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'''ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).'''
 
'''ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).'''
  
In diesem Buch zeigt Barton die Entstehung des Dokumentartheaters, sowie die Eigenschaften des Genres anhand ausgewählter Stücke. Als charakteristisch dafür nennt Barton, dass Faktenmaterial die Grundlage für die Darstellung auf der Bühne bildet. Die Dokumente werden aber sehr wohl vom Autor zusammengefasst und durch wissenschaftliche Durchdringung interpretiert. Das Dokumentarstück bezieht somit Stellung gegenüber einer meist aktuellen (politischen oder sozialen) Situation in der Gesellschaft. Barton verdeutlicht, dass das Dokumentartheater keinen Anspruch auf Objektivität stellt, sondern eine korrigierende Haltung gegenüber den Massenmedien und der öffentlichen Meinung einnehmen will. Diese neuen Inhalte verlangen nach neuen dramatischen Formen, durch die auch ein Reflexionsprozess bei den RezipientInnen hervorgerufen werden soll.  
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In diesem Buch zeigt Brian Barton die Entstehung des Dokumentartheaters der 60er Jahre, sowie die Eigenschaften des Genres, auf.  
  
Neben den zentralen Merkmalen des Dokumentartheaters wendet sich Barton auch den Vorläufern dieser Richtung zu. Eine Tendenz das Bühnengeschehen nach Fakten zu organisieren zeigte sich erstmals Ende des 19.Jahrhunders, als die literarischen Strömungen des Naturalismus und Realismus aufkamen. Als direkten Ursprung des Dokumentarischen Theaters beschreibt er das Zeitstück der 20er Jahre, in der Weimarer Republik. Es entstand ebenfalls in einer Zeit der Ernüchterung und Entmythologisierung, wo soziale und politische Fragen der Gegenwart zu drängend wurden, um vor ihnen in die Vergangenheit oder in erfundene Geschichten zu fliehen. Als typische Stoffe, für die hauptsächlich in Westdeutschland entstanden Stücke, nennt Barton: Krieg und Revolution, Justizdramen und Soziale Fragen (wie beispielsweise die Auswirkungen von wissenschaftlichen oder technologischen Entwicklungen).  Als wichtigsten Vertreter der Zeitstücke der 20er Jahre nennt Barton Erwin Piscator: er entwickelte einen dokumentarischen Regiestil für seine Lehr-Dramen, der neue technische Möglichkeiten einband (Der Film als Mittel, um eine Reflexion bei den ZuschauerInnen zu erreichen).  
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Eine Frage Bartons ist die, nach der historischen Verortung des Dokumentartheaters. Als Vorläufer sieht er realistische/naturalistische Strömungen Ende des 19.Jhdts, sowie die Zeit- und Lehrstücke von Erwin Piscator in den 1920er Jahren.  
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Das Dokumentartheater der 60er Jahre entstand wie dieses in einer Zeit der Ernüchterung und Entmythologisierung, wo soziale und politische Fragen der Gegenwart zu drängend wurden, um vor ihnen in die Vergangenheit oder in erfundene Geschichten zu fliehen. Die Autoren des Dokumentartheaters, die überwiegend aus Westdeutschland stammten, wollten durch das Aufgreifen unverarbeiteter Stoffe, etwa der Nazivergangenheit, sowie durch eine Bearbeitung mit wissenschaftlichem Anspruch, diese Themen erneut ins (öffentliche) Interesse rücken.
  
Erwin Piscator wurde laut Barton auch zum Mitbegründer des Dokumentartheaters der 60er Jahre: Er inszenierte die ersten Stücke dieser Richtung, die in einer Zeit entstand, in der eine Auseinandersetzung mit der Nazivergangenheit nicht erfolgt und auch nicht erwünscht war. Die Bewältigung dieser Vergangenheit war Thema vieler Dokumentarstücke.
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Barton widmet sich außerdem der Frage, welche Merkmale das Dokumentartheater hat und
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welcher Methode es sowohl in literarischer Hinsicht, als auch bei der Umsetzung auf der Bühne, folgt. Sein Vorgehen ist dabei ein beschreibendes: Er stützt sich einerseits auf schon vorhandene Literatur zum Thema und nimmt auch eine umfangreiche Darstellung der Quellen vor, andererseits untersucht er ausgewählte Stücke und deren Rezeption, um Merkmale auszumachen.
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Als bestimmend wird der Ansatz beschrieben, dass die Wirklichkeit mehr Aussagekraft hätte, als die Fiktion des Dichters. Diesem kommt die Rolle zu, die Fakten auszuwählen, anzuordnen und dadurch notwendigerweise zu interpretieren.  
  
