PLANK, Miriam (Arbeit2)

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DISKUSSION (2.Arbeit PLANK, Miriam)

"Sprache als Handlung"

  • verfasst von Miriam Plank
  • zur Ringvorlesung von Univ. Doz. Dr. Arno Böhler vom 27. November sowie vom 04. Dezember 2008


Aus der Vorlesung von Arno Böhler habe ich die Aspekte Handlung, Sprache und Performanz in Beziehung gesetzt und in teilweise sprachwissenschaftliche Kontexte gebracht mit Bezügen zu dem Philosophen John Austin und seiner Sprechakttheorie aus der Vorlesung und dem gleichnamigen Buch „How to do things with words“.

Mit der Frage nach dem Ursprung sowie nach dem Nutzen der Sprache beschäftigt sich die Menschheit schon seit der Zeit Platons. Von ihm stammt der berühmte Dialog „Kratylos“, den man als vorwissenschaftliche Betrachtung zur Sprache ansehen könnte. Kratylos behauptet, alles, was existiert, hat sein ihm von Natur aus zukommendes Onoma, das heißt seine Bezeichnung. Hermogenes hingegen behauptet, es gibt eine Übereinkunft aller Sprachteilnehmer, wie ein Ding zu benennen sei. Nur aus Gewohnheit bezeichnet man es mit gleichem Namen. Das Onoma ist nur ein Werkzeug um zu belehren, also sein Wissen weiterzugeben, und um die Dinge unterscheiden zu können.

Mehr als 1500 Jahre später ist die Frage nach dem Ursprung der Sprache nicht weniger unklar als zur Zeit Platons. Dem Nutzen der Sprache allerdings ist man schon eher auf die Spur gekommen.


Ferdinand de Saussure (1857-1913)

„Was aber ist die Sprache? [...]Sie ist zu gleicher Zeit ein soziales Produkt der Fähigkeit zu menschlicher Rede und ein Ineinandergreifen notwendiger Konventionen, welche die soziale Körperschaft getroffen hat, um die Ausübung dieser Fähigkeit durch die Individuen zu ermöglichen.“

André Martinet (1908-2000)

„Man kann versucht sein, die Sprache als menschliche Institution einzustufen. Diese Sichtweise hat beträchtliche Vorteile: Die menschlichen Institutionen sind ein Ergebnis des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dies gilt auch für die Sprache, die hauptsächlich als Kommunikationsinstrument dient. Da die Institutionen nicht naturgegeben sind, sondern das Ergebnis des Lebens in einer Gesellschaft, sind sie nicht statisch, sondern verändern sich unter dem Druck verschiedener Bedürfnisse und unter dem Einfluss anderer Gemeinschaften.“

Diese zwei Definitionen haben die Aussage gemeinsam, dass Sprache auf jeden Fall notwendig ist, um ein soziales Netzwerk zu schaffen und zu erhalten. Um beim Strukturalist de Saussure zu bleiben, muss die Fähigkeit zur Sprache, das bezeichnet er als langage, gegeben sein, um den Akt des Sprechens zu vollziehen, welchen er als parole bezeichnet.(Das abstrakte System in unserem Gehirn, das eine Beziehung zwischen dem Bezeichnetem und der Bezeichnung herstellt heißt langue.) Ich habe geschrieben, den „Akt des Sprechens vollziehen“. Dies führt nun zum eigentlichen Thema, nämlich dazu, dass Sprache gleich Handlung ist.

Die Ansicht, dass Sprache reine Abbildungsfunktion hat, wurde von Seiten der Philosophie nie übernommen. Einer der heftigsten Kritiker dieser Theorie war Ludwig Wittgenstein (1889-1951), der in seinen „Philosophischen Untersuchungen“ feststellte, dass die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens in seinem Gebrauch liegt, dass also der Sprachteilnehmer die Bedeutung eines Zeichens erst im Moment der Verwendung festlegt. John Langshaw Austin (1911-1960) griff Wittgensteins Ideen auf und brachte den Beweis dafür, dass es viele sprachliche Äußerungen gibt, welche die Abbildungsfunktion nicht erfüllen:

Beispiel: Ich wette mit dir um 1000 Euro, dass das Wetter morgen schön ist.

Es wird hier nicht eine Tatsache abgebildet, sondern die Wette entsteht erst durch das Aussprechen des Satzes, das heißt die sprachliche Äußerung stellt eine Handlung dar. Dasselbe gilt für das Eheversprechen, die Ehrenbeleidigung uns so weiter. Austin unterschied in einer ersten Phase den perfomativen Akt, also die Handlung durch sprachliche Aussage, von dem konstativen Akt. Jedoch musste er bald feststellen, dass jede Aussage ein performativer Akt ist:

Beispiel: Die Stunde ist vorbei.

Auf den ersten Blick handelt es sich um eine reine Feststellung, jedoch will mit dieser Aussage eine bestimmte Handlung hervorgerufen werden, der Lehrer will, dass die Schüler jetzt nach Hause gehen, er handelt also mit Sprache. Austin nennt das, was der Sprecher mit seiner Aussage beabsichtigt, Illokution.

