Muttersprachenförderung (JsB - Migration): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Das Erlernen der Muttersprache ===
 
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Das Erlernen der Muttersprache beginnt entweder schon in der pränatalen Phase oder gleich nach der Geburt (Wissenschafter sind sich darüber nicht einig). Zunächst kommt es zum Erstspracherwerb für den ein Kind keine besonderen Hilfestellungen benötigt. Wichtig ist nur, dass jemand mit ihm spricht und es Menschen beim Sprechen hören kann. Andernfalls kommt es zu einer Störung des natürlichen Spracherwerbs. <br/>
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<span style="color:#458B00;">Das Erlernen der Muttersprache</span> beginnt entweder schon in der pränatalen Phase oder gleich nach der Geburt (Wissenschafter sind sich darüber nicht einig). Zunächst kommt es zum Erstspracherwerb für den ein Kind keine besonderen Hilfestellungen benötigt. Wichtig ist nur, dass jemand mit ihm spricht und es Menschen beim Sprechen hören kann. Andernfalls kommt es zu einer Störung des natürlichen Spracherwerbs. <br/>
 
Bis zum Volksschulalter ist der Erwerb der Kerngrammatik abgeschlossen. Allerdings haben Kinder, wenn sie ich die Schule eintreten, ihre Muttersprache noch nicht vollständig erworben, da wesentliche Teile der Sprache wie Wortschatz, Grammatik und Rechtschreibung erst im schulischen Rahmen vollständig bzw. überhaupt erst erlernt werden können. Somit ist es von großer Wichtigkeit den Spracherwerb der Muttersprache mit dem Schuleintritt fortzusetzen um den vollständigen Erwerb der Muttersprache sicherzustellen.
 
Bis zum Volksschulalter ist der Erwerb der Kerngrammatik abgeschlossen. Allerdings haben Kinder, wenn sie ich die Schule eintreten, ihre Muttersprache noch nicht vollständig erworben, da wesentliche Teile der Sprache wie Wortschatz, Grammatik und Rechtschreibung erst im schulischen Rahmen vollständig bzw. überhaupt erst erlernt werden können. Somit ist es von großer Wichtigkeit den Spracherwerb der Muttersprache mit dem Schuleintritt fortzusetzen um den vollständigen Erwerb der Muttersprache sicherzustellen.
 
Außerdem kommt es durch das Erlernen der Muttersprache in der Schule auch zur Entwicklung kognitive Fähigkeiten, die es einem ermöglichen sicher mit abstrakten Begriffen umgehen zu können und ohne die eine komplexere Anwendung der Sprache nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass laut Untersuchungen durch den Erwerb der Muttersprache nicht nur die Sprache an sich (z.B. Türkisch) erlernt wird, sondern auch allgemein Sprache als solche.
 
Außerdem kommt es durch das Erlernen der Muttersprache in der Schule auch zur Entwicklung kognitive Fähigkeiten, die es einem ermöglichen sicher mit abstrakten Begriffen umgehen zu können und ohne die eine komplexere Anwendung der Sprache nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass laut Untersuchungen durch den Erwerb der Muttersprache nicht nur die Sprache an sich (z.B. Türkisch) erlernt wird, sondern auch allgemein Sprache als solche.

Version vom 9. Juni 2007, 16:55 Uhr

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Warum ist Muttersprachenförderung wichtig? - Wissenschaftliche Grundlagen

Das Erlernen der Muttersprache

Das Erlernen der Muttersprache beginnt entweder schon in der pränatalen Phase oder gleich nach der Geburt (Wissenschafter sind sich darüber nicht einig). Zunächst kommt es zum Erstspracherwerb für den ein Kind keine besonderen Hilfestellungen benötigt. Wichtig ist nur, dass jemand mit ihm spricht und es Menschen beim Sprechen hören kann. Andernfalls kommt es zu einer Störung des natürlichen Spracherwerbs.
Bis zum Volksschulalter ist der Erwerb der Kerngrammatik abgeschlossen. Allerdings haben Kinder, wenn sie ich die Schule eintreten, ihre Muttersprache noch nicht vollständig erworben, da wesentliche Teile der Sprache wie Wortschatz, Grammatik und Rechtschreibung erst im schulischen Rahmen vollständig bzw. überhaupt erst erlernt werden können. Somit ist es von großer Wichtigkeit den Spracherwerb der Muttersprache mit dem Schuleintritt fortzusetzen um den vollständigen Erwerb der Muttersprache sicherzustellen. Außerdem kommt es durch das Erlernen der Muttersprache in der Schule auch zur Entwicklung kognitive Fähigkeiten, die es einem ermöglichen sicher mit abstrakten Begriffen umgehen zu können und ohne die eine komplexere Anwendung der Sprache nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass laut Untersuchungen durch den Erwerb der Muttersprache nicht nur die Sprache an sich (z.B. Türkisch) erlernt wird, sondern auch allgemein Sprache als solche. (vgl. Rudolf de Cillia: 2006, S.4ff.)

