22.1.2014 Cavell, Marcia (2006): Subjektivität, Intersubjektivität und die Frage der Realität in der Psychoanalyse

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Auf seite 185 wird nur Wesen (Dingen), die dazu fähig sind, auf der symbolischen Ebene Begriffe zu bilden, ein Bewusstsein zugesprochen.(Somit fallen Thermostat, Sonnenblume und Stier in eine Kategorie, von Dingen ohne Bewusstsein) Auf Seite 192 wird nur einem Kind, das dazu fähig ist "Repräsenationen zweiter Ordnung" zu bilden, also sich Gedanken über seine eigenen Repäsentationen zu machen(und sie allenfalls als irrig zu erkennen) eigenes Bewusstsein zuerkannt. Mir ist in diesem Zusammenhang nicht ganz klar, was nun das Bewusstsein wirklich ist? (IA = Ingrid Anghai)

Auf Seite 194 spricht sie von einem Kind, das sich in der Welt gut aufgehoben fühlt, weil die Eltern ihm Aufmerksamkeit schenken. Dies im Gegensatz zu einem Kind, das sich ohne Aufmerksamkeit der Eltern an den Rand gedrückt fühlt. Wieso aber meint sie, dass hieraus Allmachtsgefühle entstehen? (IA = Ingrid Anghai)


Frage als Antwort: Zunächst würde ich fragen, wie ein Kind, das nach Cavells Definition eigentlich noch kein Bewusstsein entwickeln konnte(?), überhaupt glauben kann, der Aufmerksamkeit nicht wert zu sein. Nach ihrer Definition beinhaltet Bewusstsein auch die Fähigkeit andere Subjekte 'interpretieren' zu können und somit 'sich selbst'? Die Frage nach den vermuteten Allmachtsgefühlen bleibt offen (vlt meint sie eine Art phantasiertes Omnipotenzgefühl, dass das Kind über die 'wertlosigkeit' hinwegretten soll? Interessant hier ihre Annahme dass das Kind (vor jedem Subjekt- und Bewusstseinstatus?) quasi 'alles tut' um die Eltern vor dem Zorn der aus Vernachlässigung resultiere zu schützen?? Vgl. hier Melanie Klein^)--CoS (Diskussion) 23:33, 18. Jan. 2014 (CET)


Ich habe den STreit der diesbezüglich in der Psychoanalyse besteht, nicht ganz verstanden. Gehen manche Strömungen davon aus, dass sich die Ausbildung des eigenen Bewusstseins nur über die Reflexion der Beziehungen unter den Interaktionspartnern (Kind - Eltern, Analytiker - Analysand) vollzieht und dabei die Interaktion mit der Realität ausgeblendet wird? Sehr richtig und interessant finde ich hier auch den Zugang von Freud in "Hemmung, Symptom und Angst", der hier Angst als einen Mechanismus des Überlebens erkennt, welcher das Kind für Gefahren in der Realität wach macht und ihm hilft Abwehrstrategien für diese Gefahr einzusetzen. Wobei ich mich hier an einen Kinderpsychologen (Name nicht mehr bekannt) erinnere, der ausgeführt hat, dass das Kind drei Strategien hat - nämlich Verstecken/Stillhalten, Flucht oder Gegenangriff. Allerdings hat er auch darauf hingewiesen, dass viele Störungen bei Kindern auch durch Missverständnisse entstehen, da das Kind Handlungen für feindselig und gefährlich hält, die aber gar nicht feindselig gemeint waren. --IA (Diskussion) 11:58, 18. Jan. 2014 (CET)


Auf obige Frage nach dem Begriff von Bewusstsein versuche ich einzugehen, da meine Frage(n) daran anschließen: Bei Cavell bildet sich Bewusstsein scheinbar entlang der Bildung von Begriffen heraus? Durch einen fortlaufenden wechselseitigen Prozess (Intersubjektivität - im Sinne der Triangulierung?), welcher wiederum die Fähigkeit (S.185) des Anwendens und Interpretieren von Begriffen (bezogen auf entsprechende Objekte/Subjekte der Außenwelt) meint, in Form von richtig/falsch;korrekt/inkorrekt etc, wiederum in Bezug auf "objektive Wahrheit" (im Sinne von geteilter Realität, gesellschaftliche Praxis etabliere Begriffe und somit eben diese). Und: Man hat Gedanken (Überzeugungen S.190) und weiß von diesen Gedanken und weiß das es die eigenen sind (S.186 und "Repräsentationen zweiter Ordung, vgl. S.192). "Propositionales Denken" als Moment für den Übergang aus dem Reiz-Reaktions-Schema hinein in die Welt der Gründe (S.187), Aussagen über 'die Welt' treffen können, mit sich selbst vorangestellt, sozusagen. Ihr kommt es mit Davidson darauf an, Verknüpfungen zwischen Überzeugung und Wahrheit machen zu können, "es mache einen Unterschied, wie man denkt, das bestimmte Dinge sind, und sie (in Wahrheit) sind " (S.188). Das Denken und Sein kursiv im Original sind spricht für sich?