Brian Barton unterlässt es hier wieder eine allgemeine Genrebestimmung aufzuzeigen, nimmt aber eine exemplarische Zuordnung von Stücken bei einigen Autoren vor. Zentral ist, dass die Wirklichkeit mehr Aussagekraft hat, als die Phantasie des Dichters.  
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Hier thematisiert Barton auch die Darstellungsweise der Geschehnisse auf der Bühne. Maßgeblich dafür wird die Schaffung einer Reflexionsebene für die ZuschauerInnen beschrieben, da sie so Distanz zum Dargestellten erreichen und die Möglichkeit einer nicht bloß durch Empathie bestimmten Rezeption erhalten. Barton erörtert die Umsetzung bei 3 Autoren, die maßgeblich aus den Ansätzen von Vorläufern (wie Piscator und Brecht) und aus dem Einsatz von anderen Medien (Film, Musik etc.) bestand.
  
Er beschreibt nun u.a. beispielhaft „Der Stellvertreter“ (von Hochhuth), „Bruder Eichmann“ (von Kipphardt) und „Die Ermittlung“ (von Weiss). An diesen Stücken verdeutlicht er auch, welche Intention sie dem Publikum gegenüber verfolgen. Hochhuths Stück zielte beispielsweise auf eine Auslösung einer öffentlichen Debatte über den zuvor verdrängten Teil der Vergangenheit. Auch Kipphardt verweist mit seiner Bearbeitung des Falles Eichmanns auf die Fortsetzung der gezeigten Prozesse in die Gegenwart. Es werden also nicht einfach nur Fakten auf die Bühne gebracht, sondern diese werden „zusammengeschnitten“ und interpretiert, sodass sie in ein anderes Licht gerückt werden und ihre Relevanz für die Gegenwart sichtbar wird.
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Abschließend thematisiert Barton das Verhältnis des dokumentarischen Theaters zu anderen Medien: Dem Theater wurde es vielfach abgesprochen dokumentarische Stoffe aufzuführen. Es herrschte jedoch diesbezüglich kein Konkurrenzkampf, sondern eine wechselseitige Beeinflussung, in dem das dokumentarische Theater Filme auf der Bühne montierte und Dokumentarstücke als Fernsehspiele inszeniert wurden etc. Darüber hinaus versuchte das Theater nicht Massenmedien, wie Film oder Fernsehen nachzuahmen und zu übertrumpfen. Es nahm vielmehr diesen und den dadurch verbreiteten Meinungen gegenüber, eine kritische Haltung ein.  
Barton beschreibt, dass die Wirkung der Stücke besonders von der Darstellungsweise abhängt. Rolf Hochhuth bevorzugte traditionelle Darstellungsformen, die der Wirkung der Tatsachen jedoch abträglich waren. Heinar Kipphardt adaptierte Ansätze des epischen Theaters von Brecht. Er verwendet diverse Distanzierungsmittel, z.B. Filmausschnitte oder Zwischentitel, durch die eine Unterbrechung des Bühnengeschehens erreicht und eine Reflexionsebene geschaffen wurde. Peter Weiss versuchte eine Distanzierung zum Bühnengeschehen vermehrt dadurch zu erreichen, dass er nicht individualisierte Schicksale auf die Bühne brachte, sondern seine Figuren als Träger von Tendenzen und Interessen, also als kollektive Kräfte anlegte. Eine Distanzierung versucht er außerdem über die Sprache (z.B.: Gesang, Versformen) zu schaffen.
 
  
Abschließend thematisiert Barton das Verhältnis des Dokumentarischen Theaters zu anderen Medien: Dem Theater wurde es vielfach abgesprochen dokumentarische Stoffe aufzuführen. Es herrschte jedoch diesbezüglich kein Konkurrenzkampf, sondern eine wechselseitige Beeinflussung, in dem das Dokumentarische Theater Filme auf der Bühne montierte und Dokumentarstücke als Fernsehspiele inszeniert wurden etc. Darüber hinaus versuchte das Theater nicht Massenmedien, wie Film oder Fernsehen nachzuahmen und zu übertrumpfen. Es nahm vielmehr diesen und den dadurch verbreiteten Meinungen gegenüber eine kritische Haltung ein.
 
