißt, Kompetenz zu steigern. Aber das ist beinahe eine Tautologie.</font>  
 
:<font color="slateblue">Ein problematisches Argument. Es lassen sich leicht Fälle finden, in denen eine pädagogisch ungeschickte Musikerin keine Kenntnisse der Musik vermittelt, ja sogar dazu beiträgt, dass man die bereits vorhandenen Kenntnisse verlernt. Das ist ''möglich''. Wenn es eine begriffliche Schlussfolgerung sein soll, kann man nur sagen: die Kompetenz in einer Sache zu lehren heißt, Kompetenz zu steigern. Aber das ist beinahe eine Tautologie.</font>  
  
Aber also die Gerechten durch die Gerechtigkeit zum Ungerechten? Oder überhaupt
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Aber also die Gerechten durch die Gerechtigkeit zum Ungerechten? Oder überhaupt die Guten durch die Tugend zum Schlechten?
die Guten durch die Tugend zum Schlechten?
 
  
 
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:<font color="maroon">Nun wieder das Beispiel auf den Menschen, der gerecht ist.
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:<font color="maroon">Nun wieder das Beispiel auf den Menschen, der gerecht ist. Er kann durch die Fähigkeit/Eigenschaft, gerecht zu sein, jemand anderen nicht ungerecht machen.</font>
Er kann durch die Fähigkeit/Eigenschaft, gerecht zu sein, jemand anderen nicht
 
ungerecht machen.</font>
 
  
 
:<font slateblue">Was ist die Logik dieser iterativen Anwendung einer Fertigkeit? Kann diplomatisches Verhalten durch (weiteres) diplomatisches Verhalten undiplomatisch werden? Mut durch noch mehr Mut kein Mut mehr sein, sondern Übermut? Das Denkmodell scheint zu sein: Wenn man in ein halb volles Glas zusätzlich Flüssigkeit leert, kann es nicht weniger werden. Aber das stimmt de facto auch nicht.</font>  
 
:<font slateblue">Was ist die Logik dieser iterativen Anwendung einer Fertigkeit? Kann diplomatisches Verhalten durch (weiteres) diplomatisches Verhalten undiplomatisch werden? Mut durch noch mehr Mut kein Mut mehr sein, sondern Übermut? Das Denkmodell scheint zu sein: Wenn man in ein halb volles Glas zusätzlich Flüssigkeit leert, kann es nicht weniger werden. Aber das stimmt de facto auch nicht.</font>  
  
Denn nicht der Hitze Sache ist es, denke ich, kalt zu machen, sondern des
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Denn nicht der Hitze Sache ist es, denke ich, kalt zu machen, sondern des Gegenteils.
Gegenteils.
 
  
 
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Offenbar.
 
Offenbar.
:<font color="maroon">Das sind IMHO eher rhetorische Fragen, die als Probe
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:<font color="maroon">Das sind IMHO eher rhetorische Fragen, die als Probe dienen, ob Polemarchos erfasst hat, worum es auf einer allgemeineren Ebene geht. In der Schulmathematik könnte man von der "Probe" sprechen, die man macht, nachdem man mit dem Berechnen fertig ist um abzuchecken, ob bei der Berechnung kein Fehler unterlaufen ist.</font>
dienen, ob Polemarchos erfasst hat, worum es auf einer allgemeineren Ebene geht.
 
In der Schulmathematik könnte man von der "Probe" sprechen, die man macht,
 
nachdem man mit dem Berechnen fertig ist um abzuchecken, ob bei der Berechnung
 
kein Fehler unterlaufen ist.</font>
 
  
 
Der Gerechte aber ist doch gut?
 
Der Gerechte aber ist doch gut?
  
 
Allerdings.
 
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:<font color="maroon">Das ist nun das letzte Verbindungsglied, durch das
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:<font color="maroon">Das ist nun das letzte Verbindungsglied, durch das Sokrates Polemarchos dem Irrtum seiner Meinung klarmachen kann.</font>
Sokrates Polemarchos dem Irrtum seiner Meinung klarmachen kann.</font>
 
  
So ist es also, Polemarchos, nicht des Gerechten Sache, zu schaden, weder einem
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So ist es also, Polemarchos, nicht des Gerechten Sache, zu schaden, weder einem Freunde noch sonst jemandem, sondern des Gegenteils, des Ungerechten.
Freunde noch sonst jemandem, sondern des Gegenteils, des Ungerechten.
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:<font color="maroon">Das Ergebnis: Wenn jemand schadet, dann ist es der Ungerechte. Der Gerechte schadet niemanden, denn der Gerechte ist gut. Und durch seine Fähigkeit, gerecht zu sein, kann er jemand anderen nicht ungerecht machen,
:<font color="maroon">Das Ergebnis: Wenn jemand schadet, dann ist es der
 
Ungerechte. Der Gerechte schadet niemanden, denn der Gerechte ist gut. Und durch
 
seine Fähigkeit, gerecht zu sein, kann er jemand anderen nicht ungerecht machen,
 
 
wobei ungerecht machen ja auch heißt: Schaden zufügen.</font>
 
wobei ungerecht machen ja auch heißt: Schaden zufügen.</font>
  
 
Du scheinst mir vollständig recht zu haben, Sokrates, erwiderte er.
 
