Diskussion:13.10.2014

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Lieber Manfred,

die Frage hat auch mich beschäftigt: wie bewertet Freud die verschiedenen Arten der Sexualität? Zuerst möcht ich noch bemerkten, dass ich beinahe nie das Gefühl habe, dass er in Texten tatsächliche Werturteile abgibt. Zwar verwendet er mit Urteilen behaftete Worte, aber ich finde sie im Kontext eher erklärend als bewertend. Insgesamt ist mein Bild von ihm (durch das Wenige, das ich von ihm gelesen hab) das eines recht objektiven Wissenschaftlers. Ob das nun stimmt, kann ich natürlich nicht sagen. Es ist einfach nur mein Eindruck.

Nun kommt, was ich eigentlich als Antwort schreiben wollte.

Ich hab über die Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie drübergelesen und Folgendes nehme ich davon heraus.
Es gibt drei Arten der Inversion (Duden: invertiert: 1. umgekehrt. 2. (Med.) zum eigenen Geschlecht hin empfindend; vgl. homosexuell)
Absolut invertiert - amphigen invertiert (psychosexuell hermaphroditisch) - okkasionell invertiert (unter gewissen Bedingungen)
Kurz danach (Seite 4) betont er, dass eine Inversion keinesfalls mit einer Degeneration verglichen werden kann, da eine Degeneration vor allem durch zwei Aspekte gekennzeichnet ist:

  • mehrfache schwere Abweichungen der Norm
  • im Allgemeinne schwer geschädigte Leistungs-&Existenzfähigkeit

Er schreibt, dass man beides bei Invertierten nicht findet und ergänzt, dass es "bei alten Völkern eine traute Institution" darstellt (z.B. Griechen im Altertum).

Außerdem schreibt er (S. 6)"Ein gewisser Grad von anatomischen Hermaphroditismus gehört nämlich der Norm an." (dass sozusagen nicht bei jeder Person eines Geschlechts die Geschlechtsmerkmale gleich stark ausgebildet sind) und "Die Auffassung, die sich aus diesen langen bekannten anatomischen Tatsachen ergibt, ist die einer ursprünglich bisexuellen Veranlagung [...]"

Auf Seite 8 schreibt er zwar schon davon, "dass es sich um Störungen handelt, welche der Geschlechtstrieb in seiner Entwicklung erfährt.", aber auf Seite 70 erwähnt er auch die den Sexualtrieb einschränkenden Mächte: Scham, Ekel, Mitleid und soziale Konstruktionen der Moral und Autorität. Er erwähnt (auf Seite 9) auch wieder die Griechen der Antike: den großen Teil männlicher Invertierter, der eigentlich weibliche psychische Züge sucht. (Weshalb sich Invertierten anbietende Prostituierte auch in allen Äußerlichkeiten die Frau kompieren.) Körperlich wie seelisch (z.B. Schüchternheit) gibt es eine Annäherung eines Knabens an die Frau. Das Sexualobjekt soll in dem Fall eben eine Vereinigung beider Geschlechter sein.
Bei dem Beispiel ist es zwar nicht direkt eine den Sexualtrieb einschränkende Macht, aber ihn jedenfalls lenkende, da es wohl Gang und Gebe war, einen jungen Knaben an seiner Seite haben zu wollen.

Von dem heraus würde ich also behaupten, dass alle Arten der Sexualität "normal" sind, solange sie nicht Teil einer Degeneration sind. Und das wiederherum ist ja nur individuell festzustellen. Wohl hat eine absolut invertierte Person Probleme mit der Fortpflanzung, aber Sexualität ist damit nicht gleichzusetzen und ich glaube auch nicht, dass Freud das tun würde.
Dass also Homo-, oder Bisexualität zu verurteilen wäre, kann ich mir vor diesem Hintergrund nicht vorstellen. Falls er doch irgentwo etwas in dieser Richtung schreibt, bin ich enttäuscht.
Kann meine Auffassung von dem stimmen?

--Nicole 09:21, 14. Okt. 2014 (CEST)