  
 
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'''ABSTRACT: Hanuschek, Sven (1993): „Ich nenne das Wahrheitsfindung“. Heinar Kipphardts Dramen und ein Konzept des Dokumentartheaters als Historiographie. Bielefeld: Aisthesis Verlag.'''
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Sven Hanuschek widmet sich dem Vorhaben, eine Bestimmung des dokumentarischen Theaters zu liefern. Er begreift jenes dabei als Geschichtsschreibung, die er wiederum zwischen Wissenschaftlichkeit und Kunst verortet. Zunächst wird der vorhandene Forschungsstand kurz dargestellt, dann erörtert Hanuschek seine Ausgangsthese, nämlich das dokumentarische Theater als Historiographie zu bestimmen.
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Anhand akribischer Untersuchungen exemplarischer Werke (vordergründig von Heinar Kipphardt), zeigt Hanuschek deren Konzeption als Geschichtsschreibung auf: Er zeigt die konkrete Umsetzung von Fakten/historischen Dokumenten im Stück und dessen Entstehungszusammenhang, der als maßgebliche Komponente für Inhalt und Umsetzung gesehen wird.
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Sein Vorgehen begreift er als eines, das dem sachsonischen Wissenschaftsstil, nach Galtung, folgt – er möchte keine normativen Ergebnisse konstatieren, sondern eine offene Theorie entwickeln.
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Das Dokumentartheater wird zwar als Geschichtsschreibung gefasst, dennoch bestehen Differenzen zwischen beiden, die anhand des jeweiligen Zugangs zu verschiedenen Fragen (beispielsweise der Frage nach dem Wahrheitsanspruch, oder der Frage nach dem Anspruch die Wirklichkeit abzubilden) dargestellt werden.
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Neben diesen eher formalen Aspekten wird auch berücksichtigt, welche Möglichkeiten das Theater hat, Geschichten zu erzählen. Hanuschek stellt dabei einerseits Überlegungen zur dramatischen Form an, andererseits zeigt er auch Ansätze der Theaterästhetik, vor allem bei Heinar Kipphardt (und seinen Vorgängern: Erwin Piscator und Bertolt Brecht), auf. Bei Kipphardt arbeitet er den Anspruch heraus, die Wirklichkeit als Ganzes auf die Bühne zu bringen. Jedoch nur, um sie zum Gegenstand von Veränderung zu machen.
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Diesen Ansatz – Darstellung der Wirklichkeit anhand von authentischem Material, um sie der Veränderung zuzuführen – sieht Hanuschek im Theater der 70er und 80er Jahre wieder vermehrt auftreten, wobei aber die ästhetische Komponente, bei der Umsetzung, hinter das Material zurücktritt.
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'''ABSTRACT: Hilzinger, Klaus Harro (1976): Die Dramaturgie des dokumentarischen Theaters. Tübingen: Max Niemeyer Verlag.'''
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In diesem Buch reflektiert Klaus Harro Hilzinger auf die Problematik des dokumentarischen Theaters, das sich zwischen politischer und ästhetischer Gültigkeit bewegt.
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Er begreift das dokumentarische Theater als ästhetische Struktur, bei der er besonderes Augenmerk auf die dramatische Form legt, die nicht bloßes Transportmittel von Inhalten oder der Intention des Autors ist.
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Mit einem hermeneutischen Blick wendet er sich Stücken von Heinar Kipphardt, Rolf Hochhuth und Peter Weiss zu und versucht deren politische und ästhetische Bedeutung herauszuarbeiten. Als Untersuchungskategorien dienen ihm dabei drei Begriffspaare, die jeweils eine spezifische Fragestellung des dokumentarischen Theaters widerspiegeln. ''Illusion'' und ''Verfremdung'' verweisen auf die Möglichkeit, die Darstellung als solche bewusst zu machen und gewohnte Wahrnehmungsweisen durch Verfremdung zu stören. ''Realität'' und ''Fiktion'' beziehen sich auf die Möglichkeit, die Wirklichkeit nicht nur abzubilden, sondern auf der Bühne wiederum Wirklichkeit zu schaffen. Das Begriffspaar ''Geschichte'' und ''Modell'' richtet sich auf den Anspruch historische Fakten auf die Bühne zu bringen, diesen aber gleichzeitig etwas Modellhaftes abzugewinnen und einen Bezug zur Gegenwart herzustellen.
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Hilzinger entwickelt in seiner Untersuchung das dokumentarische Theater als Erfindung der damaligen Situation im Westdeutschland der sechziger Jahre. Es ist Reaktion auf verdeckte Widersprüche in der Gesellschaft – eine politische und ästhetische Opposition.

