Projekt Bieri: Das Handwerk der Freiheit (FiK): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Philo Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Zeile 74: Zeile 74:
  
 
Manchmal lassen wir uns einfach treiben und denken an nichts (Tourist). In jenen Momenten vermissen wir nicht die Last des Entscheidens und die damit verbundene Freiheit. Jedoch haben wir die Gewissheit, dass wir diesen Zustand jederzeit wieder aufheben können. Wäre dies nicht so, würden wir alle Wünsche, Entscheidungen und den Willen etwas zu wollen verlieren. Wir hätten unsere Zukunft nicht mehr in unserer Hand, da wir nicht mehr Urheber unserer Handlungen sind. Man lebt in die Zukunft hinein ohne Ordunug und Plan. Da die Entscheidungsfreiheit fehlt, kommt es auch zu keiner Zukunftserfahrung. ''Der Getriebene macht sich seine Zukunft nicht, er stolpert ihr nur entgegen, und dasjenige, was als nächstes kommt, ist für ihn einfach nur das Spätere. Sein Mangel an Freiheit bedeutet, dass sein Zukunftsbewusstsein keine Tiefe besitzt.''(S. 90)
 
Manchmal lassen wir uns einfach treiben und denken an nichts (Tourist). In jenen Momenten vermissen wir nicht die Last des Entscheidens und die damit verbundene Freiheit. Jedoch haben wir die Gewissheit, dass wir diesen Zustand jederzeit wieder aufheben können. Wäre dies nicht so, würden wir alle Wünsche, Entscheidungen und den Willen etwas zu wollen verlieren. Wir hätten unsere Zukunft nicht mehr in unserer Hand, da wir nicht mehr Urheber unserer Handlungen sind. Man lebt in die Zukunft hinein ohne Ordunug und Plan. Da die Entscheidungsfreiheit fehlt, kommt es auch zu keiner Zukunftserfahrung. ''Der Getriebene macht sich seine Zukunft nicht, er stolpert ihr nur entgegen, und dasjenige, was als nächstes kommt, ist für ihn einfach nur das Spätere. Sein Mangel an Freiheit bedeutet, dass sein Zukunftsbewusstsein keine Tiefe besitzt.''(S. 90)
Die Entscheidungsfreiheit kann auch durch Hypnose, Hörigkeit oder Gehirnwäsche außer Kraft gesetzt werden. Jedoch kann auch ein zwanghafter Wille meine Freiheit einschränken. Bieri bezeichnet ihn als ''unkontrollierbaren Willen''(S. 98)(nervöse Ticks sind unkontrollierbar -> zwanghafter Wille ist so etwas wie ein innerer Tick) Jedoch besteht meistens ein neuer Wille, der aber den alten Willen nicht ersetzen kann -> Willensschwäche. Bieri bezeichnet den zwanghaften Willen auch als ''unbelehrbar.''