Die Rolle der Muttersprache beim Erlernen einer Zweitsprache

Für Migrantenkinder ist es unvermeidlich früher oder später neben ihrer Muttersprache die Landessprache zu erlernen. Wann die Zweitsprache erlernt wird unterscheidet sich von Fall zu Fall, allerdings erlernen viele Kinder mit Migrationshintergrund die Zweitsprache erst in der Vor- oder Volksschule.
Wie schon erwähnt, ist es wichtig, dass die Kenntnisse der Muttersprache in der Schule weiterentwickelt werden, damit es zum Erwerb kognitiv-akademischer Sprachfähigkeit kommen kann. Werden nun Migrantenkinder eingeschult und nur in der für sie fremden Sprache unterrichtet, kommt es zu einem Bruch. Die Muttersprache wird nicht gefördert und somit auch nicht weiterentwickelt und die Zweitsprache muss erst erlernt werden, während heimische Kinder eine Alphabetisierung in ihrer Muttersprache erfahren. Dadurch kommt es nicht in ausreichender Weise zum Erwerb kognitiv-akademischer Sprachfähigkeit, was häufig in weiterer Folge zu einem Semilingualismus führt.
Semilingualismus oder „Halbsprachigkeit“ bedeutet, dass weder in der Erst- noch in der Zweitsprache altersadäquate Kompetenzen erreicht werden können. (vgl. Barbara Leichtfried: 2003, S.29) Zwar wird die Zweitsprache in der Schule erlernt, doch besonders später, wenn es darum geht kognitiv-akademische Sprachfähigkeiten einzusetzen, ist die ausgebliebene Förderung der Muttersprache und somit die fehlenden kognitiv-akademischen Fähigkeiten zu bemerken.

Folgerungen

Daraus folgt, was heute Allgemein als eine Tatsache angesehen wird, nämlich, dass die Förderung und der ungehinderte weitere Lernfortschritt in der Muttersprache nach dem Schuleintritt positive Auswirkungen auf den Erwerb der Zweitsprache und somit auch auf den Schulerfolg hat.
Zusätzlich möchte ich hier noch anführen, dass die Bilingualität von Migrantenkindern oft als negativ gewertet wird, da deren Muttersprachen oft geringes Prestige besitzen. Außerdem wird häufig hauptsächlich darauf Wert gelegt, dass Migrantenkinder möglichst schnell und gut Deutsch lernen ohne, dass deren Bilingualität als etwas Positives und als Chance begriffen wird, denn „die (sic) Fähigkeit zur sprachlichen Analyse und die Qualität und Quantität von Spracherwerbsstrategien ist [z.B.] bei bilingualen Kindern höher als bei monolingualen.“ (Rudolf de Cillia: 2006, S. [Auslassung und Ergänzung: D.W.])

Bibliographie

Cillia, Rudolf de: Spracherwerb in der Migration. Informationsblatt Nr. 3 des Referats für interkulturelles Lernen. Hrsg. vom BMBWK, 2006

Leichtfried, Barbara: Muttersprachenförderung als Schlüssel zur sozialen Mobilität. Wie weit finden die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich des Bilingualismus von Migrantenkindern Eingang in die österreichische Schulpolitik? Diplomarbeit aus der Studienrichtung Deutsche Philologie, Universität Wien, 2003

Pallavicini, Nathalie: Bestandsaufnahme der aktuellen Situation von Volksschulkindern mit nichtdeutscher Muttersprache im Bundesland Vorarlberg. Diplomarbeit aus der Studienrichtung Sprachwissenschaft, Universität Wien, 2004


Modelle muttersprachlichen Unterrichts

Muttersprachenförderung in Österreich

Historische Entwicklungen und gesetzliche Regelungen (JsB - Migration)

Historische Darstellung der Einwanderungspolitik und schulischer Fördermaßnahmen für Kinder mit Migrationshintergrund in Österreich ab 1960

Die "Gastarbeiterbewegung"

Am Anfang der 1960er Jahre herrschte eine starke Nachfrage nach Arbeitskräften. Aus diesem Grund wurden zunächst "Gastarbeiter" aus Spanien und später eine größere Zahl an Arbeitskräften aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei angeworben. Die österreichische Vorstellung sah dabei so aus, dass junge Männer ohne Familie nach Österreich kommen sollten um hier für eine gewisse Zeit zu arbeiten und anschließend wieder in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Diese Vorstellung bewahrheitete sich allerdings nicht, sondern das Gegenteil geschah. Viele "Gastarbeiter" blieben und holten ihre Familien aus ihren Heimatländern nach oder gründeten in Österreich eine Familie.
Aufgrund der Ölkrise 1973, die in Österreich, wie auch in den meisten anderen Industriestaaten, zu einer Rezession führte, kam es 1974 zu einem Aufnahmestopp von ausländischen Arbeitskräften und die Zahl an "Gastarbeitern" wurde in den darauf folgenden Jahren um 55 000 reduziert. (Zum Vergleich: Die Höchstzahl war 1973 mit 229 800 "Gastarbeitern" in Österreich erreicht worden.)

