Lyotard über Newman (ZuK)

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Lyotard stellt Duchamp dann einen anderen Künstler gegenüber, der gegen den Anachronismus" der ursprünglichen Zeit ­ dieser ist aber ihr uns doch vertrauter Charakter: ihre Vergänglichkeit oder der Übergangscharakter des Jetzt ­ nach der "Epiphanie" sucht: Newman. Die Kunst Newmans, so schreibt Lyotard, ein Versuch, den Augenblick" als Zeitempfindung" in einem Bild zu realisieren. Hier geht es um die Augenblicklichkeit der Empfindung, die auch Kant kannte2. Diese Empfindung, das, was Lyotard auch als Dringlichkeit des Jetzt" bezeichnet3 - ist die ursprüngliche Zeit, denn der Beginn", der Ursprung der Zeit, ist nicht anders als das Staunen darüber, daß etwas ist, mehr als nichts"4. Die Präsenz", die das Staunen" als ihre Qualität hat, ist der Augenblick, der das Chaos der Geschichte unterbricht und daran erinnert oder nur sagt, daß etwas da ist', bevor das, was da ist, irgendeine Bedeutung hat"5. Dieser Beginn ist, so Lyotard, ein Widerspruch". Er findet zwar in der Welt" statt, aber er ist nicht von dieser Welt", weil er sie erzeugt, er kommt aus der Vorgeschichte oder aus einer Geschichtslosigkeit"6; zum Beispiel so wie eine Linie, die auf der leeren Fläche gezogen ist, gehört zu einem Bild, das als Ergebnis von diesem Strich nachträglich entstand, hat deshlb doch in der Vorgeschichte" dieses Bildes ihren Geburtsort.

Wie Lyotard mit Worten Thomas B. Hesses sagt, ist der Inhalt" des Newmanschen Werkes insgsamt "die künstlerische Schöpfung" selbst7, denn er ist das Augenblickliche"8, das der Beginn ist. Newmans Werk hat seine Vorgeschichte d.h. sein Außen, das auch sein Grund ist, in sich. Der Augenblick ist also das Bild", das Ur-Bild im Sinne dessen, daß es selbst die Zeit" ist9. Das traditionelle Bild der Zeit, der Jetzt- Zeit, das, wie gesehen, beide Werke Duchamps darstellen, ist das eines Wirklichen bzw. das eines Substanziellen: d.i. das Schema-Bild, das reine Bild der Notion Substanz10, in dem aber kein wirkliches Ereignis erblickbar ist, sondern immer nur ein mögliches, das ab und zu ­ mit, so lautet das zweite Postulat des empirischen Denkens überhaupt11, den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammengehangen - verwirklicht wird. Im Ur-Bild des Augenblickes ist hingegen dieses Schema-Bild zerrissen zwischen dem Jetzt, das durch unsere Geschichte hinduruch bleibt, um sie erst als ein Wandel zu ermöglichen, und der Vorgeschichte, die im Bild als Spur bleibt und es offen läßt ins Außen unseres Jetzt, so daß hier erst die Zeit als ursprüngliche Ungleichzeitigket manifestiert.




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