(S. 101) Er wiedersetzt sich dem Prozess, dass sich der Wille von Personen in unterschiedliche Richtungen entwickeln kann. Dadurch wird er in der Innenwelt isoliert und als fremd wahrgenommen. -> Fremdheit wird im Sinne von Ablehnung verstanden. (Mit einem freien Willen kann man sich identifizieren.) Diese Fremdheit wird durch die Fähigkeit uns selbst gegenüber zu treten erlebt. Ähnlich verhält sich dies beim Unbeherrschten. Auch er ist nicht Herr seines Willens. Ihm fehlt die Kontrolle/ Selbstbeherrschung über seinen Willen (Handlungen im Afffekt). Jedoch unterscheidet sich der Unbeherrschet vom Zwanghaften in zwei Punkten. Zum Einen ist beim Unbeherrschten zur Zeit des Ausbruchs alles Überlegen "ausgelöscht". Zum Zweiten besteht der Unterschied darin, ''dass sich der Unbeherrschte nicht in seinem Gehalt der Kontrolle zu entziehen braucht, sondern nur in seiner Durchsetzungsfähigkeit.''(S. 109)
+
Die Entscheidungsfreiheit kann auch durch Hypnose, Hörigkeit oder Gehirnwäsche außer Kraft gesetzt werden. Jedoch kann auch ein zwanghafter Wille meine Freiheit einschränken. Bieri bezeichnet ihn als ''unkontrollierbaren Willen''(S. 98)(nervöse Ticks sind unkontrollierbar -> zwanghafter Wille ist so etwas wie ein innerer Tick) Jedoch besteht meistens ein neuer Wille, der aber den alten Willen nicht ersetzen kann -> Willensschwäche. Bieri bezeichnet den zwanghaften Willen auch als ''unbelehrbar.''(S. 101) Er wiedersetzt sich dem Prozess, dass sich der Wille von Personen in unterschiedliche Richtungen entwickeln kann. Dadurch wird er in der Innenwelt isoliert und als fremd wahrgenommen. -> Fremdheit wird im Sinne von Ablehnung verstanden. (Mit einem freien Willen kann man sich identifizieren.) Diese Fremdheit wird durch die Fähigkeit uns selbst gegenüber zu treten erlebt. Ähnlich verhält sich dies beim Unbeherrschten. Auch er ist nicht Herr seines Willens. Ihm fehlt die Kontrolle/ Selbstbeherrschung über seinen Willen (Handlungen im Afffekt). Jedoch unterscheidet sich der Unbeherrschet vom Zwanghaften in zwei Punkten. Zum Einen ist beim Unbeherrschten zur Zeit des Ausbruchs alles Überlegen "ausgelöscht". Zum Zweiten besteht der Unterschied darin, ''dass sich der Unbeherrschte nicht in seinem Gehalt der Kontrolle zu entziehen braucht, sondern nur in seiner Durchsetzungsfähigkeit.''(S. 109) Man kann auch durch ''äußere Zwänge''(S. 110) unfrei sein (Bankangestellter, der von einem Räuber bedroht wird). Hierbei handelt es sich um ein Tun, das man eigentlich nicht will (man will es nur, weil man dazu gezwungen wird) = ''Zwangslage''.(S. 111) Die Freiheit besteht nur darin, zwischen aufgezwungenen Alternativen zu wählen (Geld her oder Tod, arbeiten um Geld zu verdienen oder arbeitslos sein) und durch angedrohte Sanktionen wird man gefügig gemacht (Verlust der Arbeit). Ein zwanghafter Wille muss jedoch nicht nur von Außen aufgezwungen werden (Flugzeugabsturz -> um nicht zu verhungern, ist man die Toten). ''Eine Zwangslage ist nichts anderes, als eine Situation, in der ich ein ungeliebtes Mittel einsetze, um zum Ziel zu kommen.''(S. 116)
  
