* Ein Artikel im New Scientist über Haynes und dazu ein Kommentar vn HBl

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Brain scans reveal intentions of calculating minds

12:43 09 February 2007 NewScientist.com news service Roxanne Khamsi


Brain scans that can read a person’s secret intentions even before they act have been demonstrated by researchers.


In a recent study, the technology was 70% accurate at predicting whether participants planned to add or subtract a pair of numbers. Paralysed people may one day be able to use devices based on the technique to carry out complex actions, the researchers say. However, ethical concerns have been raised about its possible use in interrogation. John-Dylan Haynes at the Max Planck Institute for Human Cognitive and Brain Sciences in Leipzig, Germany, and colleagues recruited eight people for their trial and placed each of them in a brain scanning machine that produced computed tomography (CT) images. While participants had their brains scanned, they were asked to secretly decide whether they would add or subtract two numbers due to appear on a screen in front of them. After a pause of a few seconds, they then viewed the two numbers and gave their answer.

Train times Once the computer program designed to interpret the brain scans had been “trained” on 40-minutes-worth of calculations by a participant, it could predict their calculating intention with 70% accuracy. Haynes explains that the computer program could do this by focusing on the pattern of activity in a brain region known as the medial prefrontal cortex. “It’s important to see if we can further increase the accuracy” of the brain scan tests, he says, adding that it might be achieved by training the computer for a longer period of time. According to Haynes, devices that pick up on brain activity in this region could one day help people with paralysis more easily perform complex actions – such as composing sentences on a computer – with thought alone.

Think of a letter Previous technology has relied on signals from the brain’s motor region to enable paralysed patients to write sentences this way. But this involves the tedious task of moving a cursor across the computer screen to select from the alphabet. Haynes says using signals from the medial prefrontal cortex might enable people to simply think of the letter. Neuroscientist Read Montague of the Baylor College of Medicine in Houston, Texas, US, says the findings add to a growing body of evidence that decisions can be predicted by observing the medial prefrontal cortex. “There are findings now that show that [activity in this brain region] can predict decisions to purchase an item for money or to choose a specific numerical ‘liking’ level for art,” he says.

Brain-scanning "mind reading" techniques raise ethical issues, however, and using such a tool to predict whether or not a person intends to commit a crime, for example, is contentious and should be debated by society now, Haynes believes.

Journal reference: Current Biology (DOI: 10.1016/j.cub.2006.11.072)




Kommentar HBl: Dieser Experimentalbefund legt mir mehrere Gedanken nahe:

1. Die Abbildung mentaler Vorgänge in meßbaren, bzw. darstellbaren hirnphysiologischen Zuständen ist nicht mehr neu. Daß Absichten, also Intentionen, welche motorischen Handlungen vorangehen, in gleicher Weise in Zuständen von Hirnarealen abgebildet sind, kann nicht mehr überraschen. Das Neue am vorliegenden Bericht kann nur darin liegen, daß das betroffene Areal als zusammenhängend identifiziert wurde, während gerade für höhere integrierende Hirnleistungen - und als solche müssen Intentionen wohl schon angesehen werden - nach gängigen Hypothesen die Verteilung der korrelierten Hirnzustände auf verschiedene Hirnareale und deren Synchronisation angenommen wird. Als neuartig an der berichteten Arbeit könnte vielleicht auch eine fortgeschrittene Methodik gesehen werden, welche schärfere Fokussierungen auf kleinere Areale, also größere Spezifität erreicht; ein allgemeiner Trend. 2. Eine frühe Vorhersagbarkeit einer unausgesprochenen Absicht hat mit Einfluß auf den freien Willen selbstverständlich überhaupt nichts zu tun. Es besteht aber offenbar der ggf. unausgesprochene Wunsch, Absichten für eine bestimmte "Inkubationszeit" verdeckt zu halten und darin mag ein Moment persönlicher Unbeeinflußbarkeit, im weiteren Sinne Freiheit gesehen werden. Letztlich muß aber jede Absicht ohnehin dann kenntlich werden, wenn sie - wie es ihr Ziel ist - ausgeführt wird. Es geht letztlich also nur um einen Zeitfaktor. 3. Im Artikel wird die mit apparativen Mitteln erreichbare Auslesbarkeit von Gedanken und Voraussagbarkeit von (evtl. kriminellen) Entscheidungen angesprochen. Das greift über Intentionen hinaus. Die Befürchtung des "Gedankenlesens" setzt voraus, daß bestimmte Gedanken verborgen bleiben sollen, die allgemein nicht mehr nur Intentionen sind (allerdings sein können). Solche heimliche Gedanken stehen auf einer den Intentionen noch übergelagerten und abstrakteren Ebene. Es ist anzunehmen, daß auch ihnen konkrete Hirnzustände zugeordnet werden können, aber es ist nicht ausgemacht und sogar wesentlich weniger wahrscheinlich, daß es stets konkrete einzelne Areale sein werden; vielmehr kommt mit steigender Abstraktion der Gedanken der "holographische" Charakter der mentalen Repräsentation zum Zuge. 4. Die vorangehenden Überlegungen leisten keine Aussagen über das Zustandekommen der den mentalen Zustände, sie haben also eigentlich keinen Bezug auf die Diskussion über den freien Willen. Daß es eine Korrelation mentaler Zustände und der Aktivität von Hirnstrukturen gibt, wird von niemandem mehr bezweifelt, strittig ist ihre ursächliche Entstehung und die gefolgerte Konsequenz. 5. Die praktische Verwendbarkeit der experimentellen Befunde zum "Lesen von Gedanken" spricht (wieder einmal) hochübertreibend von den "Enkeln eines Embryos". Brauchbar kann eine solche Methode nur sein, wenn sie eine hinreichende Prognosesicherheit erreicht, welche, wenn rechtliche Konsequenzen gezogen werden sollen, in Rechtsgesellschaften sehr hoch sein muß, in Situationen der Rechtlosigkeit allerdings niedrig bleiben könnte und dann Befürchtungen rechtfertigt. 6. Es muß jedoch eine wesentliche Voraussetzung für eine Anwendung der Methode betont werden,. Um sie überhaupt ausführen zu:können braucht es das Training des Pattern-Erkennungsprogramms an der kooperativen Versuchsperson. Sie teilt damit etwas mit, was ähnlich einer Syntax ihrer neurophysiologischen Denksymbolik ist. Denn die "Intentionsareale" sind bei jedem Individuum andere und sind nur erkennbar, wenn das Individuum sie durch Kooperation im Training preisgibt. Wenn nicht, dann gilt: individuum est ineffabile.