Du scheinst mir vollständig recht zu haben, Sokrates, erwiderte er.
:<font color="maroon">Ich könnte mir vorstellen, und es erweckt den Eindruck,
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:<font color="maroon">Ich könnte mir vorstellen, und es erweckt den Eindruck, dass Polemarchos sichtlich überrumpelt und überrascht erscheint, obwohl er vielleicht schon in der Mitte dieser Fragenkaskade geahnt haben könnte, worauf
dass Polemarchos sichtlich überrumpelt und überrascht erscheint, obwohl er
 
vielleicht schon in der Mitte dieser Fragenkaskade geahnt haben könnte, worauf
 
 
Sokrates hinauswill.</font>
 
Sokrates hinauswill.</font>
  
Wenn also jemand sagt, gerecht sei, daß man jedem gebe, was man ihm schuldig
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Wenn also jemand sagt, gerecht sei, daß man jedem gebe, was man ihm schuldig sei, und darunter das versteht, daß der gerechte Mann den Feinden Schaden schuldig sei und den Freunden Nutzen, so war der nicht weise, der so gesprochen hat; denn er hat etwas gesagt, was nicht wahr ist, da wir nirgends gefunden haben, daß gerecht sei, irgend jemandem zu schaden.
sei, und darunter das versteht, daß der gerechte Mann den Feinden Schaden
 
schuldig sei und den Freunden Nutzen, so war der nicht weise, der so gesprochen
 
hat; denn er hat etwas gesagt, was nicht wahr ist, da wir nirgends gefunden
 
haben, daß gerecht sei, irgend jemandem zu schaden.
 
  
 
Ich gebe es zu, sagte er.
 
Ich gebe es zu, sagte er.
  
:<font color="maroon">Was ich bei den Dialogen noch etwas gekünstelt finde ist
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:<font color="maroon">Was ich bei den Dialogen noch etwas gekünstelt finde ist diese Ja-Sager-Rolle der Gesprächspartner von Sokrates. Im ersten Buch kommt das noch nicht so stark rüber (da kommen manchmal auch inhaltliche Wortmeldungen), aber wenn es dann später um die Entwicklung des Staates geht, kommt einem der Gesprächspartner nur noch als jemand vor, der sich von der rhetorischen Oberfläche der Argumente in seinen Wortmeldungen leiten lässt. Er hat dann eigentlich fast nur noch die Funktion eines "Weiter"-Buttons?</font>
diese Ja-Sager-Rolle der Gesprächspartner von Sokrates. Im ersten Buch kommt das
 
noch nicht so stark rüber (da kommen manchmal auch inhaltliche Wortmeldungen),
 
aber wenn es dann später um die Entwicklung des Staates geht, kommt einem der
 
Gesprächspartner nur noch als jemand vor, der sich von der rhetorischen
 
Oberfläche der Argumente in seinen Wortmeldungen leiten lässt. Er hat dann
 
eigentlich fast nur noch die Funktion eines "Weiter"-Buttons?</font>
 

Version vom 23. Oktober 2008, 08:38 Uhr

Ein Versuch, die Entwicklung der Argumente zu verfolgen

Gerechtigkeit ist definiert als:
  • jedem seine Schuldigkeit erweisen
  • den Guten (Freunden) also Gutes, den Bösen (Feinden) also Böses
Das ist ein gruppenspezifischer Begriff von Gerechtigkeit. Ein Ehrenkodex, wie

z.B. in der Mafia. Wichtig ist daran: in einem Sinn ist das ein Ideal der Gleichberechtigung.

Es gehört also, sagte ich, zu einem gerechten Manne, daß er irgend jemandem schade?

Sokrates vergewissert sich, ob er seine Meinung/die These richtig verstanden hat.

Allerdings, antwortete er, den Schlechten und Feinden muß man schaden.

Ja, Sokrates, du hast richtig verstanden. (Im Vorgeplänkel hat Sokrates schon zu der Überzeugung hingeführt, dass, wenn man schon den Feinden schaden muss, man zumindest den tatsächlichen, wahren Feinden schaden

muss. Also nicht nur, wie es jemanden erscheint, der sich auch täuschen kann, sondern wenn es gerecht sein soll, dass man dem Feind schadet, dann muss es auch wirklich ein Feind sein und nicht nur so scheinen. Im Folgenden geht Sokrates weiter...)