  

Version vom 7. Dezember 2006, 13:46 Uhr

Projekt Peter Bieri, Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens, Frankfurt/M. 2003.

Siehe zu Bieri den nicht sehr ergiebigen Wikipediaeintrag, der sich vornehmlich, aber kurz mit Bieris Romanen beschäftigt.

Peter Bieri, geb. 1944 in Bern, Schriftsteller und Philosoph. Unter dem Pseudonym Pascal Mercier veröffentlichte er die Romane „Perlmanns Schweigen" (1995), "Der Klavierstimmer" (1998), "Nachtzug nach Lissabon" (2004). Philosophische Werke: "Das Handwerk der Freiheit" (siehe oben); (Hrsg.), "Analytische Philosophie des Geistes", Königstein/Ts. 1981; (Hrsg.), "Analytische Philosophie der Erkenntnis", Frankfurt/M. 1987; „Zeit und Zeiterfahrung. Exposition eines Problembereichs, Frankfurt/M. 1972.

Rezensionen zum "Handwerk der Freiheit" u. a. auf:

"Das Handwerk der Freiheit" (Kursivsetzungen sind Zitate aus diesem Buch, Originalkursivsetzungen sind ausgesetzt, um die Betonung Bieris kenntlich zu machen; Seitenangaben in Klammer jeweils den Zitaten nachfolgend):

Man lebt nicht gut mit dem Gefühl, gerade über die wichtigsten Dinge keine Klarheit zu besitzen. Das ist der Grund, warum es Philosophie gibt. Sie ist der Weg und die Anstrengung, über die grundlegenden gedanklichen Dinge, die uns beschäftigen, Klarheit zu gewinnen. "Darüber kann man lange philosophieren." Eine solche Einstellung spöttischer Resignation stellt die Dinge auf den Kopf. Sie tut, als müsste es für immer willkürlich bleiben, was wir über die tiefsten Dinge, die uns beschäftigen, glauben. Als gehörte es gleichsam zur Natur dieser Dinge, dass es bei unauflösbaren Meinungsverschiedenheiten bleiben muss. Bei Licht besehen, ist das eine erstaunliche Einstellung. [...] In Wirklichkeit ist es umgekehrt: Meinungsverschiedenheiten sind nicht der Endpunkt der Philosophie, sondern ihr Anfang. Eine philosophische Beschäftigung mit einem Thema wie der Willensfreiheit bedeutet den Versuch, in der Sache eine begründete Entscheidung herbeizuführen. Und das geht.'' (S. 26)

"die grundlegenden gedanklichen Dinge": das kann man in zwei sehr verschiedene Richtungen verstehen. Entweder man geht von empirischen Befunden aus und klärt sie gedanklich, oder man bewegt sich im Bereich des Nachdenkens und sucht dort nach grundlegender Klarheit. Also: Anknüpfung an die neuesten Experimente mit anschließender Reflexion - oder Reflexion darüber, was solche Experimente "überhaupt" zeigen können. --anna 11:54, 6. Dez 2006 (CET)

Unsere Idee ist die Idee einer verständlichen Welt. (S. 15) Eine andere Vorstellung der Welt können wir nicht haben. Phänomene zu erklären und dadurch verständlich zu machen, heißt, die Bedingungen zu entdecken, von denen sie abhängen. (S. 15) Unabdingbarer Zusammenhang zwischen Bedingung, Gesetzmäßigkeit und Verstehen ist grundlegend für unsere Idee einer Welt, in der wir planvoll handeln können (S. 16) und führt zu einem strikten Determinismus, ein Terminus, den Bieri in der Folge explizit vermeiden will.

In Bezug auf die Bedingtheit menschlicher Handlungen (als Teil der Natur) verwendet Bieri das Beispiel Raskolnikovs aus Dostojewskis "Verbrechen und Strafe" (er meint damit wohl "Schuld und Sühne"), das er im gesamten Buch immer wieder heranzieht. Bieri beschreibt Raskolnikovs Motive für seinen Raubmord, jedoch führen diese nicht notwendig zur Tat. Ohne die Armut etc. hätte er die Pfandleiherin vielleicht nicht ermordet, jedoch auch in Armut waren ihm viele andere Wege offen. Nicht gesetzmäßig führte Raskolnikovs Armut zum Mord.

[...] es macht unsere Freiheit aus, dass wir in ganz unterschiedliche Richtungen gehen können. [...] Wir können überlegen, bevor wir etwas tun, und in diesem Überlegen zeigt sich ein Spielraum verschiedener Möglichkeiten, zwischen denen wir wählen können. (S. 19)

Hier sind wir der Gegenwart und Zukunft zugewandt. In der Innenperspektive, auch sich selbst zugewandt, ist es unmöglich, sich nicht frei zu denken. Freiheit wird erfahren. Und so gilt auch für die Vergangenheit: Ich hätte auch anders handeln können. Ich hatte die Wahl und die Freiheit der Entscheidung. (S. 20)

So sehen wir auch die anderen Menschen und ziehen sie für ihre Taten zur Verantwortung. Freiheit und Verantwortung sind unabdingbar miteinander verbunden, so wie Empfindungen wie Reue, Groll, (moralische) Entrüstung. Idee einer verständlichen, bedingten, gesetzmäßigen Welt – Freiheitserfahrung, Wahl-, Entscheidungsmöglichkeit, Verantwortung / Bedingtheit – Freiheit: Obwohl sie sich widersprechen, brauchen wir beide, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren. (S. 22)