Ganz klar, bin ich mir über die Art, wie sie mit Überzeugung und Wahrheit umgeht, nicht. Auf Seite 180 stellt sie Überzeugungen der Wahrheit gegenüber, genauer: eine Wahrheit postuliert sie, gegenüber provisorischen Wahrheiten/Überzeugungen? Ich würde ja davon ausgehen, dass sie den Wahrheitsbegriff als leeren/relativen Begriff denkt, da wir - wie sie schreibt - im Einzelfall nicht wissen können, ob wahr oder falsch innerhalb unsere Unterscheidungen (S.188) und ähnlich stellt sie das Wissen um Wahrheit in Frage auf S.180: "das was der Fall ist - wie immer das ermittelt werden kann", es bestehe dazwischen immer eine Kluft.

Wieder zurück zu S.188 findet sich aber die Unterscheidung zwischen den den Dingen, wie sie scheinen und wie sie sind... Im folgenden ein Versuch: Stiere reagieren nicht auf rote Farbe, sie schreibt dies, als wäre "es der Fall". Aber, in diesem Fall entspricht ihr Denken einer Überzeugung, also einer provisorischen Wahrheit? Das Stiere rote Farbe nicht sehen können, ist das nun "die Wahrheit" - was der Fall ist - oder eine weitere provisorische Wahrheit?

Das Problem im Text, oder das ich mit dem Text habe ist vielleicht dieses: Im Grunde beschreibt sie nur die Fähigkeit zu urteilen, setzt das gleich mit Denken und macht hieraus Bewusstsein?


Kurz erläutert sie Meads Ideen auf S.182: A macht eine Geste ohne Intention, B interpretiert diese Geste (da sie für B etwas bedeute), A reflektiert quasi so über ihre eigene Geste indem sie die Interpretation B´s annimmt und so Bedeungsgleicheit herrsche. Das nun Generationenübergreifend gedacht, kamen wir so zu Kommunikation. Sie lehnt diese Theorie als solche aber ab, es sei allein so betrachtet nur Mimikry u Imitation. Dann aber bringt sie zwei Beispiele, die eben diese 'Schablone' abdecken? S.186: Jemand macht sie aufmerksam darauf, traurig zu erscheinen, das nimmt sie an als äußere Perspektive und macht sie zur ihrigen und ebenso Winnicott, dessen Patient seine Interpretation zur seinigen macht? --CoS (Diskussion) 23:33, 18. Jan. 2014 (CET)


Mich würde noch interessieren, ob es bei Freud tatsächlich einen derartigen 'Bruch' mit der Realität gegeben hat, wie Cavell am Ende Schreibt, er habe die Verführungstheorie (1890) zu Gunsten der psychischen Innenwelt aufgegeben. Welchen Zeitraum meint sie? --CoS (Diskussion) 23:56, 18. Jan. 2014 (CET)


Ich war wohl zu voreilig - das "Urteilen" findet sich bei Freud, im Sinne der Intro- und/oder Projektion . Ausschließung aus dem oder Einführung in das Ich, nur das dies (auch) ohne Sprache stattfindet und viel mehr mit Triebleben zu tun hat, als mit 'Denken'. Vielleicht die Anfänge des Denkens markiert/strukturiert, was wiederum zeigen könnte, das sich Denken und Urteilen entlang von Lustgewinn und Vermeidung von Unlust entwickelt --CoS (Diskussion) 17:08, 20. Jan. 2014 (CET)

--Claudia Schneider (Diskussion) 14:16, 21. Jan. 2014 (CET) Auch meine Fragen Betreffen die oben angesprochenen Stellen... Cavell setzt ein Drittes (Objektives) als notwendig (für das Bewusstsein allgemein) voraus, über das sich Patient und Analytiker nicht einig sein müssen, aber auf welches sich beide Beziehen. Handelt es sich hier nicht um einen rein pragmatischer Akt, und weniger einer Überzeugenden Argumentation? Soll das schon begründen, dass es Bewusstsein gibt?

Ich frage mich, in Bezug auf bloße und symbolisch vermittelten Geste, wie sie von Mead vertreten wurde: wie wir je davon ausgehen können, dass bei den symbolisch „begleiteten“ Gesten die Beteiligten Individuen das virtuell identische Verständnis, den Selben Gedanken haben können.- Denn: glaube ich jedes Mal, wenn mir jemand sagt „Ich bin glücklich/ betrübt…“ auch tatsächlich: Er ist glücklich/er ist betrübt? Zweifle ich nicht oft an dem, was mir durch Gesten und Sätze vermittelt wird?




