Elternarbeit (JsB - Migration)

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Die Rolle von Eltern mit Migrationshintergrund in Bezug auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder


Elternarbeit in der Schule

Die nur mangelhafte Unterstützung durch das Elternhaus und die schlechte Zusammenarbeit zwischen Eltern mit Migrationshintergrund (EmM) und den Schulen, sind zwei Faktoren, die immer wieder zur Erklärung für die bestehende Chancenungleich innerhalb des deutschen und österreichischen Bildungssystems herangezogen werden. (Link zu Fakten über schulische Chancengleichheit von jugendlichen Migranten) Dass ein positiver kausaler Zusammenhang zwischen der kindlichen Entwicklung und der Unterstützung der Eltern besteht, zeigen nicht nur Berichte aus der Praxis sondern auch eine Längsschnittstudie aus Kanada. Dieser Studie zu folge kann eine gezielte Förderung der Eltern sogar dazu führen, dass selbst Kinder aus Risikofamilien ähnliche Entwicklungswerte, wie die Kinder aus Nicht-Risikofamilien erlangen. (Miedaner, 2004)


Momentane Situation

Doch trotz dieser wissenschaftlichen Kenntnisse, sieht der Alltag in den meisten deutschen und österreichischen Schulen anders aus. Lehrer berichten immer wieder davon, wie schwer es ist mit Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Kontakt aufzunehmen und aufkommende Probleme zu besprechen (Unbehaun, 1998). Die Kommunikationsversuche zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und den Schulen beschränkt sich meistens auf drei traditionelle Formen: a) Elternabende, die ein- bis zweimal im Jahr stattfinden b) die Mitwirkung von Eltern in Gremien, und c) individuelle Kontakte, wie z.B. Beratungsgespräche (Miedaner, 2004).

Eine Studie, die im Rahmen einer begleiten Forschung zum Modellprojekt zum türkischem Unterricht in der Schule durchgeführt wurde, dokumentiert die erschreckende Lage. Rund 80% der Lehrer dieser bayrischen Schule hatten das Gefühl durch Elternsprechabende nur 40% oder weniger der gesamten Elternschaft zu erreichen. Ähnlich sieht die Situation bei der persönlichen Beratung aus. Mehr als ein fünftel der Lehrer gaben an, nie ein Elterngespräch geführt zu haben. Knapp zwei Fünftel der Lehrer behaupteten einmal im Monat von Eltern im Rahmen eines Beratungsgespräches aufgesucht zu werden. Bei einem weiteren Fünftel der Lehrer war dies weniger als einmal der Monat der Fall, bei einem anderen Fünftel mehr als einmal im Monat (Unbehaun, 1998). Zu der Vertretung der Eltern in Gremien an der Schule konnten leider keine konkreten Statistiken gefunden werden. Jedoch wird in Berichten aus der Praxis immer wieder die geringe Repräsentanz von EmM in schulischen Gremien bemängelt , sowie die daraus resultierenden eingeschränkten Möglichkeiten interkulturelle Interessen in die Schulentwicklung mit einzubeziehen. (Miedaner, 2004) (Schulentwicklungsforschung, 1993) (Avic-Werning, 2004)


Erklärungsversuche der Momentanen Situation

Eine häufig vertretene Annahme, die auf Beobachtungen von Lehrern beruht, ist, dass die EmM kein Interesse an den schulischen Leistungen ihrer Kinder haben. Dies kommt in den folgenden Interviews mit Lehrern zum Ausdruck:

,, Anderseits haben sie auch kein Interesse. […] Aber viele Eltern haben auch immer noch nicht begriffen, was es bedeutet in der Hauptschule zu sein, oder auf andere Schulen zu gehen. Ich habe zusammen mit dem Direktor versucht, beim Elternabend aufzuklären, aber dies brachte nicht viel. Die meisten wollen, dass ihre Kinder nur bald Geld verdienen sollen, sie legen keinen Wert auf eine bessere Ausbildung.’’ (Unbehaun, 1998)

Diese Annahme vieler (-> nicht verallgemeinern!!) Lehrer sollte jedoch kritisch hinterfragt werden. So zeigt eine erst kürzlich veröffentlichte Studie von Werner Sacher, dass schulische Leistungen in türkischen Familien innerhalb des Familienlebens häufiger zur Sprache kommen als in deutschen Familien mit demselben sozialen Status (Sacher, 2006). Ein auf kulturellen Faktoren basierendes Desinteresse der EmM reicht folglich nicht als Erklärungsmuster aus. Weiter Faktoren, die neben Sprachbarrieren das Verhalten der Eltern im Schulalltag beeinflussen können, sind z.B. ein Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit, die Beeinträchtigung durch das Leben in der Fremde, Armut, Arbeitslosigkeit, Autoritätsängste, negative Erfahrungen während der eigenen Schulzeit, arrogante Lehrer und ein Bildungsgefälle zwischen Lehrern und EmE. (Miedaner, 2004)


Anmerkungen zur Forschung

Beim Betrachten des Forschungstandes zu diesem Thema muss kritisch zwischen Untersuchungen unterschieden werden, die direkt die Situationen aus der Perspektive der Eltern mit Migrationshintergrund untersuchen, und den Studien, die die Situation aus der Schul- bzw. Lehrerperspektive beleuchten.


Bibliographie

Avic-Werning, M. (2004). Prävention ethnischer Konflikte in der Schule. Münster: Waxman.

Miedaner, L. (2004). Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhäusern mit Migrationshintergrund. Theorie der Praxis und Sozialen Arbeit(3), 39-46.

Sacher, W. (2006). Einflüsse der Sozialschicht und des Mirgationsstatus auf das Verhältnis zwischen Elternhaus und Schule. Nürnberg: Sun.

Schulentwicklungsforschung, S. d. S. F. a. M. I. f. (Ed.). (1993). Öffnung der Schule und Interkulturelle Erziehung in Frankfurt am Main - Forschungsbericht und Tagungsdokumentation. Dortmund: IFS- Werkheft.

Unbehaun, H., Schüler, Harald. (1998). Türkische Lehrer in Bayern, Abschlussbericht eines Forschungsprojekts: Universität Bamberg.