Jedoch kann man nicht von etwas und gleichzeitig seinem Gegenteil überzeugt sein; ist unser Handeln vollkommen frei (von festlegenden Bedingungen), dann ist es auch vollkommen zufällig, unbegründet, und deshalb auch unverständlich. Handlungen werden aus den Motiven, die zu ihnen führen, verständlich, das wäre aber festgelegtes Handeln und damit nicht frei. Bieri setzt hier Motive und Bedingungen, die gesetzmäßig zu etwas führen, gleich. Handeln und Wille unterliegen derselben Argumentation.

Bieris Buch ist in drei Hauptteile gegliedert: Bedingte Freiheit – Unbedingte Freiheit – Angeeignete Freiheit.

Bieri versucht durch die Distanz der Sprache ein distanzierteres Verhältnis zum Problem zu gewinnen, er thematisiert die Ideen und Begriffe, die sich durch Worte erschließen und dadurch auch für andere überprüfbar machen, was grundlegend für die Philosophie ist. Am Anfang einer philosophischen Betrachtung von Wörtern steht [...] eine Verfremdung der Wörter. (S. 30)

Was ist die Idee einer Handlung? Innere Erfahrung (Spüren) einer Bewegung. Nicht jede Erfahrung mit einer Innenseite ist eine Handlung. (S. 31) Der Unterschied zwischen dem Heben und dem bloßen Hochgehen des Arms ist der Unterschied zwischen einer Bewegung, die wir in Gang setzen und vollziehen, und einer, die wir bloß erleiden, weil sie uns nur zustößt und also nur geschieht. (S. 31) (aktive – passive Bewegung / Tun – Erleiden). Raskolnikov ist Täter = Urheber seiner Tat (:: Marionette, EpileptikerIn). Erleben der Bewegung als Ausdruck des Willens, besondere innere Nähe zum Tun. Handlung-Urheberschaft-Wille -> Sinn, Verständlichkeit. Zudem muss eine Handlung als eine Möglichkeit unter anderen erfahren werden (Erlebnis des Führens). -> elementare Erfahrung von Freiheit. Eine Bewegung von jemandem ist dann und nur dann eine Handlung, wenn der Betreffende ihr Urheber ist. Er ist dann und nur dann ihr Urheber, wenn der Bewegung ein Wille zugrunde liegt. Dann und nur dann hat die Bewegung Sinn. Erlebte Urheberschaft ist erlebte Bedingtheit durch einen Willen. (S. 35) Wo es keinen bestimmenden Willen gibt, kann von Freiheit nicht die Rede sein. (S. 36)

Was ist die Idee eines Willens? Wunsch – Wille: Ein Wunsch muss uns in Bewegung setzen, um ein Wille zu werden, muss handlungswirksam werden. (S. 37) Hinzukommen Überlegungen zur Wahl der Mittel zur Erreichung eines Gewollten, planender Verstand (der bloße Wunsch braucht das nicht). Bereitschaft zur Handlung. Wunsch-Überzeugung-Überlegung-Bereitschaft. [entspricht der Kantischen Differenzierung von Wunsch-Wille] Grenzen des Willens: Äußere Umstände (Unmöglichkeit), persönliche Fähigkeiten (Wollen hat mit Können zu tun), S. 39. Wollen muss nicht zu Tun führen: Unterlassung. Der Wille ist auch hier ein Wunsch, der gegenüber anderen, gegenläufigen Wünschen die Oberhand behält. (S. 41) Wille zum Tun, Wille zum Werden (sich zu etwas machen). Schließlich kann man auch wollen, dass etwas der Fall wird oder der Fall bleibt. (S. 41) Auch hier ist der Unterschied zum bloßen Wunsch: Herbeisehnen – Versuch herbeizuführen.