Um den Irrtum der Objektivität in der Analyse zu vermeiden, man sollte (vgl. Fogel 1996) auf die therapeutische Beziehung fokussieren. Aufgabe der Analyse ist nicht, etwas in der Psyche des Patienten aufzudecken, sondern eine bessere Sicht aufs Leben zu erzeugen (vgl.Renik). Es gibt nicht die objektive Wahrheit in der Psychoanalyse, sondern nur die Intersubjektive Realität zwischen Analytiker und Analysanden. Hierbei ist zu bemerken, dass der Analytiker sehr wohl eine Vorstellung über gesunde und/oder normale Entwicklung von Mann/Frau hat, demnach gibt es eine Idee von optimaler Entwicklung der Psyche, ein Ideal. Sind Ideale nicht die objektive Gestalte in der Außenwelt?--Hétszűnyűkapanyányimonyók (Diskussion) 18:53, 21. Jan. 2014 (CET)

Hier würde ich sagen, dass Überlegungen bezüglich einer "optimaler Entwicklung" sehr gefährlich sind. Ideale sehe ich als Moment einer Gier nach Etwas, das wiederum nichts mit Realität zu tun hat. Somit würde eine psychonanalytische Kur zu einer vielleicht Normierung führen und nicht zu einer Durchquerung eines 'jeweiligen' Phantasmas, vgl. hiefür vlt. Bruce Fink: "Jenseits des Verstehenszwangs" --CoS (Diskussion) 00:39, 22. Jan. 2014 (CET)


„… das Spiel des kleinen Kindes, das die Brücke zwischen Phantasie und Realität herstellt …“ (S.192. Klein 1968) und „nur ein solches Kind [das eine Theorie des Geistes verfügt und den Subjektstatus hat] ist- wenigstens ab und zu – in der Lage, zwischen Spiel und Realität, Phantasie und Tatsache zu unterscheiden.“ Kann man also sagen, dass ein kleines Kind - das keinen Subjektstatus hat – zu keiner Zeit spielt? Ist die Aktivität des Kindes - was wir Spielen nennen - jenseits von Spielen und nicht-Spielen?--Hétszűnyűkapanyányimonyók (Diskussion) 18:53, 21. Jan. 2014 (CET)

Das führt auf die Frage eines Kollegen der letzten Sitzung zurück, was das Spiel(en) der Erwachsenen vom Spiel der Kinder unterscheidet. Meiner Meinung nach, führt eine begriffliche Verdinglichung von Realität und Phantasie nicht zum Punkt, der eigentlich keiner ist. Beides ist wechselseitig bedingt - Phantasie macht Realität - und Realität beeinflusst Phantasie - das ist derart gegeben, weil Menschen nun einmal in einem Feld der Realität leben - hineingeboren sind. Spielen für ei KInd wäre etwas wie vielleicht Spielen mit Möglichkeiten, ein Kind, dass sich einspielt in diese Welt, die eben keine eindeutige Sphäre von "so-ist-es-"(Realität) birgt. Bei Cavell entwickelt sich Bewusstsein relativ spät, was ich schade finde, weil dadurch vieles Ignoriert wird. Ist Spielen immer gemeinsam geteilten Regeln 'unterworfen`? Warum spielen wir Spiele? Wenn man Spielen definiert als ein vom Verstand geleitetes Agieren, gewohnt an Gemeinplätze (Regeln), dann ist die Aktivität von Kindern vlt "Jenseits", wobei wir aber hier nur an unseren Begriffen fest-hängen. Der Begriff des Denkens, des Verstandes, des Geistes müsste hier vertieft werden. Bei Cavell ist er sauber von jedem Sinnlichen, frei von jedem Körperlichen - sie lässt vieles unter den Tisch fallen? Wenn diverse Denkleistungen jenseits des Bewusstseins stattfinden (vgl. Freud GW II/III, S. 598), dann fragt sich nicht nur, was beim Spiel von Kindern passiert, sondern auch, was passiert im Verlauf der Formulierung der Texte - wie bsp.weise bei Cavell, eine Art Spiel von Erwachsenen? --CoS (Diskussion) 00:39, 22. Jan. 2014 (CET)


Noch etwas zur letzten Diskussion, fügt sich sehr schön ein, finde ich:

"... . Diese mögliche Welt ist nicht real oder ist es noch nicht, existiert aber dennoch: Sie ist Ausgedrücktes, das nur in seinem Ausdruck existiert, im Gesicht oder Äquivalent des Gesichts. Der Andere ist zunächst diese Existenz einer möglichen Welt. Und diese mögliche Welt hat auch eine eigene Realität an sich selbst, und zwar als mögliche: Es genügt, daß der Ausdrückende spricht und "Ich habe Angst" sagt, um dem Möglichen als solchem eine Realität zu verleihen [...]. Das "ich" als sprachlicher Index hat keinen anderen Sinn. [...] Hier liegt also ein Begriff des Anderen vor, der nichts anderes als die Bestimmung einer sinnlichen Welt als Bedingung voraussetzt"

...das spannende ist, 'den Anderen' nicht (nur) als konkrete Person zu denken: "Der Andere wird stets als jeweils anderer wahrgenommen, in seinem Begriff aber ist er stets die Bedingung jeder Wahrnehmung, für die anderen wie für uns" (Deleuze & Guattari 1996: Was ist Philosophie, 23+25) --CoS (Diskussion) 13:15, 25. Jan. 2014 (CET)


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