Aktuelle Version vom 14. Juli 2008, 20:57 Uhr

ABSTRACT: Barton, Brian (1987): Das Dokumentartheater. Stuttgart: Metzler (Realien zur Literatur, Band 232).

In diesem Buch zeigt Brian Barton die Entstehung des Dokumentartheaters der 60er Jahre, sowie die Eigenschaften des Genres, auf.

Eine Frage Bartons ist die, nach der historischen Verortung des Dokumentartheaters. Als Vorläufer sieht er realistische/naturalistische Strömungen Ende des 19.Jhdts, sowie die Zeit- und Lehrstücke von Erwin Piscator in den 1920er Jahren. Das Dokumentartheater der 60er Jahre entstand wie dieses in einer Zeit der Ernüchterung und Entmythologisierung, wo soziale und politische Fragen der Gegenwart zu drängend wurden, um vor ihnen in die Vergangenheit oder in erfundene Geschichten zu fliehen. Die Autoren des Dokumentartheaters, die überwiegend aus Westdeutschland stammten, wollten durch das Aufgreifen unverarbeiteter Stoffe, etwa der Nazivergangenheit, sowie durch eine Bearbeitung mit wissenschaftlichem Anspruch, diese Themen erneut ins (öffentliche) Interesse rücken.

Barton widmet sich außerdem der Frage, welche Merkmale das Dokumentartheater hat und welcher Methode es sowohl in literarischer Hinsicht, als auch bei der Umsetzung auf der Bühne, folgt. Sein Vorgehen ist dabei ein beschreibendes: Er stützt sich einerseits auf schon vorhandene Literatur zum Thema und nimmt auch eine umfangreiche Darstellung der Quellen vor, andererseits untersucht er ausgewählte Stücke und deren Rezeption, um Merkmale auszumachen. Als bestimmend wird der Ansatz beschrieben, dass die Wirklichkeit mehr Aussagekraft hätte, als die Fiktion des Dichters. Diesem kommt die Rolle zu, die Fakten auszuwählen, anzuordnen und dadurch notwendigerweise zu interpretieren.

Hier thematisiert Barton auch die Darstellungsweise der Geschehnisse auf der Bühne. Maßgeblich dafür wird die Schaffung einer Reflexionsebene für die ZuschauerInnen beschrieben, da sie so Distanz zum Dargestellten erreichen und die Möglichkeit einer nicht bloß durch Empathie bestimmten Rezeption erhalten. Barton erörtert die Umsetzung bei 3 Autoren, die maßgeblich aus den Ansätzen von Vorläufern (wie Piscator und Brecht) und aus dem Einsatz von anderen Medien (Film, Musik etc.) bestand.

Abschließend thematisiert Barton das Verhältnis des dokumentarischen Theaters zu anderen Medien: Dem Theater wurde es vielfach abgesprochen dokumentarische Stoffe aufzuführen. Es herrschte jedoch diesbezüglich kein Konkurrenzkampf, sondern eine wechselseitige Beeinflussung, in dem das dokumentarische Theater Filme auf der Bühne montierte und Dokumentarstücke als Fernsehspiele inszeniert wurden etc. Darüber hinaus versuchte das Theater nicht Massenmedien, wie Film oder Fernsehen nachzuahmen und zu übertrumpfen. Es nahm vielmehr diesen und den dadurch verbreiteten Meinungen gegenüber, eine kritische Haltung ein.



ABSTRACT: Hanuschek, Sven (1993): „Ich nenne das Wahrheitsfindung“. Heinar Kipphardts Dramen und ein Konzept des Dokumentartheaters als Historiographie. Bielefeld: Aisthesis Verlag.