Die Grundidee der Handlungsfreiheit: Ein Tun, das aus einem Willen entsteht, ist Voraussetzung dafür, dass es überhaupt ein Tun ist. Jemand ist frei, wenn er tun und lassen kann, was er will.(S. 44) Die Freiheit des Handelns stellt sich nun für Bieri in der Frage, wie man seinen Willen in einem Tun verwirklichen kann. -> Frage nach der Freiheit des Handelns. Die Freiheit bezieht sich auf das Ausmaß, in dem man das was man will, in die Tat umsetzen kann. Ein Mangel an Freiheit liegt vor, wenn der Wille gehindert wird in eine Tat umgesetzt zu werden (Gelähmter). -> Der Wille ist nicht ein bloßer Wunsch, der in die Tat umgesetzt wird, sondern als einen, der es wird, wenn die Umstände es zulassen, und der auch dann ein Wille bliebt, wenn er an der Verwirklichung gehindert wird. (S.44)

Die Idee der Handlungsfreiheit: Hier ist ein wichtiger Bestandteil der Spielraum möglicher Handlungen(S. 45) Das was man tatsächlich tut, ist nicht das einzige, was man tun kann. -> offene Zukunft(S.45) Dies gilt auch für die Vergangenheit (ein vergangenes Tun war nur dann frei, wenn man auch anders handlen hätte können). Es gibt verschiedene Arten von Spielräumen für unser Tun: a.) Die Gelegenheit: Die Freiheit bezieht sich hier auf den Reichtum der Gelegenheiten (soll ich ein Buch lesen oder ins Kino gehen,...). Der Reichtum der Gelegenheiten kann größer sein, als ich glaube(S. 46) -> objektive Freiheit: Ihre Existenz ist nicht ihr Gedachtwerden(S. 47) b.) Die Mittel, um Chancen zu nutzen, bestimmen ebenfalls den Spielraum (Kann ich mir ein Studium leisten?). Auch hier kann der Freiraum größer sein, als ich mir vorstelle (überraschende Erbschaft, ...). c.) Der Freiraum ist auch von meinen Fähigkeiten abhängig (als unmusikalischer werde ich kein Sänger werden können). Auch hier gilt, dass die objektive Freiheit größer sein kann, als man denkt. d.) Am Ende steht der Spielraum des Willens. Wenn Gelegenheiten, Mittel und Fähigkeiten vorhanden sind, hängt es nur mehr davon ab, was ich will. Bieri stellt sich die Frage, ob auch beim Willen zwischen einem objektiven und mir bewusten Willen unterschieden werden kann. Er ist der Meinung, dass man nicht alles über seine Wünsche und ihre möglichen Handlungswirksamkeit weiß (jemand kann z. B. bis an den Rand eines Mordes getrieben werden).

Die Begrenztheit als Bestimmtheit des Willens: Unser Wille entsteht nicht im luftleeren Raum.(S. 49) Der kurz- und langfristige Wille ist von verschiedenen Faktoren abhängig (von Angeboten in Kaufhäusern, von Berufsangeboten, ...). Beschneidet uns diese Abhängigkeit in unserer Freiheit? Nein, da wir Bestimmtheit und Grenzen benötigen, damit auch unser Wille jeweils ein bestimmter ist. In einer Welt ohne Betimmtheit, gibt es nichts, worauf sich ein Wille richten kann. Der Wille wird nicht nur von aüßeren, sondern auch von inneren (körperliche Bedürfnisse, Gefühle, Charkater, Geschichte) Faktoren beeinflusst und begrenzt. -> Stört uns dies? Nein, denn die Abhängigkeit des Willens von inneren Umständen sorgt dafür, dass er jemanden zugehört. Ein vollständig ungebundener Wille wäre niemals Wille und also kein Wille.(S. 53) Daraus folgt, dass die Begrenzung unseres Wollens Voraussetzung für die Freiheit ist.

Die Idee der Entscheidung besagt, dass das was wir wollen, nicht unabhängig davon ist, was wir denken.(S. 54) Dadurch werden wir Urheber des Willens.

