PROTOKOLLE - MuD09 - Gruppe1 - 17.11.

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Version vom 16. November 2009, 18:56 Uhr von Hannes (Diskussion | Beiträge) (Hannes Hentschke==Tom Baerwald)
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Sophia Mallmann

VO vom 12.11.09 "Wie kann Philosophie definiert werden?" Mit dieser Frage setzt sich Kant auseinander in einem seiner Texte. Es ist aber kein typischer Text von Kant, es handelt sich um ein spezielles Buch, eine Anknüpfung an die Logik. Auch die Wissenschaften werden behgandelt. So stellt sich die Frage:"Was kann unter einer Wissenschaft verstanden werden?" Am Anfang soll eine Definition der Wissenschaft stehen, das ist jedoch ein sehr vorsichtiges Vorgehen. Um auf die Frage, was ist Philosophie, zurück zu kommen. Kant hat dazu eine Struktur:

Vernunfterkenntnisse Historische Erkenntnisse ex prinzipiis ex datis

                      Unterscheidung nach dem Ursprung:
                 1. Objektiver Ursprung
  rational                                         empirisch
  (a priori)                                       (a posterori)
                 2. Subjektiver Ursprung
  rational                                         historisch
  (eigene Vernunft, erzeugt                         (fremde Vernunft, sammeln und im Gedächtnis behalten)
   aus Prinzipien)

Eine Erkenntnis kann aus dem Ursprung entstanden sein, wie können wir diese dann historisch erkennen? Dafür hat Kant eine weitere Unterscheidung: den Objektiven Ursprung und den Subjektiven Ursprung. Philosophische Erkenntnisse gehören zu den Vernunfterkenntnissen. Vernunfterkenntnisse sind solche die aus Prinzipien entstehen.

Unterscheidung zwischen Schulbegriff und Weltbegriff: Unter dem Schulbegriff der Philosophie versteht Kant nihct das Nachahmen oder Mechanische Lernen, sondern er versteht darunter philosophieren im eigentlichen Sinn, es enthält ganz wesentliche Teile von dem, was wir brauchen um philosophieren zu lernen. Eine lehrende Geschicklichkeit. Der Weltbegriff ist die Nützlichkeit und die letzten Zwecke. Philosophie ist die Idee einer vollkommenen Weisheit. "Ohne Kenntnisse wird man nie zum Philosoph werde, aber nie werden Kenntnisse allein den Philosoph ausmachen."

Schulbegriff Weltbegriff

  Geschicklichkeit,         Nützlichkeit,
  viele Zwecke              letzte Zwecke


Hamel, Hanna

Zum Vortrag vom 12.11.09 von Prof. Elisabeth Nemeth

Der Vortrag

In ihrem Vortrag bezieht sich Prof. Elisabeth Nemeth auf einen Text von Kant, und zwar auf die Einführung aus „Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen“.

Sie zeigt die beiden bei Kant vorkommenden Formen der Erkenntnis auf, die sie einander gegenüberstellt: rationale Erkenntnisse aus der Vernunft (a priori) und historische Erkenntnisse aus Daten (a posteriori). Wie Kant die Form der Erkenntnis zweiteilt, so hat er auch zwei unterschiedliche Definitionen des Begriffes von Philosophie; für ihn gibt es den Schulbegriff und den Weltbegriff. Der Schulbegriff bezeichnet diejenige Philosophie, die an der Universität betrieben wird und nach Erkenntnissen aus dem Verstand strebt. Diese Form der Philosophie hat keinen direkten praktischen Nutzen. Der Weltbegriff umfasst diejenige Philosophie, die mit Anspruch auf Weisheit und letzte Zwecke betrieben wird und sich auch unabhängig von der Wissenschaft artikuliert, beispielsweise in Literatur und Kunst. Sie hat direkten praktischen Wert, denn sie kann Handlungsrichtlinien für das Leben bieten.

Elisabeth Nemeth problematisiert mit dem Hinweis auf Kant die Aufgabe der Philosophie und deren Nutzen. Sie betont, dass das Spezifische innerhalb des Philosophie-Studiums (der Philosophie nach dem Schulbegriff) eben nicht das Formulieren von Lebensrichtlinien ist, sondern das Erarbeiten von Grundlagen der Erkenntnis überhaupt. Sie möchte zu einem schärferen Nachdenken über das schulische Philosophieren anregen.

