339b-340c (PSI)

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... das ist klar, daß man untersuchen muß, ob du recht hast. Denn da auch ich zugebe, daß etwas Zuträgliches das Gerechte ist, du aber einen Beisatz machst und behauptest, das dem Überlegenen Zuträgliche sei es, ich aber das nicht weiß, so muß man also eine Untersuchung anstellen.

So stelle sie eben an, sagte er.

Das soll geschehen, sagte ich. So sage nur denn: Nicht wahr, du erklärst für gerecht, daß man den Regierenden auch jedenfalls gehorche?

Allerdings.

Zwei Konzeptionen on Gerechtigkeit spielen eine Rolle: (1) es ist gesetzeskonform den Gesetzgebern zu gehorchen und (2) es gebührt sich ihnen zu gehorchen. Dazu gehört die Deutung, das würde sich deshalb gebühren, weil Gerechtigkeit Zuträglichkeit für die Herrschenden ist.
  • Umgekehrt aber sollten selbst die Gesetze der Herrschenden die Beherrschten "gebührend" berücksichtigen (d. i. diesen zuträglich, oder zumutbar sein); d. h. Gesetze (nomoi) sind idealerweise so zu gestalten, wie es den allgemeinen Konventionen der jeweiligen Gemeinschaft entspricht, da jedes Gesetz nur dann sinnvoll resp. gerecht ist, wenn es allgemein akzeptiert und mithin leicht eingehalten werden kann. Und um dies zu realisieren und auch erreichen zu können, gibt es in allen zivilisierten Demokratien, wie z. B. auch in Österreich, das R e c h t des zivilien Ungehorsams (und dies bei voller Akzeptanz der Gewaltenteilung, mithin auch des Gewaltmonopols) - und das reicht auch. Zivilen Ungehorsam aber kannte die damalige griechische Demokratie nicht.

WHH --A0400343 20:41, 2. Dez. 2008 (CET)

weiter unten: "denn Thrasymachos hat als gerecht bezeichnet, das von den Regierten Befohlene zu tun"
  • Thrasymachos sagt(e) häufig etwas, das die Wahrheit n i c h t trifft; mithin auch nicht stimmt und darum bereits zu seinen Lebzeiten nicht der Weisheit (resp. der Gerechtigkeit) letzter Schluss war.

WHH --A0400343 20:41, 2. Dez. 2008 (CET)

Sind nun die in den einzelnen Staaten Regierenden fehlerfrei, oder gleichfalls imstande, Fehler zu machen?

Freilich sind sie imstande, Fehler zu machen. Indem sie also Gesetze zu geben unternehmen, machen sie die einen richtig, andere aber nicht richtig?

So glaube ich.

Gesetzeskonform ist dann nicht gleich gebührend. Die formale Definition gerät in Konflikt mit der inhaltlichen. Die nächste Bemerkung nützt das aus. Sie beschreibt einen Fall, in dem die Formaldefinition durch die inhaltliche Definition in Frage gestellt wird. Und sie nützt den Inhalt aus, um gegen die inhaltliche Fixierung der Gerechtigkeit auf den Vorteil der Mächtigen zu argumentieren. Wenn Gerechtigkeit einfach Regierungskonformität ist, könnte man die zweite Bedeutung nicht ins Spiel bringen. Wenn man sie einbezieht und inhaltlich als Machtinstrument deutet, gerät man in die im Folgenden entwickelte Schwierigkeit.
  • Genau deswegen meine ich ja (s. o.), dass die formale Definition dann nicht in Konflikt mit der inhaltlichen kommt, wenn diese den konventionellen Begrifflichkeiten und Konventionen jener entspricht (was ja die Tugend der Gerechtigkeit ist).

WHH --A0400343 20:41, 2. Dez. 2008 (CET)

Richtig gemacht sind dann wohl die, welche für sie zuträglich sind, nicht richtig aber die nicht zuträglichen? Oder wie meinst du?

Ebenso.

Was sie aber auch verordnen, müssen die Regierten tun, und das ist das Gerechte?

Wie sollte es nicht?

Also heißt nach deinen Worten gerecht nicht nur das dem Überlegenen Zuträgliche tun, sondern auch das Gegenteil, das nicht Zuträgliche.

Was sagst du da? sprach er.

Was du selbst sagst, deucht mir. So wollen wir's denn besser untersuchen! Ist nicht zugestanden, daß die Regierenden, indem sie den Regierten vorschreiben, dies und das zu tun, manchmal sich gegen ihr eigenes Beste verfehlen, und daß für die Regierten gerecht sei, zu tun, was auch immer die Regierenden befehlen? Ist das nicht zugestanden?

Ich glaube, ja, antwortete er.

Nun, so glaube auch, fuhr ich fort, daß du zugestanden hast, gerecht sei, auch das den Regierenden und Überlegenen nicht Zuträgliche zu tun, wofern die Regierenden gegen ihren Willen etwas für sie selbst Nachteiliges befehlen und nach deiner eigenen Behauptung für die Regierten gerecht ist, das zu tun, was jene befehlen. Tritt dann, mein weisester Thrasymachos, nicht die Notwendigkeit ein, daß es auf die bezeichnete Art geht, daß gerecht ist, das Gegenteil von dem zu tun, was du sagst? Denn es wird ja den Schwächeren befohlen, das dem Überlegenen nicht Zuträgliche zu tun.

Ja, bei Zeus, das ist ganz klar, Sokrates, sprach Polemarchos.

Wenn es einen externen Standard dafür gibt, was den Regierenden nützt, ist nicht einfach gerecht, was sie vorschreiben und glauben, dass ihnen nützt. Selbst wenn man zugesteht, gerecht sei, was ihnen nützt, ergibt sich dann eine DIfferenz zwischen dem Buchstaben des Gesetzes und der Einschätzung seiner Berechtigung.

Freilich, wenn du es ihm bezeugst! fiel Kleitophon ein.

Was bedarf es da eines Zeugen? erwiderte jener, Thrasymachos gibt ja selbst zu, daß die Regierenden manchmal ihnen selbst schädliche Befehle geben, und daß für die Regierten gerecht ist, danach zu handeln.

Ja, Polemarchos, denn Thrasymachos hat als gerecht bezeichnet, das von den Regierten Befohlene zu tun.

Andererseits, Kleitophon, hat er als gerecht bezeichnet, das den Überlegenen Zuträgliche zu tun. Indem er dieses beides aufstellte, hat er hinwiederum zugestanden, daß manchmal die Überlegenen die Schwächeren und Regierten heißen, das ihnen selbst Unzuträgliche zu tun. Nach diesen Zugeständnissen wäre das dem Überlegenen Unzuträgliche ebensosehr gerecht als das ihm Zuträgliche.

Aber, wendete Kleitophon ein, er hat ja gesagt, das dem Überlegenen Zuträgliche sei, was dieser selbst dafür halte, dies müsse der Schwächere tun, und das hat er als das Gerechte bezeichnet.

Nein, so ist nicht gesagt worden, erwiderte Polemarchos.

Tut nichts, Polemarchos, sagte ich, wenn Thrasymachos jetzt so sagt, so wollen wir es so von ihm annehmen


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