Bei instrumentellen Entscheidungen geht es um die Mittel zur Verwirklichung eines feststehenden Willens (ein Tennisspieler will das Match gewinnen). Dieser Wille wird, trotz z. B. Gewohnheit, von der Einschätzung der Situation gelenkt. Dass er spontan ist, lässt sich dadurch erklären, dass wir hier keinen ausdrücklichen Prozess des Abwägens durchlaufen müssen. Dies geschieht erst, wenn es sich um neue oder komplizierte Situationen handelt. In beiden Fällen wird durch Überlegen ein Wille gebildet.

Unser Tun kann jedoch auch wiederwillig sein. Dabei handelt es sich um ein echtes Tun, wenn es auch wiederwillig geschieht. Willenloses Tun ist hingegen kein echtes Tun, da es ohne Urheber und ohne Sinn passiert.

Entscheidungen können laut Bieri auch substantiell sein. Hier stellt man sich die Frage, was man eigentlich will. Bei solchen Fragen beschäftigen wir uns mehr mit unserem Willen (Welche Wünsche sollen zu einem Willen werden?). Deshalb haben solche Entscheidungen auch einen größeren Tiefgang. Diese Art von Entscheidungen haben nicht immer die selbe Art von Logik, auch sind nicht immer gleiche Fähigkeiten beteiligt und auch das vorausgehende innere Geschehen ist nicht immer dasselbe. Bieri betrachtet zunächst Entscheidungen, von bereits bestehenden Wünschen. Er unterscheidet zwei Fälle. Im ersten Fall handelt es sich um Wünsche, die von ihrem Gehalt her miteinander verträclich sind, jedoch nicht zur gleichen Zeit verwirklicht werden können. Die Entscheidung besteht darin, diese in eine zeitliche Abfolge zu bringen (einen freien Tag planen, Kinderwunsch). Im zweiten Fall handelt es sich um Wünsche, die nicht miteinander verwirklicht werden können (Berufswahl). Man muss für einen Wunsch Partei ergreifen und sich mit dem Wunsch identifizieren. Der andere Wunsch kann dann nie zum Willen werden. Bieri stellt sich nun die Frage, wie wir das machen. Bei solchen Entscheidungen hilft uns die Phantasie (= die Fähigkeit die inneren Möglichkeiten auszuprobieren). Phantasie ist auch bei instrumentellen Entscheidungen hilfreich, denn ein Phantasievoller kann seinen Willen besser verwirklichen, da seine Handlungsfreiheit größer ist. Bei substantiellen Entscheidungen muss ich mir in der Phantasie meine innere und äußere Zukunft vorstellen können (kann ich als Arzt mit dem Leid der Patienten umgehen, kann ich als Mönch Versuchungen wiederstehen). -> Phantasie muss mich in die Zukunft projezieren. Phantasie kann auch helfen Wünsche, die mir nicht bewusst sind ans Licht zu bringen. Dies gilt auch für Wünsche, die man nicht wahrhaben will (Mann und Kinder verlassen). Die Freiheit des Willens liegt in der Größe der Phantasie und der Selbstkenntnis.(S. 70)

Auch die Fähigkeit sich selbst kritisch zu betrachten gehört zur Fähigkeit des Entscheidens. Denn zum Entscheiden gehört, dass man seine Ideen auch überprüft. Im Anschluss daran muss man diesen Abstand zu sich wieder aufgeben und die Handlung vollziehen (zuerst war ich mein eigener Prüfer und anschließend vollzieht sich mein Wille in einem Tun).

Unsere Freiheit liegt darin, die Zukunft des Wollens und Tuns als offen zu erleben (-> wir können zu jeder Zeit unterschiedliche Entscheidungen treffen). Doch trotz dieser Offenheit hängt unser Handeln von Bedingungen ab. Alles was man denkt, kann unsere Zukunft des Wollens und Tuns verändern. Unser Wille ist nicht starr. Die Freiheit des Willens liegt darin, dass er auf ganz bestimmte Weise bidingt ist: durch unser Denken und Urteilen.(S. 80) Wenn man anders urteilt, könnte man auch anders wollen. Daraus folgt, dass unser Wille unserem Urteil unterliegt.