In diesem Vorgeplänkel geht es um die Grenzziehung zwischen gut und schlecht. Freund/Feind soll die Basisunterscheidung sein, daran anschließend gilt für die In-Group "Gerechtigkeit". Aber wie verläßlich ist die Freund/Feind-Unterscheidung? Man kann sich täuschen, dann ist man z.B. gegen einen Freund ungerecht. Darin liegt schon: wer "gut" ist, muss auch noch untersucht werden. Der Gruppenegoismus bedient sich einer Kategorie, die ihrerseits einer Überprüfung bedarf. Was ist das Kriterium, wenn es nicht darin bestehen kann, dass man den Eindruck hat, jemand sei gut?

Werden Pferde, denen man Schaden antut, besser oder schlechter?

Der erste Sprung ins Beispiel. Er beginnt mit einer Frage, auf die man wohl heute noch auf dieselbe Weise antworten würde. Die Antwort scheint klar.

Schlechter.

Warum fragst du das? Natürlich schlechter.
Hier sind die Begriffe verwischt.
  • εἰκὸς μέν, ἔφη, οὓς ἄν τις ἡγῆται χρηστοὺς φιλεῖν, οὓς δ᾽ ἂν πονηροὺς μισεῖν.(334c)
  • βλαπτόμενοι δ᾽ ἵπποι βελτίους ἢ χείρους γίγνονται; (335b)
"gutartig"/"bösartig" bei Menschen unterscheidet sich von "besser"/"schlechter" bei Pferden.

In bezug auf das, was die Tüchtigkeit der Hunde ausmacht, oder was die der Pferde ausmacht?

Letzteres.

Hier bin ich nicht ganz sicher. Er meint wohl sowas wie, dass dieser Schaden ein Mangel von dem ist, was man normalerweise unter einem Pferd versteht. Den Schaden eines Pferdes an einem Hund zu messen, wäre einfältig, wahrscheinlich schon allein aus dem Begriff des Schadens heraus, der sich immer irgendwie auf die "normale Vorstellung" des Geschädigten bezieht. Es geht eher um den Kontrast zwischen "gesundes, normales Pferd" und "geschädigtes

Pferd". Kann man hier schon sowas wie eine Hinwendung zur Idee "Pferd" als Maßstab feststellen?

Werden also auch Hunde, denen man Schaden tut, schlechter in bezug auf ihre Tüchtigkeit als Hunde, aber nicht als Pferde?

Notwendig.

Genauso - mutatis mutandis. Um zu zeigen, dass es hier nicht um Pferde, sondern um etwas Allgemeineres geht, kommt noch ein zweites Beispiel.

Von den Menschen aber, mein Freund, werden wir nicht sagen müssen, daß sie, wenn man ihnen Schaden antut, schlechter werden in bezug auf die menschliche Tugend?

Freilich.

Im Reklam-Buch wird statt "menschliche Tugend" "Eigenart des Menschen" verwendet. Es geht jedenfalls darum, dass auch die Konstitution des Menschen durch eine Schädigung nicht besser wird.
ἀνθρώπους δέ, ὦ ἑταῖρε, μὴ οὕτω φῶμεν, βλαπτομένους εἰς τὴν ἀνθρωπείαν ἀρετὴν χείρους γίγνεσθαι; "schlechter hinsichtlich menschlicher Tüchtigkeit (aretē)". Hier wirkt sich die oberflächliche Parallelisierung Mensch/Tier aus. "Tauglichkeit", "Tüchtigkeit", "Tugend"; vielleicht "menschliche Qualitäten".

Ist aber die Gerechtigkeit nicht eine menschliche Tugend?

Auch das ist notwendig.

Jetzt ist es nicht mehr weit, zur Widerlegung der obigen These: Die Gerechtigkeit wird durch eine Schädigung nicht besser, sondern schlechter.
Dieser Satz dient dazu, dass Platon von einer Verminderung der Tauglichkeit zum Effekt vermehrter Ungerechtigkeit kommt.

Die Menschen also, mein Lieber, denen man schadet, müssen notwendig ungerechter werden?

So scheint es.

Gerechtigkeit verstehen wir heute wohl ein bisschen anders. Wir benutzen das Wort Gerechtigkeit eher wie "Fair Play": Wenn Hilfsorganisationen durch die Spekulationen der Banker weniger Spenden erhalten,

ist das nicht gerecht. Wenn ich es schaffe, im Anmeldesystem der Informatik einen Platz in der überfüllten VU zu ergattern, ein anderer mit mindestens der gleichen Qualifikation jedoch nicht, dann ist das nicht fair. Bei diesem Text schwingt jedenfalls noch eine andere Bedeutung von Gerechtigkeit mit.

Dieses Argument funktioniert nur, wenn man auf den Menschen ausschließlich die Verhaltenstechnik aus dem Tierreich anwendet.