Bilaterale Zusammenarbeit

Durch die Rückkehr vieler ausländischer Familien in ihre Herkunftsländer sahen sich die jeweiligen Länder allerdings mit vielen "Quereinsteigern" in ihre Bildungssysteme konfrontiert. Auch in Österreich wurde Mitte der 70er Jahre die Ausbildung und Integration von Kindern ausländischer Familien, die entweder schon in Österreich geboren oder nachgeholt worden waren, zunehmend ein wichtiges Thema.
Aus diesem Grund wurden die Stimmen laut es solle eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit bezüglich Bildungsfragen entstehen, um eine Lösung zu finden, die Kindern von "Gastarbeitern" den Einstieg bzw. Wiedereinstieg in das Bildungssystem des Herkunftslandes erleichtern sollte. 1977 wurden die Unterzeichnerstaaten der "European Convention on the Legal Status of Migrant Workers" aufgefordert zusammenzuarbeiten.
"Die Entsende- und Aufnahmeländer sollten nach Möglichkeit dafür sorgen ausländischen Kindern während ihres 'zeitweiligen Aufenthaltes' muttersprachliche Spezialkurse anzubieten." (Cinar/Davy: 1998, S.26)
Somit war die Möglichkeit geschaffen worden muttersprachlichen Unterricht anzubieten und Österreich begann in weiterer Folge mit der ehemaligen sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien und der Türkei im Rahmen einer bilateralen Kooperation zusammenzuarbeiten. Ihre Arbeit betraf dabei die Bestellung der Lehrkräfte, den Lehrplan und die Schulbücher. Die Zusammenarbeit blieb 15 Jahre lang bestehen. (vgl. Leichtfried: 2003, S.8)

Ziele der muttersprachlichen Förderung

Wie schon angedeutet, bestand zu dieser Zeit das vorrangige Ziel des als Schulversuch geführten "muttersprachlichen Zusatzunterrichts", wie er damals genannt wurde, darin, Kindern dadurch den Einstieg bzw. Wiedereinstieg in das Schulsystem des Herkunftslandes zu erleichtern. Da man also von der Rückkehr der Familien in ihre Herkunftsländer ausging, bestand das Hauptziel darin, die kulturelle Verbundenheit mit der Heimat zu erhalten.
Der Deutscherwerb und die damit verbundene Assimilation und Integration war zwar nicht das vorrangige Ziel, doch dennoch ein Teilziel. Dies wurde jedoch in den 70er und 80er Jahren nicht als Widerspruch zum muttersprachlichen Zusatzunterricht wahrgenommen, sondern entsprach den Empfehlungen des Europarats und wurde auch in vielen anderen Industriestaaten so praktiziert. (vgl. Pallavicini: 2004, S.52ff. bzw. Cinar/Davy: 1998, S.28)

Eine neue Herangehensweise

Da viele Familien, wie schon erwähnt, nicht zurückkehrten, wurde die bilaterale Kooperation Anfang der 90er Jahre beendet. Außerdem wurde eine neue Strategie erarbeitet, wie man den sich ändernden Anforderungen an das österreichische Schulsystem begegnen könne.
So bereitete man die Übertragung der seit Mitte der 70er Jahre durchgeführten Schulversuche zur Förderung und Integration von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache ins Regelschulsystem vor. (vgl. Cinar/Davy: 1998, S.38)
Mit der Novellisierung der Pflichtschullehrpläne 1992/93 wurden drei Grundpfeiler für die Förderung von Migrantenkindern festgelegt:

  • Muttersprachlicher Unterricht
  • Das Unterrichtsprinzip "Interkulturelles Lernen"
  • "Deutsch als Zweitsprache" - Unterricht

Ab nun sind "alle SchülerInnen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch, ungeachtet der Staatsbürgerschaft, […] berechtigt, am muttersprachlichen Unterricht teilzunehmen" (Pallavicini:2004, S.53ff.).
Heute geht der Trend österreichweit in Richtung einer Ausweitung des muttersprachlichen Unterrichts. (vgl. Pallavicini:2004, S.54

Bibliographie

Cinar, Dilek (Hg.): Gleichwertige Sprachen? - Muttersprachlicher Unterricht für die Kinder von Einwanderern. Forschungsbericht des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten. Innsbruck, Studienverlag, 1998

Leichtfried, Barbara: Muttersprachenförderung als Schlüssel zur sozialen Mobilität. Wie weit finden die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich des Bilingualismus von Migrantenkindern Eingang in die österreichische Schulpolitik? Diplomarbeit aus der Studienrichtung Deutsche Philologie, Universität Wien, 2003

Pallavicini, Nathalie: Bestandsaufnahme der aktuellen Situation von Volksschulkindern mit nichtdeutscher Muttersprache im Bundesland Vorarlberg. Diplomarbeit aus der Studienrichtung Sprachwissenschaft, Universität Wien, 2004

Die heutige Situation in Österreich

Muttersprachenförderung in anderen Staaten der EU

Herkunftsprachenunterricht in Schweden



                                                              Autorin: Daniela Weinlich (2007)

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