Weitere Gedanken

Zunächst finde ich es schwierig, die Zweiteilung von Kant zu übernehmen, die Nützlichkeit als charakteristisch für den Weltbegriff der Philosophie zu bezeichnen und den Schulbegriff über Geschicklichkeit zu definieren. Angenommen, ein Philosoph beherrscht sein schulisch erlerntes Handwerkszeug ausgezeichnet und beginnt nun, Fragen zu stellen um des Fragens willen und ohne daraus eine praktisch nutzbare Erkenntnis zu ziehen, so kann es doch sein, dass er durch folgerichtiges Denken zu einem Schluss kommt, der existenzielle Auswirkungen hat. Wenn Heidegger an einer existenzialen Analytik des Seins arbeitet, dann ist es trotzdem möglich, dass die französischen Existenzialisten seine Ergebnisse als Ausgangspunkt für ihre praxisorientierte Philosophie nutzen. Wenn es also die Aufgabe der Schulphilosophie ist, die Grundlage für jedwede Form der Erkenntnis und auch für eine praxisorientierte Philosophie zu bieten, dann ist sie für die Praxis jedenfalls unentbehrlich; ihre Nützlichkeit steht also außer Frage. Hier besteht meiner Meinung nach eine Analogie zur Mathematik: Die Mathematiker kommen im Rahmen von Vernunfterkenntnissen zu Ergebnissen, die für sie keinen weiteren Nutzen haben als den, dass sie sie wissen oder beweisen können. Aber die Physiker werden – oft erst Jahre oder Jahrzehnte später – aufgrund der Vorhandenheit dieser theoretischen Erkenntnis einen praktischen Nutzen dafür finden. Bloß aufgrund der mathematischen Erkenntnis kommen sie zu einer neuen physikalischen Erkenntnis.

Eine weitere Frage, die sich meine Meinung nach aufdrängt, ist die nach der Interdisziplinarität. Ist die Philosophie tatsächlich darauf beschränkt, sich mit theoretischen Erkenntnisgrundlagen zu beschäftigen und auf diese Weise das Fundament anderer Wissenschaften in zu legen bzw. in Frage zu stellen? Denn dass die Philosophie andere Wissenschaften hinterfragen soll, hat Elisabeth Nemeth in ihrem letzten Vortrag über den „Streit der Fakultäten“ deutlich gemacht. In diesem Zusammenhang betonte sie auch, dass die Aufweichung der Fakultäten zugunsten der Interdisziplinarität die positive Spannung von Weitergabe des zu sichernden Wissens und kritischem Hinterfragen bedrohen würde. Nun stehen bei Kant der philosophischen Fakultät ausschließlich Medizin, Jura und Theologie gegenüber; trotzdem möchte ich hier ein Beispiel anführen, das nach Kant unter „Streit innerhalb einer Fakultäten“ fallen würde, und zwar den Dialog von Philosophie und Naturwissenschaften. Würde ein Philosoph sich ausschließlich theoretisch mit der Erkenntnis beschäftigen, um dann in Dialog mit einem Biologen zu treten, um ihm zu erklären, dass seine Ergebnisse die menschliche Erkenntnisfähigkeit gar nicht berücksichtigen oder ad absurdum führen, dann hätte er ohne Kenntnis des Faches der Biologie wenig Chance, überhaupt einen einzelnen Kritikpunkt zu äußern. Der Philosoph kann auch nicht erwarten, dass der Biologe von sich aus seine Arbeit ständig hinterfragt. Der Philosoph hat meiner Meinung nach viel mehr die Aufgabe, seine theoretische Erkenntnis mit ihren praktischen Folgen in eine andere Wissenschaft hineinzutragen – dafür muss er sich aber schon in deren Materie befinden oder zumindest einen Zugang zu ihr haben. Wenn der Philosoph gehört werden will, muss er sich also selbst um Interdisziplinarität bemühen. Die Verwertbarkeit einer theoretischen philosophischen Erkenntnis deckt sich erst im Dialog verschiedener Wissenschaften auf; und vielleicht ist es die Aufgabe der Philosophie, nach den Auswirkungen ihrer Erkenntnis zu forschen, sich in andere Wissenschaften einzuarbeiten, die Türen zu ihnen aufzustoßen und den Versuch zu wagen, auf Zusammenhänge und ein großes Ganzes der menschlichen Erkenntnis und deren Folgen aufmerksam zu machen.

Aber in ihrem Vortrag hat Elisabeth Nemeth auch betont, man solle die Philosophie unprätentiös und ohne Illusionen betrachten.


Hannes Hentschke,Tom Baerwald

Elisabeth Nemeth hat sich während ihres Vortrags ziemlich treu an das Handout, genauer, an die Ausformungen Kants gehalten, was den Versuch sich auf persönliche Denkansätze der Dozentin zu konzentrieren nicht erleichtert. Aus diesem Grund will ich Hauptaugenmerk auf das mir vorliegende Blatt richten und versuchen eigene Gedanken dazu auszuformulieren.