Können nun aber die Tonkünstler jemand durch die Tonkunst zum Tonkunstlaien machen?

Unmöglich.

Aber die Reitkünstler durch die Reitkunst zum Nichtreiter?

Kann nicht sein.

Hier wird mit zwei Beispielen das nächste Stück Argumentation angegangen. Die Qualifikation des Programmieres kann mit Hilfe seiner Programmierkenntnisse einem Anderen nicht die Programmierkenntnisse wegnehmen. Mit dieser Qualifikation kann man jemanden höchstens lehren, selbst programmieren zu können. Eine Fähigkeit kann also nicht ihr Gegenteil anrichten.
Ein problematisches Argument. Es lassen sich leicht Fälle finden, in denen eine pädagogisch ungeschickte Musikerin keine Kenntnisse der Musik vermittelt, ja sogar dazu beiträgt, dass man die bereits vorhandenen Kenntnisse verlernt. Das ist möglich. Wenn es eine begriffliche Schlussfolgerung sein soll, kann man nur sagen: die Kompetenz in einer Sache zu lehren heißt, Kompetenz zu steigern. Aber das ist beinahe eine Tautologie.

Aber also die Gerechten durch die Gerechtigkeit zum Ungerechten? Oder überhaupt die Guten durch die Tugend zum Schlechten?

Unmöglich.

Nun wieder das Beispiel auf den Menschen, der gerecht ist. Er kann durch die Fähigkeit/Eigenschaft, gerecht zu sein, jemand anderen nicht ungerecht machen.
Was ist die Logik dieser iterativen Anwendung einer Fertigkeit? Kann diplomatisches Verhalten durch (weiteres) diplomatisches Verhalten undiplomatisch werden? Mut durch noch mehr Mut kein Mut mehr sein, sondern Übermut? Das Denkmodell scheint zu sein: Wenn man in ein halb volles Glas zusätzlich Flüssigkeit leert, kann es nicht weniger werden. Aber das stimmt de facto auch nicht.

Denn nicht der Hitze Sache ist es, denke ich, kalt zu machen, sondern des Gegenteils.

Ja.

Und nicht der Trockenheit, feucht zu machen, sondern des Gegenteils.

Allerdings.

Also auch nicht des Guten, zu schaden, sondern des Gegenteils.

Offenbar.

Das sind IMHO eher rhetorische Fragen, die als Probe dienen, ob Polemarchos erfasst hat, worum es auf einer allgemeineren Ebene geht. In der Schulmathematik könnte man von der "Probe" sprechen, die man macht, nachdem man mit dem Berechnen fertig ist um abzuchecken, ob bei der Berechnung kein Fehler unterlaufen ist.

Der Gerechte aber ist doch gut?

Allerdings.

Das ist nun das letzte Verbindungsglied, durch das Sokrates Polemarchos dem Irrtum seiner Meinung klarmachen kann.

So ist es also, Polemarchos, nicht des Gerechten Sache, zu schaden, weder einem Freunde noch sonst jemandem, sondern des Gegenteils, des Ungerechten.

Das Ergebnis: Wenn jemand schadet, dann ist es der Ungerechte. Der Gerechte schadet niemanden, denn der Gerechte ist gut. Und durch seine Fähigkeit, gerecht zu sein, kann er jemand anderen nicht ungerecht machen,

wobei ungerecht machen ja auch heißt: Schaden zufügen.

Du scheinst mir vollständig recht zu haben, Sokrates, erwiderte er.

Ich könnte mir vorstellen, und es erweckt den Eindruck, dass Polemarchos sichtlich überrumpelt und überrascht erscheint, obwohl er vielleicht schon in der Mitte dieser Fragenkaskade geahnt haben könnte, worauf

Sokrates hinauswill.

Wenn also jemand sagt, gerecht sei, daß man jedem gebe, was man ihm schuldig sei, und darunter das versteht, daß der gerechte Mann den Feinden Schaden schuldig sei und den Freunden Nutzen, so war der nicht weise, der so gesprochen hat; denn er hat etwas gesagt, was nicht wahr ist, da wir nirgends gefunden haben, daß gerecht sei, irgend jemandem zu schaden.

Ich gebe es zu, sagte er.

Was ich bei den Dialogen noch etwas gekünstelt finde ist diese Ja-Sager-Rolle der Gesprächspartner von Sokrates. Im ersten Buch kommt das noch nicht so stark rüber (da kommen manchmal auch inhaltliche Wortmeldungen), aber wenn es dann später um die Entwicklung des Staates geht, kommt einem der Gesprächspartner nur noch als jemand vor, der sich von der rhetorischen Oberfläche der Argumente in seinen Wortmeldungen leiten lässt. Er hat dann eigentlich fast nur noch die Funktion eines "Weiter"-Buttons?