Sven Hanuschek widmet sich dem Vorhaben, eine Bestimmung des dokumentarischen Theaters zu liefern. Er begreift jenes dabei als Geschichtsschreibung, die er wiederum zwischen Wissenschaftlichkeit und Kunst verortet. Zunächst wird der vorhandene Forschungsstand kurz dargestellt, dann erörtert Hanuschek seine Ausgangsthese, nämlich das dokumentarische Theater als Historiographie zu bestimmen.

Anhand akribischer Untersuchungen exemplarischer Werke (vordergründig von Heinar Kipphardt), zeigt Hanuschek deren Konzeption als Geschichtsschreibung auf: Er zeigt die konkrete Umsetzung von Fakten/historischen Dokumenten im Stück und dessen Entstehungszusammenhang, der als maßgebliche Komponente für Inhalt und Umsetzung gesehen wird.

Sein Vorgehen begreift er als eines, das dem sachsonischen Wissenschaftsstil, nach Galtung, folgt – er möchte keine normativen Ergebnisse konstatieren, sondern eine offene Theorie entwickeln.

Das Dokumentartheater wird zwar als Geschichtsschreibung gefasst, dennoch bestehen Differenzen zwischen beiden, die anhand des jeweiligen Zugangs zu verschiedenen Fragen (beispielsweise der Frage nach dem Wahrheitsanspruch, oder der Frage nach dem Anspruch die Wirklichkeit abzubilden) dargestellt werden.

Neben diesen eher formalen Aspekten wird auch berücksichtigt, welche Möglichkeiten das Theater hat, Geschichten zu erzählen. Hanuschek stellt dabei einerseits Überlegungen zur dramatischen Form an, andererseits zeigt er auch Ansätze der Theaterästhetik, vor allem bei Heinar Kipphardt (und seinen Vorgängern: Erwin Piscator und Bertolt Brecht), auf. Bei Kipphardt arbeitet er den Anspruch heraus, die Wirklichkeit als Ganzes auf die Bühne zu bringen. Jedoch nur, um sie zum Gegenstand von Veränderung zu machen.

Diesen Ansatz – Darstellung der Wirklichkeit anhand von authentischem Material, um sie der Veränderung zuzuführen – sieht Hanuschek im Theater der 70er und 80er Jahre wieder vermehrt auftreten, wobei aber die ästhetische Komponente, bei der Umsetzung, hinter das Material zurücktritt.



ABSTRACT: Hilzinger, Klaus Harro (1976): Die Dramaturgie des dokumentarischen Theaters. Tübingen: Max Niemeyer Verlag.

In diesem Buch reflektiert Klaus Harro Hilzinger auf die Problematik des dokumentarischen Theaters, das sich zwischen politischer und ästhetischer Gültigkeit bewegt.

Er begreift das dokumentarische Theater als ästhetische Struktur, bei der er besonderes Augenmerk auf die dramatische Form legt, die nicht bloßes Transportmittel von Inhalten oder der Intention des Autors ist.

Mit einem hermeneutischen Blick wendet er sich Stücken von Heinar Kipphardt, Rolf Hochhuth und Peter Weiss zu und versucht deren politische und ästhetische Bedeutung herauszuarbeiten. Als Untersuchungskategorien dienen ihm dabei drei Begriffspaare, die jeweils eine spezifische Fragestellung des dokumentarischen Theaters widerspiegeln. Illusion und Verfremdung verweisen auf die Möglichkeit, die Darstellung als solche bewusst zu machen und gewohnte Wahrnehmungsweisen durch Verfremdung zu stören. Realität und Fiktion beziehen sich auf die Möglichkeit, die Wirklichkeit nicht nur abzubilden, sondern auf der Bühne wiederum Wirklichkeit zu schaffen. Das Begriffspaar Geschichte und Modell richtet sich auf den Anspruch historische Fakten auf die Bühne zu bringen, diesen aber gleichzeitig etwas Modellhaftes abzugewinnen und einen Bezug zur Gegenwart herzustellen.

Hilzinger entwickelt in seiner Untersuchung das dokumentarische Theater als Erfindung der damaligen Situation im Westdeutschland der sechziger Jahre. Es ist Reaktion auf verdeckte Widersprüche in der Gesellschaft – eine politische und ästhetische Opposition.