Manchmal lassen wir uns einfach treiben und denken an nichts (Tourist). In jenen Momenten vermissen wir nicht die Last des Entscheidens und die damit verbundene Freiheit. Jedoch haben wir die Gewissheit, dass wir diesen Zustand jederzeit wieder aufheben können. Wäre dies nicht so, würden wir alle Wünsche, Entscheidungen und den Willen etwas zu wollen verlieren. Wir hätten unsere Zukunft nicht mehr in unserer Hand, da wir nicht mehr Urheber unserer Handlungen sind. Man lebt in die Zukunft hinein ohne Ordunug und Plan. Da die Entscheidungsfreiheit fehlt, kommt es auch zu keiner Zukunftserfahrung. Der Getriebene macht sich seine Zukunft nicht, er stolpert ihr nur entgegen, und dasjenige, was als nächstes kommt, ist für ihn einfach nur das Spätere. Sein Mangel an Freiheit bedeutet, dass sein Zukunftsbewusstsein keine Tiefe besitzt.(S. 90) Die Entscheidungsfreiheit kann auch durch Hypnose, Hörigkeit oder Gehirnwäsche außer Kraft gesetzt werden. Jedoch kann auch ein zwanghafter Wille meine Freiheit einschränken. Bieri bezeichnet ihn als unkontrollierbaren Willen(S. 98)(nervöse Ticks sind unkontrollierbar -> zwanghafter Wille ist so etwas wie ein innerer Tick) Jedoch besteht meistens ein neuer Wille, der aber den alten Willen nicht ersetzen kann -> Willensschwäche. Bieri bezeichnet den zwanghaften Willen auch als unbelehrbar.(S. 101) Er wiedersetzt sich dem Prozess, dass sich der Wille von Personen in unterschiedliche Richtungen entwickeln kann. Dadurch wird er in der Innenwelt isoliert und als fremd wahrgenommen. -> Fremdheit wird im Sinne von Ablehnung verstanden. (Mit einem freien Willen kann man sich identifizieren.) Diese Fremdheit wird durch die Fähigkeit uns selbst gegenüber zu treten erlebt. Ähnlich verhält sich dies beim Unbeherrschten. Auch er ist nicht Herr seines Willens. Ihm fehlt die Kontrolle/ Selbstbeherrschung über seinen Willen (Handlungen im Afffekt). Jedoch unterscheidet sich der Unbeherrschet vom Zwanghaften in zwei Punkten. Zum Einen ist beim Unbeherrschten zur Zeit des Ausbruchs alles Überlegen "ausgelöscht". Zum Zweiten besteht der Unterschied darin, dass sich der Unbeherrschte nicht in seinem Gehalt der Kontrolle zu entziehen braucht, sondern nur in seiner Durchsetzungsfähigkeit.(S. 109) Man kann auch durch äußere Zwänge(S. 110) unfrei sein (Bankangestellter, der von einem Räuber bedroht wird). Hierbei handelt es sich um ein Tun, das man eigentlich nicht will (man will es nur, weil man dazu gezwungen wird) = Zwangslage.(S. 111) Die Freiheit besteht nur darin, zwischen aufgezwungenen Alternativen zu wählen (Geld her oder Tod, arbeiten um Geld zu verdienen oder arbeitslos sein) und durch angedrohte Sanktionen wird man gefügig gemacht (Verlust der Arbeit). Ein zwanghafter Wille muss jedoch nicht nur von Außen aufgezwungen werden (Flugzeugabsturz -> um nicht zu verhungern, ist man die Toten). Eine Zwangslage ist nichts anderes, als eine Situation, in der ich ein ungeliebtes Mittel einsetze, um zum Ziel zu kommen.(S. 116)





Diese Seite steht im Kontext von Freiheit im Kopf (Seminar Hrachovec, 2006/07)