Jedoch hat der durch Sprache Handelnde es nicht in der Hand, ob das Ergebnis seines Aktes positiv ausfällt. Ich zitiere folgende Stelle von Arno Böhler’s Vorlesung: „Wenn jede autonome Handlung ein heteronomes Moment beinhaltet, das vom handelnden Subjekt getätigt werden muss, wenn in der Tat gehandelt wird, dann hat es das Gelingen seiner Handlungen per se nicht in der Hand. Handeln impliziert dann die Aussetzung des handelnden Subjekts in ein Außen, das von ihm selbst intentional nicht vollständig kontrolliert werden kann.“ Ob meine Absicht also umgesetzt wird oder nicht, hängt zu einem großen Teil von äußeren Umständen ab. Austin nennt die Folgen einer Aussage Perlokution. Der angesprochene Lehrer will also erreichen, dass seine Schüler nach Hause gehen. Das ist jetzt natürlich kein optimales Beispiel, da sich die Schüler kaum weigern werden, nach Hause zu gehen. Ich nehme zur Veranschaulichung also eine Warnung. Jemand sagt: Der Hund ist bissig! und will damit erreichen, dass der Angesprochene sich vor dem Hund in Acht nimmt und nicht gebissen wird. Man muss daher jenen Teil der Perlokution, der tatsächlich eintreten wird, gesondert betrachten. Zu diesem Zweck wird die Perlokution von Austin getrennt in den perlokutionären Effekt oder die perlokutionäre Wirkung (das, was dann in der Realität eintritt). Alle diese Akte sind nicht etwa hintereinander geschaltet sonder als synchron zu verstehen. Dadurch ist es möglich, die materielle sprachliche Äußerung von der Äußerungsintention zu unterscheiden.

Auf diese Sprechakte kann der Angesprochene nun reagieren oder nicht, man kann bei dem Beispiel vom Hundebiss den Begriff Glück - obwohl er, wie ich unten noch erläutern werde, nicht exakt ist - einführen, wenn die beabsichtigte Performanz des Angesprochenen (nämlich, dass er sich vor dem Hund fernhält oder von ihm davonläuft wenn er auf ihn zukommt) gelingt. Der Angesprochene hat es ja nicht in der Hand, ob er schnell vor dem Hund fliehen kann, es liegt eher am Hund, an den Außenbedingungen (vielleicht findet er eine Möglichkeit, sich vor dem Hund in Sicherheit zu bringen). Dann wird es zum Ereignis, es gelingt, obwohl es von den Akteuren, dem der die Warnung ausgesprochen hat und dem, dem sie gegolten hat, selbst nicht machbar war.

Der Akt der Aussprache ist also sprachlicher Natur, die Wirkung ist außersprachlicher Natur und hängt von der Umwelt ab und der Handlungszweck ist die Verbindung zwischen innersprachlichem und außersprachlichem Bereich. Austin hat Versuche unternommen, herauszufinden, welche Bedingungen vorliegen müsse, damit eine Handlung „erfolgreich“ wird.

Hierzu muss aber vorher die Terminologie geklärt werden: Die Begriffe glücken, gelingen werden im Deutschen oft synonym verwendet, jedoch ist dies in Bezug auf die Sprechakte nicht korrekt. Ein Sprachakt ist dann geglückt, wenn ich, um das Beispiel mit dem Hundebiss wieder aufzugreifen, einen Freund habe, den ich warnen kann und einen Hund kenne, der bissig ist. Habe ich die Warnung ausgesprochen, so ist der Sprechakt geglückt. Gelungen ist er jedoch nur, wenn sie mein Freund auch vor dem Hund retten kann. Dementsprechend unterscheidet man zwischen Glückungsbedingungen und Gelingensbedingungen. Das Gelingen kann man auch Performanz nennen.

Damit etwas gelingt muss es ein übliches konventionelles Verfahren geben mit einem üblichen konventionellen Ausgang. Die betroffenen Personen und Umstände müssen angemessen sein. Ein Neues Beispiel: Die Trauung. Damit jemand mit christlichen Glauben getraut werden kann, muss die Trauung in einer Kirche stattfinden und ein Priester muss sie vollziehen. Der Ausspruch „Ich will“ wird nichtig, wenn jemand mit römisch-katholischer Religion sich in einer Synagoge von einem Rabbi trauen lässt. Auch kann die Braut oder der Bräutigam nicht statt „Ich will“ nur „Von mir aus!“ sagen. Genauso wenig gelingt der Sprechakt, wenn ich nach der Hochzeit sage: „Ich lasse mich jetzt scheiden!“.

Auch müssen die Meinungen und Gefühle der zu trauenden ehrlich sein und keine unmoralische Absicht hegen, zum Beispiel um die Staatsbürgerschaft zu bekommen. Der Bräutigam kann ich nicht, weil er eigentlich nicht heiraten will, nach der Hochzeit so tun als wäre er nicht getraut. Die Redlichkeit ist eine der problematischsten Punkte der Sprechakttheorie, da man ja nicht überprüfen kann, ob ein Versprechen aufrichtig ist oder nicht.


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