In Bezug auf die Frage inwiefern der Schulbegriff und der Weltbegriff der Philosophie ihren Anteil zum Verständnis der Welt leisten, stellt sich für mich die Frage nach einer Definition von Verständnis, oder eher noch die Frage, was Verstehen bedeutet. Ich behaupte, dass man etwas verstanden hat, wenn man einen Wissensinhalt, sei es gedanklich oder praktisch, für die eigene Lebensführung brauchbar und einsetzbar machen kann. Ein geeigneter Aufbau der Kritikstruktur (ich komme gleich darauf zu sprechen) ist zum Verständnis subtilerer Wissensinhalte, nämlich solcher mit „Vernunftspotential“, unumgänglich. Ich bin nicht der Meinung, dass Kritik ein Werkzeug zur Erklärung schwer verständlicher Inhalte ist, das erst dann zum Einsatz kommen kann, sobald eine Information vollends auf eine Person „eingeprasselt“ ist. Viel eher stelle ich mir die Kritik als komplizierte unsichtbare Struktur vor, die ihre äußerste Hülle bereits um den gesamten menschlichen Körper spannt und als feinst verwobenes Zentrum das Gehirn hat. Dieser Aufbau bedingt, dass eine Information mehrere Kritikebenen (emotionale, willentliche, gedankliche) durchschreiten muss um überhaupt erst verstanden werden zu können (so verstanden, dass man auch das Gefühl hat etwas verstanden zu haben). Ich will Kritik nicht auf die kognitiven Prozesse reduzieren. Erst ein Moment rationaler Sicherheit und gefühlter Überzeugung berechtigt ein Individuum zur Behauptung etwas verstanden zu haben. Dies setzt nicht zwangsläufig voraus, dass man die Information bis ins kleinste Detail und mit absoluter Richtigkeit aufgenommen hat. Angenommen man hat nach eigenem Verständnis eine Sache verstanden, so kann es bei der Darlegung vor anderen trotzdem zu Widersprüchen kommen. Hier beginnt der Prozess der allgemeineren Berichtigung, in dem sich am ehesten herausstellt wie die persönliche Kritikstruktur aufgebaut ist. Ein Mensch mit sehr dünner äußerster Schicht wird komplexere Probleme ohne sonderliche Gemütserregungen behandeln können, wogegen eine Person mit inversem Aufbau schon auf minimale Anregungen sehr gefühlvoll, vielleicht nervös reagieren wird. Wenn man dieses Kritikmodell auf Menschen anwendet, so kann man auch verschiedene Charaktereigenschaften davon ableiten. Ich denke, dass jede Persönlichkeit einen individuell kritischen „Strukturaufbau“. Man könnte also sagen, dass die Kritik ebenso subjektiv wie die Erkenntnis selbst ist. Um nun wieder zurück zum eigentlichen Thema zu finden, will ich den Fokus auf die Differenzen zwischen dem Schulbegriff und Weltbegriff werfen. Nach Immanuel Kant ist der Schulbegriff der Philosophie als System der philosophischen Erkenntnisse zu definieren. Er ist durch Vernunftserkenntnisse, welche aus Prinzipien (ex principiis) entspringen, ausbaubar. Außerdem wird ihm das Tätigkeitsfeld der theoretischen Philosophie zugeschrieben. Der Weltbegriff hingegen bezieht seine Erkenntnisse aus Daten (ex datis). Er beschäftigt sich mit ethischen Fragen und kann somit dem Bereich der praktischen Philosophie nahegestellt werden. Der Weltbegriff hat das Ziel der Erreichung absoluter, letzterer Zwecke der Menschheit durch Vernunft. Ich denke, dass Kant sehr richtig gelegen ist als er behauptet hat, dass der Weltbegriff jener ist, der größeres Potential zur Erlangung letzter und absoluter Zwecke in sich trägt. Unter anderem deshalb, weil er unabhängiger, rückhaltloser und subjektiver als andere Wissenschaften betrieben werden kann. Ich möchte, um eine Überleitung zu meinem Gedanken herzustellen, anmerken, dass Absolutheit leicht mit Ganzheit assoziierbar ist. Im System der philosophischen Erkenntnisse ist es einer Einzelperson unmöglich die gesamte Fülle an klar definierten Erkenntnissen/Errungenschaften aufzusaugen und im Gedächtnis abzuspeichern. Das hat zur Folge, dass kein lückenloser Wissensbestand erlangt werden kann, welcher als absoluter Wert gesehen werden könnte. Gegensätzlich zum Weltbegriff der so undefiniert, weit und umfangreich scheint, dass es nicht vorstellbar ist, ob er von Einzelpersonen komplett aufgesogen werden kann. Diese Unsicherheit ermöglicht dem Individuum, oder zwingt es eher noch zum Selbstschwindel/Selbstbetrug. Das Individuum kann sich zu jedem beliebigen Erkenntnisstadium bekennen und sich zur Ruhe setzen, indem es sich vorsagt es habe alles verstanden, was es zu verstehen gibt, denn es kann schließlich kein Außenstehender sicher sagen, dass es subjektiv, für das „zur Ruhe“ gekommene Individuum, noch mehr zu erreichen gilt. So gesehen vermute ich, dass der entscheidende Unterschied zwischen Schulbegriff und Weltbegriff nicht in den zu verstehenden Aufgaben und Schwierigkeiten liegt, sondern im Grad der Subjektivität.

Abschließend will ich auch noch die strikte Trennung von theoretischer und praktischer Philosophie aufheben, aus ihren Ankern reißen und anmerken, dass theoretische Philosophie nur praktisch vollzogen/gedacht werden kann, was zeigt, dass die theoretische Philosophie immer eine praktische Dimension impliziert.

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